Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen

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SchuldR BT 3. Woche.
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Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen Prof. Dr. Stephan Lorenz Das neue Schuldrecht in Anspruchsgrundlagen Übungsfall 4: Verbrauchsgüterkauf, AGB, Verjährungsrecht (vgl. dazu Leenen JZ 2001, 552 ff; Dauner-Lieb DStR 2001, 1572 ff) Gebrauchtwagenhändler V verkauft an den Verbraucher K ein Kfz als "unfallfrei" mit der Klausel "Gewährleistung: 1 Jahr". Nach 14 Monaten stellt sich anläßlich einer Reparatur heraus, daß das Kfz einen erheblichen Unfallschaden hatte, was weder V noch K bekannt war. K verlangt den Kaufpreis zurück, V beruft sich auf Verjährung. © sl 2003

I. Rücktrittsgrund (§ 326 V BGB) 1. Wirksamer Kaufvertrag Grobskizze der Lösung (nach neuem Recht, ohne intertemporale Probleme): K könnte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des Kfz aus § 437 Nr. 2, 326 V, 346 I, 348 BGB haben. Dies setzt voraus: Anspruchsentstehung I. Rücktrittsgrund (§ 326 V BGB) 1. Wirksamer Kaufvertrag © sl 2003

Befreiung von der Pflicht zur mangelfreien Leistung nach § 275 I BGB a) Mangelhafte Leistung  § 434 I S. 1 (subj. Fehlerbegriff) b) Nicht behebbarer Mangel („qualitative Unmöglichkeit“)  Nacherfüllung i.S.v. § 439 I nicht möglich: Unfallfreiheit läßt sich nicht herstellen, Lieferung einer mangelfreien (anderen) Sache scheidet aus (Stückschuld) 3. Kein Rücktrittsausschluß (§§ 326 V Hs. 2, 323 V S. 2, VI) (-), da kein unerheblicher Mangel (§ 323 V) sowie keine Verantwortlichkeit des K für den Mangel bzw. dessen Unbehebbarkeit (§ 323 VI) II. Rücktrittserklärung (§ 349)  liegt vor © sl 2003

B. Erlöschen des Anspruchs Der Rücktritt könnte nach §§ 438 IV I, 218 I 1, 2 unwirksam sein. Dies setzt voraus, daß ein (hier nach § 275 I ausgeschlossener und daher i.S.v. § 218 I 2 fiktiver) Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437, 439 nach § 438 verjährt wäre und sich V hierauf beruft (s. dazu Fall 2). Gesetzliche Verjährungsfrist (§ 438 I Nr. 3, II BGB) 2 Jahre seit Ablieferung, hier noch nicht abgelaufen Vertragl. Verkürzung? Die Verjährungsfrist könnte vertraglich verkürzt worden sein durch die Abrede „Gewährleistung: 1 Jahr“ 1. Dispositivität der Regelung Vertragl. Verkürzung der Verjährung grundsätzlich zulässig (§ 202 I), Vorsatz liegt nicht vor. Unwirksamkeit nach § 444 (zeitliche Beschränkung der Käuferrechte) (-), da weder Arglist noch Garantieübernahme © sl 2003

3. Einschränkungen nach § 475 (Verbrauchsgüterkauf) Anwendbarkeit (§ 474) (+) Möglichkeit der Verkürzung der Verjährung?  § 475 II: Verkürzung der Verjährung auf 1 Jahr bei gebrauchten Sachen zulässig AGB-Vorbehalt Die Klausel schränkt auch den Anspruch auf Schadensersatz (zeitlich) ein: Nach § 475 III ist das vorbehaltlich der AGB-Prüfung zulässig. 4. AGB-Prüfung Die Beschränkung der Verjährung könnte nach den §§ 305 ff unwirksam sein. Dies setzt voraus: a) Vorliegen von AGB: §§ 305 I, 310 III Nr. 1 (+) © sl 2003

Vorrangige Individualabrede, § 305b (-) Einbeziehung: § 305 II (+) Vorrangige Individualabrede, § 305b (-) Überraschende Klausel, § 305c (-) Inhaltskontrolle (§§ 307 - 309): (a) Eröffnung der Inhaltskontrolle (§ 307 III) (+) (b) Verstoß gegen § 309 Nr. 7a und b BGB: Die Verkürzung der Verjährung ist eine „Begrenzung der Haftung“ für Schäden, die auf einer Pflichtverletzung beruhen. Die Klausel ist unzulässig, weil sie (zeitlich) auch die Haftung für Schäden aus der Verletzung von Leben/Körper/Gesundheit (Nr. 7a) und auf grober Fahrlässigkeit beruhende Schäden begrenzt. © sl 2003

III. Zwischenergebnis: Folge (§ 306) Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, Klausel ist insgesamt unwirksam. Der Vertrag bleibt nach § 306 I wirksam, anstelle der unwirksamen Klausel gilt das dispositive Gesetzesrecht (§ 306 II).  Vertragl. Verkürzung der Verjährung ist insgesamt, d.h. auch bezüglich des Rücktrittsrechts, unwirksam, sofern man nicht für eine Übergangszeit eine geltungserhaltende Reduktion vornimmt (s. Mansel NJW 2002, 89, 97). III. Zwischenergebnis: (Fiktiver) Anspruch auf Nacherfüllung ist nicht verjährt, der Rücktritt ist wirksam (a.A. bei Vornahme einer geltungserhaltenden Reduktion der Klausel in der Übergangsphase vertretbar). C. Endergebnis: K kann von V Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückübereignung des Kfz verlangen (a.A. bei Vornahme einer geltungserhaltenden Reduktion der Klausel in der Übergangsphase vertretbar). © sl 2003

Und hier der Praxisbezug:

Hinweis am Parkplatz des AG Wunsiedel: