Die aktuelle Rechtsstellung türkischer Staatsangehöriger nach Assoziationsrecht Rechtsanwältin Ilknur Baysu Fachanwältin für Arbeitsrecht Fachanwältin für Familienrecht Schwerpunkt: Ausländerrecht Mannheim www.baysu.de © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Rechtsquellen des Aufenthaltsrecht Drittstaatsan- dehörige im EU- Recht ARB 1/80 EuGH-Rspr zu Unions- bürgern Europ- Menschen- Rechts konvention Deutsches Ausländer- recht Aufenthalt Türk.STA in D BVerfG Karlsruhe BVerwG Leipzig EGMR Straßburg EuGH Luxemburg © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Regelungsbereich des ARB 1/80 Einreise (Stand-Still: Art.41 Zusatzpr) Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis (Art.6,7) Beendigung des Aufenthalts (Art.14,13) Gleichberechtigter Zugang zur Ausbildung(Art.9) Gleichberechtigung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen (Art.10) Keine neuen Arbeitsmarktzugangbeschränkungen (Art.13) © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Aufbau des Assozationsrecht Beschluss des Assoziationsrates EWG/Türkei vom 20.12.1976 Nr.2/76 vom 19.09.1980 Nr.1/80 Abkürzung: ARB 2/76 ARB 1/80 Zusatzprotokoll zum Abkommen vom 23.11.1970 (BGBl. 1972 II S. 385) Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. 09.1963 (BGBl. 1964 II S. 510) © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Ziel des Assozierungsabkommens Art. 2 des Abkommens (1) Ziel des Abkommens ist es, eine beständige und ausgewogene Verstärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter voller Berücksichtigung der Notwendigkeit zu fördern, dass hierbei der beschleunigte Aufbau der türkischen Wirtschaft sowie die Hebung des Beschäftigungstandes und der Lebensbedingungen des türkischen Volkes gewährleistet werden. … (3) Die Assoziation umfasst a) eine Vorbereitungsphase b) eine Übergangsphase c) eine Endphase © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Freizügigkeit für Türkische STA Art.12 des Abkommens „Die Vertragsparteien vereinbaren, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages [Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art.39, 40, 41 EGV] zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit schrittweise herzustellen.“ © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Kompetenz des Assoziationsrates Art.36 des Zusatzprotokolls „Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten und der Türkei wird nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assozierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt. Der Assoziationsrat legt die hierfür erforderlichen Regeln fest.“ 6 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis Rechte der Arbeitnehmer nach Art.6 ARB 1/80 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Art.6 ARB 1/80 Art.6 Abs. 1, 1. Spiegelstrich (1)Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art.7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat - nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt; © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Art.6 ARB 1/80 Art.6 Abs. 1, 2. und 3. Spiegelstrich - nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaats eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben; - nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Art.6 Abs. 2 Art.6 Abs. 2 (2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.6 Fall: Dogan, Ergül, Österreich Urteil des EuGH vom 07.07.2005 Rs 383/03 Tenor: Der Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gem. Art.6 Jahr nach mehr als vier Jahren Beschäftigung erlischt nicht allein durch Unterbrechung einer Straf-Haft. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.6 SEDEF, Mehmet Urteil des EuGH vom 10.01.2006 Rs 230/03 Tenor: Der Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gem. Art.6 besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer nach einem Jahr aber vor dem dritten Jahr beim gleichen Arbeitgeber unfreiwillig seine Arbeitsstelle verliert. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.6 Vorabentscheidungsersuchen aus GB vom 30.06.2006 Rs C-237/06 PAYIR, ÖZTÜRK, AKYÜZ „Liegt eine Arbeitnehmereigenschaft i.S. Art.6 vor, wenn 1. als Au Pair Kraft beschäftigt oder 2. als Student 20 Arbeitsstunden pro Woche tätig“ HessVGH U. v 4.12.1995, 18 h die Woche OVG Berlin U.v.25.09.1996, 7,5 h die Woche 7 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Familienangehörige Rechte der Familienangehörigen nach Art.7 ARB 1/80 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Familienangehörige Art.7 ARB 1/80 (1) Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, - haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben - haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Familienangehörige Art.7 ARB 1/80 (2) Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war..“ © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Familienangehörige Definition von i.S.v Art.7 Kinder: Altersunabhängig Familienangehöriger i.S.v Art.7 Kinder: Altersunabhängig Drei/fünf Jahre mit Arbeitnehmer zusammenleben Familienangehöriger nach Art.10 VO 1612/68/EWG Ehegatte, Kinder, Eltern,die Unterhalt erhalten © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.7 EuGH zu Art.7 Die beiden Voraussetzungen für das Erlöschen des Rechts aus Art.7 wurden vom EuGH in folgenden Fällen immer wieder bestätigt: ERGAT EuGH U.v. 16.03.2000 Rnr. 42, 45-48, RS C-329/97 CETINKAYA EuGH U.v. 11.11.2004 RS C-467/02 AYDINLI EuGH U.v. 07.07.2005 RS C-373/03 TORUN EuGH U.v. 11.11.2004 RS C-502/04 POLAT EuGH U.v. 04.10.2007 RS C-349/06 Die beiden Voraussetzungen sind: © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.7 Verlassen des Bundesgebiets Erlöschen des Anspruchs aus Art.7 Art.14 ARB 1/80 Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit Unschädlich: Ausscheiden des Stammberechtigten aus dem Arbeitsmarkt Beendigung des Zusammenleben mit Arbeitnehmer Verbüßung von Haftstrafe Aufnahme einer Beschäftigung Beendigung einer Beschäftigung Arbeitslosigkeit Vergebliche Arbeitssuche (Art.7 S.1) Verlassen des Bundesgebiets nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigten Grund © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.7 DERIN, Ismail Urteil des EuGH vom 18.07.2007 Rs 325/05 - Kein Verstoß gegen Art.59 Zusatzprot. - (Verbot der Besserstellung türk. Kinder als Unionsbürger) - Auch wenn bei Unionsbürgern Kinder über 21 Jahren oder wenn sie kein Unterhalt beziehen, kein Nachzugsrecht haben, haben diese doch allg. Freizügigkeitsrecht in EU. - Art.7 ist keine Nachzugsregel! © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.7 Vorabentscheidungsersuchen aus VG Stuttgart vom 20.07.2007 Rs C-337/07 ALTUN, Ibrahim „Verlust des Verlängerungsanspruches i.S.v. Art.7, wenn Stammberechtigter in den drei Jahren nur 2 Jahre u 6 Monate gearbeitet und unverschuldet arbeitslos ist und lange bleibt? Stammberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt durch Asylrecht durch unwahrer Tatsachen erlangt? Muss formell die Aufenthaltserlaubnis des Stammberechtigten zurückgenommen werden? © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.7 Vorabentscheidungsersuchen aus VG Gießen vom 04.10.2007 Rs C-453/07 ER, Hakan „Verlust des Verlängerungsanspruches i.S. Art. 7, wenn - 7 Jahre nach Schulabschluss nur ein Tag gearbeitet und sich nicht ernsthaft um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemüht und von Leistungen Dritter lebt“ Art.9 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Art.9 ARB Art.9 „Türkische Kinder, die in einem Mitgliedsstaat der Gemeinschaft ordnungsgemäß bei ihren Eltern wohnen, werden unter Zugrundelegung derselben Qualifikationen wie die Kinder von Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates zum allgemeinen Schulunterricht ,zur Lehrlingsausbildung und zur beruflichen Bildung zugelassen. Sie können in diesem Mitgliedstaat Anspruch auf die Vorteile haben, die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in diesem Bereich vorgesehen sind.“ © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.9 GÜROL, Gaye, U.v. 07.07.2005 Rs 374/03 „Art.9 hat unmittelbare Wirkung .“ Wohnen i.S.v Art.9 liegt auch noch vor, wenn zuvor bei den Eltern gelebt. Anspruch auf Gleichbehandlung nicht nur bei Zulassung, sondern auch bei finanziellen Mitteln (Bafög, Meisterbafög) © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Umsetzungsdefizite zu Art.9 in Dltd Das jetztige BaföG, wie auch das vom Bundestag am 16.11.2007 beschlossene 22. Bafög-Änderungsgesetz setzen die Vorgaben des EuGH –Urteils in der Sache Gürol nicht vollständig um. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Umsetzungsdefizite zu Art.9 in Dltd Obwohl Art.9 keine Wartezeiten voraussetzt, besteht zur Zeit Gleichberechtigung bei der Baföggewährung nur bei den Auszubildenden, die bereits langfristig aufenthaltsberechtigt sind oder lange in Deutschland leben und eine dauerhafte Bleibeperspektive haben. Das MeisterbaföG ist gar nicht zur Abänderung vorgesehen (obwohl das VG Sigmaringen mit Urteil 24.11.2005, den Verstoß von § 8 Abs.2 ABG gegen Art.9 im Hinblick auf das Gürol-Urteil festgestellt hat) Art.2 BayELF verstösst auch gegen Art.9, da keine Förderung für begabte türkische Schüler, Studenten und Post-Graduate. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Aufenthaltsrechtliche Bedeutung des Art.9 Hält sich ein türkisches Kind ordnungsgemäß im Bundesgebiet auf, so kann die Fortsetzung des Aufenthalts nur noch von den in Art.9 Satz 1 ARB 1/80 niedergelegten Voraussetzungen, das heißt vom Wohnen bei den Eltern und deren ordnungsgemäßer Beschäftigung, abhängig gemacht werden. Insoweit gilt der von EuGH, U. v. 17.4.1997 (Kadiman) formulierte Gedanke auch für Art.9 ARB 1/80. Auch diese Vorschrift dient der Förderung der dauerhaften Eingliederung der Familie der türkischen Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Art.14 Noch Offene Frage: Ist der erhöhte Ausweisungsschutz des Art.28 Abs. 3 sowie die Verfahrensgarantien der Art.31 der Unionsbürgerrichtlinie auch für Türkische Staatsangehörige übertragbar, die Rechte nach Art.6,7 erworben haben.41 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Einreise “Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs unterliegt zwar beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts die erstmalige Aufnahme eines türkischen Staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat grundsätzlich ausschließlich dem innerstaatlichen Recht dieses Staates“. EuGH, Urt. v. 20.09.2007 - C‑16/05 Tum und Dari © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Standstill-Klauseln Selbständige Art.41 Abs. 1 Zusatzprotokoll Regelungsbereich Arbeitnehmer Artikel 7 ARB 2/76 (01.12.1976) Familienangehörige Artikel 13 ARB 1/80 (01.07.1980) Selbständige Art.41 Abs. 1 Zusatzprotokoll (01.01.1973) Dienstleistungs- erbringer und empfänger Zusatz- protokoll © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Ärzttliche behandlung Der Bedingungen für den Standstill- Klauseln „Keine Einführung von neuen Beschränkungen…“ “ Arbeitnehmer seit 01.12.1976 „ …Der Bedingungen für den Zugang Zum Arbeitsmarkt“ Selbständige seit 01.01.1973 „ …der Niederlassungs- freiheit “ Dienstleistungs- Erbringer Empfänger Touristen Geschäftsreisende Sporter Künstler Wissenschaftler Ärzttliche behandlung Familienangehörige von AN seit 01.07.1980 Der Bedingungen für den Zum Arbeitsmarkt © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Einreise und EU-Kompetenz Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs unterliegt zwar beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts die erstmalige Aufnahme eines türkischen Staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat grundsätzlich ausschließlich dem innerstaatlichen Recht dieses Staates“ Tum und Dari EuGH, Urt. v. 20.09.2007 Rnr.57 - C‑16/05 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Standstill-Klausel Art.41 Abs. 1 Zusatzprotokoll „Die Vertragsparteien werden untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen.“ © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Standstill-Klausel bzgl. Einreise Die Stillhalteklausel stellt indessen die grundsätzliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Festlegung ihrer nationalen Einwanderungspolitik nicht in Frage. Der bloße Umstand, dass eine solche Klausel von ihrem Inkrafttreten an diesen Staaten eine Unterlassungspflicht auferlegt, durch die ihr Handlungsspielraum auf diesem Gebiet in gewissem Umfang beschränkt wird, lässt nämlich nicht die Annahme zu, dass damit ihre souveräne Zuständigkeit für das Ausländerrecht in ihrem Wesensgehalt angetastet worden ist (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Mai 2006, Watts, C‑372/04, Slg. 2006, I‑4325, Randnr. 121). EuGH, Urt. v. 20.09.2007 - C‑16/05 Tum und Dari Rnr.58 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Standstill-Klausel bzgl. Einreise Es gilt der Rechtszustand bezüglich der Einreise für Türkische Staatsangehörige, der bei Inkrafttreten des Zusatzprotokolls galt. Für Deutschland ist dies der 1.1.1973. Für die anderen EU-Länder ist es der Zeitpunkt des Beitritts. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Standstill-Klausel bzgl. Einreise Es dürfen seit dem 1.1.1973 keine Verschärfungen für Türkische Staatsangehörige bei der – Niederlassungsfreiheit Aktive Dienstleistungsfreiheit Passive Dienstleistungsfreiheit eingeführt oder Verbesserungen nach dem 1.1.1973 nicht wieder Zurückgenommen werden. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Standstill-Klausel bzgl. Einreise Welches Recht galt für Türkische Staatsangehörige zum 1.1.1973 bezüglich der Einreise? © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Einreiserecht zum 1.1.1973 Grundsätzlich: Kein Einreisevisum Ausnahme: wenn Erwerbstätigkeit beabsichtigt Einreisereglung für türkische Staatsangehörige § 1 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG 1965 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Standstill-Klausel bei Einreise Ohne Visa Einreise für Geschäftsleute Touristen Künstler Sportler Fernfahrer Montagearbeiter © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Standstill EuGH-Urteile zu Art. 41 Zusatzp. vom: 20.09.2007 Tum und Dari, Rs C - 16/05 21.09.2003 Abatay, Sahin, Rs C-317/01 11.05.2000 Savas Rs C-37/98 © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Art.9 Klage der EU- Kommission vom 16.02.2007 gegen NL Rs -92/07 da Gebührenerhebungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für türk .STA 169,- Euro und für EU-Bürger 30,- Euro die Stillhaltevorschriften und Diskriminierungsvorschriften verletzt. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Stillstand-Klausel In Deutschland: 60 Euro gem. § 45 Nr. 1b AufenthV 0,- für EU-Bürger § 2 VI FreizügG/EU © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Standstill Vorabentscheidungsverfahren 19.07.2005, NL Günes Rs C-296/05 Beschränkung, wenn vorläufige Aufenthaltserlaubnis vor Einreise? Beschränkung, wenn nach Stichtag vorgenommene Verbesserung zurückgenommen wird, aber dann nicht schlechter ist als zum Stichtag? Beschränkung, wenn nur die Ausführungspraxis verschlechtert? © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Standstill Vorabentscheidungsverfahren OVG Berlin-Brandenburg v. 19.05.2006 Soysal,Salkim,Savatli Liegt eine Beschränkung gem. Art. 41 Zusatzp. vor, wenn der türkische LKW-Fahrer eines türkischen Unternehmens im grenzüberschreitenden Verkehr auf einem LKW mit dt. Kennzeichen jetzt ein Visum benötigt, obwohl zum Zeitpunkt des Inkraftretens 1.1.1973 er visumsfrei einreisen konnte? © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
EuGH zu Standstill Vorabentscheidungsersuchen aus NL vom 29.05.2006 }ahin Beschränkung gem. Art. 13 ,wenn zwischen dem Ablauf der Aufenthaltserlaubnis und dem Verlängerungsantrag keine Rechtmässigkeit und arbeitserlaubnis vorlag? Beschränkung gem. Art. 13 und Art. 59 Zusatzprotokoll,wenn Verpflichtung zur Zahlung von Gebühren höher als für EU Bürger? © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Folgerungen von Tum u Dari für Deutschland In Deutschland konnten schon am 1.1.1973 türkische Staatsangehörige nicht ohne Visum für eine Selbstständige Tätigkeit einreisen. In Grossbritannien war dies aber damals möglich. Daher kann aus dem Tum und Dari Urteil für Deutschland kein Anspruch auf eine Visafreie Einreise für eine Selbstständige Tätigkeit abgeleitet werden. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Folgerungen von Tum u Dari für Deutschland Von Türkischen Staatsangehörigen können aber nicht mehr die strengen Voraussetzungen des § 21 AufenthG verlangt werden, auch muss keine Bedürfnisprüfung erfolgen, sondern die Erteilung muss sich allein nach § 2 Abs.1 Satz AuslG 1965 richten. Entscheidend ist damit allein, ob der Türkische Staatsangehörige sich in das Wirtschaftsleben einleben kann. So schon VG Darmstadt ,ANA-ZAR 2004,5) So jetzt auch die Bundesregierung in Ihrer Stellungnahme vom 26.11.2007 Ds 16/7268 Antwort zu Frage 2 und © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Folgerungen von Tum u Dari für Deutschland Ansonsten hat das Auswärtige Amt mit Ihrem Schreiben vom 24.10.2007 es abgelehnt, irgendwelche Folgerungen auf die Einreisefreiheit Türkischer Staatsangehöriger in Deutschland zu ziehen, die von ihrer passiven Dienstleistungsfreiheit machen wollen. .Es hat auf die EU-Visum VO 539/01 verwiesen. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Folgerungen von Tum u Dari für Deutschland In Ihrer Stellungnahme vom 26.11.2007 bezieht sich die Bundesregierung jedoch nicht mehr auf die VO 539/2001 zurück im Hinblick auf die Visafreiheit der Türkischen Staatsangehörigen Antwort zu Frage 6 und 7 ) Ansonsten hält sie sich bei Fragen hinsichtlich der Visafreiheit für Türkische Touristen etc bedeckt und verweist lediglich darauf ,dass der EuGH diese Frage nicht Gegenstand des Tum und Dari Urteils war. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Folgerungen von Tum u Dari für Deutschland Fazit : „Es zeigt sich , dass Deutschland nicht bereit ist, die europarechtlichen Vorgaben umzusetzen“ © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Folgerungen von Tum u Dari für Deutschland Ne yapmak gerek? © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Folgerungen von Tum u Dari für Deutschland Daher sind im Rahmen von verwaltungsrechtlichen Klage Vorabenscheidungsersuchen an den EuGH anzuregen. Beschwerde an die Kommission der EU wegen der Nichtbeachtung von Gemeinschaftsrecht( Anregung zu einen Vertragsverletzungsverfahren gegen D) Schadenersatzklagen wegen der Nichtanwendung des Assoziationsrecht im Rahmen von Amtshaftungsprozessen. © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf
Fachliteratur R.Gutmann, ARB Nr.1/80 EWG/Türkei(Kommentierung) , in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsrecht , Band 4, IX, Stand Februar 2007(Die europaweit ausführlichste Darstellung zum ARB 1/80 ) K.Dienelt, Aktuelle Fragen zum Aufenthaltsrecht türkischer Staatsangehöriger, 2001 www.migrationsrecht.net © RA‘in Ilknur Baysu ARB 1/80 15.Dezember 2007 Düsseldorf