Schweigepflicht und Datenschutz

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Schweigepflicht und Datenschutz Thema: Schweigepflicht und Datenschutz

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Welche 2 Rechtsformen gibt es in der BRD? Strafrecht  Verhältnis Bürger und Staat nur strafbar wenn vorsätzlich (grob fahrlässig) Geld- oder Freiheitsstrafe Zivilrecht  Verhältnis Bürger und Bürger schon beim “aus versehen” (leichteste Fahrlässigkeit) Wiederherstellungspflicht (Ersatz), Entschädigungszahlung © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Bespiel 1: Der Sanitäter S stößt in der Wohnung des P versehentlich eine Vase zu Boden. Diese zerbricht. = Zivilrecht Strafrechtlich – wegen Sachbeschädigung – kann S nicht belangt werden, da nur vorsätzliche Sachbeschädigung strafbar ist. Dennoch bleibt S verpflichtet, dem P die Vase zu ersetzen: entweder, indem er ihm eine identische Vase zur Verfügung stellt oder, wenn er das nicht kann, den Wert der Vase in Geld ersetzt (Schadenersatz für Verletzung des Eigentums). © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Bespiel 2: Durch das Zerbrechen der Vase nervös geworden, entgleitet dem S auf der Treppe der Griff des Tragetuchs, auf dem P liegt. Dieser bekommt auf höchst unsanfte Weise Bodenkontakt mit einer Stufe. = Strafrecht Im Gegensatz zur Sachbeschädigung ist bei der Körperverletzung auch fahrlässiges Handeln strafbar; S hat sich hier also wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar gemacht, was zu einer an den Staat zahlbaren Geld- oder einer im Gefängnis zu verbüßenden Freiheitsstrafe führen kann. © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt ACHTUNG! Ein Vergehen im Strafrecht hat unter Umständen eine Forderung im Zivilrecht zur Folge: Außerdem schuldet er dem P Schadenersatz, nämlich die Bezahlung der Kosten für die eventuell auf Grund des Sturzes erforderliche ärztliche Heilbehandlung. (Schadenersatz für Verletzung der Gesundheit) sowie Schmerzensgeld. © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Den Risiken der zivilrechtlichen Haftung wird in der Praxis häufig mit Versicherungen begegnet. Haftpflichtversicherungen übernehmen anstelle des Schadenersatzpflichtigen die Zahlung (wobei Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit im allgemeinen ausgeschlossen werden). Auch das BRK verfügt über eine solche Haftpflicht-versicherung. Diese Versicherung stellt – abgesehen von einigen Ausnahmen – jeden (egal, ob haupt- oder ehren-amtlich, ob BRK-Mitglied oder nicht), der für das und im offiziellen Auftrag des BRK tätig wird (egal welcher Art: Sanitäts- oder Rettungsdienst, Ausbildung etc.) von allen Schadenersatzansprüchen frei. Das heißt, sie zahlt an Stelle des Betroffenen. © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt ABER Gegen die strafrechtlichen Folgen seines Handelns kann man sich allerdings nicht versichern. In den Beispielen würde beide Male die Versicherung die Schadenersatzansprüche des P an S für diesen regulieren; im Beispiel 2 müsste S aber, wenn er verurteilt würde, seine Geldstrafe bezahlen oder die Freiheitsstrafe absitzen. Dabei ergeben sich für uns im Rettungs- und Sanitätsdienst einige spezifische Fallkonstellationen, in denen wir bei unserem Handeln die strafrechtlichen Gegebenheiten besonders berücksichtigen müssen. © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Strafrechtliche Gegebenheiten: Hilfspflicht – Unterlassung der Hilfeleistung (§ 323 c StGB) Ablehnung (Verweigerung) der Hilfeleistung durch den Patienten (Nötigung, Freiheitsberaubung § 223ff, 239, 240 StGB) Ärztlicher Heileingriff / sog. “Notkompetenz” (Notwehr, rechtfertigender Notstand § 32, § 34 StGB) Ärztliche Schweigepflicht (Verletzung von Privatgeheimnissen § 203 StGB) © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

Verletzung von Privatgeheimnissen (§203 StGB) [1] Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als Arzt, (…) oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, (…) anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. = Rettungsassistent © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

Verletzung von Privatgeheimnissen (§203 StGB) [2] (3) (…) Den in Absatz 1 und Satz 1 Genannten stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen und die Personen gleich, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind. Den in Absatz 1 und den in Satz 1 und 2 Genannten steht nach dem Tod des zur Wahrung des Geheimnisses Verpflichteten ferner gleich, wer das Geheimnis von dem Verstorbenen oder aus dessen Nachlaß erlangt hat. © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Wozu dient der §203 StGB? Schutz des Individualinteresse : Geheimhaltung bestimmter Tatsachen Allgemeininteresse: Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient  Vertrauen des Patienten als Grundlage effektiver Heilbehandlung © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Was ist ein Geheimnis? Tatsachen, von denen der Patient will, das sie nicht "weitererzählt" werden Tatsachen, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und an denen der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse hat © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Beispiel: Medizinischer Bereich: Alle mit der Behandlung im Zusammenhang stehende Umstände wie Krankheitsgeschichte, Untersuchungs-befunde, Aufzeichnungen des Arztes, Gesundheits-zustand ... im Betracht, auch der Umstand, dass jemand einen Arzt oder Krankenhaus aufsucht Außermedizinischer Bereich: Persönliche Verhältnisse, wirtschaftliche Verhältnisse © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Was bedeutet anvertraut? in der Eigenschaft als Angehörige ihrer Berufsgruppe erfahren, ob mündlich, schriftlich oder in sonstiger Weise, gilt auch in der Freizeit Einweihen in ein Geheimnis unter Umständen, aus denen sich eine Pflicht zur Verschwiegenheit ergibt © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Was bedeutet offenbaren? Mitteilen der geheimen Tatsache und der betreffenden Person unbefugtes Offenbaren auch dann, wenn Mitteilung an andere Geheimnisträger erfolgt unbefugtes Offenbaren, wenn die Geheimnismitteilung ohne Zustimmung des Verfügungsberechtigten und ohne ein Recht zur Mitteilung erfolgt. Auch Mitteilung an nahe Angehörige ist grundsätzlich unbefugt. Allerdings kann hier eine stillschweigende oder mutmaßliche Einwilligung vorliegen. unbefugt = ohne Berechtigung © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Wann ist man befugt? Zustimmung, Einwilligung Entbindung von der Schweigepflicht durch den Patienten Bei Kindern unter 14 Jahren erfolgt Entbindung von der Schweigepflicht durch die Eltern (kritisch bei Minderjährigen zwischen 14 und 17 Jahren; geistige Reife!). Entbindung von der Schweigepflicht ist formlos möglich Mutmaßliche Einwilligung Man kann davon ausgehen, dass der Patient einverstanden ist © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Besondere gesetzliche Vorschriften, die die Schweigepflicht aufheben Gemäß § 138 StGB besteht eine Verpflichtung für jedermann zur Anzeige bestimmter geplanter Verbrechen ( Bsp.: Vorbereitung eines Angriffskrieges, Hochverrat, Geldfälschung, Raub, Menschenhandel, Mord und Totschlag, Raub..) Gemäß §§ 12, 13 des Gesetzes zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten besteht eine Verpflichtung bestimmte Krankheiten mitzuteilen Gemäß § 3 des Bundesseuchengesetzes besteht eine Verpflichtung bestimmte Krankheiten mitzuteilen © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt

© Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt Besonderheiten: (Bitte beachten!) Keine Beendigung der Schweigepflicht mit dem Tod des Patienten Strafantrag erforderlich (Wo kein Kläger, da kein Richter) Schweigepflicht besteht auch gegenüber der Polizei !!! © Jörg Weik, Bereitschaft 1, KV Nürnberg-Stadt