Multiresistente Erreger in der täglichen Praxis

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Abschlussbericht und Ausblick
 Präsentation transkript:

Multiresistente Erreger in der täglichen Praxis cullmann 06-14 Wolfgang Cullmann, Labor Dr. Gärtner, 88212 Ravensburg Multiresistente Erreger in der täglichen Praxis

cullmann 06-14 Was ist ein „MRE“? ein „MRE“ ist ein multiresistenter Erreger, der mehrere unterschiedliche Resistenzdeter-minanten aufweist bekanntester Erreger der „MRSA“ der Methicillin(Oxacillin)-resistente S. aureus mittlerweile auch Einschluss Gram-negativer Erreger (E. coli, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumanii), weitere Unter-scheidung siehe Krinko.

Ursachen der Resistenz cullmann 06-14 Ursachen der Resistenz S. aureus: ß-Laktamantibiotika können nicht mehr am Wirkort binden infolge Veränderung des Zielproteins (mec A) E. coli, K. pneumoniae, A. baumanii: Bildung ß-Laktamantibiotika abbauender Enzyme (ß-Laktamasen) Rasche Übertragung der genetischen Infor-mation gegeben, somit rasche Ausbreitung resistenter Isolate leicht möglich.

Klassifizierung multiresistenter Gramnegativer Erreger (nach KRINKO) cullmann 06-14 Klassifizierung multiresistenter Gramnegativer Erreger (nach KRINKO)

Inaktivierung der ß-Laktamantibiotika cullmann 06-14 Inaktivierung der ß-Laktamantibiotika

Tausch der Resistenzdeterminanten zwischen den Erregern cullmann 06-14 Tausch der Resistenzdeterminanten zwischen den Erregern inzwischen erwiesen, es ist sowohl im Boden wie im Wasser ein Pool resistenter Keime als Reservoir entstanden Grund: Enterobacteriaceen sind Oyxdase -negative fermentierende Gramnegative Stäbe und finden sich ubiquitär. „coliforme“ sind die wenigen Vertreter, die im menschlichen Darm nachzuweisen sind.

Antibiotikaverbrauch in der Human-medizin cullmann 06-14 Antibiotikaverbrauch in der Human-medizin

Antibiotikaverbrauch in der Tiermedizin cullmann 06-14 Antibiotikaverbrauch in der Tiermedizin

Weiteres Problem: Antibiotika in der Umwelt z.B. im Grundwasser cullmann 06-14 Weiteres Problem: Antibiotika in der Umwelt z.B. im Grundwasser Problem: ein Teil der Antibiotika wird rasch abgebaut, andere sind extrem stabil. stabile Substanzen reichern sich im Grund-wasser an und üben einen erheblichen Selektionsdruck aus. Folge: Vermehrung der MRE im Boden und Grundwasser. Dadurch Generierung eines Dauerpools an MRE-Keimen in der Umwelt!

cullmann 06-14 Notwendige Beteiligung des UBA im Rahmen der Zulassung von Arzneimitteln speziell Antibiotika Aufgabe: Abwendung bzw. Minimierung von Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier und für das biologische Gleich-gewicht. wichtig für das aquatische Kompartiment! Als erste sterben die Cyanobakterien („Blaualgen“) ab.

Multiresistente Keime und Haustiere cullmann 06-14 Multiresistente Keime und Haustiere Anteil der MRGN 3 / MRGN 4 Bildner bei Isolaten tierischen Ursprungs zwischen 2 und 10 % je nach Spezies und Lokalität bei unterschiedlichen Tierwirten ist nur E. coli gleich verteilt MRGN 3 / 4 sind häufig Erreger von Wundinfektionen Resistenzdeterminanten bei Stämmen tieri-schen bzw. humanen Ursprungs identisch

Probleme beim Umgang mit Haustieren cullmann 06-14 Probleme beim Umgang mit Haustieren „ping-pong“ Infektion zwischen Mensch und Tier recht häufig (vor allem bei Schmuse-tieren) Konsequenz: bei evtl. MRSA Sanierung immer Tiere als Keimträger mit bedenken, ansonsten immer wieder Re-Infektion. Nutztiere wie Schweine und Kühe: nur MRSA humanen Ursprungs können hin und her wechseln!

Unterschiede zwischen MRSA und den Gram-negativen MRE cullmann 06-14 Unterschiede zwischen MRSA und den Gram-negativen MRE bei den MRSA genügend therapeutische Alternativen sowie die Möglichkeit einer Sanierung bei MRGN 4 sind allenfalls Tigezykline und Colistin (toxisch!) wirksam. bei MRGN 3 häufig noch die Möglichkeit einer parenteralen Therapie

Isolierung bei positivem MRSA Befund cullmann 06-14 Isolierung bei positivem MRSA Befund „Wegsperren“ vom RKI nicht erlaubt, Verstoß gegen das Grundgesetz! bei gut verbundenen Wunden muss nicht isoliert werden! bei akuter Erkrankung der oberen Luftwege Mund-/Nasenschutz nicht vergessen! im Akutkrankenhaus Risikoabwägung vor-nehmen, ob ein Doppelzimmer in Frage kommt.

Isolierung bei MRGN 3 und MRGN 4 cullmann 06-14 Isolierung bei MRGN 3 und MRGN 4 Regel: alle Patienten mit MRGN 4 Erregern sind zu isolieren. Regel: alle Patienten mit MRGN 3 Erregern sind nur in Risikobereichen zu isolieren. Aber: bei Besiedlung der Atemwege ist eine Isolierung sinnvoll! bei Nachweis in Wunden und Urin aus meiner Sicht Isolierung aufgrund der wachsenden Fallzahl problematisch.

cullmann 06-14 Verhalten im Alltag Sinnvolle Maßnahmen bei Verdacht auf MRGN 3 und 4: - organisatorisch d. h. Patienten mit MRE gegen Ende der Sprechstunde einbestellen - Patient hustet und spuckt (Atemwegsinfek-tion), bei Verdacht auf MRE Mund-/Nasen-schutz (OP-Mundschutz) vorbinden. - bei großen Wundversorgungen Einmal-plastikschürze vorbinden

Hauptrisikogruppen für MRE cullmann 06-14 Hauptrisikogruppen für MRE Patienten mit stationärem Aufenthalt im östlichen Mittelmeerraum Patienten mit stationärem Aufenthalt in Indien und Südostasien jedoch auch Patienten aus Zentren der Hochleistungsmedizin in Deutschland (Herzchirurgie, Neurochirurgie)

cullmann 06-14 Falsche Thesen Antibiotika-resistente Keime sind auch Desinfektionsmittel resistent! Antibiotika resistente Keime lassen sich sowieso nicht mehr entfernen! diese Keime verbleiben im Darm und sind lebenslang Begleiter. Korrekt ist: vor allem jüngere Patienten verlieren sie in 50 % der Fälle nach 6 Monaten. Eine Sanierung wie bei MRSA ist allerdings nicht möglich! Einsatz von Diäten: ohne Erfolg!

Wichtige offene Fragen cullmann 06-14 Wichtige offene Fragen welche Eintrittswege in die Umwelt sind relevant? welche Mengen treten dort ein? Abbau der Pharmazeutika im Boden und im Wasser (Umweltverfügbarkeit?) potentielle Risiken für die Struktur und Funk-tion natürlicher mikrobieller Gemeinschaften in der Umwelt?

Neue Ansätze des Robert Koch Insituts cullmann 06-14 Neue Ansätze des Robert Koch Insituts ein Großteil der Antibiotika wird (über-wiegend „schwarz“ d.h. als Beimengung zum Tierfutter) in der Veterinärmedizin eingesetzt. im Boden und vor allem in den Flüssen findet eine Anreicherung statt. Konsequenz: Aufhebung der Trennung zwischen Medizin und Tiermedizin d.h. ganz-heitliche Betrachtung und Konsequenzen wie Antibiotikabeimengung zum Tierfutter. Notwendig sind aber Kontrollinstanzen!!!

cullmann 06-14 Zusammenfassung MRGN 3 sind nicht so selten in der Praxis, MRGN 4 sind selten, sollen es aber auch bleiben! - Konsequenz: Überleitungsbogen benutzen zur Information nachbehandelnder Einrichtungen! - warum nicht auch Teilnahme am MRE-Treff? Fragen notieren und dort stellen. Viele Fragen tangieren viele!!

Vielen Dank für‘s zuhören! cullmann 06-14 Vielen Dank für‘s zuhören!