Unterbezirkskonferenz Jusos Fulda Burghaun-Rothenkirchen

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 Präsentation transkript:

Unterbezirkskonferenz Jusos Fulda 28.1.2006 Burghaun-Rothenkirchen Von der Programmmatik des Demokratischen Sozialismus zum Konzept der Sozialen Demokratie Raimund Hug-Biegelmann

Eduard Bernstein, 1899: „Ist aber die Sozialdemokratie heute etwas anders als eine Partei, welche die sozialisti-sche Umgestaltung der Gesellschaft durch das Mittel demokratischer und wirtschaftlicher Reform anstrebt?“

Vom Historischen Materialismus zum Demokratischen Sozialismus Eduard Bernstein, 1899: Die Sozialdemokratie ist eine Partei, welche die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft durch das Mittel demokratischer und wirtschaft-licher Reform anstrebt! Vom Historischen Materialismus zum Demokratischen Sozialismus Godesberger und Berliner Programm Vom Demokratischen Sozialismus zur Sozialen Demokratie?

Gliederung Dualismus von Theorie und Praxis Sozialismus und Demokratie Demokratischer Sozialismus Godesberger Programm 1959 Berliner Programm 1989 Sozialismus und Neoliberalismus Soziale Demokratie Demokratietheorie Theorie der Sozialen Demokratie Zusammenfassung

Dualismus von Theorie und Praxis Vom Gothaer Programm 1875 bis Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts ist die sozialdemokratische Programmatik beherrscht von einem Dualismus zwischen marxistisch-revolutionärer Theorie und reformerischer Parlamentspraxis. Theoretische Grundlage bleibt Marx‘ Historischer Materialismus (Akkumulations- bzw. Verelendungstheorie), wird aber immer unreflektierter und widersprüchlicher, zumal der vorhergesagte Zusammenbruch des Kapitalismus ausbleibt.

Dualismus von Theorie und Praxis Endziel des Sozialismus bleibt die klassen-lose Gesellschaft durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel. Die politische Praxis in Parlamenten und Kommunen ist ebenso wie der zugrunde liegende Politikansatz dagegen von Anfang an legalistisch und reformerisch. Verklammert sind revolutionäre Theorie und demokratische Praxis durch die Erkenntnis, dass ökonomische Ausbeutung und politische Unterdrückung der Arbeiter- klasse nicht zu trennen sind:

Erfurter Programm, 1891 „Der Kampf der Arbeiterklasse gegen die kapitalistische Ausbeutung ist notwendiger-weise ein politischer Kampf. Die Arbeiterklasse kann ihre ökonomischen Kämpfe nicht führen (...) ohne politische Rechte. Sie kann den Übergang der Produktions-mittel in den Besitz der Gesamtheit nicht bewirken, ohne in den Besitz der politischen Macht gekommen zu sein.“

Sozialismus und Demokratie So verstandener „Klassenkampf“ für das sozialistische Ideal, die klassenlose Gesell-schaft, hat für deutsche Sozialdemokraten zu keinem Zeitpunkt anti- oder undemokratische Züge, im Gegenteil: Alle Grundsatzprogramme von Gotha 1875 bis heute enthalten Bekenntnisse zum „freien Staat“ und zur demokratischen Herrschaft. Die parlamentarische Praxis und die innerparteiliche Organisation ist demo-kratischer als in jeder anderen Partei.

Görlitzer Programm, 1921 Das Angewiesensein des Sozialismus auf Demokratie wird immer deutlicher, je mehr die SPD von einer reinen Klassenpartei zur proletarischen Volkspartei wird. „Die Sozialdemokratische Partei Deutsch-lands ist die Partei des arbeitenden Volkes in Stadt und Land. Sie erstrebt die Zusammen-fassung aller körperlich und geistig Schaffen-den, die auf den Ertrag eigener Arbeit ange-wiesen sind, zu gemeinsamen Erkenntnissen und Zielen, zur Kampfgemeinschaft für Demokratie und Sozialismus.“

Görlitzer Programm, 1921 Für die Weimarer Republik wird die SPD geradezu zur Hüterin der Demokratie – im historischen Rückblick als einzige deutsche Partei, wenn auch nicht erfolgreich. „Die Sozialdemokratische Partei ist ent-schlossen, zum Schutze der errungenen Freiheit das Letzte einzusetzen. Sie betrachtet die demokratische Republik als die durch die geschichtliche Entwicklung unwiderruflich gegebene Staatsform, jeden Angriff auf sie als ein Attentat auf die Lebensrechte des Volkes.“

Demokratie und Sozialismus So verstandener „Klassenkampf“ für das sozialistische Ideal, die klassenlose Gesell-schaft, hat für deutsche Sozialdemokraten zu keinem Zeitpunkt anti- oder undemokratische Züge, im Gegenteil: Alle Grundsatzprogramme von Gotha 1875 bis heute enthalten Bekenntnisse zum „freien Staat“ und zur demokratischen Herrschaft. Die parlamentarische Praxis und die innerparteiliche Organisation ist demo-kratischer als in jeder anderen Partei.

Demokratischer Sozialismus Willy Brandt, 1986: „Für Sozialdemokraten (ist) das Bekenntnis zu einem demokratischen Sozialismus selbstverständlich und bedürfte keiner besonderen Erläuterung, wenn nicht durch die Polemik der politischen Gegner immer wieder Begriffsverwirrung gestiftet worden wäre.“

Demokratischer Sozialismus Der Begriff des demokratischen Sozialismus wurzelt (wie der der sozialen Demokratie) zwar in der 1848er Revolution, wird aber erst allmählich in Abgrenzung von der bolsche-wistischen „Diktatur des Proletariats“, vom Nationalsozialismus und schließlich vom Kommunismus im sowjetischen Machtbe-reich gebräuchlich. In seiner ersten größeren Rede nach Kriegs-ende spricht Kurt Schumacher am 6.5.1945 in Hannover wie selbstverständlich von den Mitgliedern der SPD als den „demokratischen Sozialisten“.

Sozialistische Internationale, 1951 Zunächst also nur abgrenzend und identitäts-stiftend verwendet, taucht der Begriff erst-mals 1951 in programmatischer Verwendung in der „Prinzipienerklärung der Sozialisti-schen Internationalen“ auf. Unter der Überschrift „Ziele und Aufgaben des demokratischen Sozialismus“ wird dem Glauben an „naturnotwendige“ Entwicklun-gen, wie sie Marx‘ Historischer Materialismus lehrt, abgeschworen.

Dortmunder Aktions-Programm, 1952 Im Vorwort Kurt Schumachers zum ersten Nachkriegsprogramm der SPD wird der Sozialismus erstmals unmittelbar und ausschließlich auf die Demokratie bezogen, wenn auch zeittypisch zunächst noch rein außenpolitisch gedacht: „Der Staat des demokratischen Sozialismus ist darum die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Politik der Gleichberechtigung und der Zusammenarbeit mit anderen Völkern.“

Dortmunder Aktions-Programm, 1952 Indem der Historische Materialismus zugun-sten eines ethischen Sozialismusbegriffs abgestreift wird, prägt sich auch das Wort von der „dauernden Aufgabe“: „Eine neue Gesellschaft, die nicht auf Aus-beutung und Unterdrückung beruht, fällt uns nicht durch einen gesetzmäßigen Ablauf der Geschichte zwangsläufig in den Schoß. (...) Im Kampf gegen (...) den materialistischen Ungeist unserer machthungrigen und profitgierigen Zeit [wird] der Sozialis- mus stets Aufgabe bleiben.“

Godesberger Programm, 1959 Viele dieser Positionen finden sich wieder im Godesberger Programm, das unter der Lei-tung von Willi Eichler lange, gründlich und breit wie nie vorbereitet wird. Eindeutig werden Bekenntnisse zur parla-mentarischen Demokratie, zum freien Wett-bewerb der Marktwirtschaft und damit auch zum Privateigentum an Produktionsmitteln sowie eine Abgrenzung zum Kommunismus und zur Zwangswirtschaft formuliert. Neu ist ein pluralistischer Weltan- schungssbegriff:

Godesberger Programm, 1959 „Die Sozialdemokratische Partei Deutsch-lands ist die Partei der Freiheit des Geistes. Sie ist eine Gemeinschaft von Menschen, die aus verschiedenen Glaubens- und Denkrich-tungen kommen. Ihre Übereinstimmung beruht auf gemeinsamen sittlichen Grund-werten und gleichen politischen Zielen.“

Godesberger Programm, 1959 „Die Sozialdemokratische Partei Deutsch-lands ist die Partei der Freiheit des Geistes. Sie ist eine Gemeinschaft von Menschen, die aus verschiedenen Glaubens- und Denkrich-tungen kommen. Ihre Übereinstimmung beruht auf gemeinsamen sittlichen Grund-werten und gleichen politischen Zielen.“ Noch immer aber erstreben die Sozialisten „eine Gesellschaft, in der jeder Mensch seine Persönlichkeit in Freiheit entfalten und als dienendes Glied der Gemeinschaft verantwortlich (...) mitwirken kann.“

Godesberger Programm, 1959 Soweit ein Grundsatzprogramm gemeinsame ethische Überzeugungen beschreiben kann, handelt es sich um verpflichtende „Grund-werte des Sozialismus“: „Freiheit und Gerechtigkeit bedingen einan-der. (...) Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, die aus der gemeinsamen Verbundenheit folgen-de gegenseitige Verpflichtung, sind die Grundwerte des sozialistischen Wollens.“ (...)

Godesberger Programm, 1959 Das Ziel sozialistischen Wollens wird so zur dauernden Aufgabe sozialistischen Denkens, damit aber auch ethisch wie politisch zum Prüfstein sozialistischen Handelns: „Die Sozialdemokratische Partei erstrebt eine Lebensordnung im Geiste dieser Grund-werte. Der Sozialismus ist eine dauernde Aufgabe – Freiheit und Gerechtigkeit zu erkämpfen, sie zu bewahren und sich in ihnen zu bewähren.“

Godesberger Programm, 1959 Alle Godesberger Reformforderungen sind von den sozialistischen Grundwerten Freiheit und Gerechtigkeit durchdrungen (u. a.): Gerechtere Einkommens- und Vermögens-verteilung; Verbesserung der kulturellen, ökonomischen und sozialen Lage der Landbevölkerung; Demokratisierung der Wirtschaft; Gleichberechtigung von Mann und Frau; Kultur- und Religionstoleranz; Ausbau der sozialen Sicherheit.

Godesberger Programm, 1959 Jedoch: Der verlorene Glaube an die krisen-hafte Entwicklung des Kapitalismus und seinen notwendigen Zusammenbruch wird durch einen anderen Glaubenssatz ersetzt (schon in Dortmund explizit „Produktivitäts-steigerung und Vollbeschäftigung“ genannt): „Ziel sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik ist stetig wachsender Wohlstand und eine ge-rechte Beteiligung aller am Ertrag der Volks-wirtschaft (...) Die Wirtschaftspolitik muß (...) Vollbeschäftigung sichern, die volkswirt-schaftliche Produktivität steigern und den allgemeinen Wohlstand erhöhen.“

Godesberger Programm, 1959 Godesberg markiert so einigermaßen ge-schlossen den Zustand einer sozialistischen Partei, die endgültig zur pluralistischen Volks-partei geworden ist, deren Gesellschafts-theorie sich vom Marxismus befreit hat, die einen ethischen Sozialismusbegriff gefunden hat, der ihr nicht nur weitere Wählerschichten außerhalb der sich ohnehin auflösenden Arbeiterbewegung erschließt, sondern zugleich auch ihre reformerische Praxis nicht länger konterkariert.

Berliner Programm, 1989 Allerdings steht und fällt das Godesberger Reformverständnis mit stetigem Wirtschafts-aufschwung und Vollbeschäftigung und ist somit spätestens Ende der 70er Jahre über-holt, als Wachstumsgrenzen der kapitalisti-schen Marktwirtschaft unübersehbar werden und sich Dauer- und Massenarbeitslosigkeit verfestigen. Erst als die SPD 1982 wieder in die parla-mentarische Opposition gerät, findet sie die Kraft für eine neue, breit angelegte Programmdebatte.

Berliner Programm, 1989 Das Berliner Programm hält an den Grund-werten des Demokratischen Sozialismus – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – fest:

Berliner Programm, 1989 Das Berliner Programm hält an den Grund-werten des Demokratischen Sozialismus – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – fest: „Der Mensch ist als Einzelwesen zur Freiheit berufen und befähigt. Die Chance zur Ent-faltung seiner Freiheit ist aber stets eine Leistung der Gesellschaft. (...) Nur wer sich sozial ausreichend gesichert weiß, kann seine Chance zur Freiheit nutzen. Auch um der Freiheit willen wollen wir gleiche Lebenschancen und umfassende soziale Sicherung.“

Berliner Programm, 1989 Das Berliner Programm hält an den Grund-werten des Demokratischen Sozialismus – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – fest: „Gerechtigkeit gründet in der gleichen Würde aller Menschen. (...) Gerechtigkeit erfordert mehr Gleichheit in der Verteilung von Einkommen, Eigentum und Macht, aber auch im Zugang zu Bildung, Ausbildung und Kultur. (...) Gerechtigkeit, das Recht auf gleiche Lebens-chancen, muß mit den Mitteln staat- licher Macht angestrebt werden.“

Berliner Programm, 1989 Das Berliner Programm hält an den Grund-werten des Demokratischen Sozialismus – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – fest: „Solidarität als die Bereitschaft, über Rechts-verpflichtungen hinaus füreinander einzustehen, läßt sich nicht erzwingen. (...) Ohne Solidarität gibt es keine menschliche Gesellschaft. Solidarität ist zugleich Waffe der Schwachen im Kampf um ihr Recht (...) Wer in Not gerät, muß sich auf die Solidarität der Gesellschaft verlassen können.“

Berliner Programm, 1989 In der Berliner Fassung werden die Grund-werte des Sozialismus deutlicher denn je auf das sozialdemokratische Gesellschaftsziel im demokratischen Staat bezogen: „Diese Grundwerte zu verwirklichen und die Demokratie zu vollenden, ist die dauernde Aufgabe des Demokratischen Sozialismus.“ Alle Reformprojekte werden in ihrer Gesamt-heit in die Vision von der „freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft“ als „neue Kultur des Zusammenlebens und Zusammenwirkens“ eingeordnet.

Berliner Programm, 1989 Zentral für alle innen-, wirtschafts- und sozialpolitischen Reformmaßnahmen ist die Kategorie „soziale Gerechtigkeit“: „Sozialpolitik will Solidarität als Leitidee für die ganze Gesellschaft lebendig machen. Daher ist sie für uns Gesellschaftspolitik, eine Di-mension des gesamten politischen Handelns.“ Neu ist die Forderung nach „ökologisch und sozial verantwortlichem Wirtschaften“ sowie ein eigener Abschnitt zur „Ökologischen Erneuerung“.

Berliner Programm, 1989 Damit versucht sich die SPD den neuen sozialen Bewegungen zu öffnen und vollendet programmatisch aus ihrer Sicht der 80er Jahre konsequent ihre Entwicklung zur großen linken Volkspartei Deutschlands: „Wir Sozialdemokraten wollen beweisen, daß Politik der Mühe aller wert ist. Wir stellen uns den Gefährdungen unserer Zeit. Ohne uns von mächtigen Interessengruppen einschüch-tern zu lassen, suchen wir den Dialog mit den Menschen, die sich mit uns an das Umsteuern, Planen und Gestalten heranwagen.“

Berliner Programm, 1989 Im Unterschied zu Godesberg formuliert Berlin wieder sehr deutlich, worauf die politi-schen Bemühungen hinauslaufen sollen – auf die „Überwindung der Klassengesellschaft“: „Wir erstreben eine solidarische Gesellschaft der Freien und Gleichen, ohne Klassenvor-rechte, in der alle Menschen gleichberechtigt über ihr Leben und ihre Arbeit entscheiden. Die neue und bessere Ordnung, die der Demokratische Sozialismus erstrebt, ist eine von Klassenschranken befreite Gesell- schaft.“

Berliner Programm, 1989 Auch der sozialdemokratische Reformbegriff wird explizit erklärt: „Das Grundgesetz ist Angebot und Aufgabe. (...) Unsere Republik hat viele Mängel. Des-halb wollen wir ihre Wirklichkeit an die Verfas-sungsnorm annähern, (...) damit sie werden kann, was sie nach ihrer Verfassung sein soll: ein demokratischer Sozialstaat. Dazu bedarf es dauernder Reform. Wir sind die Partei der Reform. Reformarbeit vollzieht sich oft in klei-nen Schritten. Mehr noch als auf die Größe der Schritte achten wir auf die Erkennbarkeit der Richtung.“

Berliner Programm, 1989 Das Problem der Massenarbeitslosigkeit als entscheidendes Hemmnis gesellschaftlicher Weiterentwicklung im Sinne dieses sozial-demokratischen Reformbegriffs wird erkannt sowie wirtschafts- und technikgeschichtlich erklärt, ohne auf den Marxismus zurückzu-greifen. Auch werden Ansätze zur Lösung aufgezeigt, z. B. Demokratisierung der Wirtschaft, flexible Arbeitszeitverkürzung oder Stärkung sozialer Dienstleistungen.

Berliner Programm, 1989 Jedoch: Die Vollbeschäftigungsillusion wird noch deutlicher als im Godesberger Pro-gramm apodiktisch postuliert: „Das Recht auf Arbeit ist ein Menschenrecht. Es ist die Pflicht eines demokratischen und sozialen Rechtsstaats, für Vollbeschäftigung zu sorgen. Arbeitslosigkeit ist kein individu-elles, versicherbares Risiko auf Zeit, sondern ein gesellschaftlich verursachtes und damit politisch zu lösendes Problem.“

Berliner Programm, 1989 „Das Recht auf Arbeit ist ein Menschenrecht. Es ist die Pflicht eines demokratischen und sozialen Rechtsstaats, für Vollbeschäftigung zu sorgen. Arbeitslosigkeit ist kein individu-elles, versicherbares Risiko auf Zeit, sondern ein gesellschaftlich verursachtes und damit politisch zu lösendes Problem.“ Das sehen manche Sozialdemokraten offen-bar nur in der Theorie so – oder: nur, solange sie in der Opposition sind... Warum?

Überwindung der Klassengesellschaft In der theoretischen Weiterentwicklung vom Marxismus Erfurts 1891 zum Demokratischen Sozialismus Berlins 1989 gibt es eine eindeutige Kontinuität sozialdemokratischer Programmatik: Die Idee einer klassenlosen Gesellschaft ohne politische Unterdrückung und wirtschaft-liche Ausbeutung, die Idee nämlich, dass soziale Gerechtigkeit in politischer Freiheit möglich ist, und dass der Weg dorthin nur als permanente Reform vorstellbar ist.

Sozialismus und Marktwirtschaft Erst der Demokratische Sozialismus als „ständige Aufgabe“ hebt im Godesberger Programm von 1959 den Dualismus von Theorie und Praxis auf. Weitgehend unbemerkt bleibt aufgrund des massiven Theorieverlusts in der SPD, dass das marxistische Heilsversprechen, nach dem der Kapitalismus sich selbst zu Grunde richtet, um dem Sozialismus Platz zu machen, durch die marktwirtschaftliche Illusion von Vollbeschäftigung durch stetiges Wirt-schaftswachstum ersetzt worden ist.

Sozialismus und Marktwirtschaft Norman Brinbaum, Nach dem Fortschritt, 2001: „Die marxistische politische Ökonomie mit ihrer Doktrin von der Unausweichlichkeit der Krise wurde durch den Glauben an die Mög-lichkeit permanenten Wirtschaftswachstums ersetzt. (...) Die Sozialisten hielten lange Zeit am Glauben an einen ständigen steigenden Lebensstandard und eine ständige Zunahme von Gütern fest. Sie teilten mit ihren Antago-nisten, den Ideologen des Kapitalismus, den Glauben an die Beherrschbarkeit der Natur und an ein unablässiges Produ- zieren.“

Sozialismus und Neoliberalismus Die wirtschafts- und sozialpolitische Reich-weite sozialdemokratischer Programmatik steht und fällt seit Godesberg mit Wirtschafts-aufschwung und Vollbeschäftigung. Diese Abhängigkeit sozialistischer Politik von (erfolgloser) marktwirtschaftlicher Praxis ist das Einfallstor, durch das die neoliberale Ideolgie Einzug in die SPD findet. „Dritter Weg“, „Schröder-Blair-Papier“, „Agenda 2010“ – traurige Zeugnisse programmatisch-theoretischer und reformpraktischer Degeneration.

Programm- oder Theoriedebatte? Als Reaktion auf die Unzufriedenheit breiter Mitgliederschichten und Wählerschaften mit den Ergebnissen der rot-grünen Regierungs-koalition (1998-2005) initiiert der SPD-Partei-vorstand 2004 eine Programmdebatte, um sie 2005 wieder auszusetzen. Währenddessen ist in aller Stille eine neue „Theorie der Sozialen Demokratie“ vorgelegt worden, die mitunter schon als neue program-matische Grundlage der deutschen Sozialdemokratie interpretiert wird.

Soziale Demokratie Der Begriff der sozialen Demokratie wurzelt in der liberalen Bewegung der 1840er Jahre (Lorenz v. Stein) und ist unabhängig von der Staatsverfassung sozialreformerisch und/oder legitimationstheoretisch auf den sozialen Statusausgleich bezogen. Die marxistisch-leninistische Orthodoxie eignet sich den Begriff unter der Zielperspek-tive sozialer Gleichheit an, um ihre undemo-kratische Staatsverfassung zu legitimieren (vorübergehender Charakter der „Diktatur des Proletariats“).

Soziale Demokratie Die sozialdemokratische Arbeiterbewegung verständigt sich theoretisch über die soziale Demokratie, ohne den Begriff programmatisch zu verwenden. Erst nach 1989 interessiet sich die Sozialde-mokratie stärker für diese Begriffsalternative wegen der mißbräuchlichen Verwendung des Demokratischen Sozialismus durch postkom-munistische Parteien.

Soziale Demokratie als Theorie In der Staatstheorie wird die soziale Demo-kratie schon in den 1920er Jahren von Hermann Heller entwickelt und zeigt damit ihre legitimatorischen Wurzeln. Auch Thomas Meyer („Theorie der Sozialen Demokratie“, 2005) geht es um eine empiri-sche Legitimationstheorie der Demokratie, nicht um ein normatives Programm. Soziale Demokratie wird somit auf das politik-wissenschaftliche Fachgebiet der Politischen Theorie und darin der Legitimation demokratischer Herrschaft verwiesen.

Soziale Demokratie als Theorie Thomas Meyer, 2005: „Soziale Demokratie als Theorie versteht sich als eine empirisch gestützte Erklärung der komplexen Zusammenhänge zwischen Legi-timität, Effektivität und Stabilität moderner Demokratien. Damit enthält sie zugleich auch Beschreibungen und Begründungen derjeni-gen sozialen Strukturen, die über die Legi-timität und Stabilität moderner Demokratien wesentlich mitentscheiden.“

Kapitalismus und Demokratie Meyer geht dabei von einem bekannten demokratietheoretischen Paradoxon aus: Der Marktkapitalismus ist empirisch durch seine freiheitlichen Verkehrsformen und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Voraus-setzung gesellschaftlicher Demokratisierung, erzeugt aber auch neue Ungleichheiten und Unsicherheiten und wird damit selbst zum demokratischen Hemmnis, sogar zur Gefahr für die Demokratie.

Demokratietheorie Jede Demokratietheorie geht heute vom uni-versellen Geltungsanspruch der Menschen-rechte aus, wie sie in den völkerrechtlich gültigen Grundrechtspakten der Vereinten Nationen 1966 niedergelegt und gegenwärtig von 148 Staaten aus allen Kulturbereichen und Entwicklungsregionen der Welt ratifiziert sind. Die europäische Tradition der liberalen Demo-kratie mit ihren wesentlichen Elementen Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte läßt prinzipiell zwei Ausformungen zu:

Libertäre und soziale Demokratie die libertäre und die soziale Demokratie.

Libertäre und soziale Demokratie die libertäre und die soziale Demokratie. Libertäre Demokratie begrenzt demokratische Herrschaft und Menschenrechte auf den politischen Bereich, läßt das Eigentum sozial ungebunden und überläßt die Märkte der Selbstregulierung.

Libertäre und soziale Demokratie die libertäre und die soziale Demokratie. Libertäre Demokratie begrenzt demokratische Herrschaft und Menschenrechte auf den politischen Bereich, läßt das Eigentum sozial ungebunden und überläßt die Märkte der Selbstregulierung. Die soziale Demokratie sieht darüber hinaus eine geregelte Teilhabe, ein Recht auf soziale Sicherung und eine gerechtigkeitsorientierte Distribution vor, dem Staat werden wert-orientierte regulative und distributive Aufgaben zugewiesen.

Theorie der Sozialen Demokratie Meyers Theorie grenzt sich von „einer sich in den formalen Entscheidungsprozessen erschöpfenden libertären Demokratie“ ab, indem sie deren funktionalen Defizite erklärt und ihre Folgen für demokratische Legitimität und Stabilität untersucht. Mehr noch: „Die generative Idee der Theorie der Sozialen Demokratie lässt sich durch ihren Anspruch erläutern, die Widersprüche des politischen Liberalismus zugunsten der Realwirkung der universellen Grundrechte aufzulösen.“

Soziale Demokratie und Gerechtigkeit Meyer reduziert mit Wolfgang Merkel den Gerechtigkeistdiskurs der Sozialen Demo-kratie „im Hinblick auf die aktuellen Probleme der Wirtschafts- und Sozialpolitik“ auf eine „pragmatische Strategie“, die sich prioritär in folgender Reihenfolge konzentriert auf: 1. die Armutsquote, weil Armut eine funda-mentale Verletzung der Menschenwürde ist; 2. die Bildungsaufwendungen, weil Bildung die ausschlaggebende Schlüsselressource für die Nutzung der individuellen Freiheits-chancen ist;

Soziale Demokratie und Gerechtigkeit 1. die Armutsquote, weil Armut eine funda-mentale Verletzung der Menschenwürde ist; 2. die Bildungsaufwendungen, weil Bildung die ausschlaggebende Schlüsselressource für die Nutzung der individuellen Freiheitschan-cen ist; 3. die Erwerbsquote, weil Teilhabe an Erwerbsarbeit Voraussetzung sozialer Anerkennung und Teilhabe ist;

Soziale Demokratie und Gerechtigkeit 1. die Armutsquote, weil Armut eine funda-mentale Verletzung der Menschenwürde ist; 2. die Bildungsaufwendungen, weil Bildung die ausschlaggebende Schlüsselressource für die Nutzung der individuellen Freiheitschan-cen ist; 3. die Erwerbsquote, weil Teilhabe an Erwerbsarbeit Voraussetzung sozialer Anerkennung und Teilhabe ist; 4. die sozialstaatlichen Aufwendungen;

Soziale Demokratie und Gerechtigkeit 1. die Armutsquote, weil Armut eine funda-mentale Verletzung der Menschenwürde ist; 2. die Bildungsaufwendungen, weil Bildung die ausschlaggebende Schlüsselressource für die Nutzung der individuellen Freiheitschan-cen ist; 3. die Erwerbsquote, weil Teilhabe an Erwerbsarbeit Voraussetzung sozialer Anerkennung und Teilhabe ist; 4. die sozialstaatlichen Aufwendungen; 5. die Einkommensungleichheiten.

Soziale Demokratie und Gerechtigkeit Am Gerechtigkeiskonzept des Demokrati-schen Sozialismus kritisiert Meyer, dass der Umfang der akzeptierten „gerechten Ungleichheiten“ zwischen egalitärer, aber freiheitswidriger Ergebnisgleichheit und „gleichen Lebenschancen“ unbestimmt bleibe und dass die prozessuale Forderung nach „mehr Gerechtigkeit“ in ihrer Unbestimmtheit die alte „Gleichheitsrhetorik“ nur notdürftig verschleiere.

Soziale Demokratie und „Dritter Weg“ Den Konzepten eines sog. „Dritten Weges“ (Clinton, Giddens, Blair) bescheinigt Meyer, dass sie die Grundwerte der Sozialen Demo-kratie zwischen „alter Sozialdemokratie der nationalstaatlichen Epoche“ und „neolibera-lem Marktfundamentalismus der globalen Ära“ verteidigten; dass sie eine neue Synthese zwischen tradi-tioneller Sozialdemokratie und modernem Liberalismus herstellten; dass sie für New Economy und New Citizenship stünden.

Soziale Demokratie und „Dritter Weg“ Eine „neue Ökonomie mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen und computerbezogenen Dienstleistungen“ sowie New Citizenship mit mehr bürgerschaftlichem Engagement und mehr Selbstverantwortung ermöglichten dann den „Umbau des Sozialstaates in Richtung auf kostengünstigere, zielgenaue Lösungen“. Gleichzeitig wird die „Pflicht zur primären Selbstverantwortung“ den Grundrechten gleichgestellt und damit auch die Sanktionierung entsprechender Pflichtverletzungen legitimiert.

Zusammenfassung Das Verhältnis von Sozialismus und Demo-kratie ist in der sozialdemokratischen Pro-grammatik zu keinem Zeitpunkt gespannt. Seit Godesberg bedingen sich Sozialismus und Demokratie gegenseitig: „Sozialismus wird durch die Demokratie verwirklicht, die Demokratie durch den Sozialismus erfüllt.“

Zusammenfassung Das Verhältnis von Sozialismus und Markt-wirtschaft ist seit der Aufgabe marxistischer Glaubenssätze vordergründig bereinigt. Gleichzeitig ist der Demokratische Sozialis-mus dem Heilsversprechen des Liberalkapi-talismus nach stetigem Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung als Voraussetzungen der sozialen Marktwirtschaft aufgesessen. Das Festhalten weiter Teile der Sozialdemo-kratie am Ziel der Vollbeschäftigung ermöglicht das Eindringen neoliberaler und „Dritter-Weg“-Ideologien.

Zusammenfassung Die Theorie der Sozialen Demokratie ist ein Beitrag zur Legitimation demokratischer Herrschaft für die Ära der globalisierten Wirtschaft, indem bestimmte Elemente der Sozialstaatlichkeit als unverzichtbar für Effizienz und Stabilität moderner Demokratien erklärt werden. Sie kann aber auch als Legitimationstheorie der Pragmatiker des „Dritten Weges“ rezipiert werden, indem sie insbesondere Sozialstaats-abbau mit dem Hinweis auf Selbstver-antwortungspflichten rechtfertigt.

Ausblick Ein substantiell neues Konzept des Demo-kratischen Sozialismus wird damit nicht vorgelegt, ein politisches Programm ist auch explizit nicht beabsichtigt. Die Theorie der Sozialen Demokratie hat keine innovative Antwort auf den Zusammen-bruch der Erwerbsgesellschaft als zentrales Problem sozialstaatlicher Sicherung und damit auch demokratischer Legitimation, im Gegenteil:

Ausblick Ihr Festhalten am Arbeitsethos der industrie-kapitalistischen Epoche blockiert das Nach-denken über erwerbsarbeitsunabhängige, bürgerrechtliche Formen sozialer Sicherung ebenso nachhaltig wie die langjährige sozialdemokratische Wachstumseuphorie. Ein neues Grundsatzprogramm der SPD muss genau das leisten, soll die unverzicht-bare emanzipatorische Zielorientierung des Demokratischen Sozialismus – die Überwin-dung der Klassengesellschaft – auf eine zukunftsweisende Grundlage gestellt werden.

Eduard Bernstein, 1899: „Die Demokratie ist prinzipiell die Aufhebung der Klassenherrschaft, wenn sie auch noch nicht die faktische Aufhebung der Klassen ist. (...) Man hat den Utopismus noch nicht überwunden, wenn man das, was in der Zukunft werden soll, spekulativ in die Gegenwart verlegt, beziehungsweise der Gegenwart andichtet.“

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Blockseminar Jusos Hessen-Nord 3.12.2005 Wildeck-Obersuhl Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Noch Fragen? FINIS © 2005 by Raimund Hug-Biegelmann, M. A.