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Rationelle Schmerztherapie

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Präsentation zum Thema: "Rationelle Schmerztherapie"—  Präsentation transkript:

1 Rationelle Schmerztherapie
Eberhard Albert Lux Klinik für Schmerz- und Palliativmedizin Klinikum St.-Marien-Hospital Lünen

2 Interessenskonflikt Dr. Eberhard Albert Lux war für die folgenden Firmen mit Vorträgen, Publikationen oder Beratungstätigkeit aktiv: Teva - Archimedes Cephalon - Grünenthal Eisai - Hexal Mundipharma - Janssen OMT - MSD Pfizer

3 Schmerz und Schmerzfasern
Rückenmark Peripherer Nerv: Berührung Die Abbildung zeigt die wesentlichen Bahnsysteme des afferenten Nervensystems. Dünne, unmyelinisierte C-Fasern leiten Schmerz- und Temperaturreize. Sie werden im Hinterhorn des Rückenmarks umgeschaltet, kreuzen auf Segmenthöhe zur Gegenseite und projizieren dann zum Thalamus und zum Cortex. Dort werden der Entstehungsort und die Stärke des Schmerzes erkannt. Nichtnoxische Reize benutzen ein anderes Bahnsystem. Diese werden in myelinisierten Aβ-Fasern vermittelt und projizieren direkt auf der gleichen Seite in die Hinterstränge. Sie werden im Hirnstamm umgeschaltet und gelangen dann über den Thalamus zum Cortex. Hinterhorn Schmerzfasern: Schmerz/Temperatur Vorderhorn Aktories et al. (2009): Allgemeine u. spezielle Pharmakologie u.Toxikologie

4 Aktivierung von Schmerzfasern
Verletzung ATP Bradykinin Prostaglandin 5-HT (Serotonin) Histamin H+ Mastzellen oder Neutrophile Blutgefäß Substanz P Anterolateral System Die Abbildung zeigt die physiologische Aktivierung von Schmerzfasern während einer Verletzung mit allen beteiligten Mediatoren und Zellsystemen. Nach einer akuten Gewebeschädigung werden sofort ATP und Protonen aus den beschädigten Zellen der Gewebe ausgeschüttet. Serotonin, das aus den Thrombozyten freigesetzt wird, hat peripher schmerzerzeugende und im ZNS schmerzhemmende Wirkung. Alle drei Mediatoren aktivieren verschiedene Rezeptoren (ATP: P2X3-Purinorezeptor; Serotonin: 5-HT3-Rezeptoren) oder Ionenkanäle (Protonen: TRPV1-Kanäle), die zum vermehrten Calcium- und Natriumeinstrom führen. Die so generierten Aktionspotentiale verursachen den physiologischen Nozizeptorschmerz. Bei den entzündlichen Schmerzen (pathophysiologische Nozizeptorschmerzen) werden Mastzellen, neutrophile Granulozyten und Makrophagen aktiviert. Diese setzen eine Reihe von Entzündungs- und Schmerzmediatoren frei (z. B. Mastzellen: Bradykinin, Histamin, NGF = nerve growth factor; Makrophagen: Prostaglandine, NGF, IL = Interleukine, TNFα = Tumornekrose-Faktor-α; Neutrophile: NGF, IL, TNF-α, Leukotriene) und vermitteln auf diese Weise die Entzündungssymptome. Die Aktivierung der Nozizeptoren führt weiterhin u. a. zur Synthese des wichtigsten Schmerzmediators, der Substanz P. Das Neuropeptid stimuliert Mastzellen und Makrophagen zur weiteren Synthese und Freisetzung von Entzündungsmediatoren. Neben der Aktivierung der NK-1-Rezeptoren (Neurokinin-1-Rezeptoren) verursachen Substanz P sowie CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) zudem eine präkapilläre Vasodilatation und eine postkapilläre Plasmaextravasion. CGRP Substanz P Dorsale Wurzel Spinalganglion Zellkörper Mutschler et al. (2008): Mutschler Arzneimittelwirkungen Mod. nach: Neuroscience 4th ed.

5 Keine Schmerzweiterleitung – kein Schmerz
Mutation in Na-Kanälen Vor einigen Jahren wurde eine Mutation in bestimmten Natriumkanälen, die auf Schmerzfasern lokalisiert sind, gefunden. Menschen mit dieser Mutation empfinden keinen Schmerz. Interessanterweise wurde diese Mutation erstmals in einer Familie pakistanischer Fakire gefunden.

6 Zwei unterschiedliche Schmerzarten
Nozizeptiver Schmerz Gemischte Schmerzsyndrome „mixed pain“ Neuropathischer Schmerz Ab jetzt wird im Vortrag der chronische Schmerz besprochen. Der chronische Schmerz ist eine Schmerzform, die mehr als 6 Monate andauert und die physiologische Warn- und Schutzfunktion verloren hat. Der Schmerz hat sich verselbständigt. Dieses ist das Problem unserer Patienten. Konzeptionell werden mehrere unterschiedliche chronische Schmerzarten unterschieden. Auf der einen Seite spricht man von einem nozizeptiven Schmerz. Hier ist die Schmerz auslösende Ursache ein andauernder Prozess in den Geweben (Beispiel Arthrose, Rheuma). Dem gegenüber kommt es zu einem neuropathischen chronischen Schmerz, wenn das Nervensystem selbst durch eine Noxe verletzt wird (diabetische schmerzhafte Polyneuropathie, postherpetische Neuralgie). Es finden sich aber auch Schmerzsyndrome, bei denen beide Kategorien vorhanden sind. Diese bezeichnet man als gemischte Schmerzsyndrome (chronischer Rückenschmerz mit Radikulopathie, Tumorschmerz mit Infiltration ins Nervengewebe).

7 Nozizeptiver Schmerz Arthrose Rheumatoide Arthritis Osteoporose
Myofasziale Syndrome Ischämieschmerz Nozizeptive Schmerzen sind Schmerzen, die durch eine chronische Aktivierung von intakten Schmerzfasern in den Geweben erzeugt werden. Typische Beispiele sind aufgeführt.

8 Neuropathischer Schmerz
Polyneuropathie Zosterneuralgie Trigeminusneuralgie „Central post-stroke pain“ Der neuropathische Schmerz ist durch eine Schädigung oder Läsion im somatosensorischen System gekennzeichnet. Er kann sowohl das periphere als auch das zentrale Nervensystem betreffen. Zu den peripheren Schmerzsyndromen gehören z. B. Schmerzen bei Polyneuropathie, Zosterneuralgie oder Trigeminusneuralgie. Zentrale Schmerzen treten dagegen typischerweise nach Hirninfarkten auf (der sog. „central post-stroke pain“ CPSP). S1-Leitlinie: „Neuropathische Schmerzen Diagnostik“ Stand 2012/09

9 Gemischte Schmerzsyndrome
Rückenschmerzen Tumorschmerzen Morbus Sudeck Bei gemischten Schmerzsyndromen finden sich nozizeptive wie auch neuropathische Anteile, so dass eine eindeutige Zuordnung nicht immer möglich ist. Ein Beispiel sind Rückenschmerzen, bei denen die afferenten Nerven in Muskeln, Gelenken und Bändern chronisch erregt werden (nozizeptive Komponente) und gleichzeitig Nervenwurzeln durch Bandscheibengewebe oder Exostosen komprimiert und geschädigt werden (neuropathische Komponente). Andere Beispiele sind Tumorschmerzen und Morbus Sudeck. S1-Leitlinie: „Neuropathische Schmerzen Diagnostik“ Stand 2012/09

10 Expression von Natrium-Kanälen auf Schmerzfasern
Haut mit freien Nervenendigungen Dorsal Afferentes Neuron Hinterhorn Während des Chronifizierungsprozesses von Schmerzen verändern sich die nozizeptiven Afferenzen; es kommt zu vermehrter Expression von Kanälen und Rezeptoren und die Erregungseigenschaften der Schmerzfasern verändern sich. Eine Expression von Natriumkanälen auf den Schmerzfasern führt z. B. zur Veränderung des Membran-Potentials und zur ektopen (selbstständigen) Aktivierung von Schmerzfasern. Insbesondere die einschießenden Schmerzattacken, die Patienten mit chronischen neuropathischen Schmerzen häufig beklagen, sind durch diesen Mechanismus erklärbar. Vorderhorn Ventral

11 Deszendierende Schmerzmodulation
X Fehlende Inhibition Neben den aufsteigenden afferenten Bahnen des Schmerzsystems besitzt jeder Mensch auch eine deszendierende Bahn, die eine Kontrollinstanz der Schmerztransmission durch das Hinterhorn des Rückenmarks darstellt. Viele dieser absteigenden Bahnen haben eine hemmende Funktion. Ihre Überträger sind Noradrenalin und Serotonin. Während der Schmerzchronifizierung kommt es zu einer zunehmenden Schwächung der deszendierenden Inhibition, was folglich zu einer weiteren Sensibilisierung der Hinterhornneurone und zu einer weiteren Chronifizierung führt. Noradrenalin, Serotonin

12 Chronifizierung Ätiologie biologisch psychosozial Aufrechterhaltung
Die Bedingungen sind im Einzelfall zu identifizieren und zu gewichten Der Wechsel von akutem („Schmerz als Warnsignal“) zu chronifiziertem Schmerz („Schmerzkrankheit“) erfolgt in einem bestimmten Zeitverlauf, bei dem psychologische und somatische Einflussfaktoren bestehen. Grundlagen der Psychologischen Schmerztherapie – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, D Homburg

13 Chronifizierung im Gehirn
Viele Strukturen sind immer bei Schmerz aktiviert (die sogenannte Schmerzmatrix). Das Areal in der Mitte (in allen 3 Ebenen) ist spezifisch während der Attacke aktiviert. Chronifizierungsprozesse können auch im Gehirn stattfinden. Während der Chronifizierung von Schmerz ist ein komplexes nozizeptives Netzwerk im Gehirn aktiviert. Dazu gehören u. a. das anteriore cingulum, der Thalamus, die Insel, somatosensorische Cortex-Strukturen sowie das Frontalhirn. Die Abbildung (funktionelles PET) zeigt beispielhaft, welche Areale beim Auftreten eines Schmerzreizes aktiv sind; unter anderem der somatosensorische Cortex.

14 Komplexe regionale Schmerzsyndrome (CRPS)
Morbus Sudeck Repräsentation im sensorischen Kortex schrumpft Erkrankte Hand Eine ähnliche Veränderung der Repräsentationsareale wurde beim Komplexen Regionalen Schmerzsyndrom Typ I = Morbus Sudeck gefunden. Hier schrumpft die Repräsentation der erkrankten Hand, wodurch zum Teil die motorischen und koordinativen Störungen, die bei der Erkrankungen auftreten, erklärt werden können. Mod. nach Rosenzweig B. turmdersinne

15 Schmerzen – Dimensionen
Schmerzkreis nach Loeser: Der Schmerz ist ein komplexes und vielschichtiges Phänomen, welches aus verschiedenen, sich gegenseitig beeinflussenden Komponenten besteht. Das Zwiebelschalenmodell beschreibt die biopsychosozialen Zusammenhänge bei chronifizierten Patienten. Nozizeption, Schmerz, Leidensdruck und Verhalten werden als voneinander abhängige Komponenten betrachtet, die in der Untersuchung und Behandlung von Patienten mit Schmerzen beachtet werden sollen. Besonders das Schmerzverhalten und seine Behandlung hat im biopsychosozialen Denkmodell eine zentrale Rolle. Multidimensionales Schmerzmodell von Loeser (2006)

16 Schmerzen – Dimensionen
Dieses kann man auch in einem Kreismodell darstellen, wodurch die wechselseitige Bedingtheit des Chronifizierungsprozesses deutlich wird. Zenz M, Dtsch Arztebl Int 2011; 108(27)

17 Schmerzen – Dimensionen
Zum Beispiel: Arztbesuch Medikamenteneinnahme Schonung Risikofaktoren (Kandell, 1997): Ausgeprägtes Schonverhalten, Rückzug, Vermeidungsverhalten, Medikamentenmissbrauch Zens M, Dtsch Arztebl Int 2011; 108(27)

18 Schmerzen – Dimensionen
Zum Beispiel: Verzweiflung Hilflosigkeit Traurigkeit Ärger Risikofaktoren (Kandell, 1997): Extreme Angst vor Schmerz, Beeinträchtigung, Depressive Verstimmung, Erhöhte Aufmerksamkeit für körperliche Symptome, Hilflosigkeit/Ohnmacht/Resignation Zens M, Dtsch Arztebl Int 2011; 108(27)

19 Schmerzen – Dimensionen
Zum Beispiel: Katastrophierung Schonmythen Überzeugung der Nichtbeeinflussbarkeit Risikofaktoren (Kandell, 1997): Überzeugung, dass Bewegung schadet, Schmerz unkontrollierbar ist, Schmerz vollständig verschwindet, Katastrophisieren Zens M, Dtsch Arztebl Int 2011; 108(27)

20 Schmerzen – Dimensionen
Zum Beispiel: Muskelverspannung Entzündung Nervenkompression Zens M, Dtsch Arztebl Int 2011; 108(27)

21 Chronifizierung – Prädiktoren
Depression bzw. Angsterkrankungen Chronisch anhaltende Alltagsbelastungen, z. B. Unzufriedenheit mit der Arbeit Geringe Selbsteinschätzung Individueller Umgang mit Schmerzen, mangelhafte Copingstrategien Vermeidung körperlicher/sozialer Aktivitäten Bestimmte Persönlichkeitszüge, wie z. B. Katastrophisieren Burton et al. Spine 1995; 20: 722–728 Severeijns et al. Cl J of Pain 2001; 17: 165–172 Severeijns et al. Pain 2002; 00: 367–376 Thomas et al. Br. Med J 1999; 318: 1662–1667

22 Chronifizierung – Faktoren: Beitrag des Arztes
Keine umfassende Anamnese Fehlendes Wissen Reduktionistisches Reiz-Reaktions-Konzept Bedürfnis nach schnellem Handeln Kommunikative Defizite über die Fachgrenzen Auch Ärzte können Chronifizierungsprozesse fördern, indem sie unbewusst bei prädisponierten Patienten in bestimmten Verhaltensmustern agieren. Fehler von Behandelnden sind: Keine umfassende Anamnese Fehlendes Wissen – dies wollen wir ja mit diesem Foliensatz verbessern Reduktionistisches Reiz-Reaktions-Konzept von Schmerz, das psychische Aspekte als Restkategorie betrachtet Bedürfnis nach schnellem Handeln (Griff zum Rezeptblock, zur Spritze) Kommunikative Defizite über die Fachgrenzen hinaus, die eine gezielte Vermittlung der Patienten verhindert Quelle: Foto dpa

23 Chronifizierung – Faktoren: Beitrag des Patienten
Drängen des Arztes zum raschen Handeln Formen des inneren oder äußeren „Krankheitsgewinns“ Neigung zu Katastrophisierung oder fatalistischer Krankheitskontrollüberzeugung Schmerzen als Schicksal verstehen Unkontrollierte Eigenmedikation Patienten können bewusst oder unbewusst den Chronifizierungsprozess fördern.

24 Chronifizierung – Faktoren: Beitrag des Patienten
Schmerz als Lebensschicksal Krankheiten Finanzielle Belastungen Chronische soziale Spannungen Berufliche Veränderungen Biographische Ereignisse können bedeutsame Prädiktoren für eine Chronifizierung darstellen und die Neigung, Schmerzen als Schicksal zu verstehen, verstärken. „Die gebrochene Säule“, 1944, Frida Kahlo, 1907–1954 © Banco de México Diego Rivera Frida Kahlo Museums Trust/VG Bild-Kunst, Bonn 2010 / Foto: akg-images

25 Chronifizierung – Faktoren: Beitrag des Patienten
Behaviorale Mechanismen Schmerzbewältigungsmechanismen oder Coping: Umgang mit sozialen Aktivitäten Umgang mit körperlichen Aktivitäten Schmerzkommunikation Avoidance-Mechanismen

26 Chronifizierung – Faktoren: Beitrag des Patienten
Kognitive Mechanismen Aufmerksamkeit auf Schmerz/übersteigerte Selbstwahrnehmung Katastrophisieren Bagatellisieren Durchhalte-Appelle (Endurance) Erwartungen/Bewertung der Situation Fear-Avoidance-Mechanismen Weitere kognitive Mechanismen, die man bei chronifizierenden Patienten antreffen kann. Es wird deutlich, dass es nicht immer nur ein Verhaltensmuster gibt.

27 Chronifizierung – Diagnose
Chronifizierungsmerkmale: Dauerschmerz Multilokalisiert Inadäquate Medikamenteneinnahme Häufiger Therapeutenwechsel Assoziation mit psychozialen Problemen Multidimensionale Diagnostik Mehrere Fachdisziplinen sind beteiligt Wiederholung: Chronifizierungsmerkmale Deshalb ist eine multidimensionale Diagnostik erforderlich, die zum einen die kognitive Ebene bzw. das Schmerzerleben und zum anderen die behaviorale Ebene erfasst. Mainzer Stadienmodell nach H.U. Gerbershagen, J. Korb, B. Nagel & P. Nilges:

28 Diagnose anhand klinischer Befunde
Chronifizierung – Diagnose anhand klinischer Befunde Fragebögen helfen, die verschiedenen Chronifizierungsmerkmale bei Patienten zu detektieren und zu quantifizieren. Beispiele dafür sind der Deutsche Schmerzfragebogen der Deutschen Schmerzgesellschaft oder Questionnaires wie der PainDetect. Aufgaben der Schmerzdiagnostik: - Beschreibung des Syndroms - Analyse der Aufrechterhaltungsbedingungen - Ableitung von Behandlungszielen - Ableitung des Therapieprozesses Erfassung von schmerzrelevanten Merkmalen  Klassifikation

29 Chronifizierung – Diagnose
Das Mainzer Stadienmodell der Schmerz-Chronifizierung (MPSS)* Zeitliche Aspekte des Schmerzes Räumliche Aspekte des Schmerzes Medikamenteneinnahmeverhalten Inanspruchnahme des Gesundheitswesens  Ausmaß der Chronifizierung Ein Beispiel für die Quantifizierung chronischer Schmerzen. Im deutschsprachigen Raum hat sich das Mainzer Stadienmodell der Schmerzchronifizierung zunehmend durchgesetzt, da es über die zeitliche Achse hinaus auch räumliche Aspekte, Medikamenteneinnahmeverhalten und Patientenkarriere in die Stadieneinteilung einbezieht. Auf Basis der erhobenen Informationen aus der Schmerzanamnese werden für alle 4 Achsen zunächst separate Summenwerte gebildet und daraus im Anschluss der Gesamtchronifizierungswert bestimmt. *Nach Gerbershagen

30 Chronifizierung – Behandlungsziele
Wiedererlernen der Bewegungsabläufe Vertrauen in den eigenen Körper zurückgewinnen Umgang mit dem Schmerz und Schmerzmedikamenten Neues Konzept der Alltagsbewältigung erlernen Ziele einer Behandlung chronifizierter Patienten sind: Wiedererlernen der Bewegungsabläufe Vertrauen in den eigenen Körper zurückzugewinnen Umgang mit dem Schmerz und Schmerzmedikamenten Neues Konzept der Alltagsbewältigung erlernen Es gilt, den circulus vitiosus der Schmerzchronifizierung zu durchbrechen.

31 Chronifizierung – multimodale Therapie
Dabei geht es nicht um Polypragmasie, sondern einen sinnvollen und miteinander abgestimmten Behandlungsablauf. Hildebrandt J. & Pfingsten M. Der Orthopäde 2009; 10: Leitlinie Kreuzschmerz Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Diener, Hans-Christoph [Hrsg.] (2008). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie; 4. überarbeitete Auflage, S. 654 ff, ISBN ; Thieme, Stuttgart

32 Chronifizierung – Therapie
Multimodaler Ansatz = interdisziplinäres Vorgehen Mindestens zwei Fachdisziplinen Dabei eine psychiatrische, psychosomatische oder psychologische Disziplin – Psychotherapie – Spezielle Physiotherapie – Entspannungsverfahren – Kunsttherapie So sieht die Organisation einer multimodalen Schmerztherapie aus. Hildebrandt J. & Pfingsten M. Der Orthopäde 2009; 10: Leitlinie Kreuzschmerz Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Diener, Hans-Christoph [Hrsg.] (2008). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie; 4. überarbeitete Auflage, S. 654 ff, ISBN ; Thieme, Stuttgart

33 Chronifizierung – Therapie (Bewegung)
Physiotherapeutisch – Aktivierende Maßnahmen – Gezielte Mobilisation gestörter Strukturen Medizinische Trainingstherapie – Sporttherapie – Tanztherapie Therapieziel sind aktivierende Maßnahmen.

34 Psychologische Verfahren – Psychoedukation
Psychologische Verfahren – kognitive Verhaltenstherapie Analyse von Stressoren Reduktion verschiedener schmerzunterhaltender Mechanismen (z. B. fear-avoidance-believes) Aufklärung über Chronifizierung Praktische Unterstützung

35 Bewegung gegen passive Grundhaltung
Heranführen an sportliche Betätigung Koordinationsverbesserung „Spaß“ an Aktivität wecken Führt zu einer Gegenirritation Verbesserung der Körperwahrnehmung, aber im positiven Sinne

36 Analgetische Schmerztherapie
WHO-Stufenschema, ursprünglich gegen Tumorschmerz Breiteneinsatz bei Nicht-Tumorschmerz + hochpotentes Opioid + niederpotentes Opioid Nichtopioidanalgetikum +/- Adjuvans Nichtopioidanalgetikum +/- Adjuvans Nichtopioidanalgetikum +/- Adjuvans Das WHO-Stufenschema der Schmerztherapie beinhaltet ein eskalierendes Vorgehen entsprechend der Effektivität der angewandten Analgetika. Individuelle („by the individuum“), nicht-invasive (möglichst orale) Applikation („by the mouth“) nach dem Stufenschema („by the ladder“) und in festen, regelmäßigen Intervallen („by the clock“) bilden die wesentlichen Kernpunkte der Schmerztherapie. Begonnen wird mit der niedrigsten Stufe, bei initial starken Schmerzen können Stufen übersprungen werden. Adjuvantien dienen der Prophylaxe und Therapie analgetikainduzierter Nebenwirkungen. In jeder Stufe ist (je nach Bedarf) der Einsatz von Koanalgetika möglich (keine klassischen Analgetika, z. B. Antidepressiva, Antikonvulsiva, Glukokortikoide). Stufe I Stufe II Stufe III Karow T. Allgemeine u. spezielle Pharmakologie u. Toxikologie 2014

37 Mechanismen-orientierter Ansatz für chronische Schmerzen
Schmerzcharakter / Symptome Häufige Indikation Mechanismen Medikamentöse Schmerztherapie Muskel- und Skelettsystem betroffen / belastungsabhängig / lokal / druckschmerzhaft / keine Entzündungszeichen Arthrose / myofasziales Schmerz- syndrom nozizeptiv Nozizeptoraktivierung / reduzierte endogene Schmerzhemmung Nicht-Opioide (Paracetamol, NSAR) Muskelrelaxantien Opioide Muskel- und Skelettsystem betroffen / belastungsabhängig / Entzündungszeichen / lokal / drückend-stechend-bohrend aktivierte Arthrose / Arthritis nozizeptiv / entzündlich Nozizeptoraktivierung u. -sensibilisierung / zentrale Sensivbilisierung NSAR / Glukokortikoide / Opioide nervale Struktur betreffend / brennend / einschließend / neurologische Begleitsymptome diabetische Polyneuro- pathie / Post- Zoster- Neuralgie neuropathisch Bildung neuer Kanäle und Rezeptoren / ektopische Reizbildung (Spontanaktivität) Antikonvulsiva (Na- und Ca-Kanalblocker) / Antidepressiva (hier v.a. TCA) zentrale Sensibilisierung reduzierte endogene Schmerzhemmung noradrenerge u. serotonerge Wiederaufnahmehemmung (Antidepressiva) / Opioide multilokulär / keine pathologische Befunde / schmerzüber- empfindlich / vegetative und/oder psychische Symptome Fibromyalgie dysfunktional reduzierte endogene Schmerzhemmung und veränderte Schmerzverarbeitung noradrenerge u. serotonerge Wiederaufnahmehemmung (Antidepressiva)

38 In der Langzeitanwendung nicht wirksamer als Nichtopioide
Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen (LONTS) Opioide bewirken bei Studiendauer von 3 Wochen bis 3 Monaten statistisch signifikante Schmerzlinderung Wegen geringer Einzelwirkung sollen zusätzliche Maßnahmen erwogen werden In der Langzeitanwendung nicht wirksamer als Nichtopioide Bei der Erwägung eines Anwendungsversuchs mit Opioiden sollte besonderes Gewicht auf Nebenwirkungen/-prophylaxe gelegt werden

39 Nozizeptiver Schmerz: Kombinationstherapie
Metamizol Paracetamol NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) + Opioid Die verschiedenen chronischen Schmerzkategorien erfordern unterschiedliche Therapiestrategien. Der nozizeptive Schmerz wird mit klassischen nicht-steroidalen Antiphlogistika, Coxiben, Metamizol, Paracetamol und auch Opioiden behandelt. NSAR = nicht-steroidale Antirheumatika (englische Bezeichnung: NSAID = non-steroidal anti-inflammatory drugs)

40 Nichtopioidanalgetika
Nichtsaure antipyretische Analgetika Nichtsaure Pyrazolderivate (Metamizol) Anilinderivate (Paracetamol) Saure antipyretische Analgetika NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) Andere Nichtopioidanalgetika Flupirtin, Nefopam Nichtopioide lassen sich in drei Klassen einteilen.

41 Nervenschmerz: Die Therapie ist anders
Antidepressiva Antikonvulsiva Opioide Lidocain topisch Capsaicin topisch Kombinationen Die Behandlung des neuropathischen Schmerzes ist in vielen Facetten anders. Hier haben sich die Koanalgetika wie Antidepressiva und Antikonvulsiva als wirksam erwiesen. Weiterhin gibt es Evidenz für die Wirksamkeit von Opioiden und topischen Verfahren mit Lidocain oder Capsaicin.

42 Pharmakotherapie von neuropathischen Schmerzen
Topische Therapie Anti- depressiva Opioide + MOR-NRI Ca-Kanal Modulatoren Die Pharmakotherapie von neuropathischen Schmerzen basiert im Prinzip auf vier verschiedenen Wirkmechanismen: - Antidepressiva - Antikonvulsiva, die an einem Kalziumkanal wirken, wie Gabapentin und Pregabalin - Opioide und Tapentadol und - topische Therapieformen

43 Monoamin Wiederaufnahme
Antidepressiva Wirkstoff Startdosis [mg] und Dosisintervall Wirksame Dosis und Maximaldosis [mg] Zielintervall Amitriptylin1 10-25 0-0-1 50-75 150 Duloxetin2 30 1-0-0 60 120 Wirkmechanismus In den folgenden Abbildungen sind jeweils Therapieempfehlungen und der Wirkmechanismus der Substanzen dargestellt. Monoamin Wiederaufnahme 1 =TCA; 2 = SSNRI Lots K. Die Wirkung trizyklischer Antidepressiva auf Tetrodotoxin-resistente Natriumkanäle des peripheren Nervensystems Karow T. Allg. u. spezielle Pharmakologie u. Toxikologie 2014

44 Antikonvulsiva (Ca-Kanal-Modulatoren)
Wirkstoff Startdosis [mg] und Dosisintervall Wirksame Dosis und Maximaldosis [mg] Zielintervall Gabapentin 300 0-0-1 bis 1-1-1 1200–2400 3600 Pregabalin 50–75 1-0-1 150–250 600 Wirkmechanismus Präsynaptischer Ca-Kanal Karow T. Allg. u. spezielle Pharmakologie u. Toxikologie 2014

45 Opioide Wirkstoff Startdosis [mg] und Dosisintervall
Wirksame Dosis und Maximaldosis [mg] Zielintervall Tramadol retard 50–100 1-0-1 Titration 400 1-(1)-1 Morphin retard 10–30 Keine 1-(0)-1 Oxycodon retard (5)10–20 Wirkmechanismus Opioid- Rezeptor Opioid- Rezeptor Karow T. Allg. u. spezielle Pharmakologie u. Toxikologie 2014

46 µ-Opioid-Rezeptor-Agonist Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor
Wirkstoff Startdosis [mg] und Dosisintervall Wirksame Dosis und Maximaldosis [mg] Zielintervall Tapentadol retard 50–100 1-0-1 Titration 500 Wirkmechanismus Opioid- Rezeptor Opioid- Rezeptor Selektive Noradrenalin- Wiederaufnahme Karow T. Allg. u. spezielle Pharmakologie u. Toxikologie 2014

47 Maximal 4 Pflaster gleichzeitig!
Topische Therapie Wirkstoff Startdosis und Dosisintervall Wirksame Dosis und Maximaldosis Zielintervall Capsaicin Pflaster 8 % 1x 30/60 min 1x in 12 Wochen Wirkmechanismus Capsaicin-Rezeptor Maximal 4 Pflaster gleichzeitig! Soll an den Füßen 30 min, an anderen Stellen 60 min aufgeklebt bleiben Vor dem Aufkleben Behandlung mit einer anästhetischen Creme (z. B. mit Lidocain) oder oralem Analgetikum möglich, um applikationsbedingte Beschwerden zu reduzieren Eine 12-wöchige Pause muss eingehalten werden!

48 Nicht mehr als 3 Pflaster gleichzeitig aufkleben!
Topische Therapie Wirkstoff Startdosis und Dosisintervall Wirksame Dosis und Maximaldosis Zielintervall Lidocain Pflaster 5 % 12 h auf 12 h ab Wirkmechanismus Natrium-Kanal Nicht mehr als 3 Pflaster gleichzeitig aufkleben!

49 Cytochrom P 450 und weitere Pharmaka
Das Cytochrom-System ist genetisch variabel und kann durch verschiedene Substanzen inhibiert oder induziert werden, was wiederum auf die Metabolisierung weiterer Pharmaka Einfluss hat: Es kann zu einer Hemmung des Abbaus mit Kumulationsgefahr oder zu einer herabgesetzten Wirkung durch verstärkten Abbau kommen. Hydromorphon, Pregabalin und Gabapentin sind „CYP-neutral“.

50 Arzneimitteltherapie im Alter: Veränderte renale Exkretion
Rückgang der: Nierendurchblutung Glomerulären Filtration Tubulären Sekretion Die eingeschränkte Nierenfunktion macht eine Dosisanpassung erforderlich. Die Nierenfunktion ändert sich mit dem Alter. Dabei gehen die Nierendurchblutung, die glomeruläre Filtration und auch die tubuläre Sekretion zurück, was unmittelbare Auswirkungen auf die renale Ausscheidung von Arzneimitteln und damit deren Pharmakokinetik hat. Typische Veränderungen im Alter sind eine verzögerte renale Elimination und eine höhere Empfindlichkeit auf anticholinerge und sedierende Effekte. Teilweise wirken Arzneimittel aber auch vermindert (z. B. Beta-Blocker bei verminderter Ansprechbarkeit der Rezeptoren) oder können paradoxe Reaktionen auslösen. Strehl E., Blümle H. Pharmazeutische Zeitung. Ausgabe 37/2008 Antibiotikatherapie: Sonderfall Senioren.

51 µ-Opioid-Rezeptor (OPRM1)
Opioide entfalten ihre Wirkung durch Bildung und Aktivierung von Transmembran-Rezeptoren. Durch genetische Polymorphismen kommt es zum Aminosäureaustausch, was wiederum ein geändertes Bindungsverhalten für Opioide bedeuten kann. Opioid-Rezeptoren lassen sich in 3 Gruppen einteilen: μ-Rezeptoren (MOR): Stimulation der µ-Opioid-Rezeptoren bewirkt supraspinale Analgesie, Atemdepression, Miosis, Bradykardie und Euphorie. Die antitussiven Effekte und die spastische Lähmung des Darmes, die durch μ-Rezeptoren vermittelt werden, gehören zu den häufigsten Effekten, die man durch die therapeutische Gabe von Opiatderivaten (Codein, Loperamid) erreichen will. Die regelmäßige Stimulation der μ-Rezeptoren führt zu Toleranzentwicklung und Abhängigkeit. κ-Rezeptoren (KOR): Stimulation bewirkt spinale Analgesie, Sedierung, ebenfalls Miosis und unter Umständen auch Dysphorie. δ-Rezeptoren (DOR): Reizung ruft eine stressinduzierte und spinale Analgesie sowie Atemdepression, Hypotonie und Toleranzentwicklung hervor. Mod. nach Elsevier – Netterimages 2005

52 Opioid-Rezeptoren und durch sie vermittelte Wirkung
Opioid-Rezeptoren werden in nahezu allen Geweben exprimiert (peripher, spinal, supraspinal). Die durch die unterschiedlichen Opioid-Rezeptoren vermittelten Wirkungen sind angegeben. Ein Minuszeichen bedeutet keine Expression bzw. keine vermittelte Wirkung. Rang D et al. Pharmacology, 5th edition, Churchill Livingstone 2003 Arbeitskreis Tumorschmerz der DGSS (Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes)

53 Individuelle Opioid-Rezeptor-Bindung
Die Bindungsaffinität der verschiedenen Opioid-Substanzen in Relation zu den verschiedenen Opioid-Rezeptoren ist hier dargestellt. Ein individuelles Bindungsverhalten resultiert für jede Substanz.

54 Wirkung der Opioide Zentrale Wirkungen Analgetisch Sedativ
Tranquillisierend Euphorisierend Atemdepressiv Antitussiv Emetisch/Antiemetisch Antidiuretisch (AVP) Miosis Periphere Wirkungen Pyloruskonstriktion Spastische Obstipation Erhöhter Tonus – der Gallenwege – der Blasenmuskulatur Dilatation der Blutgefäße (Hypotonie) Histaminfreisetzung Hautrötung Urtikaria Juckreiz Bronchospasmus Was unterscheidet bei Opioiden zentrale und periphere Wirkungen? Alle peripheren Wirkungen sind unerwünschte Wirkungen. Bei den zentralen Wirkungen steht die analgetische Wirkung im Vordergrund. Karow T, Lang-Roth R (2004). Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Verlag Thomas Karow, Pulheim Mutschler E (2001). Mutschler Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart

55 Individualisierung der Opioid-Therapie
Verschiedene Opioid-Rezeptoren Genetische Varianten der Rezeptoren Dynamik der Rezeptoren Unterschiedliches Bindungsverhalten der verschiedenen Opioide an die Rezeptoren Gerade bei der Schmerztherapie muss die medikamentöse Therapie individualisiert werden. Das liegt unter anderem daran, dass es verschiedene Opioid-Rezeptoren und genetische Varianten dieser Rezeptoren gibt. Diese Rezeptoren unterliegen einer hohen Dynamik, dies bedeutet, dass die Zahl und der Turnover der Rezeptoren variieren kann und durch eine Therapie aber auch Schmerzzustände moduliert werden.

56 Morphin Das ist die chemische Struktur von Morphin, diese Substanz wird nach wie vor aus dem Schlafmohn extrahiert und nicht durch chemische Synthese erzeugt.

57 Morphin Dominante Wirkung wahrscheinlich von Morphin-6-Glucuronid
Variabilität in der Bildung Wie findet die Dosisfindung statt? Renale Funktion bestimmt die Kumulation des aktiven Metaboliten Einsatz bei alten Patienten? Kumulation über Wochen?

58 Morphin – Kontaindikation
Wenige echte Kontraindikationen bei Morphin

59 Morphin – schwerwiegende Interaktionen
Schwerwiegende Interaktionen von Morphin sind andere Opioide, da sich die atemdepressive Wirkung additiv verstärken kann.

60 Orale Kombination Oxycodon/Naloxon
Einen Agonisten mit einem Antagonisten fix zu kombinieren, macht eigentlich keinen Sinn, da sich alle Wirkungen des Agonisten durch die Anwesenheit des Antagonisten nicht entfalten können. Beachtet man jedoch die pharmakokinetischen Eigenschaften, so ist es möglich, die periphere obstipierende Wirkung des Opioids zu antagonisieren, ohne den zentralen analgetischen Effekt des Opioids zu antagonisieren. Dabei sind 3 Dinge zu beachten: Ein fixes Verhältnis von Agonist zu Antagonist Orale Verabreichung beider Substanzen Retardierung beider Substanzen Quellen zu den Notizen: Arzneimittel-Fachinfo Targin Löwenstein O. et al. Combined prolonged-release oxycodone and naloxone improves bowel function in patients receiving opioids for moderate-to-severe non-malignant chronic pain: a randomised controlled trial. Expert Opin Pharmacother 2009; 10(4): Meissner W. et al. A randomised controlled trial with prolonged-release oral oxycodone and naloxone to prevent and reverse opioid-induced constipation. Eur J Pain 2009; 13(1): 56-64 Oxycodon-Naloxon-Kombination. Targin: Erst zulassen, dann prüfen? arznei-telegramm 2006; 37(12): 119 Smith K. et al. Single- and multiple-dose pharmacokinetic evaluation of oxycodone and naloxone in an opioid agonist/antagonist prolonged-release combination in healthy adult volunteers. Clin Ther 2008; 30(11): Vondrackova D. et al. Analgesic efficacy and safety of oxycodone in combination with naloxone as prolonged release tablets in patients with moderate to severe chronic pain. J Pain 2008; 9(12): Orale Kombination Oxycodon/Naloxon Fixe Kombination im Verhältnis 2 : 1 Orale Verabreichung Retardierung Targin

61 Orale Kombination Oxycodon/Naloxon
Blut-Hirn-Schranke Einnahme der Fixkombination aus Oxycodon und Naloxon Lokaler Antagonismus im Darm, der durch die Retardierung über das gesamte Dosierungsintervall bestehen bleibt. Durch einen ausgeprägten First-pass Metabolismus wird schon bei der ersten Passage der Leber 98 % des Naloxons eliminiert, Oxycodon passiert beinahe ungehindert die Leber, gelangt ins Zentralnervensystem und bewirkt dort den analgetischen Effekt, ohne dass dieser von Naloxon antagonisiert werden kann. Quelle zur Information: Einführungspressekonferenz “Neuer Meilenstein für Arzt und Patient: Die intelligente Schmerztherapie mit Targin®“, , Berlin Kurz A, Sessler DI. Drugs 2003; 63:

62 Fentanyl Starke µ-Rezeptor Bindung Fettlöslich
Schnelle Verteilung ins Gewebe Hepatischer Metabolismus Metaboliten sind pharmakologisch nicht aktiv Renale Ausscheidung der Metabolite Konstante Wirkstofffreisetzung Vermeiden von Spitzenkonzentrationen Verlängerte Therapiezeit mit einer Dosis Vermeiden häufiger Tabletteneinnahmen Unangenehme wiederholte Injektionen unnötig

63 Fentanyl Transdermale Systeme
Darreichungsformen, die eine schnelle Freisetzung und Absorption des Wirkstoffs gewährleisten: Orale Applikation – Tabletten/Kapseln/Tropfen Transmukosale Applikation – Lutscher – Sublingual-/Buccaltabletten – Nasenspray Rote Liste

64 Fentanyl Neues Matrix-System
Pharmakokinetisches Profil von Fentanyl nach transdermaler Applikation über 3 Dosierungsintervalle bei gesunden Probanden unter standardisierten Bedingungen. Große Konzentrationsänderungen sind in jedem Dosierungsintervall zu beobachten. J Clin Pharmacol 2006;46:

65 Fentanyl CYP3A4 katalysiert die N-Dealkylierung zum Norfentanyl
Dies stellt den Hauptabbauweg dar Einige Untersuchungen zu Interaktionen mit Fentanyl Cimetidin, Erythromycin, Ketoconazol und Diltiazem hemmen den Fentanylabbau Itraconazol hat keinen Einfluss auf i.v. Fentanyl Metabolismus von Fentanyl, die einzelnen Abbauwege und die verantwortlichen Enzyme sind nur teilweise bekannt. Labroo RB, et al. Drug Metab Dispos 1997; 25(9): 1072–80

66 µ-(partieller) Agonist und κ-Antagonist
Buprenorphin µ-(partieller) Agonist und κ-Antagonist Hohe Rezeptoraffinität Mittlere intrinistische Aktivität Stärkere Rezeptorbesetzung, langsamere Rezeptorkinetik Geringe ZNS-Nebenwirkungen Buprenorphin ist ein (partieller) µ-Rezeptoragonist und ein κ-Antagonist. Weitere Informationen hierzu: Boas & Villinger. Br J Anaesth 1985; 57:

67 Buprenorphin – Rezeptorbindung
Buprenorphin zeigt im Gegensatz zu allen anderen µ-Rezeptoragonisten eine deutlich verlängerte Rezeptorkinetik. Fentanyl bindet im Millisekundenbereich, wohingegen die Halbwertszeit der Rezeptorbindung für Buprenorphin im zweistelligen Minutenbereich liegt. Boas & Villinger: Br J Anaesth 1985; 57:

68 Morphin vs. Buprenorphin
F 30–40 % fu 70 % Exkretion vorwiegend renal (Glucuronide) M-6-G in der Analgesie scheint mit steigender Konzentration die renale Funktion herabzusetzen Buprenorphin Foral 14–16 %; sublingual 30–60 % fu 2–5 % 50–71 % Fäzes; 10–17 % Urin BUP-Konzentration im Gehirn höher als im Plasma; keine Metaboliten Der Einsatz für oder gegen BUP in der Analgesie bleibt fraglich Vergleich der Eigenschaften von Buprenorphin mit denjenigen von Morphin

69 Metabolisierung von Opioiden
Prodrug (metabolische Akti- vierung erforderlich) Aktive Metaboliten (mit aktivem Beitrag zur Wirkung) Inaktive Metaboliten (ohne Beitrag zur Wirkung) Codein Dihydrocodein Tilidin Tramadol Morphin M-6-G Dihydromorphin Nortilidin O-Desmethyl-Tramadol M-3-Glucuronid Nordihydrocodein Bisnortilidin Zusammenfassung zum Wirkmechanismus der schwach wirksamen Opioide der Stufe 2

70 Metabolisierung von Opioiden
Aktives Prinzip (eigentliche Wirk- substanz) Aktive Metaboliten (mit aktivem Beitrag zur Wirkung) Inaktive Metaboliten (ohne Beitrag zur Wirkung) Buprenorphin Fentanyl Hydrocodon Hydromorphon Morphin Methadon Oxycodon Pethidin Piritramid Tapentadol Norbuprenorphin Hydromorphon M-6-Glucuronid ? (Oxymorphon) Normeperidin Glucuronide Norfentanyl inaktive Glucuronide Morphin-3-Glucuronid Noroxycodon Zusammenfassung zum Wirkmechanismus der stark wirksamen Opioide der Stufe 3

71 Nebenwirkungen Die häufigsten Nebenwirkungen der Opioid-Therapie
Bei einer Opioid-Therapie sind Nebenwirkungen häufig. Gastrointestinale Nebenwirkungen nehmen dabei eine besondere Rolle ein, da z. B. die Obstipation im Gegensatz zu anderen Symptomen nicht attenuiert. Kalso E et al. Pain. 2004;112(3):

72 Nebenwirkungen in Beipackzetteln
Sehr häufig 1/10 Häufig 1/10-1/100 Gelegentlich 1/100-1/1000 Selten 1/ /10.000 Sehr selten < 1/10.000

73 Nebenwirkungen der Opioide
Symptom Literatur % RCT% Übelkeit Obstipation Sedierung Pruritus Schwindel Erbrechen Müdigkeit Mundtrockenheit Transpiration Diarrhoe Kopfschmerzen

74 Nebenwirkungen im Beipackzettel Palladon ®
Übelkeit häufig Obstipation häufig Sedierung/Verwirrtheit häufig Atemdepression selten Juckreiz häufig Immunsuppression ? Rigidität der gl.Mm. selten Schwitzen häufig Körpergewicht ? Sexualfunktion gelegentlich Ödeme sehr selten Abhängigkeit selten Allergie sehr selten Myoklonie gelegentlich Kopfschmerzen gelegentlich Hyperalgesie sehr selten Miosis gelegentlich Bradykardie/Tachykardie selten/gelegentlich Harnverhalt häufig

75 Gründe für Therapieabbruch
Chronische Schmerzpatienten unter Opioidbehandlung brachen die Behandlung häufiger wegen Nebenwirkungen als wegen ungenügender Wirksamkeit ab Gründe für Therapieabbruch Ergebnisse aus 11 doppelblinden, randomisierten, plazebokontrollierten Studien mit oralen WHO III Opioiden Patienten mit Therapieabbrüchen (%) Ungenügende Wirksamkeit* Nebenwirkungen# Ziel: Das Verhältnis zwischen Wirkung und Nebenwirkung bedarf in der medikamentösen Schmerztherapie einer Optimierung *Ergebnisse aus 6 Studien, jeweils die Opioid-Gruppe #Ergebnisse aus 8 Studien, jeweils die Opioid-Gruppe Abbildung modifiziert von MSD nach: Kalso E et al. Pain Dec;112(3):372-80 75

76 Rückenschmerz (KF-23) – Behandlungsabbrüche
Behandlungsabbrüche aufgrund von TEAEs während der Therapie 50 Titrationsphase (3 Wo) Erhaltungsphase (12 Wo) 45 40 Placebo (n=319) Tapentadol PR (n=318) Oxycodon CR (n=328) 35 31,7% 30 25 die zu einem Therapieabbruch führten (%) Anteil der Patienten mit TEAEs, 20 16,7% 15 10 4,4% 5 TEAEs (treatment emergent adverse events): unerwünschte Ereignisse, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Behandlung stehen, unabhängig davon, ob ein Kausalzusammenhang zum Medikament besteht. Studienabbrüche: Während der gesamten 15-wöchigen doppelblinden Behandlungsperiode betrug die Abbruchrate insgesamt 49,5% in der Placebo-, 45,9% in der Tapentadol-PR- und 56,7% in der Oxycodon-CR-Gruppe. Während der 3-wöchigen Titrationsphase betrug die Rate an Therapieabbrüchen 33,9% in der Placebo-, 26,1% in der Tapentadol-PR- und 39,3% in der Oxycodon-CR-Gruppe. Unerwünschte Ereignisse während der Therapie (TEAEs) waren bei 4,4% der Patienten in der Placebo-, bei 16,7% in der Tapentadol-PR- und bei 31,7% in der Oxycodon CR-Gruppe der Grund für einen Therapieabbruch. 7 14 21 28 35 42 49 56 63 70 77 84 91 98 105 Tage nach Therapiebeginn Safety-Population TEAEs = Treatment emergent adverse events Im Vergleich zu Tapentadol wurde unter Oxycodon eine deutlich höhere Studienabbruchrate aufgrund von TEAEs festgestellt Bisher unveröffentlichte Studiendaten 76 76

77 Rückenschmerz (KF-23) – Ausgewählte unerwünschte Ereignisse
TEAEs bei ≥ 5% der Patienten während der Behandlung Placebo (n=319) Tapentadol PR (n=318) Oxycodon CR (n=328) 9,1 Übelkeit 20,1 34,5 Erbrechen 1,6 9,1 19,2 5,0 Obstipation 13,8 26,8 Somnolenz 2,5 13,2 16,2 5,6 Schwindel 11,9 17,1 1,9 Pruritus 7,2 16,8 5 10 15 20 25 30 35 Relative Häufigkeit (%) TEAEs = Treatment emergent adverse events Adaptiert nach Buynak R et al. Efficacy and Safety of Tapentadol Extended Release for Chronic Low Back Pain: Results of a Randomized, Double-blind, Placebo- and Active-controlled Phase 3 Study. Poster presented at the 28th Annual Scientific Meeting of the American Pain Society (APS), May 7-9, 2009, San Diego, California. 77 77

78 Obstipation ist eine häufige Nebenwirkung der Opioid-Therapie
Ca. 40–65 % der Opioid-Behandelten haben eine Obstipation → auch trotz einer Therapie mit Laxantien! Komplizierende Faktoren: – Viele ältere Schmerzpatienten mit erhöhtem Obstipationsrisiko – Patienten mit Erkrankungen im Bauchraum (zusätzliche Darm- probleme) Als Hauptproblem einer Opioid-Therapie am Gastrointestinaltrakt ist dabei die Obstipation zu nennen. Rosti G. et al, Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2010; 14: 1045–50 Papagallo M Am J Surg Nov; 182(5A Suppl): 11S–18S 78

79 Übelkeit und Erbrechen – Ursache
Ursachen für Übelkeit und Erbrechen sind: gastrointestinale Probleme (z. B. Gastrostase, Obstruktion, Magenstase, Wanddehnung, Mukosareizung), pharyngeale Ursachen (z. B. Candidainfektion, exulzerierende Tumoren), Arzneimittel (z. B. Opioide, Antiphlogistika), toxische Ursachen (z. B. Bestrahlung, Chemotherapie > Cisplatin, Carmustin, Dacarbazin, Streptozotocin, Cyclophosphamid, Adriamycin, Procarbazin), metabolische Ursachen (z. B. Hypercalcämie, Urämie), erhöhter intrakranieller Druck, Hirnmetastasen, psychosomatische Ursachen (z. B. Angst), antizipatorische, olfaktorische Gründe, Schmerzen. Mod. nach Arthur C et al. Textbook of Medical Physiology (11th ed., pp. 692–697). Philadelphia: Elsevier Saunders

80 Übelkeit und Erbrechen – Behandlung
Empirisches Stufenschema Ein an der Rezeptorwirkung und am pathophysiologischen Mechanismus orientiertes Therapiekonzept könnte ein stufenweises Vorgehen beinhalten, bei der jeweils eine Substanz ergänzt wird, sollte die vorherige Stufe nicht ausreichend effektiv sein. Leider sind die antiemetischen Konzepte nicht validiert und es existiert keine Evidenz für dieses Vorgehen. Dennoch kann es empfohlen werden. Für chemotherapieinduzierte Übelkeit und Erbrechen ist die Evidenzlage der Effektivität der Kombination von Serotoninantagonisten und Kortikosteroiden allerdings vorhanden. Schenk M: Multimodale Tumorschmerztherapie, Unimed Arbeitskreis Tumorschmerz der DGSS (Deutsche Gesellschaft zum Studium der Schmerzen) Arbeitskreis Tumorschmerz der Deutschen Schmerzgesellschaft

81 Fatigue Akut/Chronisch Anämie, muskuläre Schwäche
Sedation, kognitive Beeinträchtigung Immobilität, Trainingsverlust Psychische Veränderungen Depression Insomnie Erschöpfung Bei dem sogenannten Fatigue-Syndrom handelt es sich um verschiedenartige Symptome, die zu einem Erschöpfungszustand führen können. Opioide, Antidepressiva und Antikonvulsiva können als Nebenwirkung Sedation, kognitive Beeinträchtigungen oder psychische Veränderungen bedingen.

82 Sucht und Abhängigkeit

83 Kriterienliste für korrekte Anwendung
Dokumentation: Allgemeine, sucht- und schmerzbezogene Anamnese, körperlicher und psychischer Status des Patienten Einsatz: Präparate mit retardierter Galenik bzw. langer Wirkdauer Bei Fehlgebrauch/Missbrauch: Therapietreue wieder herstellen (ggf. Suchtspezialisten hinzuziehen) Fortgesetzter Missbrauch: Opioidhaltige Analgetika schrittweise beenden Bestehende Substanzabhängigkeit: Therapie engmaschig überwachen (Ärzte, psychologische Psychotherapeuten mit suchtmedizinischer Kompetenz) Die aktualisierte LONTS-Leitlinie nimmt konkret Stellung zum Einsatz von Opioiden hinsichtlich der Entwicklung eines Abhängigkeitssyndroms. Eine allgemeine, sucht- und schmerzbezogene Anamnese sowie der körperliche und psychische Status des Patienten sollen erhoben und dokumentiert werden. Präparate mit retardierter Galenik bzw. langer Wirkdauer sollten eingesetzt werden. Bei Fehlgebrauch oder Missbrauch opioidhaltiger Analgetika ist es notwendig, die Therapietreue wieder herzustellen. Falls dies nicht erfolgreich ist, soll eine Mitbehandlung durch Suchtspezialisten eingeleitet werden. Wenn der Patient Analgetika trotz Mitbehandlung durch einen Suchtspezialisten missbräuchlich verwendet, soll die Therapie mit opioidhaltigen Analgetika schrittweise beendet werden. Patienten mit aktueller Substanzabhängigkeit: Eine Therapie sollte in engmaschiger Absprache mit Ärzten und psychologischen Psychotherapeuten mit suchtmedizinischer Kompetenz durchgeführt werden. Empfehlungen der S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen“ LONTS 2014

84 Kriterienliste für korrekte Anwendung
Vor Erhöhung der Dosis (> 120 mg/d orales Morphinäquivalent) überprüfen: Indikation für opioidhaltige Analgetika bzw. andere Therapieoptionen, möglichen Missbrauch der rezeptierten Medikamente Nicht indiziert: Bei Hinweis auf medikamenteninduzierten Kopfschmerz Schmerzen bei funktionellen/somatoformen Störungen (ICD 10 F45.x) sollen nicht mit opioidhaltigen Analgetika behandelt werden Die aktualisierte LONTS-Leitlinie nimmt konkret Stellung zum Einsatz von Opioiden hinsichtlich der Entwicklung eines Abhängigkeitssyndroms. Vor Erhöhung der Dosis (> 120 mg/d orales Morphinäquivalent) ist die Indikation einer Therapie mit opioidhaltigen Analgetika sowie anderer Therapieoptionen und die mögliche missbräuchliche Verwendung der rezeptierten Medikamente zu überprüfen. Der Einsatz von opioidhaltigen Analgetika ist wegen des hohen Abhängigkeitspotenzials und der Hinweise auf eine vermehrte Chronifizierung von Kopfschmerzen unter opioidhaltigen Analgetika im Sinne eines medikamenteninduzierten Kopfschmerzes ausdrücklich nicht indiziert. Schmerzen bei funktionellen/somatoformen Störungen (ICD 10 F45.x) sollen nicht mit opioidhaltigen Analgetika behandelt werden. Empfehlungen der S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen“ LONTS 2014

85 Opioidabhängigkeit Wichtige Patientenfaktoren
Somatisierung und Persönlichkeit Stressanfälligkeit, Neurotizismus, chronisch-somatische Symptome Angst, Depression Drogenabhängigkeit und Missbrauch Diese Faktoren stellen Risikofaktoren für das Entstehen eines Abhängigkeitssyndroms bei Analgetika bzw. Opioiden dar. Jage J.Opioid tolerance and dependence – do they matter? Eur J Pain 2005; 9: 157–162

86 Opioidabhängigkeit Prämorbide Persönlichkeit
Abwehrmechanismus einer depressiven Persönlichkeit Persönlichkeitsstörungen vom Borderlinetyp, bei histrionischen, narzisstischen, dependenten und passiv-aggressiven Patienten Es bestehen verschiedene prämorbide Persönlichkeitszüge.

87 Cave: Schnell freisetzende Opioide Kurz wirksame Opioide
Opioidabhängigkeit Iatrogene Initiierung und Aufrechterhaltung einer Opioidabhängigkeit bei Nichttumorschmerz Cave: Schnell freisetzende Opioide Kurz wirksame Opioide Leitlinien: Langzeitanwendung von Opioiden bei nichttumorbedingten Schmerzen (LONTS) Auch pharmakokinetische Eigenschaften von Opioiden können als Prädiktoren gelten. S3-Leitlinie 145/003: Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen - "LONTS" aktueller Stand: 09/2014, Überarbeitung 10/2014

88 Red Flags: Wie erkenne ich einen problematischen Opioidgebrauch?
Fokus auf Opioidgabe mit Vernachlässigung anderer Therapieoptionen Hohe Verschreibungsfrequenz und Dosissteigerung ohne Therapieeffekt Multiple Inanspruchnahme, Auftreten von Verschreibungsproblemen Gestohlene und verlorene Rezepte etc. Zusatzverschreiber, andere Quellen Wichtig ist das Interaktionsverhalten von Verschreibenden. Daher ist das Erkennen von gefährdeten Patientengruppen essentiell. Mod. Nach Ballantyne, Pain 2007

89 suchtmittelabhängigen Patienten
Schmerztherapie bei suchtmittelabhängigen Patienten Familienanamnese für Substanzmissbrauch Gewalttätiger oder sexueller Missbrauch in der Vorgeschichte Information über euphorisierende Effekte nach Einsatz von Opioidanalgetika Niedrige Frustrationstoleranz Persönlichkeitsstörungen Dysfunktionale Bewältigungsstrategien Psychosoziale Stressfaktoren Hampel C et al. Schmerz 2006, 20: 445–457

90 Gibt es valide Screening-Instrumente?
Unklare Schmerzätiologie „Übertreibung“ Fixierung auf Opioide Mehrgebrauch/Gebrauch weiterer Substanzen Ablehnung einer Arbeitsaufnahme Atluri SL & Sudarshan G. Pain Physician 2004; 7: 333–338

91 Opioidverordnungen – Versorgungssituation in Deutschland
Opioide werden überwiegend bei Nichttumorschmerz verordnet. Deshalb kann aus der Zunahme der Opioidverordnungen nicht unbedingt auf eine bessere Versorgung der Tumorpatienten geschlossen werden. Problematisch erscheinen den Autoren die Zunahme nichtretardierter Zubereitungsformen hochpotenter Opioide sowie die längerfristige Verordnung bei Nichttumorschmerzpatienten, weil bei diesen der Nutzen der Therapie kontrovers beurteilt wird. Opioide zählen zu den wichtigsten Substanzen in der Behandlung von Tumorschmerzen und werden seit den 1990er Jahren auch zunehmend in der Therapie chronischer nichttumorbedingter Schmerzen eingesetzt. Allerdings wird der Einsatz der Opioide für nichttumorbedingte Schmerzen aufgrund mangelnder Evidenz kritisch diskutiert und es wird eine sorgfältige Therapieüberwachung gefordert. Ziel dieser Studie ist die Untersuchung sowohl der Behandlungsprävalenz nach Art der Opioide als auch deren Einsatz bei Tumor- und Nichttumorerkrankungen über einen Zeitraum von elf Jahren (2000 bis 2010). Datenbasis ist die Versichertenstichprobe AOK-Hessen/KV-Hessen. Ergebnis zur Prävalenzentwicklung: Der Anteil der Versicherten mit mindestens einer Opioidverordnung/Jahr stieg von 2000 bis 2010 von 3,31 % (95 %-KI: 3,25–3,36) auf 4,53 % (4,46–4,60) (+ 37,0 %). Standardisiert auf die Bevölkerungsstruktur des Jahres 1999 lag der Anstieg bei + 22,0 %; das heißt, allein die Alterung der Bevölkerung führt zu einem Anstieg der Behandlungsprävalenz von 15 %. Hochgerechnet auf die deutsche Wohnbevölkerung stieg die Zahl der mit Opioiden behandelten Personen von 2,72 auf 3,71 Millionen. Opioidverordnung überwiegend bei Nichttumorschmerz Deutsches Ärzteblatt; Jg. 110; Heft 4,

92 Opioidverordnungen Behandlungsprävalenz nach WHO-Stufe *
und Zubereitung im Vergleich der Jahre ** Behandlungsprävalenzen nach den WHO-Stufe: Bei den WHO-Stufe-2-Medikamenten ist insgesamt eine geringe Zunahme zu verzeichnen, eine deutliche Zunahme der retardierten Darreichungsformen bei gleichzeitiger Abnahme der nichtretardierten Formen. Das ist in der chronischen Schmerztherapie auch sinnvoll. WHO-Stufe 3 ist insgesamt deutlich angestiegen, bedingt durch einen Anstieg von retardierten und nichtretardierten Formen. Das mag auch an der erhöhten Verfügbarkeit von schnellfreisetzenden Formen zur Therapie von Durchbruchschmerzen liegen. Detaillierte Informationen zu den Ergebnissen: Die Behandlungsprävalenz mit nichtretardierten Präparaten ist um knapp 25 % zurückgegangen. Dies beruht auf einem Rückgang der nichtretardierten WHO-Stufe-2-Opioide (– 28,8 %) und hier insbesondere seit 2004 auf dem Rückgang von nichtretardiertem Tramadol von 2,14 % (2000) auf 1,29 % (2010; –39,6 %). Die Behandlungsprävalenz mit retardierten WHO-Stufe-2-Opioiden nahm zu (+ 178,6 %), bedingt vor allem durch eine Zunahme von Tilidin/Naloxon (+ 468,6 %) und Tramadol (+ 102,7 %). Bei nichtretardiertem Morphin kam es zu einem Anstieg von 0,04 % auf 0,12 % (+ 178,2 %). Auch die nichtretardierten Zubereitungen von Hydromorphon, Oxycodon und Fentanyl verzeichnen seit 2004 bzw deutliche Steigerungen in der Behandlungsprävalenz, die jedoch 2010 noch auf einem niedrigen Niveau lag (2010: Hydromorphon: 0,03 %, Oxycodon: 0,01 %, Fentanyl 0,02 %). Die Behandlungsprävalenz mit retardierten WHO-Stufe-3-Opioiden (inklusive Pflaster) hat sich von 2000 bis 2010 für alle Substanzen fast vervierfacht. Im Einzelnen: Fentanyl 0,17 % versus 0,58 %, Oxycodon 0,04 % versus 0,44 %, Hydromorphon 0,01 % versus 0,13 % und Buprenorphin < 0,01 % versus 0,09 %. Angaben standardisiert auf die Bevölkerung Deutschlands zum des Vorjahres *Zuordnung der in dieser Untersuchung eingeschlossenen Opioide in die WHO-Stufen (siehe eSupplement): WHO-Stufe 2: zum Beispiel Tramadol, Tilidin/Naloxan; WHO-Stufe 3: zum Beispiel Morphin, Hydromorphon, Oxycodon, Fentanyl, Buprenorphin ** Doppelnennungen möglich Deutsches Ärzteblatt; Jg. 110; Heft 4,

93 Vielen Dank


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