Verdachtskündigung Lübeck – 9. Februar 2016. I. Grundlegendes zur Verdachtskündigung II.Voraussetzungen der Verdachtskündigung 1.Dringender Tatverdacht.

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 Präsentation transkript:

Verdachtskündigung Lübeck – 9. Februar 2016

I. Grundlegendes zur Verdachtskündigung II.Voraussetzungen der Verdachtskündigung 1.Dringender Tatverdacht 2.Sachverhaltsaufklärung III.Besondere Ermittlungsmethoden IV.Weitere Überlegungen

I. Grundlegendes zur Verdachtskündigung

Fallbeispiel: Arbeitgeber A führt eine unangekündigte Taschenkontrolle durch. In der Handtasche der Mitarbeiterin M (Kassiererin) findet sich ein nicht bezahlter Lippenstift aus dem Sortiment der A. M erklärt, sie könne sich nicht erklären, wie der Lippenstift in ihre Tasche gekommen ist.

Tatkündigung: Der Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung kann erbracht werden. Beispiel: „M ist beobachtet worden, als sie den Lippenstift in die Tasche gesteckt hat. Beweis: Zeuge Z“ Beispiel: „M ist beobachtet worden, als sie den Lippenstift in die Tasche gesteckt hat. Beweis: Zeuge Z“

Verdachtskündigung: Der Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung gelingt trotz umfassender Ermittlungsbemühungen nicht. Beispiel: „Es kann nur M gewesen sein, weil nur sie …“ Beispiel: „Es kann nur M gewesen sein, weil nur sie …“  gerade der dringende Verdacht einer nicht erwiesenen Straftat oder eines schwerwiegenden vertragswidrigen Verhaltens stellt den Kündigungsgrund dar

Vorsicht Falle! Allein der Umstand, dass es für den Nachweis einer Tatkündigung nicht ausreicht, führt nicht automatisch zu einer wirksamen Verdachtskündigung.

Ausgangspunkt der Verdachtskündigung: Zerstörtes Vertrauen zum Arbeitnehmer aufgrund der Vorgänge, die nicht für eine Tatkündigung ausreichen (nicht: bloßes Misstrauen). Kontrollüberlegung daher: Kann das Vertrauen aus Sicht eines besonnenen Betrachters tatsächlich aufgrund der streitgegenständlichen Vorgänge zerstört sein oder ist es nur angekratzt?

Tendenzen und Entwicklungen: in der Instanzrechtsprechung zunehmend starkes Unbehagen gegenüber der Verdachtskündigung in der Instanzrechtsprechung zunehmend starkes Unbehagen gegenüber der Verdachtskündigung zunehmend hohe Anforderungen an die Voraussetzungen der Verdachtskündigung zunehmend hohe Anforderungen an die Voraussetzungen der Verdachtskündigung starke Verzahnung mit technischen – und daher oft umstrittenen – Ermittlungsmethoden starke Verzahnung mit technischen – und daher oft umstrittenen – Ermittlungsmethoden

II. Voraussetzungen der Verdachtskündigung

„Objektiv durch Tatsachen begründeter dringender Verdacht“ große Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung große Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung Straftat oder erhebliche Vertragspflichtverletzung Straftat oder erhebliche Vertragspflichtverletzung auf bloße Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus auf bloße Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus

kein Automatismus „Strafverfahren  dringender Verdacht“ kein Automatismus „Strafverfahren  dringender Verdacht“ keine mathematische Grenze keine mathematische Grenze

Fallbeispiel: Arbeitgeber A wartet Windenergieanlagen. Bei Regen dürfen die Anlagen nicht betreten werden. Nach einer Betriebsvereinbarung haben Monteure bei Regen halbstündlich Fotos über das Mobiltelefon zur Dokumentation ihrer Standzeiten an A zu senden. Monteur M schickt die Fotos für einen Zeitraum von drei Stunden. A bestreitet dennoch, dass es an dem Tag geregnet hat.

Fallbeispiel: Mitarbeiter A und B haben als einzige Beschäftigte Zugang zu einem Tresor. Aus dem Tresor kommt Geld abhanden. A und B bestreiten beide die Wegnahme.

Sachverhaltsaufklärung Aufklärung etwaiger Fehlerquellen Aufklärung etwaiger Fehlerquellen zentrales Element: Anhörung des Mitarbeiters zentrales Element: Anhörung des Mitarbeiters

Aufklärung etwaiger Fehlerquellen Durchdenken alternativer Handlungsverläufe und „Tatbeteiligter“ Durchdenken alternativer Handlungsverläufe und „Tatbeteiligter“ Inventuren, Überprüfungen, Kassenstürze Inventuren, Überprüfungen, Kassenstürze Aufklärung von technischen Fehlern Aufklärung von technischen Fehlern Aufklärung von Verschulden Dritter Aufklärung von Verschulden Dritter

Anhörung des Mitarbeiters Vorüberlegung: Zeitpunkt der Anhörung Vorüberlegung: Zeitpunkt der Anhörung Ziel: mögliches Ausräumen des Verdachts Ziel: mögliches Ausräumen des Verdachts Vorhalt sämtlicher Erkenntnisse um den bestehenden Verdacht (+ Kernvorwurf) Vorhalt sämtlicher Erkenntnisse um den bestehenden Verdacht (+ Kernvorwurf) ggf. „Klipp-Klapp-Anhörung“ und Nachermittlungen ggf. „Klipp-Klapp-Anhörung“ und Nachermittlungen

Einleitung und Form der Anhörung keine Formvorschrift keine Formvorschrift Mitteilung des Gesprächsgrundes?  h.M.: jedenfalls keine Täuschung Mitteilung des Gesprächsgrundes?  h.M.: jedenfalls keine Täuschung keine Vorgaben zu Teilnehmerfeld und Vertrauenspersonen keine Vorgaben zu Teilnehmerfeld und Vertrauenspersonen keine Drucksituationen keine Drucksituationen

Vertrauenspersonen des Arbeitnehmers in der Anhörung Betriebsrat: immer, wenn Arbeitnehmer dies verlangt Betriebsrat: immer, wenn Arbeitnehmer dies verlangt Rechtsanwälte: streitig (Zeitfaktor) Rechtsanwälte: streitig (Zeitfaktor) sonstige Dritte: kein Anspruch sonstige Dritte: kein Anspruch

Sonderproblem: schriftliche Anhörung nur wenn Mitarbeiter abwesend ist und die Sache nicht mehr warten kann! nur wenn Mitarbeiter abwesend ist und die Sache nicht mehr warten kann! konkreter Vorhalt, aber nicht auf Höhe einer Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG konkreter Vorhalt, aber nicht auf Höhe einer Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG bedingte Hemmung der Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB bedingte Hemmung der Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB

Dokumentation Ermittlungen und Anhörungsverfahren Ermittlungen und Anhörungsverfahren beste Lösung: Wortprotokolle (aber: § 201 StGB) beste Lösung: Wortprotokolle (aber: § 201 StGB)

III. Besondere Ermittlungsmethoden

Verwertung der unzulässigen Videoüberwachung – BAG Urt. v – 2 AZR 153/11 verdeckte Videoüberwachung öffentlicher Plätze verdeckte Videoüberwachung öffentlicher Plätze Verstoß gegen § 6 b BDSG führt nicht per se zur Unverwertbarkeit einer Videoüberwachung Verstoß gegen § 6 b BDSG führt nicht per se zur Unverwertbarkeit einer Videoüberwachung Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege./. Persönlichkeitsrechte Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege./. Persönlichkeitsrechte bei Verdacht einer Straftat oder schweren Vertragspflichtverletzung bei Verdacht einer Straftat oder schweren Vertragspflichtverletzung

Fallbeispiel: Arbeitnehmer A steht im Verdacht, zur Vermeidung unbeliebter Schichten Arbeitsunfähigkeiten vorzutäuschen. Arbeitgeber Z veranlasst eine Observation durch einen Detektiv. Die Observation erstreckt sich durchgehend über 10 Tage. Bereits am ersten Tag wird umfangreiche Bautätigkeit durch A an seinem Wohnhaus ermittelt.

Detektiveinsatz stellt erheblichen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar (Heimlichkeit) stellt erheblichen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar (Heimlichkeit) wiegt schwerer, wenn privater Lebensbereich überwacht wird wiegt schwerer, wenn privater Lebensbereich überwacht wird nur rechtmäßig bei dringendem Verdacht einer schwerwiegenden Vertragspflichtverletzung nur rechtmäßig bei dringendem Verdacht einer schwerwiegenden Vertragspflichtverletzung andere Ermittlungsmethoden müssen ausgeschöpft sein andere Ermittlungsmethoden müssen ausgeschöpft sein eröffnet Haftungsperspektive ggü. Arbeitgeber eröffnet Haftungsperspektive ggü. Arbeitgeber

Körperliche Untersuchung greifen tief in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein greifen tief in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein sind unzulässig sind unzulässig sind staatlichen Ermittlungsbehörden vorbehalten sind staatlichen Ermittlungsbehörden vorbehalten sind nicht vorab vertraglich regelbar sind nicht vorab vertraglich regelbar § 127 StPO („Jedermannsparagraph“) erlaubt nur Festsetzung, nicht körperliche Untersuchung § 127 StPO („Jedermannsparagraph“) erlaubt nur Festsetzung, nicht körperliche Untersuchung Beweisverwertung bei Freiwilligkeit und Fund? Beweisverwertung bei Freiwilligkeit und Fund?

Verwertbarkeit von Internet und u.a. abhängig von etwaiger Erlaubnis zur privaten Nutzung Nutzung untersagt  Befugnis zur Kontrolle nur Verhältnismäßigkeitsprüfung Nutzung untersagt  Befugnis zur Kontrolle nur Verhältnismäßigkeitsprüfung Nutzung gestattet  grds. keine Befugnis zur Kontrolle, § 88 Abs. 3 S. 1 TKG Nutzung gestattet  grds. keine Befugnis zur Kontrolle, § 88 Abs. 3 S. 1 TKG aber: Kollision mit steuer-, und handelsrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften aber: Kollision mit steuer-, und handelsrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften  h.M.: Kennzeichnungspflicht privater Vorgänge durch den Arbeitnehmer  h.M.: Kennzeichnungspflicht privater Vorgänge durch den Arbeitnehmer

Erlaubnis der privaten Nutzung ausdrücklich ausdrücklich durch Betriebsvereinbarung / Kundgabe im Betrieb durch Betriebsvereinbarung / Kundgabe im Betrieb durch betriebliche Übung? durch betriebliche Übung? durch Duldung? durch Duldung? aufgrund sozialadäquatem Verhalten? aufgrund sozialadäquatem Verhalten?

Dokumentation von Pflichtenverstößen in Sozialen Netzwerken: Screenshots/Bildschirmausdrucke Screenshots/Bildschirmausdrucke Bild- und Videodateien auf Datenträgern Bild- und Videodateien auf Datenträgern Zeugenbekundungen Zeugenbekundungen schriftliche Vermerke durch Zeugen schriftliche Vermerke durch Zeugen

Feststellung pflichtwidrigen Verhaltens über Beiträge in Sozialen Netzwerken: Hauptfallgruppe: AU/Efz-Betrug Hauptfallgruppe: AU/Efz-Betrug meist (nur) Verdachtskündigung meist (nur) Verdachtskündigung Dokumentation? Dokumentation?

Grundlage von Beweisverwertungsverboten im Arbeitsrecht Art. 1 Abs. 3 GG (Grundrechtsbindung aller staatlicher Gewalten) Art. 1 Abs. 3 GG (Grundrechtsbindung aller staatlicher Gewalten) Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör) Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör)  abgewogen in aller Regel gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht AN)

Meinungsspektrum: Aufklärung durch staatliche Einrichtungen hat immer Vorrang immer und einschränkungslos Verwertungsverbot BAG: Interessenabwägung/ Verhältnismäßigkeit

Schmerzensgeld für durchgehende Videoüberwachung – LAG Hessen Urt. v – 7 Sa 1586/09 Montage („spätestens“)  Klage Montage („spätestens“)  Klage unstreitig zur Überwachung des Eingangsbereichs unstreitig zur Überwachung des Eingangsbereichs Klägerin aber ebenfalls dauerhaft im Bild Klägerin aber ebenfalls dauerhaft im Bild Ausmaß der Überwachung streitig Ausmaß der Überwachung streitig Schmerzensgeld: EUR Schmerzensgeld: EUR Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen

Schmerzensgeld bei Detektiveinsatz – BAG Urt. v – 8 AZR 1007/13 auf Tatsachen beruhender konkreter Verdacht einer Pflichtverletzung erforderlich auf Tatsachen beruhender konkreter Verdacht einer Pflichtverletzung erforderlich AU-Bescheinigungen unterschiedlicher Ärzte für sich nicht verdachtsbegründend AU-Bescheinigungen unterschiedlicher Ärzte für sich nicht verdachtsbegründend EUR 1.000,-- bei viertägiger Überwachung angemessen EUR 1.000,-- bei viertägiger Überwachung angemessen

IV. Weitere Überlegungen

Die Verdachtskündigung aus der Perspektive des Arbeitsgerichts rechtliche Perspektive rechtliche Perspektive emotionale Perspektive emotionale Perspektive technische Umstände technische Umstände

Das Arbeitsgericht weiß rechtlich, dass bei der Verdachtskündigung bereits der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Vertragspflichtverletzung als Kündigungsgrund ausreicht, bei der Verdachtskündigung bereits der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Vertragspflichtverletzung als Kündigungsgrund ausreicht, eine Anhörung des Arbeitsnehmers zu den Vorwürfen vor Ausspruch der Kündigung zu erfolgen hat, eine Anhörung des Arbeitsnehmers zu den Vorwürfen vor Ausspruch der Kündigung zu erfolgen hat, der Grundsatz der Unschuldsvermutung durch die Verdachtskündigung erheblich berührt ist und der Grundsatz der Unschuldsvermutung durch die Verdachtskündigung erheblich berührt ist und das BAG trotz allem an der Verdachtskündigung nach wie vor festhält. das BAG trotz allem an der Verdachtskündigung nach wie vor festhält.

Das Arbeitsgericht fühlt emotional Unbehagen, weil eine Entscheidung ohne Tatnachweis eine höhere Fehlerquote unvermeidbar mit sich bringt Unbehagen, weil eine Entscheidung ohne Tatnachweis eine höhere Fehlerquote unvermeidbar mit sich bringt eine Disharmonie zu großen Teilen der Kollegenschaft, die mit dem Institut der Verdachtskündigung erhebliche Schwierigkeiten haben eine Disharmonie zu großen Teilen der Kollegenschaft, die mit dem Institut der Verdachtskündigung erhebliche Schwierigkeiten haben die Reserviertheit des BAG zum Ermittlungstool Videoüberwachung für alle anderen Ermittlungsmethoden, insbesondere technische mit die Reserviertheit des BAG zum Ermittlungstool Videoüberwachung für alle anderen Ermittlungsmethoden, insbesondere technische mit

LAG Köln – Urt. v – 7 Sa 537/13: „Das vom BAG entwickelte Rechtsinstitut der Verdachtskündigung steht in einem Spannungsverhältnis zu dem Rechtsgrundsatz, dass niemand wegen eines vermeintlichen Fehlverhaltens, das nicht bewiesen ist, Rechtsnachteile erleiden darf. Die Verdachtskündigung ist daher an strenge Anforderungen zu knüpfen und auf besondere Ausnahmefälle zu beschränken. Eine Verdachtskündigung scheidet von vorneherein aus, wenn der Arbeitgeber nicht zuvor alle erdenklichen, ihm möglichen und zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um den Kündigungssachverhalt vollständig aufzuklären.“

Das Arbeitsgericht verfügt technisch über wenig Kenntnisse in technischen Ermittlungstechniken, weil das BAG im Schwerpunkt um die Videoüberwachung kreist über wenig Kenntnisse in technischen Ermittlungstechniken, weil das BAG im Schwerpunkt um die Videoüberwachung kreist über einen Hang zur Besserwisserei, wenn man als Arbeitgeber schon einmal das Glück hat, einen Richter mit substanziellen technischen Vorkenntnissen zu bekommen über einen Hang zur Besserwisserei, wenn man als Arbeitgeber schon einmal das Glück hat, einen Richter mit substanziellen technischen Vorkenntnissen zu bekommen

Konsequenzen für eine erfolgreiche Verdachtskündigung hieraus rechtlich klar, konsequent und nachvollziehbar vortragen rechtlich klar, konsequent und nachvollziehbar vortragen emotional die Kammer für die eigenen Position einnehmen emotional die Kammer für die eigenen Position einnehmen technische Verfahren so einfach wie möglich erklären, auch wenn man über überlegenes Wissen verfügt technische Verfahren so einfach wie möglich erklären, auch wenn man über überlegenes Wissen verfügt

Rechtlich klar, konsequent und nachvollziehbar vortragen Gerichtssprache ist Deutsch (Asset Tracing, Fraud Management, One-Man-Complience …) Gerichtssprache ist Deutsch (Asset Tracing, Fraud Management, One-Man-Complience …) Schwerpunkt bei Verdachtssituation und Anhörungsablauf bilden Schwerpunkt bei Verdachtssituation und Anhörungsablauf bilden klare, nachvollziehbare Geschichtserzählung klare, nachvollziehbare Geschichtserzählung keinen zwanghaften Jägerinstinkt, sondern eher jugendliche Neugier erkennen lassen keinen zwanghaften Jägerinstinkt, sondern eher jugendliche Neugier erkennen lassen

Emotional die Kammer für die eigenen Position einnehmen Fairness im (Anhörungs-)Verfahren erkennen lassen Fairness im (Anhörungs-)Verfahren erkennen lassen Rücksichtnahme und Annahme der Unschuldsvermutung im Vortrag darstellen Rücksichtnahme und Annahme der Unschuldsvermutung im Vortrag darstellen Reaktion auf aggressives Verteidigungsvorbringen des Arbeitnehmers sachlich und nüchtern gestalten Reaktion auf aggressives Verteidigungsvorbringen des Arbeitnehmers sachlich und nüchtern gestalten Vermeiden eines standardisierten Prozesses Verdacht  Anhörung  Verdachtskündigung Vermeiden eines standardisierten Prozesses Verdacht  Anhörung  Verdachtskündigung

Technische Verfahren so einfach wie möglich erklären Justiz ist immer noch eher technikfern Justiz ist immer noch eher technikfern technische Ermittlungsverfahren auf kindlichem Niveau beschreiben technische Ermittlungsverfahren auf kindlichem Niveau beschreiben beifügen von haptisch wahrnehmbaren Medien (Fotos, Video mit DVD, Anschauungsobjekte) oder Beispielvorgängen beifügen von haptisch wahrnehmbaren Medien (Fotos, Video mit DVD, Anschauungsobjekte) oder Beispielvorgängen Eindruck vermeiden, dass für Überwachungstechnik und Ermittlungsaufwand viel Geld zur Verfügung steht Eindruck vermeiden, dass für Überwachungstechnik und Ermittlungsaufwand viel Geld zur Verfügung steht

Neuralgische Punkte in der gerichtlichen Auseinandersetzung Reaktion auf „Da konnten Sie doch noch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass …“ Reaktion auf „Da konnten Sie doch noch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass …“ Bestreiten der notwendigen Anhörung Bestreiten der notwendigen Anhörung Kleinreden der erfolgten Anhörung Kleinreden der erfolgten Anhörung Beschreibung der Anhörung als unangemessene Drucksituation Beschreibung der Anhörung als unangemessene Drucksituation Vorwurf, man habe den Arbeitnehmer schon länger loswerden wollen Vorwurf, man habe den Arbeitnehmer schon länger loswerden wollen Versäumnis von Nachermittlungen und substanziellem Umgang mit Verteidigungsvorbringen während der Anhörung Versäumnis von Nachermittlungen und substanziellem Umgang mit Verteidigungsvorbringen während der Anhörung

Bei der Verdachtskündigung ist bereits dann viel gewonnen, wenn das Gericht aufgrund des Sachvortrags des Arbeitgebers im Schriftsatz und/oder der Verhandlung den Vergleichsdruck auf den Arbeitnehmer spürbar erhöht. Mehr ist häufig nicht drin.