ZUM VERSTÄNDNIS ATMOSPHÄRISCHER WELLEN Brauchen wir neue Denkmodelle?

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 Präsentation transkript:

ZUM VERSTÄNDNIS ATMOSPHÄRISCHER WELLEN Brauchen wir neue Denkmodelle? Jörg Dummann Symposium „Mittelgebirgswellen“ 5. Februar 2011, Institut für Meteorologie und Klimatologie der Humboldt Universität Hannover

  - + Vertikale Schwingung Horizontale Wellenausbreitung + = „Transversalwelle“ durch hydro-statische Kräfte durch seitliche Reibung Höhe  - + Quelle der Animation folgt...! Animierte Transversalwelle: 1. Das Auf- und Ab – wie kommt es zustande? 2. Das Ausbreiten der Welle der von links nach rechts – wie kommt es zustande? Zu 1: Hydrostatisches Prinzip / Schwingung (Änderung nur in der Zeit nicht der horizontalen Position) Zu 2: Ausbreitung durch seitlich wirkende, innere Reibung des Mediums Temperatur ...wegen des Fehlens ausreichender innerer Reibung (z.B.) in Gasen nicht existent! 

Leewellen (Gebirgswellen) Das verbreitete, hydrostatische Denkmodell… zeigt keine “stehende Welle”, sondern eine vom Wind versetzte Schwingung, (Eine seitliche Ausbreitung der vertikalen Schwingung ist zudem physikalisch unmöglich) versagt bei der Erklärung von zu beobachtenden Phänomenen: Wellen formieren sich oberhalb einer (thermisch!) turbulent durchmischten Schicht Der Einstieg in diese Wellen ist in niedrigen Höhen (Windenstart) nicht möglich. Die vollständig laminare Strömung der Welle ist durch Auslenkung von Luftpaketen ausgehend vom unregelmäßigen Relief nicht zu erklären. Über dem Bergrücken selbst bildet sich trotz vertikaler Auslenkung der Strömung keine Welle Wellenberge bleiben immer an der gleichen Position – haben wir eine „stehende Welle“? Nein, dieses Modell zeigt eine vom Wind versetzte Schwingung – nur scheinbar eine stehende Welle. Eine stehende Welle kommt zustande, wenn das Medium, in dem sich die Welle ausbreitet, sich mit der gleichen Geschwindigkeit in die entgegengesetzte Richtung bewegt, wie die Welle sich ausbreitet. (oder es sind zwei Wellen beteiligt, die sich entgegengesetzt frontal überlagern) Da das Medium von links nach rechts fließt, müsste sich die Welle mit gleicher Geschwindigkeit von rechts nach links bewegen. Warum sollte sie das tun – und kann sie das überhaupt? Nein, es gibt keine Transversalwellen in Fluiden, da in ihnen die innere Reibung fehlt Wir erkennen, dass dieses Denkmodell unadäquat ist. Foto: Andreas Gidde, LSV Hameln

Scherungswellen (Scherwellen, Inversionswellen) …sind als “externe Schwerewellen” bzgl. Ihrer Entstehung und Ausbreitung an Grenzflächen (Temperatur- also Dichtesprungschichten, i.e. Inversionen) der Atmosphäre gebunden. “Interne Schwerewellen“ dagegen entstehen in stabilen Schichtungen Ihre Ausbreitung kann in alle Richtungen des Raumes (außer der Senkrechten) erfolgen. Beide Fotos: Jörg Dummann

Scherungswellen (Scherwellen, Inversionswellen) Das verbreitete, hydrostatische Denkmodell versagt vollständig bei der Erklärung des Phänomens, dass durch ausschließlich horizontale Energiezufuhr eine vertikale Schwingung, die sich horizontal ausbreitet, entstehen kann. Übrigens sind alle von uns ausfliegbaren Wellen an solche Grenzflächen, Temperataur- bzw. Dichtediskontinuitäten gebunden. Atmosphäre Schwerewellen generell kommen aber auch ohne sie vor, bedürfen nur einer stabilen Schichtung Was passiert hier? Wellen wie auf einer Wasseroberfläche entstehen auf der Kaltluftschicht, resultierend aus einem rein horizontal wirkenden Impuls. Auch hier würde unser Denkmodell „Transversalwelle“ vollständig versagen! Hier gilt es, die Möglichkeit des Wirkens eines anderen Wellentyps in Betracht zu zieghen: der Longitudinalwelle http://www.ucar.edu/communications/staffnotes/0105/WxClds12b_36.jpg

    - + Horizontale Schwingung Horizontale Wellenausbreitung + = „Longitudinalwelle “ (Druckwelle, Kompressionswelle) durch Kompression/ Dekompression durch Weitergabe von Impulsenergie    Quelle der Animation folgt...! Animierte Transversalwelle: 1. Das Auf- und Ab – wie kommt es zustande? 2. Das Ausbreiten der Welle der von links nach rechts – wie kommt es zustande? Zu 1: Hydrostatisches Prinzip / Schwingung (Änderung nur in der Zeit nicht der horizontalen Position) Zu 2: Ausbreitung durch seitlich wirkende, innere Reibung des Mediums ...existent auch in reibungsarmen Medien, z.B. Gasen!  Höhe - + Temperatur

Longitudinalwellen in geschichteten Fluiden erscheinen als Mischform aus Longitudinal- und (Pseudo-) Transversalwellen. Quelle der Animation folgt...! Auch diese Mischform aus Transversal- und Longitudinalwelle gibt es genaugenommen nur in Festkörpern (Rayleigh-Welle), aber die Kombination von horizontal und vertikal wirkenden rückstellenden Kräften läßt einen vergleichbaren Wellentyp entstehen. Fazit: Sowohl horizontale als auch vertikale Energiezufuhr, Änderungen der kinetischen, wie der potentiellen Energieform können Wellen auslösen. Beide sind nicht voneinander zu trennen. Sie wandeln sich ineinander um, wie bei einer Schaukel. Verständnis des Rotor-Phänomens: nicht immer ein Wirbel mit horizontaler Achse, viel häufiger einfach nur ungeordnete Turbulenz im Kompressionsbereich, dem Ort der Energieumwandlung von kinetischer und potentielle Energie.

Longitudinalwellen in geschichteten Fluiden erscheinen als Mischform aus Longitudinal- und (Pseudo-) Transversalwellen. Quelle der Animation folgt...! W. Georgii, 1927, S. 25 D. Etling, 2008, S. 195

Leewellen (Gebirgswellen) Dieses Denkmodell… zeigt eine “stehende Welle” erklärt zu beobachtende Phänomene: das Formieren von laminaren Leewellen oberhalb einer (ggfs. thermisch!) turbulent durchmischten Schicht Ggfs. die Unerreichbarkeit dieser Wellen aus niedrigen Höhen (Windenstart). Die vollständig laminare Strömung der Welle oberhalb der atmosphärischen Grenzfläche. Das thermodynamisch unerklärbare Herabsteigen des Föhns in die Täler, sowie Föhnstürme (Downslope Windstorms) an Leehängen Den Rotor nicht als idealisiertes “Rollenlager der Strömung”, sondern als Teil der Welle H T

Video: Jörg Dummann – Mit Dank an das DLR Göttingen, dass wir den Nachbau des Prandtl-Kanals für diesen Kleinen Versuch nutzen durften. Näheres: http://www.dlr.de/schoollab/PortalData/24/Resources/dokumente/go/prandtl.pdf

Foto: Jürgen Dittmar, AT Klix