Theorien Internationaler Politik (4): Imperialismus VO Internationale Politik (Prof. Brand) Dr. des. Ataç, 16.1.2009 Imperialistisches Zeitalter Imperialismustheorien.

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Theorien Internationaler Politik (4): Imperialismus VO Internationale Politik (Prof. Brand) Dr. des. Ataç, 16.1.2009 Imperialistisches Zeitalter Imperialismustheorien Hobson und Lenin Strukturalistische Ansätze Neuere Ansätze: Hardt/Negri Empire und Panitch/Gindin Das amerikanische Imperium Café-Haus  Basistexte: Text von Michael Heinrich und Tobias ten Brink

Zwei Definitionen des Imperialismus Imperialismus als eine bestimmte historische Periode, die etwa 1880 begann und in deren Verlauf sich eine Reihe von Staaten darum bemühten, Gebiete in der übrigen Welt durch Eroberung oder durch ökonomische ihrem eigenen Machtbereich anzugliedern. Politik eines Staates, die auf Machtausdehnung und Einfluss jenseits seiner Grenzen abzielt, sei es direkt durch Vergrößerung des Staatsgebietes, sei es indirekt, indem eine politische, ökonomische oder militärische Dominanz gegenüber anderer Staaten angestrebt wird.

Imperialistische Phase Zeitperiode nach 1875 – 1918 / Drei Eigenschaften: Erstens die konkurrierenden Großmächte in einer sich ausbildenden Weltwirtschaft: Seit Mitte des 19. Jahrhunderts: Handelsschranken und Zölle abgebaut In den 1870er Jahre: Pluralisierung der Weltwirtschaft Das Zeitalter der Hegemonie der britischen Empire ging ihrem Ende entgegen. Prozess von Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen sowie Entstehung der Finanzwirtschaft Die Internationalisierung führte nach einem staatlichen Schutz. (Italien und Deutschland Schutzzöllen) Großbritannien hielt unter den Großmächten am Freihandel fest. ökonomisch sowie politisch eine multipolare Welt: weltweite Konkurrenz, die von einer geopolitischen Staatenkonkurrenz begleitet war. Steigerung des Aufrüstungswettlaufs Aber auch verschiedene Formen der Kooperation, Diplomatie und Allianzen

Imperialistische Phase Zweitens die Schaffung von Kolonialreichen: Zwischen 1876 und 1914 wurde ein Viertel der Landoberfläche der Erde unter einem halben Dutzend Staaten verteilt. Die Schaffung von Kolonialreichen als Großmachtpolitik. Die kolonisierten Länder als Märkte und Bezugsquellen von agrarischen und industriellen Erzeugnissen. Drittens das Wachstum staatlicher Aktivitäten: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildete die Krisen und die sozio-ökonomische Instabilität parallel zur Entwicklung des Kapitalismus. Konzentrations- und Zentralisationstendenzen der Unternehmen: oligopolistische Strukturen Zentralisation ökonomischer Macht im Staat Im deutschen Reich oder in USA entwickelten sich interventionistische Staaten heraus

Imperialismustheorien Imperialismustheorien von John A. Hobson/Lenin (Anfang 20. Jh) Dependenztheorie und Strukturalismusansatz (1960er/70er) Neuere Ansätze: Hardt/Negri Empire and Panitch/Gindin das amerikanische imperium (21. Jh.) Imperialismustheorien => Erklärung für die Entstehung und Ausbreitung imperialistischer Politik politische Imperialismustheorien: Faktoren der internationalen Politik ökonomische Imperialismustheorien: Probleme der Kapitalentwertung. historisch bedeutsam. Strukturalistische Paradigma: Strukturen des Weltmarkts, der internationalen Arbeitsteilung und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit als entscheidende materielle Basis der IB.

Imperialismustheorie von John A. Hobson Erklärung des Expansionsdrangs der führenden kapitalistischen Länder Konsens innerhalb der herrschenden Gruppen: Kolonialbesitz gut für die nationale Wirtschaft Hobson macht am Beispiel von England deutlich, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Kosten für Erwerb und Unterhalt der Kolonien einerseits und den Handelsgewinnen, die aus ihrem Besitz gezogen werden andererseits existiert. Kritik des Freien Marktes, Tradition der englischen Sozialreform Im Zentrum: die Unterkonsumptionstheorie => das gesellschaftliche Übersparen vermindert den Konsum => Überproduktion Kritik der imperialistischen Politik: statt durch imperialistische Expansion sollte der Unterkonsumption durch Sozialreformen begegnet werden.

Erklärungen des Imperialismus Wirtschaftssoziologische Erklärung des Imperialismus: „wirtschaftliche Parasiten des Imperialismus“: Die Hersteller von Gütern in den Kolonien Transportunternehmen, Rüstungsindustrie, Streitkräfte, aristokratische Gruppen Neben wirtschaftliche Interessen Abendteuerlust und Begeisterung für nationale Größe, Ausbreitung von Zivilisation und Christentum Ökonomisch-strukturelle Erklärung: im Ausland investierte Kapital Banken und die großen Finanziers Kapitalexport das notwendige Resultat einer Entwicklung des Kapitalismus Kapitalistische Konkurrenz => Konzentration der Kapitalien => höhere Produktion. Die Produktivkraft > die effektive Konsumption => überschüssiges Kapital. Politische Folgen: Verschwendung gesellschaftlicher Mittel, Verhinderung der sozialen Reformen Neigung zu Militarismus und autoritären Regierungsformen => starker Staat.

Imperialismustheorie von Lenin Der Krieg ist ein imperialistischer Krieg, der um die Aufteilung der Welt unter die Großmächte geführt wird. Die grundlegenden Merkmale des Imperialismus: 1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, dass sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses ´Finanzkapitals´; 3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet.

Diese Thesen übernahm Lenin von Hobson historische Notwendigkeit der Entwicklung der Monopole Der Imperialismus ist das „höchste“ und damit das letzte „Stadium“ des Kapitalismus. Die politische Lösung ist die Revolution durch Ökonomismus und historischer Determinismus charakterisiert. Die expansionistische Politik des Imperialismus ist die notwendige Folge der ökonomischen Grundlage.

Fragen?

Die Renaissance strukturalistischer Ansätze Historischer Kontext: Dekolonisierung, der Vietnamkrieg Die Verwandlung des alten Imperialismus zu einem Neoimperialismus? Die Unterentwicklung: nicht Resultat interner Probleme, sondern Ergebnis der strukturellen Abhängigkeit. „ungleicher Tausch“ zwischen Erster und Dritter Welt Strukturelle Unterentwicklung: Resultat des kapitalistischen Weltmarkts. Nicht die „direkte“ Gewalt, sondern die „strukturelle“ Gewalt der ökonomischen Verhältnisse

Hardt/Negri: Empire Hardt/Negri: Empire. Die neue Weltordnung (2000/2002) Neuer Typus von Herrschaft: Weltreich ohne Zentrum Der Bereich der Produktions- und Arbeitsprozesse verändert sich. „postindustrielle“Gesellschaft: Dezentralisierung industrieller Fertigungsprozesse und „Informationsprozess“als zentrale Entwicklungstendenzen in der Produktion Das Internet tritt als Vorbild für die Welt des Empire auf. „Da es kein Zentrum hat und beinahe jedes Element als selbstständiges Ganzes operieren kann, kann das Netzwerk weiterfunktionieren, selbst wenn es teilweise zerstört wurde. Das gleiche Designmerkmal, das das Überleben sichert, die Dezentralisierung, macht die Kontrolle des Internets so schwierig. Da kein einzelner Punkt im Netz nötig ist, um die Kommunikation der anderen aufrechtzuerhalten, ist es schwierig, ihre Kommunikation zu regulieren oder zu verbieten“ (Hardt/Negri 2002 310).

Die „imperiale Macht“ in Form eines Zusammenfallens von ökonomischer Produktion und politischer Konstitution. Form und Funktion von Staatlichkeit verändert sich in der neuen Weltordnung. Der Nationalstaat verliert Autonomie, weil ihm die Souveränität anhanden kommt => Fusion von Kapital und Staat. Grundlegende Hypothese ist die Annahme einer neuen Form von Souveränität, die im globalen Markt ihren Ursprung hat. Es gibt kein politisches oder wirtschaftliches „Außen“ bzw. nichtkapitalistische Sphären mehr. Der Prozess der Modernisierung bewirkt eine Internalisierung des Außen.

Panitch/Gindin: Das amerikanische Imperium zentrale Rolle des Staates für die Reproduktion des Kapitals und als „Urheber der neoliberalen Globalisierung“. der US-amerikanische Staat als Organisator des globalen Kapitalismus Globalisierung als ein Prozess, der unter der Ägide der Nationalstaaten ablief: Kritik an Hardt/Negri kritisieren die reduktionistische bzw. instrumentalistische Staatsanalyse innerhalb der marxistischen Imperialismustheorie. Unterschied zwischen informellem und formellem Imperialismus: a) Die formelle Expansion => direkte Kontrolle von Räume b) Die informelle Expansion => Prinzipien des Wirtschaftsverkehrs gegenüber schwächeren Staaten durchzusetzen

Herausbildung und Konsolidierung des amerikanischen Imperiums: die zentrale Stellung der USA die Fähigkeit des Landes, den globalen Kapitalismus unter seiner „Anleitung“ zu rekonstruieren. liberales Handelsregime und eine stabile internationale Währungsordnung: koordinierte Regulierung nationaler Wirtschaftsräume Die Krise der 1970er Jahre => erfolgreiche Re-Etablierung der Vereinigten Staaten als Organisator des globalen Kapitalismus: die neoliberal transformierten internationalen Institutionen (WTO; IWF, Weltbank). a) Das amerikanische Finanzministerium wie auch die Notenbank eine mächtigere Stellung b) Der „Volcker-Schock“ von 1979-1982, der Übergang von der Niedrig- zur Hochzinspolitik => Konsolidierung zu Lasten der Lohnarbeiter. Diese Politik stärkte nicht nur das Finanzkapital, sondern auch das amerikanische produktive Kapital auf Kosten der Arbeiterklasse. In der Gegenwart verlaufen die Hauptwidersprüche nicht so sehr entlang der Beziehungen zwischen Staaten als vielmehr in den Staaten selbst.

Fragen?

Café-Haus 1) Grundelemente der Imperialismustheorie von Hobson? 2) Grundelemente der Imperialismustheorie von Lenin? 3) Neuer Typus von Herrschaft bei Hardt/Negri in ihrem Buch Empire? 4) Die Rolle von Nationalstaaten bei Panitch/Gindin