Lebensmittelsicherheit: Anspruch und Wirklichkeit

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Verfasser: IM Ing. Josef Niklas
 Präsentation transkript:

Lebensmittelsicherheit: Anspruch und Wirklichkeit Friedrich-Karl Lücke Professor für Mikrobiologie, Lebensmittelhygiene und Lebensmitteltechnologie Hochschule Fulda, FB Oecotrophologie

Was sind sichere Lebensmittel? VO (EG) 178/ 2002: Anforderungen an die Lebens- mittelsicherheit und Futtermittelsicherheit Artikel 14: Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit (1) Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden. (2) Lebensmittel gelten als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie (a) gesundheitsschädlich sind (b) für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind

VO (EG) 178/ 2002: Anforderungen an die Lebens- mittelsicherheit und Futtermittelsicherheit Artikel 14: Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit (4) Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel gesundheitsschädlich ist, sind zu berücksichtigen A) die wahrscheinlichen sofortigen und/ oder langfristigen Auswirkungen des Lebensmittels nicht nur auf die Gesundheit des Verbrauchers, sondern auch auf nachfolgende Generationen, B) die wahrscheinlichen kumulativen toxischen Auswirkungen C) die besondere gesundheitliche Empfindlichkeit einer bestimmten Verbrauchergruppe, falls das Lebensmittel für diese Gruppe von Verbrauchern bestimmt ist. Artikel 15: Anforderungen an die Futtermittelsicherheit

Definition Lebensmittelhygiene: Maßnahmen und Vorkehrungen, die notwendig sind, um Gefahren unter Kontrolle zu bringen und zu gewährleisten, dass ein Lebensmittel unter Berücksichtigung seines Verwendungszwecks zum Genuss für Menschen tauglich ist Verordnung (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene

VO (EG) 178/ 2002: Verantwortung für Lebens- mittel und Futtermittel (I) Artikel 19: Verantwortung für Lebensmittel: Lebensmittelunternehmen (1) Erkennt ein Lebensmittelunternehmer oder hat er Grund zu der Annahme, dass ein von ihm eingeführtes, erzeugtes, verarbeitetes, hergestelltes oder vertriebenes Lebensmitteln den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit nicht entspricht, so leitet er unverzüglich Verfahren ein, um das betreffende Lebensmittel vom Markt zu nehmen, sofern das Lebensmittel nicht mehr unter der unmittelbaren Kontrolle des ursprünglichen Lebensmittelunternehmens steht, und die zuständigen Behörden darüber zu unterrichten. …

VO (EG) 178/ 2002: Verantwortung für Lebens- mittel und Futtermittel (II) Artikel 19: Verantwortung für Lebensmittel: Lebensmittelunternehmen … Wenn das Produkt den Verbraucher bereits erreicht haben könnte, unterrichtet der Unternehmer die Verbraucher effektiv und genau über den Grund für die Rücknahme und ruft erforderlichenfalls bereits an diese gelieferte Produkte zurück, wenn andere Maßnahmen zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht ausreichen. Artikel 20: Verantwortung für Futtermittel: Futtermittelunternehmen (1) Erkennt ein Futtermittelunternehmer oder hat er …..s.o …

These 1: Das Lebensmittelrecht verwischt die Unterschiede zwischen „gesundheitsschädlich“ und „verdorben“. Im Gegensatz dazu dient das „HACCP-System“ dazu, den Kunden vor gesundheitsschädlichen Lebensmitteln zu schützen und dort prioritär in Prozessbeherrschung und Kontrollen zu investieren.

„Gammelfleisch“ ist „nicht sicher“, aber nicht unbedingt gesundheitsschädlich! Zu werten als arglistige Verbrauchertäuschung und Indiz dafür, dass die Verantwortlichen für den Skandal auch sonst den gesundheitlichen Verbraucherschutz nicht ernst nehmen

Gefahr und Risiko für die Gesundheit Gefahr („Hazard“) = ein biologisches, chemisches oder physikalisches Agens in einem Lebensmittel oder Futtermittel, ... das eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen kann Risiko = eine Funktion der Wahrscheinlichkeit einer die Gesundheit beeinträchtigenden Wirkung und der Schwere dieser Wirkung als Folge der Realisierung einer Gefahr Verordnung (EG) 178/2002, Art. 3 Es gibt eine Vielzahl gesundheitlicher „Gefahren“ durch Lebensmittel. Wie soll man sie bewerten und Prioritäten setzen?

Risikoanalyse besteht aus... Risikobewertung Risikomanagement Risikokommunikation

Schritte bei der (wissenschaftlichen) Risikobewertung: Gefahrenidentifizierung - Welche Gefahren sind für das jeweilige Lebensmittel bedeutsam? Gefahrenbeschreibung - Welche Eigenschaften hat die Gefahr? - Wie verhält sich die Gefahr im Lebensmittel? - Wie wirkt die Gefahr auf den Verbraucher? Expositionsabschätzung - Wie stark sind die Rohstoffe belastet? - Wie sicher wird die Gefahr bei der Verarbeitung eliminiert? - Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird das Lebensmittel auf dem Weg vom Hersteller zum Teller des Verbrauches unsachgemäß behandelt? - Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird der Verbraucher nicht durch Verderbserscheinungen vor dem Verzehr gewarnt? Risikobeschreibung - Wie häufig und wie schwer ist die von der Gefahr ausgelöste Erkrankung?

Risikomanagement durch „den Staat“: Berücksichtigt Ergebnisse der Risikobewertung, ist aber von dieser getrennt Wägt strategische Alternativen zur Risikobeherrschung ab Bezieht dabei Beteiligte ein Berücksichtigt „Machbarkeit“ und gesellschaftliche Akzeptanz

Risikokommunikation Austausch von Informationen und Meinungen über Gefahren und Risiken zwischen allen Beteiligten einschließlich der Verbraucher

Was macht den EU-Bürgern Sorgen hinsichtlich Lebensmitteln? % Nennungen Pestizidrückstände 63 Viren, z.B. Vogelgrippe 62 Rückstände im Fleisch (Antibiotika, Hormone) Unhygienischer Umgang mit Lebensmitteln im Gewerbe Bakterielle Kontaminanten in Lebensmitteln 61 Umweltgifte (z.B. Quecksilber, Dioxin) 60 Gentechnik in Lebensmitteln 58 Zusatzstoffe 57 Nicht artgerechte Tierhaltung 55 BSE 53 Chemikalien aus Brat- und Backprozessen 49 Zu dick werden 48 Allergie 43 Unhygienischer Umgang mit Lebensmitteln zu Hause 32 Eurobarometer 238 (2006) „Risk Issues“; Daten aus 2005; n = 24.643; geschlossene Fragen

Was fällt den EU-Bürgern an Problemen bei Lebensmitteln ein? % Nennungen Lebensmittelvergiftung 16 Giftige Chemikalien 14 Übergewicht 13 Krankheiten 9 GVO 8 Zusatzstoffe 7 Keine Probleme Bakterien 6 Haltbarkeit / Verfallsdatum Mangelhafte Qualität 5 Allergien Cholesterin BSE Herz-Kreislauf-Krankheiten Andere Krankheiten Fette 4 Eurobarometer 238 (2006) „Risk Issues“; Daten aus 2005; n = 24.643; offene Fragen

Arten von Gefahren (Hazards): Chemische Gefahren - aus der Umwelt - aus der landwirtschaftlichen Produktion - aus der Lebensmittelverarbeitung Biologische Gefahren - im Rohstoff (pflanzliche / tierische Zellen) natürlich vorkommende Gifte (und Allergene) - Erreger von Lebensmittel-Infektionen / Toxi-Infektionen - mikrobiell gebildete Toxine Physikalische Gefahren

Chemische Gefahren Einteilung nach der Stufe, auf der sie beherrscht werden müssen: - Umwelt (z.B. Blei) - Urproduktion (z.B. Pflanzenschutzmittel- Rückstände) - Verarbeitung (z.B. Acrylamid) Gesundheitsrisiko schwer zu bewerten, da die Stoffe meist chronisch wirken  keine einfache Korrelation zwischen Belastung und Erkrankung Maßzahl: „Ausschöpfung der duldbaren täglichen Belastung“ (ADI-Wert).

These 2: Haupt-Unsicherheitsfaktoren bei der Bewertung des Risikos durch chronisch toxische Chemikalien sind die toxikologische Bewertung (Datenbasis? Politische Einflussnahme auf Grenzwerte?) unangenehme Überraschungen durch „neue“ Stoffe mit unvorhergesehenen Wirkungen (z.B. hormoneller Aktivität) Kombinationswirkungen verschiedener Stoffe

Tierische Lebensmittel: Umweltgifte? These 3: Nicht überzubewerten, denn - Schwermetalle werden durch Leber und Niere „herausgefiltert“ - Dioxine, polychlorierte Biphenyle (PCB) u.ä, sind fettlöslich und in Magerfleisch und Magermilch kaum zu finden. Hauptproblem: PCB in Milchfett

Einige Ergebnisse des Monitoring-Programms 2005: Rückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft Stoffklasse Substanz Positive Befunde / untersuchte Proben Nicht zugelassene Hemmstoffe Chloramphenicol 6 / 8186 Nitrofurane 1 / 1396 Nitroimidazole 1 / 3626 Nicht zugelassene Wachstumsförderer Steroide 2 / 2448 Zu therapeutischen Zwecken zugelassene antibakterielle Stoffe Sulfonamide 10 / 2863 Tetracycline 5 / 5192 Aminoglycoside 14 / 1339 Penicilline 5 / 1245 Chinolone 1 / 3002 www.bvl.bund.de

Tierische Lebensmittel: Rückstände - These 4: Die Rückstandssituation im Bereich tierische Lebensmittel erscheint nicht bedrohlich Hauptproblem: vorbeugender Antibiotika-Einsatz („Metaphylaxe“), teilweise ähnliche Wirkstoffe wie in humanmedizinisch eingesetzten Antibiotika (Beispiel: Gyrasehemmer – Chinolone)  Mehr antibiotikaresistente Bakterien in der Umwelt?!

Nitratgehalt in Möhren und Spinat Gemüse Nitrat (mg/kg) Mittelwert 90%-Perzentile Spinat, frisch 1600 2900 TK-Spinat 750 Möhren 135 323 Grüne Bohnen 363 678 Belastung tendenziell sinkend; Toxikologische Neubewertung? www.bvl.bund.de; Daten aus 2005

Pflanzenschutzmittel-Rückstände bei Gemüse Hauptsäch-lich gefunden % der Proben ohne nachgewiesene Gehalte mit nach-gewiesenen Gehalten unter HM mit Höchst-mengen-überschrei-tungen Möhren Fungizide, Insektizide 56 42 2 Grüne Bohnen 47 6 Spinat, frisch Insektizide, Fungizide, Herbizide 65 29 TK-Spinat 83 12 5 Broccoli Insektizide 76 22 www.bvl.bund.de; Daten aus 2005

Pflanzenschutzmittel-Rückstände bei Obst Hauptsäch-lich gefunden % der Proben ohne nachgewiesene Gehalte mit nach-gewiesenen Gehalten unter HM mit Höchst-mengen-überschrei-tungen Pfirsiche Fungizide, Insektizide 11 74 15 Nektarinen 22 63 5 Birnen 7 88 www.bvl.bund.de; Daten aus 2005

Pflanzliche Lebensmittel: Rückstände: These 5 Immer noch weit verbreitet, allerdings Zahl der Proben mit Grenzwertüberschreitungen leicht sinkend  etwas bessere Prozessbeherrschung in den Erzeugerbetrieben? EUREP-GAP? Ärgerlich: Immer noch Ausnahmeregelungen durch „Allgemeinverfügungen“ nach § 54 LFGB (früher § 47a LMBG): Verkehrsfähigkeit bestimmter Erzeugnisse trotz – nach deutschem Recht - zu hohem Pestizidgehalt.

Mikrobielle Gefahren (I): (1) Lebensmittel-Infektionen: Lebende Mikroorganismen werden mit dem Lebensmittel aufgenommen und infizieren Zellen im Darm (evtl. später auch in anderen Organen) (1a) ohne vorherige Vermehrung im Lebensmittel Beispiel: Gastroenteritis durch Campylobacter oder Noroviren (1b) meist nur nach vorheriger Vermehrung im Lebensmittel Beispiel: Salmonellose (2) Lebensmittel-Toxi-Infektionen: Lebende Mikroorganismen werden mit dem Lebensmittel aufgenommen und setzen im Darm Toxine frei nur nach vorheriger Vermehrung im Lebensmittel Beispiel: Clostridium perfringens-Gastroenteritis (3) Lebensmittel-Intoxikationen: Mikroorganismen bilden Toxine während ihrer Vermehrung im Lebensmittel Beispiele: Botulismus; Mycotoxikosen

Salmonella: Was man für die Risikoanalyse wissen sollte Erkrankungstyp Infektion des Dickdarms Haupt-Symptom Durchfall Inkubationszeit 1-2 Tage Sterblichkeit bei Patienten Ca. 0,1 % (bei Risikogruppen deutlich höher)  Wichtigstes Erreger-Reservoir Darminhalt, vor allem von Geflügel Vorkommen Geflügelschlachtkörper: 5-20 % Hackfleisch von Rind oder Schwein: ca. 3 % Hitzeresistenz Rasche Inaktivierung bei 70°C (außer in Trockenprodukten)  Vermehrung in Lebensmitteln Kein Wachstum unter 7°C, unter pH 4.5, unter aw<0.95 Minimale Infektionsdosis Variabel (je nach Virulenz des Erregers und Allgemeinzustand des Menschen)  Lebensmittel, deren Verzehr häufig Salmonellosen verursacht hat Speisen, die rohe Eier enthalten Rohes Hackfleisch, „Frische Mettwurst“ Unzureichend gegartes Hackfleisch und Geflügel Salate (vor allem sahne- und eihaltige) Desserts

Viren in Lebensmitteln Virus Gruppe Symptom Inkuba-tionszeit Norovirus Calicivirus Durchfall, Erbrechen 1 Tag Rotavirus Reovirus Durchfall, Erbrechen, vor allem bei Kindern 2-4 Tage Hepatitis A-Virus Picornavirus Hepatitis A (infektiöse Gelbsucht) 20-40 Tage Übertragung: über direkten Kontakt mit infizierten Personen oder indirekt über Lebensmittel und (Ab-)Wasser. Minimale Infektionsdosis sehr niedrig! Wichtigste vorbeugende Maßnahme: Persönliche Hygiene, vor allem nach Toilettenbesuch

„Enteritis infectiosa“: Gemeldete Fälle in Deutschland Erkrankungen durch Fälle in Deutschland 2004 2005 2006 Salmonella 56.588 52.257 52.319 Campylobacter 55.321 62.129 51.764 Shigatoxinbildende E. coli (HUS)* 917 (54) 1.162 (77) 1.197 (63) Andere E. coli 5.550 5.882 6.429 Shigella 1.138 1.169 814 Enteroviren Norovirus 61.588 62.604 74.445 Rotavirus 37.390 54.287 66.800 Listeria monocytogenes 295 490 509 Yersinia enterocolitica 6.124 5.625 5.135 Protozoen Giardia 4.575 4.519 3.643 Cryptosporidium 933 1.309 1.194 *in Klammern: Fälle mit Hämolytisch-urämischem Syndrom (Nierenversagen) Quelle: Epidemiologisches Bulletin 3/2007 http://www.rki.de

Hohe Dunkelziffer bei Durchfallerkrankungen Pro Jahr suchen in Deutschland etwa 1 Mio. Menschen wegen Durchfallerkrankungen den Arzt auf Viele Durchfallerkrankungen verlaufen mild und sind rasch vorüber  kein Arztbesuch Nicht immer wird der Erreger diagnostiziert Nicht immer werden Durchfallerkrankungen an das Gesundheitsamt gemeldet  Realistische Zahl (aus repräsentativen Befragungen): ca. 10 % der (deutschen) Bevölkerung haben ein oder mehrere Male pro Jahr Durchfall

Mikrobielle Gefahren (II) Die meisten mikrobiell bedingten (akuten) Lebensmittelvergiftungen werden durch Fehler in der Küche verursacht:  Persönliche Hygiene  Trennung „reiner“ von „unreinen“ Arbeitsgängen  Fehler beim Garen, Heißhalten und Abkühlen

Mikrobielle Gefahren: These 6 Zentrales Problem: Kompetenzverluste im Umgang mit Lebensmitteln  im Privathaushalt  im Großhaushalt (Outsourcing, Hilfskräfte, Werkvertragskräfte….) Was z.B. viele nicht mehr wissen (oder beherzigen): Auch wenn man gesund ist, kann man lebensmittelvergiftende Bakterien mit sich herumtragen Beim Kochen sterben nicht alle Mikroorganismen ab

Großküchenhygiene: These 7: Moderne Hygienemanagementsysteme wurden teils unzureichend angepasst, teils nicht umgesetzt Lebensmittelüberwachung hat längere Zeit zu wenig Druck auf die Einrichtung angepasster Systeme ausgeübt (alte LMHV nicht umgesetzt)

Forderungen: Risikobasierter Ansatz in der Lebensmittelüberwachung Konzepte sind vorhanden, aber noch nicht überall umgesetzt, immer noch zu viel Ressourcen für Nebensächlichkeiten eingesetzt bei den betrieblichen Maßnahmen und Kontrollen

Mykotoxine... werden von - filamentösen - Pilzen (in geringer Menge) gebildet wirken nach oraler Aufnahme toxisch auf Mensch und Tier sind "sekundäre Metabolite", d.h. sie erfüllen keine sicher bekannte Funktion für den produzierenden Pilz und werden nur von bestimmten Arten oder sogar nur von bestimmten Stämmen einer Pilzart gebildet; werden i.d.R. durch die üblichen Gar- und Backprozesse nicht zerstört.

Allgemeines zur Mykotoxinbelastung