Krieg und Frieden Sitzung 14.

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 Präsentation transkript:

Krieg und Frieden Sitzung 14

Textgrundlage „Krieg und Frieden in den Internationalen Beziehungen“ von Cilja Harders

Feministische Analyse der Volksbefragung zur Wehrpflicht/Freiwilligenheer?

Politischer Hintergrund Internationale Organisationen „entdecken“ die Geschlechterfrage Z.B. Resolution 1325 der UNO (2000): „an understanding of the impact of armed conflict on women and girls (...) can significantly contribute to the maintenance and promotion of international peace and security“

Politischer Hintergrund „neue Kriege“ seit 1989 (Mary Kaldor) Öffnung von Armeen für Frauen Unilateralismus der USA seit 9/11, 2001

Zentrale Frage feministischer Politikwissenschaft Ist der Krieg männlich? Wie kann die „Männlichkeit des Krieges“ definiert werden? Männer sind Soldaten, Außen- und Verteidigungsminister, Terroristen Frauen sind „Zivilbevölkerung“, Opfer von sexueller Gewalt Männlichkeits- und Weiblichkeitskonstruktionen

Krieg und Frieden in der Politikwissenschaft Geschlechterverhältnisse als Bestandteile der Praxis internationaler Politik werden nicht thematisiert Beziehungen zwischen Staaten als zentrales Element der Politikwissenschaft (Krieg oder Kooperation) Rolle internationaler Organisationen der Friedenssicherung

Kriegsdefinition: gewaltsamer Massenkonflikt mit zwei oder mehreren bewaffneten Streitkräften; reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Ver- bände, Polizeieinheiten) auf mindestens einer Seite 2) Kämpfe sind durch ein Mindestmaß an zentral gelenkter Organisation strukturiert 3) Kämpfe ereignen sich kontinuierlich

Definition „bewaffneter Konflikt“ Wenn nicht alle Kriterien der obigen Definition zutreffen (unterschiedliche Kriegstypen und -verläufe)

Vergeschlechtlichte Definition „Kriege sind gesamtgesellschaftlich und international als letzte Möglichkeit der Konfliktregelung legitimiert. Und diese Gesamtgesellschaft mit ihren Normen, Werten und Gesetzen wird von Männern und Frauen auf- gebaut, definiert und tradiert – wenngleich auch mit unterschiedlicher Definitionsmacht und Rollenverteilung.“ (Ulrike Wasmuht 2002: 88)

Vergeschlechtlichte Kriegsdefinition Wozu? Krieg als gesellschaftliches und politisches Phänomen begreifen Krieg als „kollektive Gewalt“ fassen, die in Gesellschaften beginnt und nicht erst zwischen Staaten Krieg als dynamischen Prozess fassen Frage nach Handlungslogiken der Akteur_innen

Vergeschlechtlichter Gewaltbegriff Gewalt ist geschlechtlich strukturiert (Cynthia Cockburn)

Feministische Kriegsdefinition: „War is best characterized not as a locale but as a process; not as distinct set of troops, but as compendium of international actors and forces visible, ethnographically, at any site of inquiry. I now speak of warzones – not as places but as vast sprawling processes where the tragedies of individuals’ lives at the frontlines intersect with a host of trans-national realities.” (Carolyn Nordstrom 1999: 21)

Feministische Kriegsdefinition Verknüpfung von Mikro- und Makroebene Dynamische vergeschlechtlichte Prozesse der Eskalation und Deeskalation von Gewalt Internationale Geschlechterregime

Friedensdefinitionen Nicht nur Abwesenheit von Krieg negativer Frieden, z.B. „Kalter Krieg“ Grundlegende Unterscheidung für Friedensdefinition => Johan Galtung

direkte – strukturelle Gewalt (Johan Galtung) Galtung definiert „Frieden als Abwesenheit von personaler Gewalt und als Abwesenheit von struktureller Gewalt. Wir bezeichnen diese beiden Formen als negativen bzw. positiven Frieden“

Direkte – strukturelle Gewalt Definition „strukturelle Gewalt“ „Gewalt liegt dann vor, wenn Menschen so beeinflußt werden, daß ihre aktuelle somatische und geistige Verwirklichung geringer ist als ihre potentielle Verwirklichung.“ (Johan Galtung)

Ulrike Wasmuht „patriarchale Gewalt“ als Ursache von direkter, struktureller und kultureller Gewalt

Friedenssicherung „demokratischer Frieden“ (Frieden zwischen demokratischen Staaten/demokratische Staaten führen keine Kriege untereinander – Immanuel Kant) Prozesse/Strategien der Deeskalation „The achievement of peace, economic justice, and ecological sustainability is inseparable from overcoming social relations of domination and subordination; genuine security requires not only the absence of war but also the elimination of unjust social relations, including unequal gender relations“ (Anne Tickner 1992).

3 Stränge feministischer Debatte um Krieg und Frieden: Kritik theoretischer Konzepte (Internationale Beziehungen, Staatstheorie): Kritik impliziter Geschlechterannahmen, z.B. der „souveräne Nationalstaat“, „nationales Interesse“ Entwicklung feministischer Gegenentwürfe Engendering des konkreten Kriegs- bzw. Friedensgeschehens, Frauen und Militär

1. Theoriekritik Zwei Ausgangsunkte: a. Analyse von Staatstheorien: Verquickung von Männlichkeit und Staat, Kriegsfähigkeit am Beispiel von Thomas Hobbes‘ „Leviathan“ (Menschenbild: „homo homini lupus est“); Verknüpfung von Staatsbürgerschaft mit Waffenfähigkeit im 19. Jhd. b. Analyse der Theorien Internationaler Beziehungen

1. Theoriekritik Kritik der „Realistischen Theorie“ der Internationalen Beziehungen: anarchistisches System der internationalen Beziehungen Kritik von Geschlechterbildern in Theorien: Männer aggressiv, Frauen friedliebend und schutzbedürftig

2. Feministische Revisionen Frauenfriedensbewegung – Differenzfeminismus (Lida Gustava Heymann, 1922): Friedfertige Frau (Margarete Mitscherlich) Radikalfeminismus: Krieg ist Ausdruck umfassender patriarchaler Gewalt Sexual division of violence (Cynthia Cockburn) Lida G. Heymann M. Mitscherlich Cynthia Cockburn

2. Feministische Revisionen Dekonstruktivistische Sicht: Kritik der Kategorien Mann und Frau für Kriegs-/Friedensdefinitionen (Christine Sylvester) „weibliches Gesicht des Krieges“: Kriegsmütter, Heimatfront Cynthia Enloe: These von der umfassenden Militarisierung von Gesellschaften, Zusammenhang von Krieg und sexualisierter Gewalt in allen Gesellschaften Frauen sind Opfer, Mittäterinnen und Täterinnen im Krieg

3. Engendering Wo sind die Frauen, wo sind die Männer im Kriegsgeschehen? Analyse von Menschenrechtsverletzungen an Frauen – Gewalt als geschlechtsspezifisches Ungleichheitsverhältnis in Kriegs- und Friedenszeiten Zusammenhang von struktureller Gewalt, häuslicher Gewalt, Krieg => umfassender Gewaltschutz Vergewaltigung im Krieg als Kriegsinstrument

3. Engendering Umstrittene Forderung der Integration von Frauen in Armeen

Perspektiverweiterungen der feministischen Debatte 1) Kritik der Geschlechterstereotypen 2) Zusammenhang von Geschlechterregimen und Gewaltformen 3) Feministische Friedens- und Reformvisionen - Geschlechterdemokratischer Frieden - Moderne Kriegermütter = Frauen in Armeen - Umfassende positive Friedensentwürfe (private und staatliche Gewalt zusammen denken)