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Architektur der Motivation

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Präsentation zum Thema: "Architektur der Motivation"—  Präsentation transkript:

1 Architektur der Motivation
Überlegungen zur Architektur der Motivation Es ist eine gute Heuristik, sich zu fragen, wie wir selbst den menschlichen Organis- mus entworfen hätten, wenn wir in der Rolle seines Konstrukteurs gestanden hätten. Allerdings nicht eines göttlichen Weltbaumeisters, Einführungsvortrag zum 21. Motivationspsychologischen Kolloquium in Zürich ©Norbert Bischof

2 Mensch Evolution einfache Wirbeltiere
um die komplexeren Leistun- gen dann als historische Ku- mulation von Neuerwerben verstehen zu können. Die Zeit erlaubt nicht, das detailliert auszuführen, aber um dem unseligen Dualismus „der Mensch“„das Tier“ zu entgehen, Mensch Evolution einfache Wirbeltiere Ganz soweit zurück wollen wir nicht gehen, aber bis zu den einfa- chen Wirbeltieren müs- sen wir schon loten, sondern der natürlichen Selektion, die, bevor sie beim Menschen ankam, bei der Amöbe beginnen mußte.

3 Mensch Menschen- affen einfache Wirbeltiere einfache Wirbeltiere
wollen wir wenigstens eine Zwischenstufe gesondert würdigen. einfache Wirbeltiere einfache Wirbeltiere Alles Vorherige, vom Frosch bis zum Pavian, müssen wir nolens volens unter der Sammelbezeichnung „einfache Wirbeltiere“ einebnen. Auf dieser Entwicklungsstufe läßt sich das typische Verhaltensmuster etwa wie folgt charakterisieren:

4 Appetenz Coping Endsituation Endhandlung Problem-situation
Heute sagt man statt „Appetenz“ Bewältigungsverhalten oder neudeutsch Coping. Appetenz Coping An der Verhaltenssequenz lassen sich oft zwei Etappen unterscheiden, Endsituation Endhandlung Problem-situation das Verhalten wandelt eine Problemsituation in eine Endsituation um. die erste, vorbereitende Phase ist variabel, während die zweite, die die Endsituation herbeiführt, relativ stereotyp abläuft. In der älteren Ethologie wurden die beiden Phasen als Appetenz und Endhandlung unterschieden.

5 ZNS Orga- nismus Situ- ation Ver- halten makroskopisch mikro- sko-
Angenommen nun, wir hätten einen Organismus zu konstruieren, der sich auf die beschriebene Weise verhält; welchen strukturellen Minimalbedingungen müsste dieser genügen? ZNS makroskopisch mikro- Ver- halten Diese Pauschalbegriffe müssen wir nun differenzieren. Wenn wir Verhalten sagen, denken wir zunächst an makroskopische Bewegungen (z.B. Saugen oder Fliegen). Orga- nismus sko- pisch Diese Begleitvorgänge müssen, um ihre Funktion zu erfüllen, mindestens zum Teil ebenfalls hochgradig antriebsspezifisch sein. (Gegenteilige Behauptungen belegen nur die Oberflächlichkeit der Untersuchungsmethoden). Situ- ation Dieses sorgt dafür, daß gewisse situative Konfigura- tionen durch Verhaltensmuster beantwortet werden. Zunächst haben wir innerhalb des Organismus ein informationsverarbeitendes System zu fordern. Diese könnten ihre Aufgabe aber nicht erfüllen, wenn sie nicht durch vegetative Prozesse auf mikroskopischer Ebene unterstützt würden (z.B. Blutzuckerregulation oder Adrenalinausschüttung). Die letzteren sind in der Regel gemeint, wenn Psychologen von „physiologischen“ Prozessen sprechen. Soviel zum Verhalten. Noch viel komplexer ist das Konstrukt Situation.

6 Hierzu müssen wir etwas weiter ausholen.
Orga- nismus Situ- ation Hierzu müssen wir etwas weiter ausholen.

7 Situ- ation ORGANISMUS Stimulation Verhalten Alimentation Selektion
Die dazu erforderliche Energie muß der Organismus selbst bereitstellen. Daher ist FREUDs Forderung nach einem „Reizschutz“ unsinnig, der den Organismus gegen die „zerstörerische Intensität“ der Stimulation abschirmen müsse. Stimulation beeinflusst nicht die Struktur des Organismus, sondern sein Verhalten. Der Begriff Alimentation ist weiter gefaßt als der Name erkennen läßt. Er umfaßt 1. nicht nur förderliche Umwelteinflüsse sondern auch Schädigungen - Unterernährung, Deprivation, Vergiftung - Blindheit bei vorgeburtlicher Röteln-Infektion, - verkümmerte Extremitäten durch Contergan, 2. nicht nur intrauterine Einwirkungen, sondern alles, was während des ganzen Lebens die Struktur des Organismus zum Guten oder Schlechten verändert. - ein Beinbruch, - eine Kneipp-Kur - oder eine Gehaltserhöhung. Um strukturelle Wirkungen hervorrufen zu können, muß Alimentation dem Organismus direkt oder indirekt Material oder Energie zuführen, entziehen oder vorenthalten. ORGANISMUS Diese nennen wir Stimulation. Nun gibt es aber auch Umweltwirkungen, die weder zur stofflichen noch zur energetischen Bilanz des Organismus nennenswert beitragen. - Lichtquanten, die die Netzhaut treffen - Duftmoleküle, die die Chemorezeptoren erreichen. Stimulation Verhalten Die Gesamtheit solcher Situationswirkungen bezeichnen wir als Alimentation Alimentation Eine dritte Klasse von Umweltwirkungen ist die Selektion. Situ- ation Damit daraus eine makroskopische Struktur werden kann, Selektion Beispiele: - die Schwerkraft polarisiert das Cytoplasma der befruchteten Eizelle, - chemischer Austausch mit dem Nachbargewebe steuert die Morphogenese, - hinzukommen Ernährung, Atmung und so fort. Sie beeinflußt die Fortpflanzungsrate des Organismus, und damit letztlich die Verteilung von Erbanlagen in der Population. GENOM Nun besteht das Genom aber nur aus ein paar DNA-Molekülen. muß die Situation natürlich Baustoffe und Energie liefern. Der Bauplan des Organismus ist in seinem Genom niedergelegt.

8 Situ- ation ORGANISMUS Stimulation Verhalten Alimentation Selektion
Wieso sieht das Schaubild eine Überlappung von Stimulation und Alimentation vor? Reize wurden doch gerade als zu energiearm definiert, um von sich aus alimentative Effekte hervorbringen zu können! ORGANISMUS Man darf aber nicht vergessen, daß der Organismus der Stimulation gestattet, via Relais-Wirkung in seinen eigenen Stoff- und Energietransport lenkend einzugreifen. Das kann dann durchaus auch strukturelle Folgen haben. Wir bezeichnen dieses Phänomen als alimentative Stimulation. Beispiele: 1. Psychostreß kann somatische Effekte wie Verspannung und Erkrankung hervorrufen. 2. Die sichere Einbindung des Kindes in eine empathische Familienatmosphäre ist auch eine Stütze für leibliches Gedeihen. Ausschließlich alimentativ wirken Umwelteinflüsse, wenn sie nicht auf eine genetische Differenzierung treffen. Ein Umweltgift, an dem alle Mitglieder einer Population gleichermaßen erkranken, erzeugt keinen Selektionsdruck! Stimulation Verhalten Alimentation Situ- ation Selektion, Alimentation und Stimulation formen einen vermaschten Regelkreis mit einer ziemlich komplexen Dynamik, auf die ich nur kursorisch eingehen kann. Selektion Unproblematisch erscheint die Überschneidung von Alimentation und Selektion: Was gut fürs Überleben ist, nützt meist auch der Fortpflanzung. Hier interessiert eher, daß die Überlappung nicht total ist. Effekte, die nicht die Gesundheit, sondern nur Sexualität oder Brutpflege beeinflussen, sind rein selektiv. GENOM

9 Situ- ation Ziel ORGANISMUS Stimulation Verhalten Alimentation
Verhalten wird also immer durch Ungleichgewicht im Gesamtsystem ausgelöst. Ungleichgewicht erzeugt Druck das kann Selektionsdruck sein, - dann verändert sich der Gen-Pool oder Alimentationsdruck - wenn der Organismus z.B. reift, - abmagert - oder nach einer Krankheit gesundet, oder Stimulationsdruck, - wenn die Wahrnehmungswelt danach verlangt, durch Verhalten verändert zu werden. Die drei Dynamiken haben unterschiedliche Zeitskalen, wobei die jeweils trägere die flexibleren nach sich zieht. Am trägsten ist die Selektion. Insofern kann man sagen, die Optimierung der Fitness sei Zweck oder Funktion alles motivierten Verhaltens Das heißt nun aber nicht, daß sie auch sein Ziel ist. Von einem Ziel sprechen wir erst, wenn seine Erreichung rückgemeldet wird. ORGANISMUS Stimulation Verhalten Ziel Ziele sind also immer Stimuli. Alimentation Für die Rückmeldung aber ist die Stimulation zuständig. Situ- ation Ein gebräuchlicheres Wort für Stimulationsdruck ist Motivation. Das Feedback erfolgt auf der Verhaltens-Ebene, weil diese den kürzesten Zeitraster aufweist. Selektion Nur wenn diese ihrerseits mit alimentativen und letztlich selektiven Effekten korrelieren, stabilisiert sich das Gesamtsystem. Das Kunststück der Evolution besteht also darin, Stimuli zu finden und zu verwerten, die eine solche Korrelation aufweisen. GENOM

10 Situ- ation Ziel ORGANISMUS Stimulation Verhalten Alimentation
Das klassische Beispiel ist die Sexualität. Hier ist schon der Begattungsakt das Ziel. Die Befruchtung selbst wird nicht rückgemeldet. Am einfachsten, aber auch unzuverlässigsten sind hier propriozeptive Rückmeldungen der Endhandlung. ORGANISMUS Stimulation Verhalten Alimentation Situ- ation Selektion GENOM

11 Situ- ation ORGANISMUS Stimulation Verhalten Alimentation Selektion
Selbstverständlich wäre es effizienter, wenn das Verhalten direkt in selektive oder wenigstens alimentative Prozesse eingreifen könnte. Alimentation Situ- ation Selektion Eine solche Einbindung der Endsituation in den Verhaltensregelkreis ist bei manchen Motiven (z.B. Bindung) leicht zu bewerkstelligen. Bei anderen erfordert sie aber einen differenzierten kognitiven Apparat und bleibt dann höheren phylogenetischen Stadien vorbehalten. GENOM

12 Das alles sind Wortmarken, über die man streiten kann
Das alles sind Wortmarken, über die man streiten kann. Worauf es ankommt, ist die dargestellte Struktur. Ver- halten Orga- nismus Nun zurück zum Motivmodell. Wir wollen dafür ein Inventar funktionell zu fordernder Bauglieder zusammenstellen. Als Anschauungsgrundlage wählen wir zunächst den Nahrungstrieb. Bedürf-  nis Der Ausdruck Alimentation läßt sich hier wörtlich verstehen. Aus dem Vergleich von Ist- und Sollwert resultiert dann die Regelabweichung. hier bietet sich der Begriff Bedürfnis an. Situ- ation Aus der Differenzbeider errechnet sich der Bestand. Ali- ment. Den Sollwert des Bestandes nennen wir Bedarf. Bestand Be- darf Die zugeführten Nährstoffe werden allerdings wieder verbraucht. Schwund

13 Orga- nismus Ausl Det Erbkoord. Akzess Ver- halten An- Anreiz End-
Zumindest bei einfacheren Organismen müssen wir, entsprechend den Schemata auf der Reizseite, auch als Kernbestand der Endhandlung ein Bewegungsradikal fordern, das durch eine Erbkoordination sichergestellt wird. Eine zweite Klasse von Stimuli meldet, ob das valenzhaltige Objekt hinreichend zugänglich ist. Das zuständige Detektorsystem wird in der Ethologie als Auslösemechanismus bezeichnet. Erbkoord. Akzess Ausl Ver- halten Nun zum stimulativen Aspekt der Situation. er wird durch Detektoren vermittelt, die auf bestimmte Reizschemata ansprechen. wir können sie LEWIN zu Ehren Valenzen nennen. Wenn der Auslösemechanismus anspricht, kann die antriebs- spezifische Endhandung ablaufen, z.B. - Zubeißen, - Wegfliegen, - Balzen usw. An- trieb Anreiz End- hand- lung Orga- nismus Bedürf-  nis Valenz Det In der Motivationspsychologie werden diese beiden Stimulusdimensionen unter dem Sammelbegriff "Anreiz“ zusammengeworfen, was nicht zur Klarheit beiträgt, abgesehen davon, daß der Ausdruck auch noch eine dritte Bedeutung hat, auf die wir später zu sprechen kommen. Valenz und Bedürfnis müssen zusammenwirken, damit ein Antrieb zustandekommt. Situ- ation Das Verknüpfungssymbol ist in dieser Präsentation nicht exakt definiert. Es bedeutet irgend- eine mathematische Operation, deren Sinn aus dem Zusammenhang zu erschließen ist. In diesem Fall wäre ein Operator halbwegs zwischen + und  angemessen. Ali- ment. Rück- satz Bestand Be- darf Schwund Soweit die Erbkoordination selbst zielbildend ist, bewirkt sie direkt einen Bedürfnisrücksatz.

14 Orga- nismus Ausl Det Erbkoord. Akzess An- End- trieb hand- lung
Bedürf-  nis Valenz Das ist der "kleine Regelkreis"; bekanntlich macht schon das Kauen satt. Ali- ment. Rück- satz Bestand Be- darf Schwund

15 Orga- nismus Ausl Det Erbkoord. Akzess An- End- trieb hand- lung
der „große Regelkreis“ läuft über die Alimentation, bei ihm wird der Bestand, also die gespeicherten Nähr- stoffe, selbst gemessen. Erbkoord. Ausl Det Akzess An- trieb End- hand- lung Orga- nismus Bedürf-  nis Valenz Ali- ment. Rück- satz Bestand Be- darf Schwund

16 (Bei den letzten Worten Christi war ja wohl nicht an Konsum gedacht.)
Diese Feedbacks bezeichnet man als konsummatorisch, wobei daran zu erinnern ist, daß sich das Wort mit zwei M schreibt; es kommt von summus (=Gipfel) und bedeutet „auf den Höhepunkt, zur Vollendung bringen“. consummatum est es ist vollbracht (Bei den letzten Worten Christi war ja wohl nicht an Konsum gedacht.)

17 Orga- nismus Ausl Det Det Erbkoord. Akzess An- Sexu- End- trieb alität
Bisher wurde der Modellrahmen an der Hungermotivation veranschaulicht; er deckt aber auch die übrigen Motivarten ab. Allenfalls muß man ihn da und dort reduzieren. Erbkoord. Ausl Det Akzess Sexu- alität An- trieb End- hand- lung Orga- nismus Bedürf-  nis Valenz Det Damit wird es auch sinnlos, von einem "Bestand" zu reden, Bei der Sexualität entfallen z.B. die alimentativen Effekte. Ali- ment. Rück- satz Wobei man statt "Schwund“ besser positiv "Stau bei Nichtausübung" sagt. Bestand und das Bedürfnis regelt sich allein im Wechselspiel von Schwund und Rücksatz. Be- darf Schwund

18 Orga- nismus Ausl Det Det Erbkoord. Akzess An- Neu- End- trieb gier
Das Explorationsmotiv hat keine spezielle Erbkoordination. Hier geht es einfach darum, stochastisch zu manipulieren. Erbkoord. Ausl Det Akzess An- trieb Neu- gier End- hand- lung Orga- nismus „Alimentation“ bedeutet hier Information, Aktualisierung des Weltbezuges, Up-to-Date-Bleiben im Fluß der Ereignisse. Wir haben es mit einem Fall von alimentativer Stimulation zu tun: Erfahrung muß gespeichert werden, und Speicherung ist ein struktureller Eingriff, dem Brennen einer CD vergleichbar. Bedürf-  nis Valenz Det Daher entfällt der Rücksatz; die Konsummation erfolgt auf dem großen Regelkreis, also über die Alimentation. Ali- ment. Rück- satz Wer also im Explorationsverhalten ein Gegenprinzip zur Homöostase am Werke sieht, hat überhaupt nicht begriffen, was Homöostase bedeutet. Information ist wie Nahrung. Auch sie unterliegt einem Schwund: das zunächst Neue überholt sich, und muß ständig nachgespeist werden. Bestand Be- darf Schwund

19 Orga- nismus Ausl Det Det Erbkoord. Akzess An- Bin- End- trieb dung
Schließlich sei noch die Bindungsmotivation betrachtet. Erbkoord. Ausl Det Akzess An- trieb Bin- dung End- hand- lung Orga- nismus Bedürf-  nis Valenz Det Auch hier spielt der Rücksatz keine Rolle Ali- ment. Rück- satz weshalb die Alimentation, die von den Eltern gespendete Sicherheit, direkt mit dem alterstypischen Bedarf (im Zürcher Modell als Abhängigkeit bezeichnet) verglichen wird. Bestand Be- darf Schwund Es gibt aber auch keinen Schwund,

20 Orga- nismus Det Det Erbkoord. Akzess An- End- trieb hand- lung
Nun müssen wir die Verhaltensregulation etwas genauer analysieren. Erbkoord. End- hand- lung Akzess An- trieb Det Orga- nismus Bedürf-  nis Valenz Det Hierzu genügt, wenn wir den oberen Teil des Systems betrachten. Zu- fuhr Rück- satz Bestand Be- darf Schwund

21 Det Erbkoord. Akzess An- End- trieb hand- lung Erbkoord. End- Akzess
Ein typischer Ablauf läßt sich etwa folgendermaßen nachzeichnen: Erbkoord. End- hand- lung Akzess An- trieb

22 Dann muß die Freigabe durch den Aus- lösemechanismus abgewartet werden; sie richtet sich nach der Zugänglichkeit des Objekts. Der Akzess wird vom Auslösemechanismus skaliert Akzess An- trieb Zunächst baut sich ein Antrieb auf

23 Bei Erreichen einer gewissen Schwelle gibt der Auslösemechanismus die Endhandlung frei.

24 Erb- koord. End- handlung
und beendet oft auch den Akzess, so etwa beim erfolgreichen Beutefang. Erb- koord. End- handlung Die Endhandlung löscht den Antrieb auf dem großen oder kleinen Weg.

25 Betrachten wir das Schema nun nochmals, aber unter der Bedingung, daß eine Barriere (im Sinne LEWINs) den Akzess behindert. Barriere

26 bis auf ein Rudiment, das die Ethologen als Intentionsbewegung bezeichnen. Statt wirklich zuzubeißen fletscht man dann nur die Zähne. aber der Auslösemechanismus blockiert sie; wenn der Antrieb stark genug ist, wird er die Erbkoordination zwar aktivieren; Intentions- bewegung

27 Coping Endsituation Endhandlung Problem-situation
Wie soll es nun aber weitergehen? Hier kommt die Verhaltenssequenz ins Spiel, die wir vorhin als Coping bezeichnet haben. Endsituation Endhandlung Problem-situation

28 Coping- Apparat Intentions- bewegung
Was soll dieser Apparat aber tun? Eine Erbkoordination hat er ja nicht. Wir haben unser Schema also um ein entsprechendes Bauelement zu erweitern. Intentions- bewegung

29 Er braucht einen Zufallsgenerator, der blindlings alle verfügbaren Bewegungsmuster durchprobiert.
Dazu ein Gedächtnis, Und wenn einer davon zufällig den Akzess verbessert, wo alle probierten Lösungs- schritte protokolliert werden. Intentions- bewegung

30 + Intentions- bewegung
dann wird der beschrittene Lösungsweg an die Problem- situation assoziiert und beim nächsten Mal gleich als erstes eingesetzt. + Intentions- bewegung

31 Coping- Apparat unspezif. Wahrnehmung spezifische Wahrnehmung
Diese Arbeitsweise ist im Prinzip unspezifisch. Im Unterschied zur Vielzahl der Antriebe ist der Coping-Apparat ein Allround-Werkzeug, das in den Dienst beliebiger Motive treten muß. Um das zu können, benötigt er einen erweiterten Wahrnehmungsapparat. Das Coping-System aber soll konditionierbar sein, und dafür muß es sich möglichst vielen weiteren Umweltaspekten öffnen, die die angeborenen Detektoren gar nicht als relevant erkennen. Die Detektoren der Antriebe sprechen auf spezifische Schemata an – lerntheoretisch ausgedrückt, auf unbedingte Reize. spezifische Wahrnehmung

32 Invention Aggression Supplikat.
Allerdings bedeutet „unspezifisch“ nicht dasselbe wie „wahllos“. Unter all den verfügbaren Bewegungsradikalen sind einige besser als andere zur Problemlösung geeignet. Für ihren Einsatz ist der Coping-Apparat daher, wie SELIGMAN sich ausdrückt, schon „vorbereitet“. Man kann zweitens natürlich auch versuchen, die Barriere gewaltsam zu beseitigen. Darüber hat Tamara DEMBO gear- beitet, und die Frustrationstheorie hat Coping dann überhaupt plump mit Aggression identifiziert. Invention Aggression Supplikat. Dazu gehören einmal Lokomotion und Manipulation. Sie sind a priori geeignet, einen Umweg um die Barriere zu erschließen. Wir wollen dieses Strategiepaket daher als inventiv bezeichnen. Ihre Spannweite reicht vom erratischen Bewegungssturm der Fliege an der Fensterscheibe oder der Menschen in Panik bis zum Einsatz produktiven Denkens, das ja im Grunde auch eine Umwegsuche ist. Eine dritte Strategie hat DEMBO auch schon beobachtet: Man bittet jemanden anderen, daß er das Problem löst. Das Verfahren kann man supplikativ nennen. Prototypisch hierfür ist das Weinen der Tier- und Menschenkinder.

33 Invention Aggression Supplikat. Assimilation
Allen drei Strategien ist gemeinsam, daß sie in die äußere Situation ein- greifen. PIAGET hat dafür den Begriff „Assimilation“ eingeführt. Aggression Supplikat. Assimilation

34 Invention Revision Aggression Supplikat. Assimilation Akkomodation
Dann mag es sich lohnen, die eigene Kognition einer Revision zu unterziehen: sich die Augen zu reiben, einen Schritt zurückzutreten, die Perspektive zu wechseln. Invention Der Gegenbegriff ist „Akkomodation“: Man verändert sich selbst. Es gibt tatsächlich auch zwei akkomodative Coping-Strategien. Revision Aggression Supplikat. Auf die eine hat METZGER aufmerksam gemacht: Wenn die Situation als gestört erlebt wird, dann kann das daran liegen, daß man sie nicht richtig wahrnimmt. Dabei kann man sich freilich auch in die eigene Tasche lügen, nach dem Prinzip der „sauren Trauben“. DEMBO sprach vom „Ausweichen auf die Irrealitätsebene“. Assimilation Akkomodation

35 Invention Revision Aggression Akklimat. Supplikat. Assimilation
Während Revision eine gewisse Differenzierung des kognitiven Apparates voraussetzt, findet sich eine zweite Variante von akkomodativem Coping schon auf einfachstem Entwicklungsniveau: die Ethologen sprechen von Akklimatisation. Assimilation Akkomodation Sie beseitigt die Spannung eines behinderten Antriebs, indem sie ihn, wie FREUD sagt, verdrängt.

36 working model Ich-Apparat Bewußtsein „kognitiver Schaltkreis“
und einem moderneren, der „kognitiv“ heißt und hinter dem sich eben der Coping-Apparat verbirgt. „kognitiver Schaltkreis“ working model Ich-Apparat Bewußtsein Der Coping-Apparat erfordert nun unsere besondere Aufmerksamkeit, denn an ihm setzt alle phylogene- tische Weiterentwicklung an. einem archaischen und entsprechend primitiven, der für die sogenannte „affektive“ Reizverarbeitung zuständig ist, Im Nachgang zur ZAJONC-LAZARUS-Debatte ist es auch Mode, von zwei getrennten, parallel arbeitenden Schaltkreisen zu reden, und manche Neuropsychologen meinen eigentlich ihn, wenn sie „Bewußtsein“ sagen. Er hat in der Theorienlandschaft viele Namen: bei FREUD wird er „Ich-Apparat“ genannt bei BOWLBY das „Innere Arbeitsmodell“ „affektiver Schaltkreis“

37 „kognitiver Schaltkreis“
Solche Zerlegungen sind problematisch, denn sie pressen funktionell heterogene Systeme in ein Schema der Parallelität, das über den Sinn des Ganzen nicht mehr zu sagen erlaubt, als daß die beiden eben „eng miteinander vernetzt sind“. „kognitiver Schaltkreis“ „affektiver Schaltkreis“

38 ? „kognitiver Schaltkreis“ „affektiver Schaltkreis“
Wir haben gesagt, daß der Coping-Apparat unspezifisch arbeitet. Das bedeutet aber nicht, daß es nicht dennoch wissen müßte, in wessen Dienst er gerade treten soll. „kognitiver Schaltkreis“ Die Idee ist nun, daß genau dies die Aufgabe der Emotionen ist. ? Interessant ist immerhin, daß man den unteren Systemteil "affektiv" genannt hat. Das bringt uns nämlich auf eine lohnende Spur. Die Antriebe müssen also, wenn sie nicht weiter wissen, mit ihm kommunizieren können, und wie machen sie das eigentlich? „affektiver Schaltkreis“

39 • KLEINGINNA & KLEINGINNA Emotion is Emotion
Bekanntlich gibt es Emotionsdefinitionen wie Sand am Meer. Hier ist ein häufig zitiertes Resumé: KLEINGINNA & KLEINGINNA A categorized list of emotion definitions, with suggestions for a consensual definition. (Motivation and Emotion 5, , 1981) Diese Präambel können wir gleich wieder vergessen; denn sie gilt für praktisch jedes psychologische Konzept. Emotion is Emotion a complex set of interactions among subjective and objective factors, a complex set of interactions among subjective and objective factors, mediated by neural/humoral systems, mediated by neural/humoral systems, Hier wird allen Ernstes „Emotion“ durch „Affekt“ definiert, which Hier ist es genauso; denn alles Psychische hat eine „nervöse/endokrinologische“ Grundlage. affective affective give rise to affective experiences und jetzt auch noch durch „Gefühle“. such as feelings feelings such as feelings of arousal, pleasure/displeasure; „such as“ entzieht sich der Verbindlichkeit, indem es Definition durch Veranschaulichung ersetzt. Bleiben also schließlich nur arousal und pleasure als verwertbar übrig.

40 • • • KLEINGINNA & KLEINGINNA
a complex set of interactions among subjective and objective factors, mediated by neural/humoral systems, such as feelings of arousal, pleasure/displeasure; Emotion is which Emotion feelings such as give rise to affective experiences affective KLEINGINNA & KLEINGINNA A categorized list of emotion definitions, with suggestions for a consensual definition. (Motivation and Emotion 5, , 1981) Als Ausbeute bleiben schließlich nur die Begriffe appraisal und labeling, die man angesichts ihrer Unschärfe getrost als synonym betrachten kann. generate cognitive processes und hier wird jetzt „Emotion“ gleich durch sich selbst definiert, such as emotionally relevant perceptual effects, emotionally relevant such as emotionally relevant perceptual effects, appraisals, labeling processes; Dann werden kognitive Effekte genannt (auch wieder nach Schema „such as“), activate widespread physiological adjustments to the arousing conditions; Als nächstes erfahren wir, daß Emotionen etwas mit „Physiologie“ zu tun haben,

41 Orga- nismus Situ- ation Ver- halten makroskopisch mikro- sko- pisch
damit sind die peripheren Prozesse gemeint, die praktisch alles Verhalten begleiten. Situ- ation

42 • • KLEINGINNA & KLEINGINNA generate cognitive processes
activate widespread physiological adjustments to the arousing conditions; a complex set of interactions among subjective and objective factors, mediated by neural/humoral systems, such as feelings of arousal, pleasure/displeasure; Emotion is which Emotion feelings such as give rise to affective experiences affective KLEINGINNA & KLEINGINNA A categorized list of emotion definitions, with suggestions for a consensual definition. (Motivation and Emotion 5, , 1981) such as emotionally relevant perceptual effects, appraisals, labeling processes; such as emotionally relevant perceptual effects, also ist auch diese Passage im Grunde wertlos; aber lassen wir „physiologisch“ immerhin stehen, im Sinne einer besonderen Akzentuierung. schließlich noch eine Formulierung, die durch „often, but not always“ prophylaktisch Harakiri begeht. activate widespread physiological adjustments to the arousing conditions; often, but not always, lead to behavior that is often, but not always, expressive, goal-directed, and adaptive. and adaptive Und adaptiv ist sowieso alle Verhaltensorganisation, weil sie sonst nicht vor der Selektion bestehen könnte.

43 • • • • • KLEINGINNA & KLEINGINNA Emotions give rise to experiences of
A categorized list of emotion definitions, with suggestions for a consensual definition. (Motivation and Emotion 5, , 1981) Emotions So sieht also der Ertrag aus: give rise to experiences of arousal and pleasure/displeasure; focus on microscopic („physiological“) rather than macroscopic („behavioral“) adjustments; tend to be expressive; generate appraisals; tend to be goal-directed. mindestens das letzte Kriterium trifft natürlich auch auf Motivation zu, weshalb spätestens hier die Frage zu stellen ist, wie Motivation und Emotion eigentlich zusamnmenhängen.

44 Emotion „Instinkt“ LERSCH McDOUGALL Anmutungs- qualität
Antriebs- gestalt „endothyme“ Färbung Loten wir einen Moment in die Geschichte zurück. MCDOUGALL hatte für Motivation „Instinkt“ gesagt und diesen durch drei Komponenten definiert. Nun ist es interessant, daß seinerzeit LERSCH, (den heute natürlich niemand mehr zitiert,) eine Phänomenologie der Gefühlserlebnisse vorgelegt hat, die eine auffallende Parallele zu MCDOUGALLs Dreiteilung hat. Das Bild ähnelt dem von mir verwendeten Schema, allerdings bestand dort für das mittlere Kernstück "Emotion" kein Anlaß. emotionale Qualität „Instinkt“ Akzentuierung der Wahrnehmung Verhaltens- muster McDOUGALL

45 LERSCH McDOUGALL bewusst erlebt Anmutungs- qualität Antriebs- gestalt
„endothyme“ Färbung Das sieht so aus, als würden die Emotionen die Thematik der Antriebe erlebbar machen. emotionale Qualität Akzentuierung der Wahrnehmung Verhaltens- muster McDOUGALL

46 Angenommen, ich überquere eine Straße, sehe ein Auto nahen und beschleunige daher meine Schritte.
Zehntausend Meter über mir schwebt ein UFO, in dem kleine grüne Verhaltensforscher aus einer fernen Galaxis die Species Homo sapiens terrestris beobachten. Gewissenhaft notieren sie mein plötzlich anwachsendes Tempo und verbuchen es als Fluchtverhalten. Autos, das wissen sie, sind schließlich Raubtiere, die gelegentlich auf Menschen Jagd machen. Ich möchte an dieser Stelle eine Parabel anführen, die Konrad LORENZ zu diesem Thema beizusteuern hatte.

47 Objektiv stimmt das natürlich alles
Objektiv stimmt das natürlich alles. Aber Angst habe ich bei meiner „Flucht“ kaum verspürt. Ich habe die Situation vielleicht nicht einmal bewußt registriert. Das wäre nun aber ganz anders gekommen, wenn mir beispielsweise der Absatz in der Trambahnschine hängengeblieben wäre. Dann hätte mich wirklich siedende Angst überfallen. Ich hätte mir panisch den Schuh vom Fuß gerissen und wäre schweißnaß und strumpfsockig davongehüpft. Abends hätte ich dann was zu erzählen gehabt.

48 Motiviertes Verhalten kann also durchaus ohne affektive Begleitmusik ablaufen. Wenn man das generalisiert, ließe sich die These aufstellen, daß Affekte bzw. Emotionen erst dann aufteten, wenn Anlaß besteht, die Dienste des Coping-Apparats in Anspruch zu nehmen. Das wird nun dem Coping-Apparat auf emotionalem Wege mitgeteilt. Nehmen wir an, ein Antrieb sei aktiviert und die zugehörige Antriebshandlung blockiert. Nehmen wir an, ein Antrieb sei aktiviert. Emotion

49 Stimmung Anmutung Intention Hin! Emotion Ausdrucks- bewegung
Die Stimmungskomponente informiert über die anstehende Antriebsthematik. Anmutung Intention Stimmung Hin! Die mikroskopischen Begleitprozesse wer- den meist nicht mit blockiert. Jetzt sind sie aber funktionslos und fallen daher auf. Das ist das ganze Geheimnis der „widespread pysiological adjustments“, die durch die Emotion angeblich „aktiviert“ werden. Daher läßt sie sich auch als Ausdruck der Emotion deuten. Emotion Ausdrucks- bewegung Intentions- bewegung Das „Eigenrauschen“ der an- triebsspezifischen Detektoren verleiht der Wahrnehmungs- welt das Anmutungsprofil, auf das dann z.B. projektive Test- verfahren (TAT) ansprechen. Die blockierte Erbkoordination spannt das Welterleben in eine intentionale Dynamik ein.

50 Weg! Bei einem anderen Antrieb würde Entsprechendes geschehen, nur eben in anderer Stimmungsqualität, und anderer Intentionalität. Mit anderem Anmutungscharakter

51 und drittens - ja was drittens?
Gegen die hier unterstellte strukturelle Korrespondenz von Emotion und Motivation könnte man einwenden, daß die Emotionen doch eine Faktorenstruktur haben, zu der es bei den Motiven keine Parallele gibt. ? Lösung Spannung Unlust Lust Das ist die bekannte Dreidimensionalität von Lust/Unlust, Spannung/Lösung, und drittens - ja was drittens?

52 ? Lösung Spannung Unlust Lust MARX TRAXEL, SCHERER WUNDT seelisch
Verglichen mit den beiden anderen Dimensionen gehen hierzu die Meinungen weit auseinander mit etwas anderer Methode erhoben ? seelisch leiblich Nähe Distanz Erregung Beruhigung Dominanz Submission MARX selbst erklärt die Uneinheitlichkeit der dritten Dimension daher, daß sie im Unterschied zu den beiden anderen nicht mehr ein allgemei- nes Charakteristikum aller Emotionen abbildet, sondern inhaltlich be- stimmt ist und daher je nach den gebotenen Items variiert. Eigentlich ist die Rede von der Dreidimensionalität also irreführend; es gibt außer den beiden ersten noch eine große Zahl weiterer Dimensionen, die nur bei den üblichen Abbruchkriterien weitgehend unter den Tisch fallen. Lösung Spannung Unlust Lust

53 Thematik Dringlichkeit Konditionierung Qualität (Ent)Spannung (Un)Lust
Diese Faktorenstruktur der Emotion paßt nun aber sehr organisch in unser System. Dem Coping-Apparat muß ja dreierlei mitgeteilt werden: Und eben darum geht es bei den drei Dimensionen Thematik Qualität um welche Antriebsthematik es sich handelt, Dringlichkeit (Ent)Spannung wie dringlich eine Lösung ansteht Konditionierung (Un)Lust und ob das, was der Coping-Apparat soeben ausprobiert hat, ein Schritt in die richtige Richtung war und daher gespeichert werden sollte.

54 Thematik Dringlichkeit Konditionierung Qualität (Ent)Spannung (Un)Lust
Diese Vielfalt war freilich nicht nach dem Geschmack der Behavioristen. Sie träumten von einer universalen „psychischen Energie“, für die sie sich allerlei Phantasienamen ansdachten. Allen diesen Konstrukten war gemeinsam, daß sie die themenspezifische Qualität leugneten „arousal“ Thematik Qualität „activation“ Dringlichkeit „excitation“ (Ent)Spannung „energy mobilization“ Konditionierung (Un)Lust „general drive“ und die beiden anderen Dimensionen in einen Topf warfen.

55 Befriedigend ist, was die „Triebstärke“ verringert.
Diese pseudophysikalische Begrifflichkeit wurde dann noch in eine Plus-Minus-Skala gezwängt. „positiv“ „negativ“ während die Lust-Unlust-Tönung, die ja als Lohn oder Strafe den Lernprozeß begleitet, mehrfach wechseln kann. Wenn man diese beiden Dimensionen kontaminiert, kommen scheinexakte Theoreme heraus wie das obige, von HULL vertretene. Lust Lösung Wie realitätsblind das ist, lehrt schon der Zeitverlauf. Zeit Endhandlung Unlust bis zur Endhandlung nimmt die Spannungskomponente stetig zu, Spannung

56 Befriedigend ist, was die „Triebstärke“ verringert.
Soetwas verhilft dann den Experimentalpsychologen zu reichlicher Geschäftigkeit. Männliche Albinoratten lernten schneller als nicht belohnte Tiere, wenn ihnen … die Kopu- lation mit einem Weibchen ermöglicht wurde, wobei aber der Kopulationsvorgang vor der triebreduzierenden Ejakulation stets unterbro- chen wurde (Sheffield, Wulff & Baker 1951). Als belohnender Verstärker funktionierte hier also etwas, das zweifellos zu einer Steigerung statt zu einer Reduktion von Triebregung führte. „positiv“ „negativ“ Lust Lösung Zeit Endhandlung Unlust Triebregung aus RHEINBERG (2000, S. 38f) Was genau aber soll „Triebregung“ bedeuten? Spannung

57 Befriedigend ist, was die „Triebstärke“ verringert.
„positiv“ „negativ“ Wenn wir die Sequenz unmittelbar vor der Endhandlung unterbrechen, Lust Lösung dann sind wir an einer Stelle, wo das Männchen belohnt wird, weil es das Weibchen immerhin erreicht hat. Schlampige Begrifflichkeit widerlegt man aber nicht empirisch, sondern durch Einforderung von Denkdisziplin. Zeit Endhandlung Der Fehler liegt darin, daß man meint, es bedürfe eines Experiments, um die These HULLs zu widerlegen. Unlust Zugleich wird die Spannung aber aufrechterhalten, weil die Endhandlung noch aussteht. Spannung

58 Bewertung • KLEINGINNA & KLEINGINNA Emotions
generate appraisals; arousal and pleasure/displeasure; tend to be expressive; give rise to experiences of tend to be goal-directed. focus on microscopic („physiological“) rather than macroscopic („behavioral“) adjustments; KLEINGINNA & KLEINGINNA A categorized list of emotion definitions, with suggestions for a consensual definition. (Motivation and Emotion 5, , 1981) Emotions Genau dasselbe gilt auch für eine weitere Etikette, die der Emotionen gern angeheftet wird: Bewertung Meist werden sie aber als der Mechanismus dargestellt, der die Bewertung „generiert“ mit der Konsequenz, daß dann überall, wo Verhalten einen Bewertungsaspekt einschließt (und das gilt für alles adaptive Verhalten) auch gleich Emotionen postuliert werden. Dagegen wäre nichts zu sagen, solange Emotionen als Nachrichten verstanden werden, die eine Bewertung übermitteln.

59 Emotion Verhalten Ausl Det Akzess An- trieb Orga- Bedürf- nismus nis
Das läuft auf eine unnötige Verdoppelung der Prinzipien hinaus. Wir haben ja schon eine bewertende Instanz identifiziert, nämlich das System der Motivation. Motive werden selbst häufig und mit Recht als „Bewertungsdispositionen“ bestimmt (so etwa in dem Lehrbuch von RHEINBERG.) die Emotion aber ist nur ein Output, der die Semantik dieser impliziten Bewertung erforderlichenfalls dem Coping-System mitteilt (= bewußt macht). Emotion Akzess Verhalten Ausl An- trieb Orga- nismus Bedürf-   nis Valenz Det „Bewertung“ ist hier kein rationaler Akt, sondern sie erfolgt implizit, einfach kraft der Systemstruktur, die bestimmten Reizschemata auf adaptive Weise bestimmte Verhaltensradikale zuordnet.

60 Mensch Menschen- affen einfache Wirbeltiere
Alles bisher Besprochene gilt im Prinzip schon unter- halb der Menschenaffen. Wie geht es nun in der Phylogenese weiter?

61 Hierzu liegt der Schlüssel im Coping-Apparat
Hierzu liegt der Schlüssel im Coping-Apparat. Er entwickelt neue kognitive Kategorien. Diese • verändern die Struktur dessen, was LEWIN den „Lebensraum“ genannt hat, • schaffen neue Problemsituationen für das bereits bestehende Motivinventar • und nötigen dieses daher, sich zu differenzieren.

62 Kategorien sondern sinnvolle Rekonstruktionen des Mesokosmos.
Kategorien sind zum Beispiel • Figur und Grund • Realität und Schein • Ursache und Wirkung. Der Ausdruck „Kategorie“ ist hier nicht in seiner kognitivistischen Verflachung (=Oberbegriff) zu verstehen, sondern im ursprünglichen Sinn der klassischen Philosophie. Er bezeichnet Verarbeitungsmodule, die dafür sorgen, daß das Reizmaterial nicht einfach ein Empfindungsmosaik hervorbringt,

63 Eine davon möchte ich genauer besprechen:
Identität Worum geht es?

64 diachrone Identität Trajektorie jetzt vorhin
Die Geschichte erinnert uns daran, daß es nicht trivial ist, wegen dieser zeitüberbrückenden Funktion spezifizieren wir die Identität als „diachron“. diachrone Identität Das ist eben das Werk der Identitätskategorie; sie spannt eine Trajektorie von der aktuellen Wahrnehmung zu passenden Speicherinhalten. Trajektorie jetzt wenn wir allem, was wir jetzt wahrnehmen, ein Pendant in der Vergangenheit zuordnen. vorhin

65 Schema Die Identitätskategorie ist nicht lebensnotwendig.
nur der frontale Anblick wirkt auslösend Gesichter im Profil sind hier bekanntlich wirkungslos, Detektoren funktionieren auch, wenn sie auf starre Schemata eingestellt sind. Schema Noch beim dreimonatigen Säugling gilt das für die Auslösung der Lächelreaktion. und er hält auch nicht vor, geschweige denn bei Verdeckung.

66 Mensch Menschen- affen Menschen- affen einfache Wirbeltiere
Als erwachsene Menschen sehen wir jedoch, daß es sich immer um dieselbe Person handelt. Das eben ist das Werk der diachronen Identität Mensch Menschen- affen Menschen- affen Was uns nun aber phylogenetisch erstmals bei Menschenaffen begegnet, ist eine raffinierte Umkonstruktion der Identitätskategorie. einfache Wirbeltiere Auch Raubtiere, die ihre Beute belauern, können das schon.

67 Coping Phantasie Wahrnehmung
Auch die Natur hat einen solchen Simulator erfunden: Wahrnehmung Den Kognitivisten ist das Wort „Phantasie“ zu ordinär, sie ersetzen es durch „Repräsentation“. das klingt professionell, ist aber viel ungenauer, denn natürlich ist auch schon die Wahrnehmung eine Repräsentation. Coping Einen angehenden Piloten läßt man ja auch nicht gleich auf eigene Faust Fliegen und Landen üben. Was man stattdessen tut: Man setzt ihn in einen Flugsimulator, wo er seine Fehler machen kann, ohne den Hals zu riskieren. Wir haben dem Coping-System Lernprozesse zugeordnet. Lernen schließt das Risiko von Versuch und Irrtum ein. Es gibt aber Situationen, wo ein einziger Irrtum schon ein Irrtum zuviel wäre!

68 Mensch Menschen- affen Menschen- affen einfache Wirbeltiere
In der Primatenreihe scheinen die Menschenaffen die einzigen zu sein, die Probehandlungen in der Phantasie vornehmen können. einfache Wirbeltiere

69 Phantasie Wahrnehmung Wenn hier eine Emotion ein Problem meldet,

70 Phantasie Wahrnehmung färbt sie nicht nur die Wahrnehmung ein,

71 „Anreiz“ „Anreiz“ Phantasie Wahrnehmung +
sondern auf der inneren Probebühne. „Anreiz“ wird nun leider auch für die Zielvorstellung verwendet, die das mentale Probehandeln leitet, – mit entsprechendem Verwirrungseffekt. Das Subjekt agiert dann zu- nächst nicht in der Realität, Der Begriff "Anreiz", der ursprünglich die zum Detektor passende äußere Reizkonstellation bezeichnete, Sondern sie gibt auch der Phantasie ein antriebsspezifisches Ziel vor.

72 Objekte können ja jetzt doppelt repräsentiert werden:
Diese Identität ist also nicht diachron, sondern synchrone Identität nicht nur wahrgenommen, sondern auch vorgestellt. Beide Male handelt es sich um dasselbe Objekt, beide Repräsentationen müssen also als identisch erlebt werden. Damit so ein Wirklichkeitssimulator überhaupt funktioniert, sind aufwendige kategoriale Erweiterungen nötig. Eine der interessantesten davon betrifft wiederum die Identität. Die Identitätskategorie dient hier aber nicht der Zeitüberbrückung, denn die beiden Erlebnisinhalte treten ja gleichzeitig auf.

73 Nun könnte man fragen, warum wir hier überhaupt von Identität reden und nicht einfach von Gleichheit. Die beiden Ausdrücke werden ohnehin oft synonym verwendet, z.B. in der Rede von „identischen Zwillingen“ In Wirklichkeit gleichen sich diese aber nur - wie das sprichwörtliche Ei dem anderen. identisch gleich Identisch sind sie deshalb nicht, weil man das eine aufschlagen kann, ohne daß das dem anderen schadet.

74 Das gilt schon von der diachronen Form.
Identität ist, wenn der eine verantworten muß, was der andere getan hat, und selbst erleidet, was dem anderen widerfährt. Sie erlaubt uns, das Märchen vom Froschkönig zu verstehen, der durch den Kuß der Prinzessin in einen Prinzen verwandelt wird.

75 Schicksals- gemeinschaft
Identität hängt nicht an der äußeren Erscheinung, sondern sie haftet irgendwie am Kern der Dinge. Wenn es nicht zu feierlich klingen würde, könnte man sagen, Identität ist Schicksalsgemeinschaft. Schicksals- gemeinschaft

76 Aua! Für die synchrone Identität gilt dasselbe.
Sie verhilft dem Voodoo-Zauberer zu der Überzeugung, er brauche nur eine Puppe anzufertigen, und könne dann deren Schicksal auf die Person selbst übertragen.

77 Sie erklärt unsere Wut, wenn jemand das Bild einer nahestehenden Person bespuckt.
Und sie läßt verstehen, wieso man mit einem Gebäude wie dem World Trade Center eine ganze Nation treffen kann (unabhängig von der Zahl der Toten!)

78 „I“ „Me“ Identität William JAMES synchrone
Und genau das ändert sich auf dem Phantasieniveau Denn hier trete ich ja nun auch mir selbst gegenüber. „Me“ Aber es hat eben Hintergrundcha- rakter, es ist keine artikulierte Figur. Eine bedeutsame Konsequenz der syn- chronen Identität betrifft das Ich-Erleben. Das einfache Ichgefühl setzt keine Reflexion und keine Phantasie voraus. Es wird schon spürbar in der emotionalen Subjektivierung der Wahrnehmungswelt. Es ist Schauplatz meiner Widerfahrnisse, Nullpunkt meiner Perspektive, Quelle des Kraftgefühls, das die Glieder meines Leibes lenkt. „I“ In diesem Sinne hatte bereits William JAMES zwei Aggregatzustände des Ich-Erlebens unterschieden Es ist wieder die synchrone Identität, die beide zu einer Einheit macht. William JAMES

79 Die synchrone Identität erlaubt auch, sich selbst im Spiegel zu erkennen, was unter Primaten außer uns stimmigerweise nur die Menschenaffen fertigbringen.

80 Menschenaffen sind auch die einzigen Tierprimaten, bei denen es Anzeichen für synchrone Identifikation mit Anderen gibt. Die Aufnahme stammt von Wolfgang KÖHLER. Zu beachten ist die Arm- bewegung des Zuschauen- den. Noch bei einem Pa- vian wäre sie unmöglich. Menschenaffen sind demgemäß auch die einzigen in der Primatenreihe, bei denen wirklich Imitation von Handlungsmustern nachgewiesen ist.

81 Zu den Implikationen der synchronen Identität für die Empathie-Thematik kann ich hier nur auf die diesbezügliche Veröffentlichung meiner Frau verweisen.

82 Mit steigender Entwicklungshöhe verschiebt sich der Akzent aber auf die zielbildende Endsituation.
Diese läßt sich beschreiben als das „Klein-und-Häßlich-Werden“ des Gegners; es ist angesprochen ebenso in WEINBERGERs Ausspruch, das "Empire of Evil" (damals noch die Sowjetunion) solle "with a whimper" in sich zusammensacken, wie, aus der Perspektive der Terroristen, im Anblick der einstürzenden Twin Towers. Machtmotivation beobachten wir schon auf dem Niveau der sozialen Wirbeltiere weit unterhalb der Menschenaffen. Vorhin wurde gesagt, daß die kognitiven Neuerwerbe das archaische Motivinventar nicht etwa überflüssig machen, sondern differenzieren. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen. Die zielbildende Endhandlung besteht hier in spektakulärer Kraftdemonstration („Imponierverhalten“) bis hin zur physischen Attacke.

83 Aus der Macht-Thematik spaltet sich dann das Geltungsstreben und die Kompetenzmotivation ab.
„Me“ KÖHLER berichtet von seinem Star-Schimpansen Sultan, der aufgeregt zuschauen mußte, wie dumm sich ein anderer anstellte, dem es einfach nicht gelang, eine Banane mit einem Stock durchs Gitter zu angeln. Schließlich durfte er es selbst versuchen, löste die Aufgabe im Handumdrehen, verzehrte die Banane dann aber nicht etwa, sondern überreichte sie herablassend dem armen Teufel. „I“ Sobald sich zum „I“ aber eine „Me“- Perspektive gesellt, bekommt das Bedürfnis, die eigene Kompetenz zu spüren, einen objektivierbaren Kondensationskern.

84 Mensch Mensch Menschen- affen einfache Wirbeltiere
Worin besteht nun aber der qualitative Sprung, zur spezifisch menschlichen Verhaltensorganisation? Mensch Mensch Menschen- affen Das alles können also schon die Anthropoiden. einfache Wirbeltiere

85 Prioritätenregelung Diese Art Management ist nun aber nicht unbedingt die eleganteste. Man könnte ja auch beide Antriebe blockieren und zunächst einmal prüfen, wie einfach jeder von ihnen zu befriedigen ist. Ich möchte die These vertreten, daß das etwas mit dem motivdynamischen Problem der Prioritätenregelung zu tun hat. der andere wird solange gehemmt, bis der überlegene seine Spannung abgebaut hat. Unterhalb der Menschen setzt sich von zwei konkurrierenden Antrie- ben einfach der stärkere durch,

86 Die kurze Verzögerung tangiert den stärkeren kaum.
Falls die äußeren Umstände jetzt gerade dem schwächeren Antrieb günstig sind, dann ist es doch besser, ihn bevorzugt zu erledigen. jetzt später Die kurze Verzögerung tangiert den stärkeren kaum.

87 Die Methode verlangt nämlich, daß Antriebsziele in eine zeitliche Ordnung gebracht werden.
Die Idee klingt bestechend;und sie liegt offenkundig den ErwartungsWert-Theorien zugrunde, die aber nicht bedenken, daß diese Strategie als generelles Organisationsprinzip der Motivation gar nicht in Betracht kommt, da sie apparativ so aufwendig ist, daß erst der Mensch (im Alter von > 4 Jahren) sie verwirklichen kann.

88 Was wissen wir über die Phylogenese des Zeitverständnisses?
früher jetzt später Tiere, die nur Schemata wahrnehmen, benötigen überhaupt noch kein Zeitbewußtsein. Sie reagieren einfach instantan auf aktuelle Reize. Die Zeitachse wird erstmals durch die diachrone Identität in Anspruch genommen, die immerhin ein Stück weit in die Vergangenheit lotet. Mit der Erfindung der Phantasie beginnt dann auch die Eroberung der Zukunft. Das gilt noch für das Eichhörnchen, das eine Nuss vergräbt, weil es ihm Spaß macht, Nüsse zu vergraben, und nicht etwa, weil es an künftigen Hunger denkt.

89 An der Elfenbeinküste lebt ein Schimpansengruppe, die manchmal in ein Gebiet wandert, wo bestimmte Nüsse wachsen, deren Schale so hart ist, daß man Steine braucht, um sie aufzuschlagen. Steine gibt es aber nicht im Nußrevier, und daher nehmen die Tiere vorsorglich welche mit! Der Fußmarsch dauert bis zu einer halben Stunde; Das ist eine beachtliche Antizipationsleistung! Die Pointe ist nun die: Wenn die Schimpansen satt sind, werfen sie die Steine weg! Nichts deutet darauf hin, daß sie sie für künftigen Hunger beiseitelegen.

90 Für diese Art von Zeiterleben verwende ich den Ausdruck Primärzeit, angelehnt an den „Primärprozeß“, mit dem FREUD eine Handlungsorganisation meint, die ganz unter dem Druck des aktuellen Triebes steht. Primärzeit 6 Sobald dieser Trieb dann befriedigt ist, drückt das Coping-System gewissermaßen auf eine "Clear"-Taste, und dann wird „der Bildschirm der Phantasie gelöscht“. Der gesamte erlebte Zeitablauf, von der Erinnerung bis zur Antizipation, bleibt eingebettet in den aktuellen „Appetit auf Nüsse“.

91 Sobald dieser Trieb dann befriedigt ist, drückt das Coping-System gewissermaßen auf eine "Clear"-Taste, und dann wird „der Bildschirm der Phantasie gelöscht“. Auch die Primärzeit implodiert jetzt wieder zu ausdehnungsloser Präsenz.

92 Zuvor fungierte die aktuelle Antriebslage als alleiniger Organisator der Phantasie. Das bedeutet: Ein solches System erfordert nicht, daß man sich Motive vorstellen kann, die man im Moment nicht hat. Unsere Vorstellungskraft vermag vielmehr zu prüfen, wie es nach dessen Erledigung weitergehen würde, welche Veränderungen der Situation bevorstehen und welche neuen Antriebslagen das aktivieren wird. Phantasie Die Phantasie beschränkt sich bei uns nicht auf den Entwurf von Coping-Strategien zu aktuellen Antrieben, 6 + Und das ist beim Menschen eben anders. eingebunden in die Primärzeit und fixiert auf das vordergründige Triebziel.

93 6 t R Q I PQ A S FP Q ASF DF G CBM KJ T D FG C B Weltgerüst
Dieses Wissen aus unzähligen Bausteinen geduldig aufzubauen, würde aber das einzelne Individuum überfordern; hierfür bedarf es der Kommunikation mit anderen. Das ist eine andere Art der Kommunikation als die unter Tieren, die sich wechselseitig nur ihre Affekte signalisieren. Hier geht es um die Mitteilung von Sachverhalten, die gemein- sam ein verläßliches Gerüst der Weltorientierung liefern sollen. Weltgerüst 6 t R Q I PQ A S FP Q ASF DF G CBM KJ T D FG C B Wenn es aber darum gehen soll, sich neben dem aktuellen Motiv auch noch künftige Antriebslagen vorzustellen, dann bedarf es dazu eines Meta-Organisators, der die Antriebe ihrerseits in eine Ordnungsform einbindet, – gewissermaßen eines Bezugssystems für Bezugssysteme. Dafür kommt nur eine Art von affektfreiem Hintergrundwissen in Betracht, das den objektiven Ablauf des Weltgeschehens dokumentiert und extrapoliert.

94 sondern das erste Wesen, das die Sprachkompetenz
Der Mensch ist nicht das sprechende Wesen, sondern das erste Wesen, das die Sprachkompetenz kommunikativ nutzt. . Die Menschenaffen besitzen bereits protosprachliche Kompe- tenzen, die ihnen die Mitteilung von Sachverhalten ermöglichen. Aber sie sind hierzu nicht intrinsisch motiviert. Es war offenbar nicht der Selektionsvorteil der Kommunikation, sondern der des produktiven Denkens, der die kognitiven Module entstehen ließ, mit deren Hilfe sich trainierte Schimpansen mit ihren Pflegern verständigen. Erst beim Mensch haben sich diese Module zu einem Kommunikationsmittel weitergebildet. Dazu gäbe es natürlich viel mehr zu sagen, aber das wäre das Thema einer eigenen Präsentation.

95 CBM t R Q I PQ A S FP ASF DF G KJ T D FG C B
Wie veridikal (wirklichkeitsgerecht) muß das Weltgerüst sein? CBM t R Q I PQ A S FP ASF DF G KJ T D FG C B Das ist dann das, was man auch als cold cognition bezeichnet. Vor allem in der sozialen Welt können gemeinsam geschaffene und geglaubte Fiktionen oft recht überlebenstauglich sein. Das ist keine triviale Frage; denn die ultima ratio der Kognition ist nicht wissenschaftliche Objektivität, sondern die Fitness. Aber je flexibler der kognitive Apparat ist, desto mehr ist er auf Veridikalität angewiesen, sodaß das Weltgerüst insgesamt doch am brauchbarsten ist, wenn es die objektiven Verhältnisse verzerrungsfrei wiedergibt.

96 ¿ º ¸ · Á 6 t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B Weltgerüst
Wesentlich ist nun, daß sich das Weltgerüst in der Zeit entfaltet. Diesen Zeitspeicher kann man analog als „Sekundärzeit“ bezeichnen. Á eine Art Filmrolle, die das zeitliche Nacheinander in eine geordnete Folge von reversibel abrufbaren Adressen kodiert. Wir brauchen ein Zeitgefühl nach dem Modell des Raumgefühls, einen Zeit-Raum, Aber die Primärzeit wäre da unbrauchbar, da sie an den aktuellen Antrieb gebunden bleibt und mit diesem wieder kollabiert. Sekundärzeit Weltgerüst 6 t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B

97 das Detektorsystem der Antriebe ansprechen
Á Neben der aktuellen Thematik werden nun andere emotionale Handlungsorgani- satoren vorhersehbar, die sich erst an einem künftigen Ereignis entzünden werden. Sekundärzeit Weltgerüst 6 t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B Die Einträge in diesen Speicher müssen derart mit Verbindlichkeit geladen sein, daß sie das Detektorsystem der Antriebe ansprechen Aber diese beruhen eben nur auf vorgestellten „Fakten“; und damit sie überhaupt eine Chance haben, mit den aktuellen Affekten zu konkurrieren, muß das energetische Gefälle zwischen beiden abgebaut werden. ebenso wie echte Wahrnehmungen und ihrerseits Antriebe aktivieren können. exekutive Kontrolle Hierzu wird der aktuelle Antrieb unter Hemmung gesetzt, was man heute "exekutive Kontrolle" nennt.

98 ¿ º ¸ · Á 6 t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B Weltgerüst
Diese Ausstattung ermöglicht es uns, der Nötigung des Jetzt zu entrinnen und für eine künftige Thematik Vorsorge zu treffen, Sekundärzeit also z.B. Feuer zu unterhalten, was ja nur funktioniert, wenn ich Holz schon sammle, solange ich noch nicht friere. Weltgerüst 6 t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B exekutive Kontrolle

99 Als nächstes müsste man nun eigentlich die Konzepte und Theorien der modernen, kogni- tivistisch orientierten Motiva- tionspsychologie in die skiz- zierte Struktur eintragen oder von ihr aus problematisieren. Aber die Vortragszeit ist abgelaufen; ich muß dieses Geschäft also Ihrer eigenen Kreativität überlassen.

100 ¿ º ¸ · Á 6 t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B Weltgerüst
Beispielsweise wird nun eine Gruppe neuer, speziell auf die Sekundärzeit bezogener Emo- tionen erforderlich, deren anthropologischen Sonderstatus übrigens bereits LERSCH mit sicherem phänomenologischen Gespür heraus- gearbeitet hat: er nennt sie Schicksalsgefühle Sie werden selbst überblicken, daß diese abermalige kognitive Erweiterung eine Fülle von Zusatzmechanismen erfordert, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Differenzierung der Antriebspalette. Á Erwartung Hoffnung Befürchtung Sorge Resignation Verzweiflung Sekundärzeit Weltgerüst 6 t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B Diese sind später bei HECKHAUSEN zu „Hoffnung“ und „Furcht“ (richtig müsste es „Befürchtung“ heißen!) rudimentiert. exekutive Kontrolle

101 Identität diachron synchron permanent PQASF MKJTD
Auch die Identitätskategorie mußte erneut umgebaut werden. Identität diachron synchron Auf der Schimpansenstufe wurde sie bereits vom diachronen in den synchronen Status erweitert. Auf der Schimpansenstufe wurde sie bereits permanent Die Bausteine des Weltgerüstes aber benötigen Trajek- torien, die die momentane Antriebslage transzendieren. Tierisches Zeiterleben ist bestenfalls eine Kette kurz- gliedriger, thematisch homogener Episoden. Der Mensch aber erfährt seine Welt als ein Skelett von Tatsachen, deren Lebensdauer nicht davon abhängt, ob die Antriebslage fortdauert, in der sie ins Bewußtsein traten. PQASF MKJTD Man kann diese dritte Form der Identität die „permanente“ nennen.

102 ¿ º ¸ · Á t R Q I PQ A S FP ASF DF G CBM KJ T D FG C B
Der sozialpsychologische Identitätsbegriff basiert auf dieser Umformung, und vieles mehr, Ich muß mich selbst ja als etwas Überdauerndes im Wechsel meiner Motivlagen wahrnehmen. Auch das Ich wird durch die permanente Identität zur zeitüberdauernden Tatsache. Meine Identität muß also zur Vergangenheit wie zur Zukunft hin grenzenlos offen sein, woraus sich dann ab der Adoleszenz das Bedürfnis ergibt, meine Wurzeln in einer familiären, kulturellen, allenfalls mythischen Vergangenheit zu suchen und die Zukunft über den Tod hinaus zu extrapolieren. Unter anderem leider auch die Überzeugung, daß die eigene Identität nie zuendegehen kann, sodaß Menschen um jenseitiger Belohnung willen auch Selbstmord begehen können.

103 Architektur der Motivation
Ich hoffe aber, daß es mir gelungen ist, ein evolutionäres Bezugssystem zu skizzieren, das uns er- möglicht, die Architektur der Motivation gewissermaßen von ihren Jahresringen her zu begreifen. Überlegungen zur Architektur der Motivation Evolution All das weiterzudenken, muß und darf ich Ihnen überlassen.


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