Projekt Betreuungsoptimierung Braunschweig „Beratungsbüro Betreuung“ Scheffer-Gassel / Busche
Projektentwicklung Projektidee: 2006 Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Betreuungsangelegenheiten in einem „Bürgerbüro Betreuung“ durch: personelle Verstärkung der örtlichen Betreuungsbehörde
Betreuungssituation in Niedersachsen Entwicklung von 2005 bis heute Stetig steigende Anzahl der Betreuungsverfahren überproportional ansteigende Ausgaben der Landeskasse für Betreuungssachen Rückgang ehrenamtlicher Betreuungen, Anstieg von Berufsbetreuungen
Betreuungsverfahren in Niedersachsen am Jahresende
Betreuungskosten Niedersachsen
Entwicklung der Verteilung ehrenamtlicher und beruflicher Betreuung 2005 – 20010 (bei Erstbestellungen) in Niedersachsen in %
Verteilung Familienangehörige und „Familienfremde“ bei Erstbestellungen ehrenamtlicher Betreuer in Niedersachsen in %
Projektanlass / Projektbegründung hohe Anzahl von Betreuungen, insbesondere „teurer“ Berufsbetreuungen Umfang der Betreuertätigkeit – keine klare Abgrenzung zwischen rechtlicher Vertretung und sozialer Hilfe Betreuungen bestehen, obwohl kein aktueller Handlungsbedarf (mehr) für rechtliche Vertretung vorliegt Rückzug der anderweitigen Hilfen auf Kosten der Betreuung Wenig Akzeptanz durch Betroffene und/oder Angehörige bei Bestellung eines Berufsbetreuers (insb. bei Eilentscheidungen)
Projektbeschreibung Ratsuchende Bürger und Betroffene erfahren in einem „Bürgerbüro“ bzw. „Beratungsbüro“ als zentrale Anlaufstelle der Betreuungsbehörde kompetente Beratung rund um das Institut der rechtlichen Betreuung, über konkrete Hilfemöglichkeiten abseits einer rechtlichen Betreuung und zu Möglichkeiten der privaten Vorsorge Das Gericht wird erst in „2. Front“ tätig. Die Vorbereitung für eine Betreuerbestellung – detaillierte Aufgabenbeschreibung und Betreuervorschlag – erfolgt im „Bürgerbüro“.
Umsetzung des Projekts Modellprojekt: Beschränkung auf die Stadt Braunschweig Abordnung eines Mitarbeiters des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie (LS) an die Betreuungsbehörde der Stadt Braunschweig zur Arbeit im „Bürger- bzw. Beratungsbüro“ Regelmäßige Sitzungen der Projektgruppe (beteiligte Akteure: Amtsgericht, Betreuungsstelle, Justizministerium, LS, Betreuungsverein, wissenschaftlicher Begleitforschung Wissenschaftliche Evaluation
Ziele Rückführung der Justiz auf Ihre Kernaufgaben Tatsächliche Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Betreuungsbehörde Rechtliche Betreuung nur, soweit erforderlich Ausschöpfung aller „anderen Hilfsmöglichkeiten“, dadurch Reduzierung der rechtlichen Betreuungen Qualitätsverbesserung für Hilfesuchende durch Unterstützung ohne gerichtlichen Eingriffscharakter Kostenreduzierung
Projektumsetzung Projektbeteiligte: MJ, MS (Personalabordnung: Landesamt) Amtsgericht Betreuungsstelle Betreuungsverein „Institut“ als Träger delegierter Querschnittsaufgaben Vorarbeiten 2006 - 2008: Standortsuche Personalsuche Projektdurchführung 2008-2011 in BS
Einrichtung einer Betreuung Ablauf (alt) AMTSGERICHT Rpfl. Richter Medizin. Sachverst. Gutachten A A Datenaufnahme Aktenanlage Sachverhalts- ermittlung Anregung zur Einrichtung einer Betreuung B B Überwachung d. Betreuung Jahresbericht Betreuungsplan Abrechn. Berufsb Anhörung Beschluss Betreuungs- behörde. Auswahl Betreuer Hilfsbedürftiger
Einrichtung einer Betreuung Ablauf (neu) BETREUUNGSBEHÖRDE Zentrale Anlaufstelle, „Bürgerbüro“ Medizin. Sachverst. Gutachten Anregung zur Einrichtung einer Betreuung Beratung Vorsorgevollmacht etc. Sachverhaltsermittlung Mobilisierung mögl. Hilfen Betreuerauswahl Amtsgericht Anhörung Beschluss Hilfsbedürftiger
Änderung der Arbeitsabläufe Bei Gericht: Nicht jede persönlich vorgebrachte Betreuungsanregung wird als Verfahren aufgenommen: Vermittlung an Betreuungsbehörde mit Zusage sofortiger Kontaktaufnahme In geeigneten Fällen keine parallele Beauftragung eines Sachverständigen, zunächst Abwarten auf Ergebnis des Sozialberichtes
Änderung der Arbeitsabläufe Bei der Betreuungsbehörde Weitergabe geeigneter Fälle an Beratungsbüro persönliches Gespräch, auch Hausbesuch nicht nur Feststellung, sondern auch aktive Vermittlung anderweitiger Hilfen Offensive Werbung durch Flyer, Internet und aufsuchende Informationsgespräche in Heimen/Krankenhäusern/Stadtteilbüros
Untersuchungsmethode Dokumentationsbogen Fallbearbeitung Art und Grund der Fallaufnahme Vermutetes Krankheitsbild Art der Kontaktaufnahme mit der /dem Betroffenen Probleme /Lösungen/Aufwand Betreuungsalternativen Ergebnis der Sachverhaltsermittlung
Erste Ergebnisse 304 Dokumentationsbögen Art der Fallaufnahme: Untersuchungszeitraum 07/2010 bis 09/2011 Art der Fallaufnahme: Direktkontakt: 21, 5 % Zuweisung durch Betreuungsstelle: 66,2 % Zuweisung durch AG: 12,2 %
Einrichtung und Vermeidung rechtlicher Betreuungen Feststellung: rechtliche Betreuung nicht notwendig 63 % der Fälle davon: 83 % bei Direktkontakt zum Bürgerbüro Alternativen: Erteilung einer Vollmacht: 84 % Anderweitige Hilfen: Nachbarschaftshilfe, Ambulanter Pflegedienst, Eingliederungshilfe, Selbsthilfegruppen
Auswirkungen des Projekts Vernetzung der beteiligten Akteure im Rahmen des Projektes bewirkte vor Ort: bessere Struktur und Qualität der Zusammenarbeit Verständnis für Probleme/Arbeitsweisen des jeweils anderen, dadurch Versachlichung der Problemdiskussionen Verdeutlichung der Bedeutung der Betreuungsbehörde auf Ebene der kommunalen Entscheidungsträger
Erstes Fazit Betreuungsbehörde hat entscheidende Steuerungsfunktion im Vorfeld betreuungsrechtlicher Verfahren Stärkung der Betreuungsbehörde trägt zu Betreuungsvermeidung bei Einfordern der tatsächlichen Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Betreuungsbehörde trägt zu Betreuungsvermeidung bei gute personelle und fachliche Ausstattung der Betreuungsbehörde ist dafür unabdingbar
„Nebenprodukt“: Der KOMPASS Arbeitshilfe für ehrenamtliche Betreuer: Entwicklungsteam: AG, Betreuungsstelle, Betreuungsverein „Loseblattsammlung“ mit Formularen, Anträgen und Checklisten zur stetigen Aktualisierung und individuellen Ergänzung