12. Forum Frühförderung am 8. September 2010 in Potsdam

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Schule – und was dann? Informationstag zu beruflichen Perspektiven für Menschen mit Autismus in Thüringen am 22. September 2012 in Weinbergen/Höngeda Lars.
Advertisements

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Der LVR auf dem Weg zur Etablierung inklusiver Bildungsstrukturen
Handicapped …aber nicht jede Behinderung ist sichtbar
Gesetz zur Gleichstellung von behinderten Menschen
Grundmodul Hinweis für Unterrichtende
Eingliederungsleistungen nach dem SGB II
Die Entwicklung der Frühförderung in Thüringen -
Integrative Lerngruppe
Susann Kasperski Juliane Schmidt
Behinderung – was ist das ?
Vorlesung Rehabilitation
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
Dr. Valentin Aichele, LL.M.
Lebenshilfe Eine Kultur des Helfens. Nutzerorientierung in der Behindertenhilfe Universität Witten-Herdecke 24. August 2007 Dr. Bernhard Conrads Bundesgeschäftsführer.
International Disability Alliance
Hamburg Club Ortsgespräch 16. April 2009 Hotel Ambassador Senator Dietrich Wersich stellt die Arbeit der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und.
Das Subsidiaritätsprinzip Grundlage der Kommunalen Selbstbestimmung & der gesetzlichen Vorrangstellung der freien Wohlfahrtspflege Erstellt von der.
Wohnformen für ältere Menschen mit geistiger Behinderung
Die LAG WR NRW erarbeitet sich den
Frauen sind anders – Männer auch Geschlecht und Behinderung
Rehabilitation Teilhabe
Psychotherapeutische Versorgung und UN-Konvention Klaus Hennicke
Schule Einschulung Kind © M. Leszinski.
„10 Jahre VIWIH“ Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Versorgung von jüngeren Menschen mit neurologischen Erkrankungen.
Evaluation zur Umsetzung der Rahmenempfehlung Frühförderung in NRW
Einzelfallhilfe-Manufaktur e.V.
Stadt Rheine Die Bürgermeisterin Fachbereich Jugend und Soziales
Kinder. haben Vorfahrt. Artikel 3 Abs. 1 UN-Kinderrechtskonvention
„Inklusion in der Bildung“
Es ist normal, anders zu sein
„Persönliches Budget“ - eine andere Form der medizinischen und pflegerischen Versorgung von Menschen mit einer Behinderung -
Einführende Informationen zum Thema „Inklusion“
Referatsleiterin Gesundheitspolitik, BAG SELBSTHILFE
Ein kurzer Blick ins das SGB IX Marc-Patrick Homuth, Arbg Elmshorn
Der Inklusionsanspruch der
Perspektive Gemeinwesen? Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen als Chance für die ganze Familie Bundesverband e.V, Mai 2007 Anna Hoffmann-Krupatz An der stationären Vorsorge-
PARTENARIAT ÉDUCATIF GRUNDTVIG PARTENARIAT ÉDUCATIF GRUNDTVIG REPERES KULTURELLER ZUSAMMENHALT UND AUSDEHNUNG DER IDEEN AUF EUROPÄISCHEM.
Die Zuständigkeiten des LWV Hessen Integrationsvereinbarung
Die Familie in der Bundesverfassung
Vortrag und Praxisbeispiel zum Fachtag: Gesellschaft macht Prävention!
Erläuterung der Schnittstellenproblematik aus juristischer Sicht
Materiell-rechtlich betrachtet
Die ambulanten Hilfen zur Erziehung (HzE)
Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung
Schulische „Inklusion“ im Landkreis Limburg-Weilburg
Rede der Bundes-Ministerin
Völker- und europarechtliche Wirkungen der UN- Behindertenkonvention – am Beispiel des Behindertenbegriffs Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M.
Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
Dr. Bettina Leonhard, Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
Barrieren der Inanspruchnahme von Hilfen und Leistungen der Behindertenhilfe in Deutschland Rechtliche Ansprüche und ihre Umsetzung aus Sicht des Landesbehindertenbeauftragten.
Bundesteilhabegesetz
Strukturen und Arbeitsweisen des Amtes für Jugend und Familie des Landkreises Würzburg H. Gabel, Sozialamtsrat Leiter 10/08 1.
1. Handlungsfeld für Gleichstellungsbeauftragte Vereinbarkeit von Beruf und Familie – auch in Leitungsämtern 5. November 2014 Heike Moerland 2.
UAG Barrierefreiheit. Wer war dabei? pro familia: Marion Janke, Jürgen Schaaf Diakonie Württemberg: Marlene Barth LAG Werkstatträte BaWü: Silke Frisch.
1 Ganner UN-Behinderten- rechtskonvention. 2 Ganner Allgemeines qÜbereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung vom.
LVR-Dezernat Soziales und Integration Teilhaben und Teil sein – wie die inklusive Gesellschaft entstehen kann. Eine Zukunftsaufgabe des LVR Vortrag vor.
EU Rights on Older People Schritt 2 Aktivität 1 (Kurzversion)
Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII
Disability Mainstreaming Impuls auf der 4. Sitzung der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Leitlinien der Berliner Seniorenpolitik am Christine.
TSG Bergedorf Ein Verein mit Traditionen und Visionen Wer wir sind... Was wir tun... Was wir wollen...
„Inklusion in frühkindlicher Bildung und Schule“
Integrationsfachdienst
Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
Inklusion in Betrieben - Motivation sucht Praxis
Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV Familien unterstützen – Wirtschaft stärken – Gleichstellung fördern Abstimmung.
Das persönliche Budget ASG Treffen vom Vortrag Irene Goldschmidt Lebenshilfe Delmenhorst und Landkreis Oldenburg e.V.
W.J. Kainz 1 Mittagessen in Werkstätten für behinderte Menschen – eine Leistung der Eingliederungshilfe? Willi Johannes Kainz Richter am Bayerischen Landessozialgericht.
Rechtsgrundlagen für die Hilfen für junge Volljährige
 Präsentation transkript:

12. Forum Frühförderung am 8. September 2010 in Potsdam Die verschiedenen Versionen für den Titel finden Sie auf den Seiten 1-3. Hier können Sie sich entscheiden zwischen Layouts mit und ohne Bildern. Um mehr Folien einzufügen bitte Folie mit gewünschtem Layout duplizieren: Einfügen -> Folie duplizieren – Nicht gewünschte Folien löschen

Lebensweltorientierte Frühförderung - am Beispiel der Behindertenrechtskonvention

Bundesgeschäftsführer der Bundesvereinigung Lebenshilfe Klaus Lachwitz Bundesgeschäftsführer der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung; Präsident Inclusion International, London Die verschiedenen Versionen für den Titel finden Sie auf den Seiten 1-3. Hier können Sie sich entscheiden zwischen Layouts mit und ohne Bildern. Um mehr Folien einzufügen bitte Folie mit gewünschtem Layout duplizieren: Einfügen -> Folie duplizieren – Nicht gewünschte Folien löschen

Die Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder beruht im Wesentlichen auf medizinischen, therapeutischen und heilpädagogischen Maßnahmen. Während es in der Praxis längst gelungen ist, diese Maßnahmen zu bündeln und sinnvoll zusammenzuführen, reagieren Rechtsordnung und Rechtspraxis nach wie vor nur sehr schwerfällig auf die fachlichen Anforderungen der Frühförderung und die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Eltern bzw. Elternteile.

Im Jahr 2001 hat der Gesetzeber versucht, die medizinischen, therapeutischen und heilpädagogischen Leistungen mit der Schaffung des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX) zu vereinheitlichen und in den §§ 30 SGB IX und § 56 SGB IX die „Komplexleistung Frühförderung“ einzuführen. Doch noch immer wird aus der Praxis berichtet, dass die zuständigen Kostenträger sich außerordentlich schwer tun, gemeinsam Leistungen zu beschreiben und gemeinsam Entgelte festzulegen.

Vor allem die gesetzlichen Krankenkassen scheuen sich davor, mit den anderen Kostenträgern (Sozialhilfe und Jugendhilfe) „gemeinsame Sache zu machen“. So ergibt sich aus dem Abschlussbericht des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik – ISG -, dass die Krankenkassen 2006 nur 14,4 Mio. Euro für die Frühförderung aufgewendet haben, während die Träger der Sozialhilfe im Jahr 2006 878 Mio. Euro für die heilpädagogische Förderung von Kindern ausgegeben haben.

Die Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder wird nach dem Landesrecht der meisten Bundesländer von den Trägern der Sozialhilfe als Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff. SGB XII – Sozialhilfe) erbracht und finanziert, soweit es sich um Kinder mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung handelt. Die Frühförderung seelisch behinderter oder von einer seelischen Behinderung bedrohter Kinder hingegen unterfällt der Zuständigkeit der Jugendhilfe (vgl. § 10 SGB VIII – Jugendhilfe).

Seit geraumer Zeit wird darüber diskutiert, die Frühförderung aller behinderten und von Behinderung bedrohten Kinder ausschließlich in der Jugendhilfe (SGB VIII) zu regeln. Zur Begründung wird häufig der Satz zitiert: Behinderte Kinder sind in erster Linie Kinder und nicht „Behinderte“. Für sie sollte deshalb ausschließlich der Träger zuständig sein, der auch für nichtbehinderte Kinder zuständig ist, d. h. der Träger der Jugendhilfe nach dem SGB VIII.

Ausgangspunkt jeder Reformdiskussion zur Zusammenlegung der Eingliederungshilfe für Kinder- und Jungendliche mit Behinderungen im SGB VIII oder im SGB XII ist die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, die in Deutschland seit dem 26.03.2009 im Range eines einfachen Gesetzes in Kraft ist.

Behindertenrechtskonvention Art. 7 (Kinder mit Behinderungen) (1) Die Vertragsstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen können.

(2) Bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen treffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.

(3) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen das Recht haben, ihre Meinung in allen sie berührenden Angelegenheiten gleichberechtigt mit anderen Kindern frei zu äußern, wobei ihre Meinung angemessen und entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife berücksichtigt wird, und behinderungsgerechte sowie altersgemäße Hilfe zu erhalten, damit sie dieses Recht verwirklichen können.

Art. 26 Habilitation und Rehabilitation Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, einschließlich durch die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen, um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren. ,

Art. 26 Habilitation und Rehabilitation Zu diesem Zweck organisieren, stärken und erweitern die Vertragsstaaten umfassende Habilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit, der Beschäftigung, der Bildung und der Sozialdienste, und zwar so, dass diese Leistungen und Programme

im frühestmöglichen Stadium einsetzen und auf einer multidisziplinären Bewertung der individuellen Bedürfnisse und Stärken beruhen; die Einbeziehung in die Gemeinschaft und die Gesellschaft in allen ihren Aspekten sowie die Teilhabe daran unterstützen, freiwillig sind und Menschen mit Behinderungen so gemeindenah wie möglich zur Verfügung stehen, auch in ländlichen Gebieten.

Art. 25 (Gesundheit) b) Die Vertragsstaaten bieten Gesundheitsleistungen an, die von Menschen mit Behinderungen speziell wegen ihrer Behinderungen benötigt werden, soweit angebracht, einschließlich Früherkennung und Frühintervention, sowie Leistungen, durch die, auch bei Kindern und älteren Menschen, weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder vermieden werden sollen.

Art. 24 (Bildung) (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives („inclusive“) Bildungssystem auf allen Ebenen

mit dem Ziel, b) Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen.

(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht … ausgeschlossen werden.

(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden;

(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass e) in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration („Inclusion“) wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden;

(3) Die Vertragsstaaten ermöglichen Menschen mit Behinderungen, lebenspraktische Fertigkeiten und soziale Kompetenz zu erwerben …

Fünfter Familienbericht 3.3 Was bedeutet ein behindertes Kind für eine Familie?

Die Pflege und Erziehung eines schwerbehinderten Kindes stellt eine außerordentliche und zudem chronische Beanspruchung und Belastung der ganzen Familie dar (Seite 262).

Neben den emotionalen, zeitlichen und kognitiven Beanspruchungen durch das behinderte Kind sehen sich die Familien auch besonderen ökonomischen Belastungen ausgesetzt, welche nicht nur aus den erhöhten Kosten des behinderten Kindes, sondern auch und vor allem aus dem Verzicht auf den Einkommenserwerb durch einen Ehepartner – in der Regel die Mutter – resultiert. Denn die Betreuung eines behinderten Kindes ist mit der Erwerbstätigkeit beider Ehepartner meistens unvereinbar.

Familien mit behinderten Kindern sind nicht nur aus Gründen der Förderung oder der Rehabilitation, sondern auch aus Gründen der Entlastung auf öffentliche Hilfen angewiesen.

Fast jeder zweite Mensch mit Behinderung lebt in seiner Familie: Pressemitteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 23.03.2010 Fast jeder zweite Mensch mit Behinderung lebt in seiner Familie: Zwar wünschen sich die Familien unterstützende Hilfen, sie wollen aber mehrheitlich die Betreuung ihrer behinderten Angehörigen weiter selbst übernehmen. Fast in der Hälfte der Fälle sieht sich ein Familienmitglied gezwungen, die Berufstätigkeit wegen der Betreuung aufzugeben.

Das Risiko, arm zu werden ist damit deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung. 40 % der Familien haben ein monatliches Nettoein-kommen unter 1000 € (Gesamtbevölkerung: 13 %).

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit