Was geschieht beim Sterben?

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 Präsentation transkript:

Was geschieht beim Sterben? Und weshalb haben wir Angst vor dem Sterben und dem Tod?

Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care Sterben bedeutet (mit Ausnahme plötzlicher Todesfälle) eine langsame Abnahme der Lebensqualität, eine zunehmende Beeinträchtigung der elementaren körperlichen Lebensfunktionen und schliesslich den Ausfall zuerst einzelner, dann aller Organe. Karusseit 2004 Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Sterben ist ein Teil des Lebens. Der Tod und das Sterben sind zwei verschiedene Dinge. Tod und das Sterben sind zwei verschiedene Dinge: Der Tod steht am Ende des Sterbeprozesses, er ist abstrakt, er ist das Ende des Lebens. Das Sterben ist ein Teil des Lebens, sterbende Menschen leben und der Prozess des Sterbens gehört ins Leben. Das Sterben ist viel greifbarer, nicht so abstrakt wie der Tod.

Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care Sterben bedeutet immer einen mehr oder weniger lang andauernden Prozess, den „Augenblick des Sterbens“ gibt es nicht. Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Wann beginnt das Sterben? Psychologie: wenn ein Mensch objektiv vom Tod bedroht ist und er sich dieser Todesbedrohung soweit bewusst ist, dass sie sein Erleben und Verhalten bestimmt. Medizin: wenn die elementaren Körperfunktionen unaufhaltsam versagen und keine medizinischen Massnahmen mehr Erfolg versprechen. Biologie: bereits mit der Geburt. Die Frage, wann das Sterben beginnt, hat einen fast schon philosophischen Charakter. Es gibt nur sehr vage formulierte Definitionen dieses Prozesses und es gibt kaum Grundlagenforschung darüber. Das ist umso erstaunlicher, wenn man weiss, wie viel zum Beispiel über den Hirntod, über Nahtodeserfahrungen oder über Veränderungen beim Absterben einer Zelle geforscht und geschrieben wurde. Medizin: Die Medizin mit ihrer Ausrichtung auf Heilen, auf Wiederherstellen, tut sich oft schwer damit zu akzeptieren, dass der Prozess des Sterbens begonnen hat. Biologie: Wir nähern uns also mit jedem Tag in unserem Leben dem Sterben. Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Pflegende und Ärzte sprechen auch häufig von: Präterminalphase bzw. Rehabilitationsphase → Definition Terminalphase → Definition Sterbephase, auch Finalphase genannt→ Definition Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care Wann ist ein Mensch tot? Klinischer Tod – 3 Minuten nach Herz- und Atemstillstand. (Der Sterbeprozess ist mit dem klinisch feststellbaren Tod nicht beendet.) Hirntod – Funktionsausfall des Gesamthirns Klinischer Tod: Ein Mensch ist innerhalb von drei Minuten nach Herz- und Atemstillstand klinisch tot. Der klinische Tod ist von den so genannten unsicheren Todeszeichen begleitet. Unsicher nennt man sie deshalb, weil eine Reanimation den Tod möglicherweise noch einmal verhindern kann. Der Hirntod: Das ist der irreversible und vollständige Funktionsausfall des Gesamthirns (Grosshirn, Kleinhirn und Hirnstamm), bei einer durch kontrollierte Beatmung noch aufrechterhaltenen Herz-Kreislauffunktion. Der Hirntod bedeutet auch rechtlich den Tod eines Menschen. Diese Hirntod-Definition spielt im Zusammenhang mit der Organtransplantation eine grosse Rolle. Die vitalen Funktionen hirntoter Menschen werden durch spezielle Massnahmen (Beatmung) künstlich aufrechterhalten, damit die Organe für den Empfänger funktionsfähig bleiben. Kriterien für einen Hirntod: Bevor man von einem Nachweis des Hirntodes sprechen kann, müssen folgende Voraussetzungen überprüfbar erfüllt sein: Vorliegen einer akuten primären oder sekundären Hirnschädigung, Ausschluss einer anderen Ursache oder Mitursache für den (eventuell nur zeitweisen) Ausfall der Hirnfunktionen (z.B. Vergiftung o.a.). Klinische und apparative Kriterien sind zu unterscheiden. Die klinischen Kriterien müssen zum Beweis des Hirntodes zwingend nachgewiesen sein. Dies sind: der Verlust des Bewusstseins Koma eine zerebrale Areflexie z.B. Augenreflexe (Die Augenreflexe: Bei einem Hirntoten kann durch die Berührung mit einem Wattebausch kein Lidschlag ausgelöst werden. Außerdem reagieren die Pupillen nicht mehr auf einfallendes Licht. Normalerweise halten die Augen die Blickrichtung, wenn jemand anders den Kopf bewegt. Diesen Vorgang nennen Mediziner Puppenkopfphänomen. Ein Hirntoter bewegt seine Augen nicht mehr, er schaut automatisch in die Richtung, in die der Arzt seinen Kopf bewegt. Alle Augenreflexe werden über Zentren im Hirnstamm kontrolliert. Fehlende Schmerzreaktion (Die Schmerzreaktion: Der Arzt prüfen ob der Patient auf Schmerzreize reagiert. Das geschieht zum Beispiel durch Kneifen in die Achselhöhlen, Druck auf die Nagelbetten oder die Augenbrauen. Wenn keine Reaktion erfolgt, ist sehr wahrscheinlich die Großhirnrinde ausgefallen. Dieser Hirnstruktur wird auch das Bewusstsein zugeordnet.) Fehlender Schluck- und Hustenreflex (Hustenreflex: Der Arzt ruckelt zur Auslösung dieses Reflexes in der Regel am Beatmungsschlauch. Diese Reaktion fällt meistens als Letzte aus. Der Grund: Das Kontrollzentrum für diese Reaktion liegt im unteren Bereich des Hirnstamms, also einem sehr gut geschützten Hirngebiet). Verlust der Spontanatmung Diese klinischen Kriterien zum Nachweis des unumkehrbaren Ausfalls der Hirnfunktion müssen in der Bundesrepublik Deutschland zu verschiedenen Zeitpunkten von verschiedenen Ärzten, die nach Kriterien der Bundesärztekammer über "langjährige Erfahrung in der Behandlung" von Patienten mit zerebralen Erkrankungen verfügen sollen, bestätigt werden, um einen Menschen als hirntot einstufen zu können. Sollen dem Patienten nach der Feststellung Organe entnommen werden, so muss die Feststellung des Hirntods durch Ärzte erfolgen, die an der Organentnahme oder Transplantation nicht beteiligt sind. Um möglichst bald eine Organentnahme vornehmen zu können, führen die meisten Ärzte ein halbstündiges EEG durch. Ein Nulllinien EEG gilt als sicherer Hinweis für den Ausfall aller Hirnteile. Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Biologisch leben Zellen nach dem Hirntod weiter: Definition: Der biologische Tod Herz: 15 – 30 Minuten Leber: 30 – 35 Minuten Lunge und Niere: bis zu 2 Stunden Muskeln: über 8 Stunden Magen, Darm: arbeiten noch bis zu 24 Stunden Schweissdrüsen: arbeiten noch über 30 Stunden Spermien: leben noch mehrere Tage Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Warum haben wir so viel Angst vor dem Sterben? Sterben ist die letzte grosse Übergangsphase des Lebens. Im Sterben gerät der Anspruch auf Autonomie, der Anspruch auf Plan- und Machbarkeit an seine Grenze. Sterben ist ein Weg des Sichüberlassens in das Offene/Unbekannte und Unbegrenzte. Geschehenlassen und Fallenlassen braucht tiefes Vertrauen in das, was kommt. Eine Illusion Sterben ist die letzte grosse Übergangsphase des Lebens. Doch anders als bei anderen Phasen des Übergangs (z.B. Übergang ins Erwachsenenalter) verliert sich in ihr die Möglichkeit zu aktiver Gestaltung und zur Festlegung neuer hoffnungsvoller Ziele für die Zukunft. Sterben ist ein Weg des Sichüberlassens in das Offene/Unbekannte und Unbegrenzte hinein. Es ist ein Weg, an dessen Ende der Tod geschieht. Geschehenlassen und Fallenlassen braucht tiefes Vertrauen in das, was kommt. Fehlt dieses Vertrauen, dann kann die Zeit des Sterbens zu einer angstvollen Zeit werden. Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Merkmale des begonnenen Sterbeprozesses: Rückzug Schwäche, Bettlägerigkeit Verlust von Interesse an Essen und Trinken Reisevorbereitungen, Abschiede Wissen um den bevorstehenden Tod Kommunikation mit Unsichtbaren Unruhe Veränderte Durchblutung, marmorierte Haut Veränderte Atmung Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Sichere und unsichere Todeszeichen Totenflecken (Livor mortis) Leichenstarre (Totenstarre, Rigor mortis) Fäulnis- und Auflösungsprozesse Unsichere Todeszeichen: Eintritt von Bewusstlosigkeit Atemstillstand kein Puls tastbar, fehlender Blutdruck schlaffe Muskulatur fehlende Reflexe Sichere Todeszeichen Totenflecken: Totenflecken an der Haut. Sie haben eine rotviolette Farbe und entstehen durch absinken des Blutes an die tiefsten Körperstellen. Sie bilden sich eine bis mehrere Stunden nach dem Tod. Leichenstarre: Ist die Folge einer Kontraktion der Muskulatur, die so ihre Energievorräte aufbraucht. Die muskuläre Erstarrung beginnt vier bis zwölf Stunden nach dem Tod an den Muskeln von Unterkiefer, Hals und Nacken und breitet sich von hier in die Peripherie aus. Die Leichenstarre löst sich, abhängig von den Aussenbedingungen, nach ein bis sechs Tagen. Fäulnis- und Auflösungsprozesse: Sowie der Verwesungsgeruch entstehen durch Bildung von Gasen wie Ammoniak, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Stickstoff. Unsichere Todeszeichen: In jedem Fall muss der Tod eines Menschen durch einen Arzt oder eine Ärztin festgestellt werden. Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Das Sterben ist ähnlich schwer wie die Geburt. Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care

Literaturverzeichnis Bausewein C., Roller S., Voltz R. (2004): Leitfaden Palliativmedizin. Urban und Fischer Verlag, München Nagele S., Feichtner A (2005): Lehrbuch der Palliativpflege. Facultas Verlag, Wien Riemann F. (1993): Grundformen der Angst. Ernst Reinhardt Verlag, München Basel Stähli A. (2004): Umgang mit Emotionen in der Palliativpflege. Kohlhammer Verlag, Stuttgart Weiterbildungsprogramm (2006-2007) Unterlagen: Internationaler Universitätslehrgang am IFF. Wien WIKIPEDIA http://de.wikipedia.org/wiki/Hirntod Januar 2007 Was geschieht beim Sterben S. Kathriner HöFa1 Palliative Care