Strafrecht BT Urkundenstraftaten (2. Teil)

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§ Alt. Herstellen einer unechten Urkunde Was erscheint als erklärt: Willenserklärung Zeugniserklärung Wodurch wird scheinbar erklärt: dauerhafte.
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§ Alt. Herstellen einer unechten Urkunde Was erscheint als erklärt: Willenserklärung Zeugniserklärung Wodurch wird scheinbar erklärt: dauerhafte.
§ 164 Nach h.L. zwei Rechtsgüter alternativ 1. Das Interesse des Angeschuldigten 2. Das Interesse der Verfolgungsorgane bzw. des Staates Aufbau des Tatbestandes.
§ 266 Missbrauchstatbestand Vom Täter getätigtes Rechtsgeschäft Dabei genutzte Befugnis: Vertretungsbefugnis oder Verfügungsbefugnis über fremdes Vermögen.
Drei Möglichkeiten mit mehreren Tatbestandsverwirklungen zu verfahren 1.Alle Tatbestandsverwirklichungen sind getrennt zu beurteilen. Aus den Einzelstrafen.
Betrug 2. Wiederholung Ergebnis: BGHSt 34, 199 BGH 2 StR 616/12, Urt. v (L! 25 S.) Beachte: Verfahrensdauer, Folgen, besonders anschaulich: nur.
Untreue, § 266 (2). Aktueller Hinweis § 217 StGB lässt sich jetzt unter nachlesen. 2.
Aufbau des Tatbestandes
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Strafrecht BT Urkundenstraftaten (2. Teil) FS 2009 Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern

Urkundenfälschung (Art. 251) – Privilegierung (Art. 251 Ziff. 2) Privilegierungsgrund: besonders leichter Fall Abzustellen ist auf die gesamten Umstände des Einzelfalls. Das Verhalten muss objektiv und subjektiv Bagatellcharakter aufweisen, wobei ein strenger Massstab anzulegen ist. (BGE 96 IV 155; 128 IV 265) Kriterien Bedeutung des gefälschten Dokuments im Rechtsverkehr Mass der Abweichung der Fälschung von der wahren Sachlage Art und Umfang des angestrebten Vorteils bzw. der beabsichtigten Schädigung … Bsp.: Fälschung einer materiell bestehenden Vollmacht aus blosser Bequemlichkeit Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenfälschung (Art. 251) – Konkurrenzen Verhältnis der einzelnen Tatvarianten von Art. 251 StGB untereinander Urkundenfälschung i.e.S. (Ziff. 1 Abs. 2 Var. 1-3) schliesst die Falschbeurkundung (Ziff. 1 Abs. 2 Var. 4) aus Verfälschen (Ziff. 1 Abs. 2 Var. 2) ist lex specialis zum Fälschen (Ziff. 1 Abs. 2 Var. 1) Der Gebrauch einer gefälschten Urkunde (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3) durch den Fälscher selbst ist eine straflose Nachtat, wenn der Gebrauch im Zeitpunkt der Fälschungshandlung bereits vom Tatplan umfasst war; d.h. unechte Konkurrenz zwischen Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 und Abs. 3, wobei Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 vorgeht. Geht der Gebrauch der Urkunde durch den Fälscher selbst über dessen ursprünglichen Tatplan hinausgeht, so besteht hingegen echte Konkur-renz (Realkonkurrenz) zwischen Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 und Abs. 3. Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenfälschung (Art. 251) – Konkurrenzen Verhältnis zu Art. 146 (Betrug) unterschiedliche Rechtsgüter: grundsätzlich echte Konkurrenz BGer / Teil der Lehre.: immer echte Konkurrenz Teil der Lehre (Stratenwerth, …): unter Umständen unechte Konkurrenz (Urkundenfälschung als mitbestrafte Vortat) Begründung: wenn eine gefälschte Urkunde ausschliesslich zur Begehung eines (bestimmten) Betrugs dient, ist die Urkundenfäl-schung eine blosse Vorbereitungshandlung und geht im Betrug auf, soweit eine weitergehende Gefährdung des Rechtsverkehrs durch die gefälschte Urkunde nicht auszumachen ist. Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenfälschung (Art. 251) – Konkurrenzen Verhältnis zu Art. 147 (Betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage) wegen unterschiedlicher Rechtsgüter: grundsätzlich echte Konkurrenz Ausnahme: unechte Konkurrenz; Art. 147 geht vor, wenn die Urkundenfälschung in einer Datenmanipulation liegt, die notwendige Durchgangsstufe bzw. automatische Folge der zur Erfüllung von Art. 147 vorgenommenen Eingriffe in den korrekten Ablauf der Datenverarbeitung ist und wenn nur eine Person (bzw. ein Rechtsgutsträger) betroffen ist. Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Wortlaut und Systematik Art. 252: Fälschung von Ausweisen Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern, (subj. TB) Ausweisschriften, Zeugnisse, Bescheinigungen (Tatobjekt) fälscht oder verfälscht, (Tathandlung 1. Variante) eine Schrift dieser Art zur Täuschung gebraucht, (Tathandlung 2. Variante) echte, nicht für ihn bestimmte Schriften dieser Art zur Täuschung missbraucht, (Tathandlung 3. Variante) wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. (Strafmass; Privilegierung gegenüber Art. 251) Art. 252: Ausweisfälschung als privilegierter Fall der Urkundenfälschung Privilegierungsgrund: Fehlen der Schädigungs- bzw. Vorteilsabsicht Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Rechtsgut und Charakterisierung Rechtsgut: Vertrauen, das Ausweisschriften, Zeugnissen und Bescheinigungen im Rechtsverkehr entgegen gebracht wird Sonderbestimmung für bestimmte Arten von Urkunden Ausdehnung der Strafbarkeit, welche am sub. TB anknüpft: Schädigungsabsicht bzw. Absicht des unrechtmässigen Vorteils nicht vorausgesetzt; "Absicht, das Fortkommen zur Erleichtern" als weniger weit reichende Absicht. Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj. TB: Tatobjekt Art. 252 Abs. 2 bis 4: Tatobjekt besondere Urkunden (Urkundeneigenschaften gemäss Art. 110 Abs. 4 müssen erfüllt sein) Ausweisschriften: Papiere, die der Feststellung der Identität, der Standes- oder der Familienverhältnisse dienen Pass, Identitätskarte, Niederlassungsbewilligung, Geburtsschein, Familienbüchlein, ... Zeugnisse: Bescheinigungen über eine bestimmte Ausbildung oder über bisherige Leistungen Schulzeugnis, Testat, Arbeitszeugnis, … Bescheinigungen: Generalklausel; alle anderen Schriften, die sich objektiv dazu eignen, das Fortkommen der darin genannten Person zu erleichtern Gesundheitsattest, Referenz für Stellen- und Wohnungssuche, … Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj. TB: Tathandlung 1. Variante (Abs. 2) Tathandlung 1. Var.: Fälschen (inkl. Blankettfälschung) und Verfälschen gemäss Urkundenfälschung i.e.S. in Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 Var. 1-3 nicht enthalten: Falschbeurkundung Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj. TB: Tathandlung 2. Variante (Abs. 3) Tathandlung 2. Var.: Gebrauch eines gefälschten Ausweises zur Täuschung gemäss Urkundenfälschung in Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Obj. TB: Tathandlung 3. Variante (Abs. 4) Tathandlung 3. Var.: Missbrauchen echter, nicht für den Täter bestimmter Ausweise Falschlegitimation betrugsähnlicher Straftatbestand (keine Fälschungsstraftat) Schutzrichtung: Missbrauchsschutz; d.h. Schutz von echten Ausweisen etc. vor missbräuchlicher Verwendung Missbrauchen: Einsatz eines echten Papiers zur Bekräftigung einer falschen Behauptung Adressat muss zumindest die Möglichkeit haben, den Ausweis zur Kenntnis zu nehmen unerheblich, auf welche Art der Täter an den Ausweis gelangt ist (einvernehmliches Überlassen durch den Berechtigten, Wegnahme, …) Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Subj. TB Vorsatz (Eventualvorsatz genügt) betreffend alle Elemente des obj. TB Täuschungsabsicht Absicht, das Fortkommen zu erleichtern Fortkommen des Täters selbst oder einer Drittperson Fortkommen: Zugang zu legalen Chancen angestrebte Besserstellung darf nicht unrechtmässig sein; ansonsten: "unrechtmässiger Vorteil" im Sinne von Art. 251 StGB Problem: sehr weite Auslegung des "unrechtmässigen Vorteils" in Art. 251 durch das BGer BGer: jede unmittelbare Verbesserung der persönlichen Lage (sehr weit) Lehre: Verbesserung der beruflichen Stellung (enger) Bspe.: gefälschte Referenz bei Wohnungsbewerbung oder bei Stellenbewerbung; gefälschte Identitätskarte, um dem Täter den Zugang zu den für ihn gesperrten Spielcasinos zu ermöglichen, … Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Fälschung von Ausweisen (Art. 252) – Konkurrenzen Verhältnis zu Art. 251 Abgrenzungskriterium: unterschiedliche Absicht Art. 251: Schädigungsabsicht oder Absicht, einen unrechtmässigen Vorteil zu erlangen Art. 252: Absicht, das (beruflich) Fortkommen zu erleichtern im Sinne des "illegalen Wahrnehmens an sich legaler Chancen/Möglichkeiten" wenn zumindest auch ein Schaden oder ein unrechtmässiger Vorteil beabsichtigt wird, geht Art. 251 vor; Art. 252 ist ein Auffangtatbestand bei fehlender Schädigungs- bzw. Vorteilsabsicht Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) – Gesetzeswortlaut und Systematik Art. 253: Erschleichung einer falschen Beurkundung Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, (1. TB-Var.) wer eine so erschlichene Urkunde gebraucht, um einen andern über die darin beurkundete Tatsache zu täuschen, (2. TB-Var.) wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Spezialfall der mittelbaren Falschbeurkundung durch Täuschung eines Beamten oder einer Person öffentlichen Glaubens Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) – Obj. TB 1. Variante Erschleichung einer falschen Beurkundung durch Täuschung eines Beamten oder einer Person öffentlichen Glaubens (Abs. 1) Tathandlung: "unrichtig beurkunden lassen" unrichtige (= unwahre) Beurkundung rechtserheblicher Tatsachen gemäss Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 Var. 4 durch Beamte etc. Beurkundung muss vom Täter durch Täuschung bewirkt worden sein; Arglist ist nicht vorausgesetzt; einfache Falschangaben genügen falls Beamter durch den Täter nicht getäuscht wird: u.U. Anstiftung zur Urkundenfälschung im Amt gemäss Art. 317 Beamte i.S.v. Art. 110 Abs. 3 oder Person öffentlichen Glaubens (v.a. Notar): Tatobjekt = öffentliche Urkunde i.S.v. Art. 110 Abs. 5 Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) – Obj. TB 2. Variante Gebrauch einer erschlichenen unwahren Urkunde (Abs. 2) entspricht Art. 251 Abs. 3 Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) – Subj. TB Vorsatz (Eventualvorsatz genügt); insb. hinsichtlich Täuschung des Beamten oder der Person öffentlichen Glaubens Schädigungs- oder Vorteilsabsicht ist nicht erforderlich (Unterschied zu Art. 251) und auch keine Absicht, das Fortkommen zu erleichtern (Unterschied zu Art. 252) Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art Urkundenstraftaten: Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) – Konkurrenzen Verhältnis der beiden Tatvarianten von Art. 253 StGB zueinander Gebrauchen (Abs. 2) als mitbestrafte Nachtat des eigentlichen Erschleichens einer falschen Beurkundung (Abs. 1) Verhältnis zur allgemeinen Urkundenfälschung gemäss Art. 251 unechte Konkurrenz; Art. 253 geht als Spezialtatbestand vor Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Gesetzeswortlaut, Systematik Art. 254: Unterdrückung von Urkunden 1 Wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, (Tatobjekt) beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, (Tathandlung: 4 Alter-nativen) in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (Subj. TB: besondere Absicht), wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft (Strafmass). 2 Die Unterdrückung von Urkunden zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt (privilegierter TB). Schutzrichtung/Schutzzweck: Bestandesschutz von Urkunden; Schutz der Funktion, die einer Urkunde als Beweismittel zukommt; Verhinderung des Entziehens des Beweiswertes einer Urkunde bzw. des Eingriffs in fremde Beweismacht Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Obj Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Obj. TB: Tatobjekt Tatobjekt: Urkunde, über die der Täter nicht alleine verfügen darf Urkunde gemäss Art. 110 Abs. 4 muss nicht unbedingt wahr (richtig) sein muss echt (sonst verdient ihr spezifischer Beweiswert keinen Bestandesschutz) kein alleiniges Verfügungsrecht des Täters über die Urkunde bzw. den Beweiswert der Urkunde (zumindest Mit-) Eigentumsrechte eines anderen anderes dingliches Recht eines Dritten an der Urkunde obligatorisches Recht auf Herausgabe fremde Beweisinteressen an einer Urkunde in einem Gerichtsverfahren herauszugebende Geschäftsbücher gemäss Art. 963 ff. OR Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Obj Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Obj. TB: Tathandlung Tathandlung Beschädigen: derart weitgehende Beeinträchtigung, dass die Urkunde nicht mehr zum Beweis gebraucht werden kann Vernichten: totale, umfassende Beschädigung Beiseiteschaffen: dem (Mit-) Berechtigten den Gebrauch der Urkunde als Beweismittel verunmöglichen, indem sie seinem Zugriff entzogen oder der Zugriff zumindest erheblich erschwert wird (BGE 113 IV 70) Entwenden: = wegnehmen; Spezialfall des Beiseiteschaffens bei Computerurkunden: insb. Löschen der Daten Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Subj. TB Vorsatz, dem Berechtigten die Urkunde als Beweismittel zu entziehen Absicht jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen (Schädigungsabsicht) oder sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (Vorteilsabsicht) Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Privilegierung (Abs. 2) Privilegierungsgrund: Tat zum Nachteil von Angehörigen oder Familiengenossen Angehörige: Art. 110 Abs. 1 Familiengenossen: Art. 110 Abs. 2 Privilegierungsfolge: (blosses) Antragsdelikt Strafantrag: Art. 30 bis 33 nur durch geschädigte Person, keine Anzeige durch Dritte (Unterschied zum Offizialdelikt) Frist: drei Monate ab Bekanntwerden der Person des Täters Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Konkurrenzen Verhältnis zur Urkundenfälschung gemäss Art. 251 blosse Reduzierung des ursprünglichen Beweisgehalts: einzig Art. 254 ist anwendbar wenn durch eine Beschädigung der Urkunde ein neuer beweiserheb-licher Inhalt geschaffen wird: unechte Konkurrenz; Art. 251 geht vor wenn eine bestehende fremde echte Urkunden vollständig beseitigt und durch eine neue unechte Urkunde ersetzt wird: echte Konkurrenz (Realkonkurrenz) Verhältnis zu den Aneignungsstraftaten gemäss Art. 137 bis 139 Abgrenzung beim subj. TB dem Täter geht es nur darum, dem Berechtigten den Beweiswert einer Urkunde zu entziehen: einzig Art. 254 ist anwendbar dem Täter geht es (auch) um den eigenen Nutzen an der Urkunde: unechte Konkurrenz; Art. 137 bis 139 gehen vor Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art Urkundenstraftaten: Urkundenunterdrückung (Art. 254) – Konkurrenzen (Fortsetzung) Verhältnis zur Sachentziehung gemäss Art. 141 in der Regel unechte Konkurrenz; Art. 254 geht als Spezialtatbestand vor echte Konkurrenz, wenn neben dem Beweiswert noch andere Nutzungsrechte eingeschränkt werden Verhältnis zur Sachbeschädigung gemäss Art. 144 h.L.: echte Konkurrenz wegen unterschiedlicher Rechtsgüter andere Meinung: wenn sich der Vorsatz alleine auf die Vernichtung des Beweiswertes einer Urkunde richtet, ist unechte Konkurrenz anzunehmen; Art. 254 geht als lex specialis vor Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkunden des Auslandes (Art. 255) Art. 255 gilt für alle Urkundenstraftaten, neben den explizit erwähnten Art. 251 bis 254 auch für Art. 317 Urkunden des Auslands = Urkunden ausländischer Herkunft Privaturkunden: Ort der Errichtung nicht in der Schweiz Öffentliche Urkunden: von ausländischen Behörden, Beamten oder Personen des öffentlichen Glaubens errichtet; Ort der Errichtung nicht entscheidend, d.h. u.U. in der Schweiz errichtet ausländischer Beamter ist etwa auch ein schweizerischer Rechtsanwalt, der in der Schweiz als Konsul eines fremden Staates eine Urkunde ausstellt die Urkundenqualität bestimmt sich nach schweizerischem Recht Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenfälschung im Amt (Art Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) und Falsches ärztliches Zeugnis (Art. 318) sind im achtzehnten Titel "Strafbare Handlungen gegen die Amts- und Berufspflichten" enthalten in Art. 317 und 318 liegt die Verletzung der Amts- und Berufspflichten in einer Urkundenfälschung durch Beamte bzw. der inhaltlich falschen schriftlichen Erklärung durch Medizinalpersonen, daher handelt es sich bei Art. 317 und 318 auch um Urkundenstraftaten Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Systematik und Rechtsgut Art. 317: Urkundenfälschung im Amt 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunden, namentlich eine falsche Unterschrift oder ein falsches Handzeichen oder eine unrichtige Abschrift beglaubigen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse. vorsätzliche (Ziff. 1) und fahrlässige (Ziff. 2) Tatbegehung sind strafbar Rechtsgut allg.: Treu und Glauben im Geschäftsverkehr im Besonderen: Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verlässlichkeit der Beamten und Interesse des Staates an einer zuverlässigen Amtsführung durch seine Beamten Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Obj Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Obj. TB: Täterkreis Täterkreis Art. 317 ist ein echtes Sonderdelikt; kann nur von Beamten oder Personen öffentlichen Glaubens begangen werden Beteilung: Art. 26 Beamte: Art. 110 Abs. 3 Personen öffentlichen Glaubens: Privatpersonen, die staatlich zur Ausstellung öffentlicher Urkunden ermächtigt sind v.a. Notar nicht erfasst: Behördenmitglieder (Unterschied zur Definition der öffentlichen Urkunde in Art. 110 Abs. 5) Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Obj Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Obj. TB: Tathandlung Tathandlung Ziff. 1 Abs. 1: Urkundenfälschung i.e.S. gemäss Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 Ziff. 1 Abs. 2: Falschbeurkundung gemäss Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 Erfordernis der "qualifizierten Wahrheit" gesetzliche Vorschriften, die gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke festlegen Prüfungspflicht einer Urkundsperson (öffentliche Urkunden erbringen dann Beweis für die Wahrheit einer Erklärung, wenn die Urkundsperson den Sachverhalt überprüfen muss) garantenähnliche Stellung (aus besonderem Vertrauen, das eine Person in einem bestimmten Tätigkeitsgebiet geniesst) Beglaubigung einer falschen Unterschrift, eines falschen Handzei-chens oder einer unrichtigen Abschrift als blosse Beispiele Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Obj Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Obj. TB: "Taterfolg" "Taterfolg" nicht bloss öffentliche Urkunden, sondern auch allgemeine Urkunden sind in Art. 317 erfasst nicht nur Urkundenfälschungen, die der Täter kraft seines öffentlichen Amts, d.h. innerhalb des normalen Aufgabenbereichs, begeht Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) – Obj. TB: Subj. TB Vorsätzliche Tatbegehung (Ziff. 1) Vorsatz Täuschungsabsicht (ungeschriebenes Merkmal) Fahrlässige Tatbegehung (Ziff. 2) Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) Art. 317bis: Nicht strafbare Handlungen 1 Wer mit richterlicher Genehmigung im Rahmen einer verdeckten Ermittlung zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung seiner Legende Urkunden herstellt, verändert oder gebraucht, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar. 2 Wer mit richterlicher Genehmigung für eine verdeckte Ermittlung Urkunden herstellt oder verändert, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar. Art. 317bis = gesetzlicher Rechtfertigungsgrund i.S.v. Art. 14 Art. 7 Abs. 2 lit. a. BVE (Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung) Art. 289 Abs. 4 lit. a StPO CH Abs. 1: verdeckter Ermittler selbst; Abs. 2: andere Personen, die für den verdeckten Ermittler Urkunden herstellen oder verändern Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art. 318) – Systematik und Charakterisierung Art. 318: Falsches ärztliches Zeugnis 1. Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Hebammen, die vorsätzlich ein unwahres Zeugnis ausstellen, das zum Gebrauche bei einer Behörde oder zur Erlangung eines unberechtigten Vorteils bestimmt, oder das geeignet ist, wichtige und berechtigte Interessen Dritter zu verletzen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. (Grundtatbestand) Hat der Täter dafür eine besondere Belohnung gefordert, angenommen oder sich versprechen lassen, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. (Qualifizierter TB) 2. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse. (Fahrlässigkeits-TB) Spezialfall der "Falschbeurkundung" besonderer Täterkreis Ausdehnung der Strafbarkeit: Zeugnis muss keine Urkunde sein (weiterer Begriff als in Art. 251) hinsichtlich Urkunden gemäss Art. 110 Abs. 4: (unangebrachte?) Privilegierung einer besonderen Tätergruppe Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art. 318) – Obj. TB Täterkreis Täterkreis: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Hebammen nur bei Patentierung; d.h. nur bei entsprechender staatlicher Bewilligung nur dann bestehen besondere Standespflichten und kommt den Zeugnissen eine erhöhte Glaubwürdigkeit zu nicht erfasst: Naturheilarzt, Chiropraktiker, … Tathandlung Ausstellen eines falschen Zeugnisses Zeugnis braucht keine Urkunde gemäss Art. 110 Abs. 4 zu sein (weiterer Begriff als in Art. 251) schriftliches Gesundheitszeugnis (nicht bloss mündliche Auskunft); vom Täter in seiner beruflichen Eigenschaft angefertigt Inhalt: unzutreffendes Bild vom Gesundheitszustand eines Menschen oder eines Tiers; u.U. durch Verschweigen wesentlicher Umstände Bspe.: Arbeitsfähigkeitszeugnis, gesundheitliche Bescheinigung zuhanden der Militärbehörden, Geburtsschein, Todesschein, … Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art. 318) – Subj. TB Vorsatz hinsichtlich Unwahrheit hinsichtlich Zweckbestimmung bzw. -eignung Bestimmung zum Gebrauch bei einer Behörde: aus der Zweckrichtung des Zeugnisses ergibt sich, dass es zur Vorlage bei einer Stelle gedacht ist, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt Gesundheitsattest zuhanden der Militärbehörden, Zeugnis über die Arbeitsfähigkeit zuhanden der Arbeitslosenversicherung, … Bestimmung zur Erlangung eines unberechtigten Vorteils: die Zweck-richtung des Zeugnisses zielt auf den Erhalt einer Bereicherung, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht bspw. Zeugnisse zuhanden von Arbeitgeber, privater Versicherung, … Eignung zur Verletzung wichtiger und berechtigter Interessen Dritter blosse Verletzungseignung Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art. 318) – Qualifikation (Ziff. 1 Abs. 2) Qualifikationsgrund: besondere Belohnung gefordert, angenommen oder versprechen lassen Belohnung: jegliche Art von objektivierbarer Besserstellung gefordert: die Gewährung einer Belohung verlangen angenommen: tatsächliche Inempfangnahme einer Belohnung versprechen lassen: Zusage der Annahme einer Zuwendung in einem späteren Moment Qualifikationsfolge gemäss Gesetzestext kein strengerer Strafrahmen Berücksichtigung bei der Strafzumessung (im Rahmen des Verschuldens) Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art. 318) – Konkurrenzen Verhältnis zu Art. 251 (Urkundenfälschung) unechte Konkurrenz; Art. 318 geht als lex specialis (trotz milderer Strafdrohung von Art. 318, was eine Privilegierung des Täterkreises bedeutet) Verhältnis zu Art. 317 (Urkundenfälschung im Amt) wenn der Täter zugleich Arzt und Beamter ist: unechte Konkurrenz; Art. 317 geht vor Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht

Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art Urkundenstraftaten: Falsches ärztliches Zeugnis (Art. 318) – Fahrlässige Tatbegehung (Ziff. 2) Fahrlässigkeit h.L.: bezieht sich auf die unrichtigen Angaben zum Gesundheitszustand (z.B.: unsorgfältige medizinische Abklärung) andere (weitergehende) Meinung: kann sich auch auf den Zweck der Verwendung beziehen (z.B.: nicht nachfragen, für wen das Zeugnis bestimmt ist) Sorgfaltsmassstab ergibt sich aus Gesetz, Standesregeln oder der für die (spezial-) ärztliche Tätigkeit übliche Praxis Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Urkundenstrafrecht