Politische Voraussetzungen

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 Präsentation transkript:

Politische Voraussetzungen Theoretische und handlungspraktische Grundlagen der Regionalentwicklung 290207 VU © Peter Weichhart 2 Std., 3 ECTS-Punkte Dienstag 15:15 -16:45; HS 5A d. Inst. , (MG-S3-NPI) (MG-W3-NPI) (MR3-NPI) (L2-c-zLV) (Td-S1-I.b) (Tef-W-C3) (Rb8) Modul 0401 Politische Voraussetzungen SS2011 ThGRE/04/01/01

Das Grundproblem der regionalen Planungsebene In vielen Staaten gibt es keine Regionen im Sinne territorialer politischer Subjekte. Weder die Gemeinden noch die Länder sind vom räumlichen Zuschnitt her in der Lage, regionale Problemfelder nachzuzeichnen. Es gibt keine Möglichkeit einer demokratie- politischen Legitimation regionsbezogener Entscheidungsfindung. ThGRE/04/01/02

Die Folgen für die Regionalplanung Fehlen einer administrativen Trägerstruk- tur zur Abwicklung operativer Agenden und der Geschäftsführung; Fehlen eines kollektiven Entscheidungs- gremiums, dessen primäre Intentionalität tatsächlich die regionalen Interessen ab- deckt; Vertretung der Region durch „Statthalter“ (z. B. Bürgermeister als Mitglieder der Lei- tungsgremien von Regionalverbänden). ThGRE/04/01/03

Quelle: P. DRAXL und K. ZEHETNER, 2005, S. 107 ThGRE/04/01/03 b

Regionale Entwicklungsplanung auf der Suche nach ihrem „politischen Raum“ Eine Nutzung regionaler Netzwerke im Sin- ne von New Industrial Districts ist nur erreich- bar, wenn parallel zu solchen Strukturen der sozioökonomischen Praxis auch eine funkti- onsfähige territoriale Struktur existiert. Eine solche territoriale Einheit muss im politi- schen, administrativen und kommunikativen Bereich wirksam werden. ThGRE/04/01/04

Neue Formen der Politik Ohne die Unterstützung durch parallele regional- politische Strukturen können die „Selbstheilungs- kräfte“ regionaler Interaktionsstrukturen nicht in Wert gesetzt werden. „... eine auf Grund der Innovations- und Ver- flechtungsdynamik automatisch sich vollzie- hende Aufwertung der regionalen Ebene (fin- det) nicht statt.“ D. STURN, 1999, S. 24 ThGRE/04/01/05

Die Institutionalisierung von Regionen – ein Modell von A. PAASI Conceptual Shape Territorial Shape Institutional Shape Established Role Nach A. PAASI, 1986, S. 121 ThGRE/04/01/06

„Designerregionen“ Staatliche Stellen und EU versuchen, mit In der politischen Handlungspraxis wird immer wie- der versucht, Regionalentwicklung durch einen An- satz zu fördern, der gleichsam als Umkehrung des Modells von PAASI angesehen werden kann. Staatliche Stellen und EU versuchen, mit Hilfe finanzieller Anreize eine institutionelle und politische Praxis zu etablieren, um ei- ne regional bezogene sozioökonomische Praxis herzustellen. Beispiel: Euregios ThGRE/04/01/07

Forderung nach einer politischen Institutionalisierung von Designerregionen Die Zielfindung für den Entwicklungspro- zess muss demokratisch legitimiert werden; Überwindung partikulärer oder teilregionaler Egoismen; Etablierung eines dynamischen Impulsge- bers mit Verantwortung für die Gestaltung der gesamten Region. ThGRE/04/01/08

„Polit-ökonomische“ Überlegungen zur Raumordnung „In dem Maße, in welchem ich die realen Er- gebnisse der Stadtentwicklungs- und Raum- ordnungspolitik kritisierte, erschien es mir ab- surd, daß die überlieferte ökonomische Stand- ort- und Landschaftsstrukturtheorie die Regie- renden als verantwortliche Aktoren im Sied- lungsprozeß überhaupt nicht wahrgenommen hat.“ D. BÖKEMANN, 1982, S. 11 (Hervorhebung P. W.) ThGRE/04/01/09

Der Staat als „Apparat“ im Besitz der Regierenden „In Demokratien nutzen die Regierenden da- nach den ihnen durch Wahlen anvertrauten Staatsapparat (Bürokratie) auf analoge Weise wie private Wirtschaftssubjekte ihr Eigentum: nach der ökonomischen Rationalität des Ei- gennutzes zur Erhaltung und Vermehrung ihrer Verfügungsrechte über bestimmte Mittel.“ D. BÖKEMANN, 1982, S. 19 ThGRE/04/01/10

Standorte als wirtschaftliche Güter Standorte und Regionen müssen als vom Staat (von Gebietskörperschaften) produ- zierte Güter betrachtet werden. Neben den Grundstückseignern sind auch die Gebietskörperschaften „Verfügungsbe- rechtigte von Standorten, da sie am Nutzen- ertrag (etwa in Form von Steuern) beteiligt sind. Nach D. BÖKEMANN, 1982, S. 20-24 ThGRE/04/01/11

Standörtliches Nutzungspotential „Dieser als standörtliches Nutzungspotential bezeich- nete Wertparameter ist bestimmt (1) durch die stand- örtlichen Ressourcen im besonderen, (2) durch die den Zugang zu Faktor- und Gütermärkten (auf ande- ren Standorten) vermittelnde Infrastruktur und (3) durch die Störungen und Eingriffe von außerhalb ausschließenden Barrieren- bzw. Grenzsysteme (Bo- denordnung). Insbesondere die Infrastruktur und die Bodenordnung als Faktoren des Standortwertes sind... konstituiert durch gebietskörperschaftliche Maßnah- men. Mit jeder Infrastrukturinvestition ... werden Standorte auf- oder abgewertet, oder (was im Prinzip dasselbe ist) es werden neue Standorte produziert.“ (D. BÖKEMANN, 1982, S. 25) ThGRE/04/01/12

„Produktionsziele“ und Ertragserwartung der Politik Die Regierenden bedienen sich bestimmter Berei- che der Verwaltung (z. B. Raumordnungsabteilun- gen) als „Produktionsapparat für Standorte“; Festlegung von Produktionszielen und Mitteleinsatz; Ertragserwartungen: Erhaltung/Vergrößerung politischer Entschei- dungsspielräume; Zuwachs an Wählerstimmen (dafür ev. sogar Verzicht auf Standortproduktion); Steuereinnahmen, Schaffung von Arbeitsplätzen. Nach D. BÖKEMANN, 1982, S. 25-26 ThGRE/04/01/13

Die politische Rationalität der Standortproduktion Politische Nutzenkategorien der Standortpro- duktion: Disposition über Budgetmittel; Wählerloyalität; Erhöhung des Standortnutzens für jene Standorteigner, die dem eigenen politi- schen Klientel angehören. ThGRE/04/01/14

Des einen Freud... „Dabei ergibt es sich häufig, dass dieselbe Über Abgaben der Wirtschaftssubjekte (Kommu- nalsteuer) werden Maßnahmen der Standortpro- duktion für Gemeinden budgetwirksam. „Dabei ergibt es sich häufig, dass dieselbe regionalpolitische Maßnahme auf einzelnen Standorten Ertrags- und Budgetrückfluss- zuwächse, auf anderen Standorten entspre- chende Abnahmen induziert“. D. BÖKEMANN, 1982, S. 396/7 Einkaufszentren versus City ThGRE/04/01/15

Folgerungen für die regionale Planungsebene Ein „politischer Nutzen“ der Standortpro- duktion kann nur dann lukriert werden, wenn für die betreffende Planungsein- heit auch eine parallele territoriale Struk- tur mit einer eigenständigen und gewähl- ten politischen Vertretung („Regierende“) sowie eigenständige Budgets existieren. ThGRE/04/01/16

Für Planungsregionen... ... gibt es einen politischen Nutzen der Stand- ortproduktion nur dann, wenn sie als „Quasi- Gebietskörperschaften“ institutionalisiert wer- den und sowohl gewählte „Regierende“ als auch eigenständige Budgets existieren. Mit diesen Zusammenhängen lässt sich die generell Schwäche der regionalen Planungs- ebene begründen, denn solche Bedingungen lassen sich nur in Ausnahmefällen herstellen. ThGRE/04/01/17

Gesucht: Steuerungs- und Entscheidungsorgan für Planungsregionen „Die politische Dimension der Regionalplanung er- fordert die Errichtung von Gremien für die politische Willensbildung und Interessenvermittlung, die neben der Verbesserung der Informationsbasis und Koordi- nation zwischen raumbeanspruchenden und raum- beeinflussenden Akteuren auch die Legitimation der Planung sichern soll.“ A. BENZ und A. FRENZEL, 1999, S. 343; Hervorhebung P. W. ThGRE/04/01/18

Die „Standardlösung“ reicht nicht aus „Je mehr sich Regionalplanung in Richtung auf eine entwicklungsgestaltende, in Vollzugsprozesse un- mittelbar eingreifende, auf Verwirklichung raumbe- deutsamer Projekte hinwirkende Aufgabe wandelt, desto unzureichender wird eine Vertretung, die sich auf kommunale Repräsentanten beschränkt“. A. BENZ und A. FRENZEL, 1999, S. 344; Hervorhebung P. W. ThGRE/04/01/19

Voraus-setzung für stadt- regionale Planungs- verbände: Inter-kommunale Kooperation 21