Finanzmärkte aus evolutorischer Sicht Zur Devolution des Kapitalismus: 1. Finanzmärkte + Evolutorik, 2. Ein alternativer Ansatz, 3. Reformvorschläge
1. Evolutionsökonomie (EÖ) I 1. Methode: Kritik neoklassischer + stochastischer (Gleichgewichts)Modelle 2. Menschenbild: self-interest, bounded rationality, Alertness, Kreativität 3. Endogene Innovationen (technischer Fortschritt), Selektion über Wettbe-werbsprozesse, Imitation bewährter Techniken
Evolutionsökonomie II 4. Unsichtbare Hand: ´Der Freiraum des innovierenden Unternehmers´, abrupte Dynamik: Allgemeinwohl, positive feedbacks: spontane Selbststeuerung 5. Politik: Rent seeking, capturing, NPÖ 6. Schumpeters ´Neue Kombinationen´: Banker-Kredite-Kaufkraftumlenkung (Realsektor, temporärInflation; Minsky)
Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung: 100 Jahre später Relationship banking vs. originate and distribute/Sekuritisierung Schattenbanken, Investmentbanking Kaum Kapital- + Reserveanforderungen Intern. Megafinanzinstitute, wenig Auf-sicht, aufgeblähter Finanzsektor Zentralbanken: Lender of last/unlimited resort, Staat: bail-outs mit Steuern
Kapitalmärkte in Praxis und Theorie: Ein Vergleich mit EÖ 1. Deregulation (spontane Ordnung): Basel II (Ratings, interne Risikomodel-le), IASB, FSB, FED: Greenspan, EU 2. Effizienzmarkthypothese (EMH): EÖ contra Gaussverteilung (Black-Scholes, Value-at-Risk): Mediokristan, EÖ pro Extremistan, aber auch fat tails (power laws)?
Logik der Finanzmärkte? EMH+EÖ:Rational-konstruktiv Transaktionskosten, Neuigkeiten: gra-duelle Entdeckung (≠ Nirwanawelt) Zunächst unterschiedliche Erwartungen, langsame Preisbewegungen zum fairen Preis, höhere Handelsvoluma, aber: Handel an Fundamentalwerten orien-tiert, Zubewegung: Selbstorganisation
Realität Marktversagen: Teuflische Hand I Unrealistische Risikomodelle Versagen (privater) Ratingagenturen Unzureichendes Risikohedging, Opazität Riskante Fristentransformation Hazardöses Leverage Kein dezentrales Erkennen von System-risiken + Deleveragingkaskade
Ausnahmebereich Finanzmär-kte: Teuflische Hand II ≠ Marktdisziplinierung: Risikosteigerung Asymmetrische Informationen! Keine Entmachtung durch Wettbewerb ≠ endogene Marktmoral (Reputation) P ↑ NF ↑ → Prozyklizität Capturing der Aufsichtsbehörden + des Staates, systemischer hold-up, Olson
2. Bullen-Bären-Paradigma (BBP): Kritische Evolutorik Veblen, T.B. Absentee ownership (1923) Keynes, J.M. The General Theory (1936, Kap. 12) Galbraith, J. The great crash 1929 (1954ff.) Kindleberger, C. Manias, panics, and crashes (1978) Minsky, H. Stabilizing an unstable economy (1986) Akerlof, G./Shiller, R. Animal spirits (2009) Roubini, N. Crisis economics (2010) Stiglitz, J. Freefall (2010) Johnson, S./Kwak, J. 13 bankers (2010) Kein neuer Smith oder Keynes in Sicht
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Turbulentes Extremistan: Stability is destabilizing Welt II: Unvollkommenes wissen, Un-terschiedliche infos + modelle Irrationales, Herdenverhalten, Betrug Heterogene, oft ´nur´qualitative Erwar-tungen: Spekulation (Blasen) Überschießen, Bullen- und Bären-Pha-sen, exzessive Handelsvolumina Handel führt nicht auf Fundamentals
Aufblähung des Finanzsektors: Dienende Funktion? Umsatz Finanzmärkte-Welt BIP: 1990 = 15fache, 2007 = 70fache Umsatz Derivate-Welt BIP: 1990 = 10fache, 2007 = 55fache UBS: 500% Bilanzsumme des Schweizer BIP
Endogene Instabilität: Boom-bust Phasen 1. Entdeckung eines „Phänomens“ (Tulpenzwiebeln, junk bonds, dotcom) 2. Steigerung der Nachfrage 3. Bubble mania (Psycho, Ponzi finance) 4. Erste Zweifel (Minsky moment) 5. Finaler Abgesang: Deleveraging 1946-1970: Keine große Finanzkrise
Zerstörerische Schöpfungen: Das ´Denovations-Theorem´ Keine gesellschaftsdienlichen Finanz-Innovationen (mehr) möglich Keine wirklich neuen Produkte, keine Patente, keine Extraleistungsgewinne! Renditesteigerung:höheres Risiko Denovationsgewinne: Regulierungsar-bitrage, asymmetrische Infos, greatest fool, Verpackungsalchimie, LEVERAGE
Verbindungslinien BBP und EÖ2 Unwissen, Arrows Infoparadox, lock-ins, Gefangenendilemmata, Nichtergodizität, Macht, Netzwerke, Gleichgewichtsferne Regulation: ständig evolvierende Mär-kte, Alertness/Imagination, NPÖ → ≠ Risikomodelle, Ratings, Makroprudence; ≠ Früherkennung: Ente statt Schwan ≠ Kernschmelze: Simplify, Stoßdämpfer
3. 1. Neue EU-Geldordnung: 100%-Geld (Simons, Fisher) 1. 100%-Geld, denn Giralgeldschöpf-ung: Krisen Giroguthaben: Volle Noten-Deckung Sparguthaben: Verleihbar (Fristigkeit) 2. Geldzufuhr: EZB gibt Geld als ´Ge-schenk´ an den Staat; Regel: Orientie-rung am nationalen Potentialwachstum, keine Neuverschuldung mehr
Auswirkungen ZB: Kontrolle über Geldmenge Geringere Prozyklizität (Kreditvergabe) 50/75 Mrd. € Seigniorage: öffentliche Güter, Geldzufuhr durch Realsektor Unabhängigkeit von Kapitalmärkten Keine Kontrolle der nationalen Budgets durch die EU-Kommission ≠ Big government + moral hazard
2. Aufbrechen der Giganten 50 ´Großbanken´: Währungen, Anlei-hen, Aktien, Derivate (GAO 1994) OTC: 10 Dealers, immer weniger Deutsche Bank: Norisbank, Sal Opp., Berliner Bank, ABN Amro, Postbank … Größenlimit der Bilanz: 100 Mrd. € Nier et al. 2008: Network models; Börsenkapitalisierung; Kornai: soft budget constraints;
„Wenn sie too big to fail sind, dann sind sie zu groß“ Höhere Risiken: höhere Gewinne Too big to fail: Steuerzahler! Konglomerate: ENTFLECHTUNG (Stiglitz, Volcker, Attac, Greenspan) Imagination: Regulierungsvermeidung AT&T/baby bells: Liberale, wo seid ihr? Höhere Risiken …: Stern/Feldman; JPM: 87 Bio. $;
3. Trennung commercial (CB) und investment banking (IB) Rendite ≠ Sicherheit; 33: Glass-Steagall Dezentrale, quasi-öffentliche Banken, wie Genossenschaften + Sparkassen CB: Kein Eigen- + Derivatehandel, An- + Verkauf von Wertpapieren (Kunden) Keine Kredite an Investmentbanken IB: Partnerschaften,≠Einlagensicherung Interessenkonflikte?; Public Utilities: Wasser
4. Investmentbanken: Mitverursacher von bubbles Größten 3: 50% aller Fusionen + IPOs OTC-Derivate, IPOs + ´Beratung´: Kar-tell } Extragewinne + Interessen Trennung: 1. Eigenhandel + Beratung, 2. IB: Emittent; unabhängige Broker verkaufen (beide kein Eigenhandel)
Weitere Forderungen IB: langfristige Investitionen durch nichtliquide Anlagen (Aktien, Anleihen) IB: Konzentration auf Kapital- + Wert-papierbeschaffung Nur Kerngeschäfte: CB, IB, Versicherun-gen, Kapitalbeteiligungsgesellschaften
5. Derivate (Futures, Optionen, Swaps) 2007: 600 Bio. $, Frankfurt Weltspitze Kein direkter Realwirtschaftszufluss OTC-Transaktion: legally unenforcable, es sei denn, Reallieferung (Beleg) Deutlich höhere initial margins (30%) ≠ Verkauf an Kleinanleger (Zertifikate) Ständige Wertänderungen; Währungen: 3% real, Rest Spekulation;
6. Finanztransaktionssteuer (Ausgestaltung, inter-national) 1. 0,01% bis 0,1%: Derivate, Quickies Casino: Future 100.000 TB für 1500 $, +/- 1%, +/- 1000 $: +/- 66% Spotpreise werden heute durch den Derivatehandel (mit)bestimmt 2. Wechselkursband, ± 5%: 50% FTS, Kapitalverkehrskontrollen (Bardepot) 3. Außenwirtschaftliche Bremse (CU) Eindämmung des manisch-depressiven
7. Höheres Eigenkapital (EK) für Alle (inkl. Hedgefonds) Bilanzielle EK-Quote: unter 2! Basel II Mehr EK: wie viel? Unternehmen: 2-3fache; 20-30% hartes Eigenkapital und keine ´Basel-Gewichtungen´ Kapitalnachschusspflicht der Besitzer oder Staatsbeteiligung (Aktien) Niederstwertprinzip (nicht mark-to-market) Rajan: riskier; ≠ Investorenkontrolle, da größer billiger; J. Blum; bil. EK-Quote: EK/Bilanzsumme;
8. ABS, Sekuritisierung, Tran-chierung, Zweckgesellschaften ≠ Zweckgesellschaften: AAA trotz B- } covered bonds (gedeckte Anleihe) mit voller Originatorhaftung On-balance: 20%; 50% Wertgarantie ------------------------ Verbot von Leerverkäufen + CDS Mark-to-model: nicht Marktwirtschaft;
10. Die Wachstums- und Verschuldungspyramide Josefspfennig: 295 Mrd. Goldweltkugeln Vermögen:Schuldner, ´Realbedienung´ Sozialprodukte steigen linear, private Geldvermögen in D/Jahr: + 7,5% Realwachstum < Realzins: Löhne sinken DE: 5 Billionen Geldvermögen Wie Gesamtschulden/BIP reduzieren? Walton Family: Wal Mart;
Einkommensverteilung in D
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Gegen-Steuern Stärker progressive Einkommenssteuer, Erbschaftssteuer, Tobin, Kapitalbest. Angemessene Löhne (Zielinflationsrate + Produktivitätswachstum) Ziel: Kapitaleinkommen wachsen gleich schnell wie das BIP und die Löhne EÖ: Möglichst wenig Steuern?
Reformen im Dienste einer gesunden Evolutionsökonomie Die vorgeschlagenen Reformen bezwek- ken, die dysfunktionalen Denovationen und Instabilitäten einzuschränken und den Finanzsektor so einzubetten, dass er wieder die (auch) von der EÖ vorge-sehene dienende Rolle zur Förderung von Realinnovationen spielt