Erlernte Hilflosigkeit

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 Präsentation transkript:

Erlernte Hilflosigkeit Universität Freiburg Herbstsemester 2008, 14.10.2008 Seminar: Lernen, Gedächtnis, Motivation & Stress Dozenten: K. Burger, N. Safi Referenten: R. Esposito, R. Rüttner & S. Schiffhauer

Inhaltsübersicht Definition Das klassische Tierexperiment Humanexperimentelle Untersuchung Von erlernter Hilflosigkeit zu motivationalen Störungen Attributionen in Bezug auf motivationale Störungen Die Rolle der Attributionen im Bezug zur Depression Praktische Bedeutung am Beispiel: Depression Diskussionsfragen Literaturverzeichnis

1. Definition Die Erwartung… Ereignisse nicht kontrollieren zu können. (Meyer, 2000; S.30 zitiert in Rudolph, 2003)

2. Das klassische Tierexperiment Zufällige Entdeckung im Experiment zur Angstkonditionierung Pavlovsches Geschirr: Millersche Shuttle-Box:

2. Das klassische Tierexperiment Triadischer Versuchsplan: 1. Phase: Fluchtgruppe (vermeidbare Schocks) Yoked-Gruppe (unvermeidbare Schocks) Kontrollgruppe (keine Schocks) 2. Phase: Flucht- und Kontrollgruppe springen über Barriere Yoked-Gruppe: 6 von 8 Hunden bleiben erfolglos und somit den Schocks ausgesetzt

2. Das klassische Tierexperiment Fazit (Seligmann, 1986): Nicht der körperliche Stress (Schocks), sondern die Unmöglichkeit den Schock zu kontrollieren, führt zum Versagen!

3. Humanexperimentelle Untersuchung Hiroto (1974): Weniger drastisch angelegt als Tierexperimente Analoge Phasen- und Gruppeneinteilung Erweiterter Versuchsplan um 2 Faktoren: Zufalls-Instruktion Persönlichkeitsdimensionen (intern vs. extern attribuierend)

3. Humanexperimentelle Untersuchung Hiroto (1974): In diesem Experiment rufen 3 unabhängige Faktoren Hilflosigkeit hervor: Das Erleben von Unkontrollierbarkeit in der experimentellen Situation Die kognitive Einstellung, welche durch Zufalls-Instruktion hervorgerufen wurde Eine extern attribuierende Persönlichkeit

4. Von erlernter Hilflosigkeit zu motivationalen Störungen Kontingenz = Bedingungszusammenhang 3 Arten von Defiziten (Mazur, 2004): Motivationale Defizite: Individuen verlieren die Motivation, Ereignisse in ihrer Umgebung zu kontrollieren oder geben schnell auf Kognitives Defizit: Verminderte Fähigkeit, aus eigenen Erfahrungen zu lernen Emotionales Defizit: beinhaltet negative Affekte in Form von Ärger bis hin zu depressiven Verstimmungen

4. Von erlernter Hilflosigkeit zu motivationalen Störungen Defizite als Folge erlernter Hilflosigkeit(Rudolph, 2003): Information über die Nicht-Kontingenz zwischen Ereignis und Reaktion  Wahrnehmung der Nicht-Kontingenz zwischen Erwartung zukünftiger Unkontrollierbarkeit des Ereignisses und auch anderer Ereignisse  Motivationale, kognitive und emotionale Störungen

4. Von erlernter Hilflosigkeit zu motivationalen Störungen Ramon, 8 Jahre alt, Mobbing-Opfer

4. Von erlernter Hilflosigkeit zu motivationalen Störungen Ausschluss beim Fussball wegen zu schlechten „Jonglier-Fähigkeiten“. Folge: Ramon übt. Ausschluss beim Fussball wegen fehlenden Fussballschuhen. Folge: Ramon kauft sich Fussballschuhe. Ausschluss beim Fussball wegen bereits eingeteilten Mannschaften. Folge: Ramon beginnt, an sich zu zweifeln.

4. Von erlernter Hilflosigkeit zu motivationalen Störungen Ramon erhält Information von Nicht-Kontingenz zwischen seinen Bemühungen und dem Ereignis. Ramon nimmt diese Nicht-Kontingenz wahr. Ramon erwartet auch für künftige Situationen, dass er mit seinen Handlungen keinen Einfluss auf das Geschehen ausüben kann. Ramon entwickelt motivationale, kognitive und emotionale Defizite.

4. Von erlernter Hilflosigkeit zu motivationalen Störungen Fazit (Mazur, 2004): „Motivationale Störungen entstehen, wenn eine Person durch vorangegangene negative Erfahrungen antriebsgemindert ist, sich derartigen Situationen wiederholt zu stellen.“ (S.271)

5. Attributionen in Bezug auf motivationale Störungen Was ist ein Attributionsstil? (Stroebe, Jonas & Hewstone, 2003): „Eine individuelle Tendenz, über verschiedene Situationen und über die Zeitpunkte hinweg eine bestimmte Art kausaler Schlussfolgerungen zu ziehen.“ (S.253) 3 Kausaldimensionen (Mazur,2004): 1. intern vs. extern 2. lokal vs. global 3. instabil vs. stabil

5. Attributionen in Bezug auf motivationale Störungen Die drei Dimensionen am Beispiel von Ramon: intern attribuierend: « Ich bin noch nicht gut genug für die Anderen. » extern attribuierend: « Die Anderen wollen mich nicht dabei haben. » lokal attribuierend: « Nur die Jungs aus meiner Klasse sind so fies. » global attribuierend: « Niemand mag mich. »  

5. Attributionen in Bezug auf motivationale Störungen instabil attribuierend: « In vier Wochen findet das Skilager statt, dann wird es vielleicht besser. » stabil attribuierend: « Vermutlich werde ich während meiner ganzen Schulzeit immer ausgeschlossen. » Begünstigend für hilfloses Verhalten: extern global stabil

6. Die Rolle der Attributionen in Bezug zur Depression Hilflosigkeitserwartungen traten nicht derart zuverlässig auf wie angenommen Abramson et al. (1978) erweiterten die Hilflosigkeitstheorie um Attributionen - auch um der Modellvorstellung der Depression gerecht zu werden

6. Die Rolle der Attributionen in Bezug zur Depression Attributionsstil: Persönlichkeitsmerkmal welches zwischen negativen Ereignissen und Depression vermittelt Tendenz, negative Ereignisse als durch Faktoren zu sehen, die intern, stabil und global sind

6. Die Rolle der Attributionen in Bezug zur Depression Hilflosigkeits- Symptome: Passivität Appetit Krankheit Traurigkeit Feindseligkeit Kognitive Defizite Selbstwert Attributionstheoretische Reformulierung der Hilflosigkeitstheorie Negatives, unkontrollierbares Ereignis Handlungs- Ergebnis Erwartung Attributions- stil: Internal Stabil Global Aktuelle Attribution: Internalität Stabilität Globalität

7. Praktische Bedeutung am Beispiel: Depression Was ist eine Depression? Affektive Störung: Störungen der Stimmung, bei welchen die Betroffenen entweder übermäßig niedergeschlagen (depressiv) oder übermäßig euphorisch (manisch) sind, ohne organische Ursache Symptome: Stimmung (vorherrschende Emotion: traurig) Denken (niedriges Selbstwertgefühl) Motivation (Lähmung des Willens) Körperlich (Appetitlosigkeit, Schlafstörung, Müdigkeit)

7. Praktische Bedeutung am Beispiel: Depression Beck (1967) die kognitive Triade der Depression: Negative Sicht der Welt Negatives Selbstkonzept Negative Einschätzung der Zukunft Reaktive Depression: Tritt als Folge akuter & chronischer Belastungssituationen auf z.B. Trennung, Verlusterlebnisse, Arbeitslosigkeit Persönlichkeitsstruktur spielt eine große Rolle – nicht bei jedem Menschen führen Schicksalsschläge zur Depression

7. Praktische Bedeutung am Beispiel: Depression Experimentelle Umsetzung des Modells: Ethisch nicht vertretbar klinische Depression zu erzeugen Erforscht mittels Therapieergebnissen: Gruppe 1: kognitive Therapie Gruppe 2: medikamentöse Therapie Gruppe 3: Kombination der vorangegangenen Ergebnis: Depressionslinderung in allen 3 Gruppen Frage: Haben die Attributionen die Depression hervorgerufen selbst wenn sie eine Linderung der Depression zur Folge hatten?

7. Praktische Bedeutung am Beispiel: Depression Rudolph (2003) Motivational: Schlafstörungen Psychomotorische Verlangsamung Interessenverlust Energieverlust/ Müdigkeit Emotional: Wertlosigkeitsgefühl & Schuld Suizidgedanken Kognitiv: Gedächtnis- & Konzentrations-schwierigkeit Gewichtsschwankungen Seligmann (1967) negative kognitive Denkstruktur zeitlicher Verlauf verringerte Aggressivität physiologische Veränderungen Appetitverlust verringerte Motivation zu willentlichen Reaktionen

7. Praktische Bedeutung am Beispiel: Depression Behandlung von erlernter Hilflosigkeit und Depression: Erfahrung, dass eigene Reaktionen Verstärkung herbeiführen Die gleichen Bedingungen, die Depression aufkommen lassen (Hilflosigkeit) tragen umgekehrt zum Abbau bei Ziele und Objekte erreichbar machen Umwandlung der Hilflosigkeit Immunisieren durch Kontrolle und Verstärker Selbstbehauptungstraining

7. Praktische Bedeutung am Beispiel: Depression Fazit Behandlung: negative Erwartungshaltung des Patienten in optimistischere Umwandeln unter welcher der Patient die Überzeugung gewinnt, dass seine Reaktion zu gewünschten Konsequenzen führt. Beck (1967)

Gibt es noch offene Fragen?

7. Diskussionsfragen Erlernte Hilflosigkeit kann verhindert werden, wenn das Individuum zuerst Ereignisse meistert, bevor es einen Misserfolg erfährt. Wie kann diesbezüglich in der Schule präventiv gehandelt werden? Wenn Attributionen eine Linderung der Depression mit sich bringen – folgt daraus nicht, dass sie die Depression auch verursacht haben?????

8. Literaturverzeichnis Abramson, L.Y., Seligman, M.E.P., Teasdale J.D. (1978). Learned Helplessness in Humans: Critique and Reformulation. Journal of Abnormal Psychology (87,1) P. 49 - 74. Beck, A.T. (1967). Depression: Causes and treatment. Philadelphia: University of Pensilvania Press Hiroto, D.S. (1974). Locus of control and learned helplessness. Journal of Experimental Psychology, 102, P. 187-193. Mazur, J.E. (2004). Lernen und Gedächtnis. München: Perarson Studium. Meyer, W.U. (2000): Gelernte Hilflosigkeit - Grundlagen und Anwendungen in Schule und Unterricht. Hans Huber Verlag Polizei Beratung (Stand: 11.10.2008). ULR: http://www.polizei-beratung.de/file_service/images/junge_traurig_treppe.jpg Rudolph, U. (2003). Motivationspsychologie. Beltz: Psychologie Verlags Union Stroebe, W., Jonas, K. & Hewstone, M. (2003). Sozialpsychologie. Eine Einführung. Berlin: Springer. Seligman, M.E.P. (1986). Erlernte Hilflosigkeit. München: Weinheim: Psychologie-Verlags-Union. Seligman, M.E.P., & Maier, S.F. (1967). Failure to espcape traumatic shock. Journal of experimental psychologie (74) P. 1-9.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit