Die Geschwindigkeitskonstante einer diffusionskontrollierten Reaktion

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Thermische Eigenschaften von Werkstoffen
Advertisements

Algebraische Zahlen: Exaktes Rechnen mit Wurzeln
Die Form: Modellierung und Simulation von Proteinen (Strukturen und Funktionen)
Vera Gramich und Caroline Clement,
Lineare Funktionen mit der Gleichung y = mx
Hagen-Rubens Relation
Schwingungsspektroskopie
(Harmonische) Schwingungen
Elektrolyte Teil II Solvatation, elektrische Leitfähigkeit, starke
Elektrolyte Teil III Solvatation, elektrische Leitfähigkeit, starke
Tensoreigenschaften physikalischer Größen
Harmonische Schwingung
Erzwungene Schwingung
Kapitel 5 Stetigkeit.
Kapitel 6 Differenzierbarkeit. Kapitel 6: Differenzierbarkeit © Beutelspacher Juni 2005 Seite 2 Inhalt 6.1 Die Definition 6.2 Die Eigenschaften 6.3 Extremwerte.
Biochemische Reaktionen. Gliederung 1. Einführung 1. Das Massenwirkungsgesetz 1. Enzyme 3.1 Enzymkinetik 3.2 Modelle Gleichgewichtsapproximation.
Optima der Enzymaktivität
1 Atombau 1.4 Die Struktur der Elektronenhülle
Die Nukleon-Nukleon Wechselwirkung
Zur Erinnerung…. -Der Pentosephosphatweg gewährleistet die Herstellung von NADPH und Ribose. NADPH wird für die reduktiven Biosynthesen (Steroidsynthese,
Physikalische Eigenschaften
Gleichgewichte in Systemen reversibler chemischer Reaktionen
Einführung in die Physik für LAK
Reaktionskinetik-Einführung
Gleichgewichtsreaktionen
VL 23 VL Homonukleare Moleküle VL 22
Einführung in die Physik für LAK
Beschreibung der energetischen Zustände der Elektronen
Anorganische Reaktionsmechanismen in Lösungen
Arbeitsfluids Fluid besteht aus Atomen/Molekülen Bild = Wasser flüssig
Interpretation von Geschwindigkeitskonstanten nahe der diffusionskontrollierten Grenze Zweistufiges Schema: 1. Diffusion der reagierenden Teilchen zueinander.
Beispiel: c c Quelle: R.G. Wilkins.
Deutung der Arrhenius-Gleichung für eine bimolekulare Reaktion
Reaktion mit 2 irreversiblen Reaktionsschritten (pseudo)erster Ordn
Quantenchemische Grundlagen (I)
Quantenchemische Grundlagen (I)
Mechanische Oszillatoren Das Federpendel
Der Doppler Effekt Änderung von Schallgeschwindigkeit und Frequenz bei bewegtem Empfänger, ruhender Quelle.
Ein Thema der Physik des „Massenpunktes“ und der Photonen
Reibungskraft an einer Kugel in laminarer Strömung
Vergleich mechanischer und elektromagnetische Schwingungen
Mechanische Oszillatoren
Damit eine Titrationsmethode angewendet werden kann, müssen 2 Bedingungen erfüllt sein: 1. Die untersuchte chemische Reaktion muss praktisch vollständig.
Reaktionsgeschwindigkeit
Lösen von quadratischen Ungleichungen
Harmonische Schwingungen
Gleichgewichtsreaktionen
REAKTIONSKINETIK.
Harmonische Schwingungen
Deutung der Arrhenius-Gleichung für eine bimolekulare Reaktion
Chemisches Gleichgewicht in heterogenen Systemen Referat von Marthe Marschall Datum: Goethe-Universität Frankfurt am Main Seminar Allgemeine.
Spektroskopische Methoden
Elektronik Lösungen.
Atomphysik Lösungen.
Kapitel 3: Erhaltungssätze
2 Die chemische Bindung 2.2 Die Atombindung
3 Das chemische Gleichgewicht 3
Elektrochemische Thermodynamik
Sekundärer kinetischer Salzeffekt
Tetrachlormethan: unpolar Nitromethan: polar.
Substitutionsreaktionen bei Übergangsmetallkomplexen
Ein Stern entsteht.
Beispiel: c c Quelle: R.G. Wilkins. Theoretische Berechnungen zur Polymerisation von Vinylacetat W.H. Stockmayer, The Steady State Approximation in Polymerization.
Harmonischer Oszillator Molekülschwingungen
Fachdidaktische Übungen Stefan Heusler.
1 Rechnen mit der Reaktionsgleichung Problem: Oktan (C 8 H 18 ), ein Bestandteil des Benzins, verbrennt im Motor zu Wasser und Kohlendioxid. Welche Menge.
Spiegelnder Reflex Spiegelnder Reflex für 50° - 70° Energieverlustspektrum wird hauptsächlich im spiegelnden Reflex aufgenommen um Impulsübertrag auf Oberfläche.
Kraft, Feld, Potenzial und potenzielle Energie am Beispiel Gravitation
Exotherme Reaktionen E Edukte 2H2 + O2 Produkt 2 H2O Zeit EAktivierung
Chemische und mikrobiologische Grundlagen der Wassertechnologie
 Präsentation transkript:

Die Geschwindigkeitskonstante einer diffusionskontrollierten Reaktion Marian Smoluchowski (1872-1917) entwickelte 1917 ein theoretisches Modell für die Beschreibung der Koagulation kolloidaler Teilchen in Elektrolytlösungen. Dieses Modell ist auch auf andere diffusionskontrollierte Prozesse übertragbar. kdc=diffusionskontrollierte Geschwindigkeitskonstante, kann mit der Smoluchowski-Gleichung berechnet werde.

Smoluchowski-Theorie, von Debye auf Reaktionen in Lösung angewendet: Stoßdurchmesser d12=rA+rB A und B nähern sich einander aus dem Unendlichen: Die Reaktion erfolgt sofort, wenn der Abstand d12 erreicht ist. Diffusions-koeffizienten Diese einfache Form der Gleichung gilt nur, wenn keine Wechselwirkungs- Energien zwischen den Molekülen zu berücksichtigen sind.

Der Diffusionskoeffizient ist umgekehrt proportional der Viskosität des LM Stokes-Einstein Gleichung: Viskosität des Lösungsmittels

Somit ist bei einer diffusionskontrollierten Reaktion die Reaktionsgeschwindigkeit abhängig von der Viskosität des LM Solche Geschwindigkeitskonstanten und deren Temperaturabhängigkeit sagen NICHTS aus über die Eigenschaften des aktivierten Komplexes! Falls sich eine Reaktion der diffusions-kontrollierten Grenze nähert, ist ihre Geschwindigkeitskonstante nicht mehr leicht zu interpretieren. diffusionskontrollierte Reaktionen > < aktivierungskontrollierte Reaktionen

Interpretation von Geschwindigkeitskonstanten nahe der diffusionskontrollierten Grenze Zweistufiges Schema: 1. Diffusion der reagierenden Teilchen zueinander und voneinander weg 2. Reaktion innerhalb des Lösungsmittelkäfigs LM-Käfig

Steady-state approximation:

Für sehr großes kr gilt: kexp →kdc

Ionenreaktionen in Lösungen Die elektrostatischen Kräfte zwischen Ionen beeinflussen bestimmte Eigenschaften wie Aktivitätskoeffizienten und elektr. Leitfähigkeit sowie die Geschwindigkeitskonstanten bei Ionenreaktionen Auch die Dielektrizitätskonstante (=dielektrische Leitfähigkeit) des LM spielt eine wichtige Rolle, da mit abnehmendem ε die elektrostatischen Kräfte zwischen den Ionen zunehmen.

Einfluss der Dielektrizitätskonstante ε des Lösungsmittels Zwei Ionen A und B befinden sich im Abstand r zueinander. Die elektrostatische Kraft zwischen diesen Ionen ist (Coulomb‘sches Gesetz): Um diesen Abstand um die Strecke -dr zu vermindern, müssen wir die folgende Arbeit aufwenden:  = dielektrische Leitfähigkeit oder Dielektrizitätskonstante

Um zwei Ionen aus unendlicher Entfernung auf ihren Stoßdurchmesser dAB zu bringen, muss folgender Betrag an (elektrostatischer) Arbeit aufgebracht werden: w zählt mit zum Arbeitsaufwand bei der Bildung des Aktivierten Komplexes! positiv, wenn zA und zB gleiches Vorzeichen haben: Aktivierungsenergie erhöht negativ, wenn zA und zB ungleiches Vorzeichen haben: Aktivierungsenergie verringert

elektrostatisch nicht-elektrostatisch

ln k sollte demnach eine lineare Funktion von 1/ε sein, wenn die Geschwindigkeit einer bestimmten Reaktion in einer Reihe von LM mit unterschiedlichem ε bestimmt wird. Experimentelle Befunde stimmen gut damit überein. Erst bei kleinen Werten von ε tritt Abweichung von der Geraden auf (durch Ionenassoziation).

Einfluss gelöster Salze Beispiel: Bimolekulare Reaktion Die beiden Ionen und reagieren miteinander Die Reaktion verläuft über den aktivierten Komplex z.B. Fe3+ + I- (FeI)2+ Fe2+ + ½ I2

Da Ionen vorliegen, muss die Quasi Gleichgewichtskonstante durch Aktivitäten ausgedrückt werden: In die Reaktionsgeschwindigkeit geht jedoch die Konzentration des aktivierten Komplexes ein, nicht seine Aktivität!

Nach der Debye-Hückel-Theorie gilt für wässrige Lösungen bei 298 K (Debye-Hückelsches Grenzgesetz für verdünnte Lösungen) Die Summierung erstreckt sich über alle Ionenarten in der Lösung, nicht nur über die reagierenden Ionen!

Brønsted‘sche Gleichung

Trägt man für eine wässrige Lösung bei 298 K gegen Die Quadratwurzel der Ionenstärke auf, so erhält man eine Gerade, deren Steigung nahezu gleich dem Produkt der Ionenladungen der reagierenden Ionen ist.

Änderung der Reaktionsgeschwindigkeitskonstante mit der Ionenstärke = Primärer kinetischer Salzeffekt Wenn zA und zB dasselbe Vorzeichen haben, dann ist die Steigung der Geraden positiv, die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt mit steigender Ionenstärke zu Wenn zA und zB unterschiedliches Vorzeichen haben, dann ist die Steigung der Geraden negativ, die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt mit steigender Ionenstärke ab Ist einer der Reaktionsteilnehmer ungeladen, dann ist die Reaktionsgeschwindigkeit unabhängig von der Ionenstärke

Quelle: Moore/Hummel

Rohrzuckerinversion Die Saccharose hydrolisiert in wässriger Lösung protonenkatalysiert zu D-(+)- Glucose und D-(-)-Fructose. Die Sauerstoffbrücke wird in einem vorgelagerten Gleichgewicht protoniert und schließlich hydrolytisch gespalten: SH+ + H2O → G + F + H+ Einer der Reaktionsteilnehmer (H2O) ist ungeladen.

Kontrolle der experimentellen Bedingungen Enthält das System nur die reagierenden Ionen, so ändert sich während der Reaktion die Ionenstärke oft beträchtlich. Dementsprechend ändert sich der Wert der Geschwindigkeitskonstante während der Reaktion. Um zuverlässige Werte für die Geschwindigkeitskonstanten von Ionenreaktionen zu bekommen, setzt man der Reaktionsmischung einen Überschuss eines inerten Salzes zu (schwach koordinierende Ionen wie NaNO3 oder NaClO4 oder Natrium-Trifluoromethansulfonat) Dadurch bleibt die Ionenstärke während der Reaktion praktisch konstant.

Geltungsbereich der Brønsted‘schen Gleichung: Nur bei Konzentrationen erfüllt, die auch im Geltungsbereich der Debye-Hückel Theorie liegen. Bei höheren Konzentrationen treten Ionenassoziationen auf. Es ist dann nicht mehr möglich, alle Salzeffekte in dem einfachen Faktor für die Ionenstärke zusammenzufassen!

Kinetische Isotopieeffekte Können sehr hilfreich sein, wenn die Frage auftritt, ob während des Aktivierungsprozesses eine Bindung zu Wasserstoff oder einem anderen leichten Element gebrochen wird oder nicht. Betrachten wir eine Bindung zwischen einer Gruppe R und einem Atom A. Während der Reaktion erfolge der Bruch dieser Bindung. Wie unterscheidet sich die Geschwindigkeitskonstante dieser Reaktion von der einer analogen Reaktion, bei der A durch A* (= schwereres Isotop desselben Elements) ersetzt ist?

Die Chemische Bindung, betrachtet als quantenmechanischer harmonischer Oszillator Harmonischer Oszillator bedeutet: Rückstellkraft proportional zur Auslenkung Beschleunigung proportional zur Auslenkung und dieser entgegengesetzt Die Energieniveaus des Oszillators sind: Schwingungsquantenzahl

Das niedrigste Schwingungsniveau liegt bei n=0 Nullpunktsenergie Anders als in der klassischen Mechanik kann der Oszillator seine Energie nie ganz abgeben Das niedrigste Schwingungsniveau liegt bei n=0 Nullpunktsenergie Harmonischer Oszillator: Kreisfrequenz Auslenkung Amplitude

Kraftkonstante (Federkonstante) reduzierte Masse Das Spektrum des harmonischen Oszillators besteht nur aus einer einzigen Frequenz, Diese ist (wie in der klassischen Mechanik) unabhängig von der Amplitude (Energie) der Schwingung Der Auslenkung aus der Ruhelage r – r0 wirkt die harmonische Kraft F entgegen: F = - k‘ (r – r0)

Die Kraftkonstante k‘ ist unabhängig vom Isotop, daher gilt: A sei H (Wasserstoff) A* sei D (Deuterium) Die Kraftkonstante k‘ ist unabhängig vom Isotop, daher gilt: mR>>mH mR>>mD

Der Unterschied in den Aktivierungsenergien kann gleichgesetzt werden dem Unterschied zwischen den Grundzuständen, wenn im ÜZ die R-H bzw. R-D Bindung nicht mehr existiert und daher die Übergangszustände die gleiche Energie haben

Für eine C-H Bindung (aliphatisch) ist die Streck-Schwingungsfrequenz 8.7x1013 s-1 Bei 298 K ergibt sich daher Primärer kinetischer Isotopieeffekt: Wenn die Bindung zum Isotop gespalten wird Für H/D ist der Effekt am größten, für C-12/C-13 beträgt er nur ca. 4%

Hinweise auf die Struktur des Übergangszustandes Wird die R-H bzw. R-D Bindung im ÜZ nicht ganz sondern nur teilweise gebrochen, so ist der kinetische Isotopieeffekt kleiner als berechnet. Der Effekt ist auch dann kleiner, wenn sich im ÜZ eine neue Bindung von H (bzw. D) zu einer zweiten an der Reaktion teilnehmenden Spezies abzuzeichnen beginnt. Ist die neue Bindung viel stärker als die alte, so kann man sogar einen inversen kinetischen Isotopieeffekt beobachten!

Regel: Substitution durch ein schwereres Isotop favorisiert die Spezies mit der stärkeren Bindung in jedem Gleichgewicht, einschließlich des Quasi-Gleichgewichts des ÜZ mit den Edukten. Bindung R-H bzw. R-D stärker im Edukt als im ÜZ: Reaktion durch Ersatz von H durch D verlangsamt Bindung R-H bzw. R-D stärker im ÜZ als im Edukt: Reaktion durch Ersatz von H durch D beschleunigt (weil höhere Konzentration an aktiviertem Komplex)