Universität Mannheim Im Wintersemester 2005/ 06

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Universität Mannheim Im Wintersemester 2005/ 06 Lehrstuhl für Soziologie I GS: Sozialstruktur der Bundsrepublik Deutschland Thema: Soziale Mobiliät (Ost-West-Vgl.) Referentin: Bettina Kornmayer

Literatur …R. Geißler (Hrsg.): Die Sozialstruktur Deutschlands : die gesellschaftliche Entwicklung vor und nach der Vereinigung, 4. Aufl., Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden 2005 Korupp, S., Ganzeboom, H.B.G., Sanders, K.: Wie die Mutter, so die Tochter? Dynamiken und Trends im Statusvererbungsprozess zwischen Müttern und Töchtern in Westdeutschland und den Niederlanden, KZfSS, Jg. 54, 2002, S 1-26 Mayer, K.U., Solga, H.: Mobilität und Legitimität, zum Vergleich der Chancenstrukturen in der alten DDR und der alten BRD In KZfSS, Jg. 46, 2, 1994, S. 193- 208 Yossi, S., Blossfeld, H.P.: Persistent Inequality: Changing Educational Attainment in Thirteen Countries. Boulder, Colorado: Westview Press 1993 Zühlke, S., Goedicke, A.: Mobilität oder Immobilität, zur Bedeutung interner Arbeitsmärkte in beiden dte. Staaten vor 1989 In KZfSS, Jg. 52, 1, 2000, S. 81-95

http://www.gesis.org/Dauerbeobachtung/Sozialindikatoren/Publikationen/Datenreport/pdf2004/2_17.pdf http://www.gesis.org/Dauerbeobachtung/Sozialindikatoren/Publikationen/Datenreport/pdf2004/DR%202004_Statement.pdf

Definition Unter sozialer Mobilität versteht man die Bewegung der Einzelpersonen zwischen den (berufl. ) Schichten.

Beispiele Weber (1921) unterscheidet zwischen Generationenmobilität und Karrieremobilität Sorokin (1927) unterscheidet zwischen horizontaler und vertikaler Mobilität Geiger (1962) trennt zwischen individueller und kollektiver Mobilität, und verweist auf die doppelt Dynamik der Mobilitätsvorgänge: Mobilität aufgrund Fluktuation oder Umschichtungen im System

Wie lässt sich soziale Mobilität messen ? Karrieremobiliät (individuelle M.), vertikale oder horizontale soziale Mobilität: Mittels Längsschnittuntersuchung: d. h. gleiche Stichproben (aus berufl. Positionsgefüge) werden zu zwei Messzeitpunkten gezogen (1970 und 1979) Generationenmobilität, Mittels Querschnittuntersuchung: d. h. Stichprobe wird einmal gezogen, Beruf des Vaters/ Sohn (Geißler) bzw Mütter- Töchter (Korrupp et al) wird miterfragt. Kollektive Mobilität Mittels Längsschnittuntersuchung d. h. Stichprobe einer Berufsgruppe wird zu zwei Zeitpunkten erhoben.

Problematische Aspekte der Messung Schichteinteilung: 1. Noll 1987 für BRD (Generationenmobilität): 8 Schichten mit Ungelernte Arbeiter, Gelernte Arbeiter, Facharbeiter, Vorarbeiter/ einfache Beamte, Meister/ einfache Angestellte, Werkmeister/ mittlere Beamte/ Angestellte, Gehobene Angestellte/ Beamte, Leitende Angestellte/ höhere Beamte 2. Datenbasis SOEP 2000 für Westdeutschland 10 Schichten: Gruppe der Selbständigen ab 10 Mitarbeiter, freie Berufe, höhere Dienstleister, mittlere Dienstleister, ausführende Dienstleister, Selbständige ab 9 Mitarbeiter, Landwirte, Arbeiterelite, Facharbeiter (einschl. Vorarbeiter), Un-, Angelernte 3. Datenbasis Solga 1998 für Ostdeutschland (Karrieremobilität) 8 bzw 9 Schichten: Un-/Angelernte, Selbständige, Bauern, Facharbeiter, mittlere Angestellte, qualifizierte Angestellte, hochqualifizierte Angestellte, Leitungsposition (nicht erwerbstätig) 4. Soziale Herkunft von DDR- Führungsschichten vgl. 1971 und 1988 4 Schichten: Leiter der sozialistischen Wirtschaft, Staatsanwälte, Richter, Offiziere der NVA

Beispiele für soziale Mobilität

Soziale Mobilität in der DDR 1949 Die Nachkriegszeit ist durch hohe soziale Mobilität gekennzeichnet, durch die Entnazifizierung entstanden freie Stellen, die mit – oftmals in Schnelllehrgängen ausgebildeten- Menschen aus der Arbeiter- und unteren Schicht besetzt wurden. „Proporzdogma“ der sozialistischen Intelligenz

Beispiel: Sozialprofil des Wirtschafts- management 1945, 1948, 1964 Querschnittuntersuchung 1945: 6 % der leitenden Angestellten verbleiben 24 % ehemalige Arbeiter 31 % ehemalige Angestellte 1948: 50 % des Wirtschaftsmanagement (Leiter volkseigener Betriebe) stammen aus Arbeiterschaft 60er Jahre: Alle Direktoren der Großbetriebe stammen aus Arbeiterfamilien Zwei Drittel davon hatten als Arbeiter begonnen

Beispiel: sozialistische Intelligenz 1964 Drei-Viertel der DDR-Führungsschichten (Leiter der sozialistischen Wirtschaft, Staatsanwälte, Richter, Offiziere der Nationalen Volks Armee) bestand aus sozialen Aufsteigern aus Schichten der Arbeiter, Bauern, Angestellte

Lehrer in der DDR 1968 57 % bzw 53 % der LehrerInnen stammen aus Arbeiterfamilien 42 % der Hochschuldozenten gehörten zu den Arbeiter- und Bauernkadern 39 % der Professoren aus Arbeiter- und Bauernkadern

Erstarrung der sozialen Mobilität in der DDR nach 1970 Soziale Schließung an den Unis Abschottung der Führungsschicht, keine Ausweichmöglichkeit der unteren Schichten in tertiären Sektor möglich, Flucht

Mobilitätunterschiede in Deutschland zwischen 1949 und 1989 Im Vergleich: Ost und West West: Die Gesellschaft der BRD ist in den 60er und 70er Jahren mobiler geworden; Zunahme der Aufstiegschancen, Abnahme der Abstiegsgefahren, Zunahme der Langstreckenmobilität

Mobilität in der BRD ´70/ ´79 Jeder 5. steigt in nächsthöhere Schicht auf Jeder 10. steigt über zwei Schichten Jeder 50. gelingt ein Aufstieg über drei Schichten WOHINGEGEN Ein Abstieg über drei Schichten nur jedem 100. droht. (stichprobe 1970)

Ostdeutschland nach der Wende horizontaler Mobilitätsschub durch Zusammenbruch des Systems bis 1993 40 % der Erwerbstätigen sind durchgehend von 1989-1993 beschäftigt (davon nur 36 % mit voller Stelle)

Vergleich Ost/ West 1989- 1994 Aufstieg Abstieg Ost 1 2,2 West 1,8

Vertikale Mobilität u. Gesamtmobilität West 1991- 2002 Ost 1991 2002 m. aufstieg 33 26 18 m. abstieg 15 21 f. aufstieg 24 25 20 f. abstieg 19 Ges. genm 60

Besteht ein Zusammenhang zwischen sozialer Mobilität und Bildung? Bildungsstatus und Berufsposition sind enger miteinander verknüpft als Herkunftsstatus und erreichte Berufsposition. Das heißt, daß Bildung die soziale Mobilität nach oben ermöglicht.

Soziale Mobilität und Bildung PISA Ergebnisse 2003: Bildungschancen nach Klassen variieren stark innerhalb der Bundesrepublik: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind eines Industriearbeiters ein Gymnasium besucht ist in Bayern sechsmal geringer als in Brandenburg.

Soziale Mobilität und Bildung ZUMA/ WZB: 2001 Für Kinder aus einem Elternhaus, das der oberen Dienstklasse angehört ist die Chance ein Gymnasium zu besuchen rund 9 mal höher als für Arbeiterkinder. Die Hauptschule ist Für Kinder mit einem Migrationshintergrund, ist das Risiko auf der Hauptschule zu landen 3-mal größer als für deutsche Kinder.

„Social positioning“ „Soziale Platzierung“, „Statuszuweisungs- oder Allokationsfunktion“: „Der Zugang zu verschiedenen sozialen Positionen mit ihren Privilegien und Benachteiligungen, der Zugang zu verschiedenen Schichten, soziale Aufstiege und Abstiege sind relativ eng an das Bildungsniveau gekoppelt. Bildung ist eine zentrale Ressource für Lebenschancen ... Bildungskapital“ (Geißler 2002, 333).

„Social selection“ „Soziale Auslese oder Selektion“ : „Bildungssysteme sollen in erster Linie nach ‚Leistung‘ auslesen.“ Dies „ist jedoch nie ausschließlich Auslese nach Leistung, sondern immer auch – gewollt, geduldet oder ungewollt – soziale Auslese. Soziale Merkmale ... – soziale, ethnische und regionale Herkunft, Geschlecht – beeinflussen ... Bildungskarrieren ...“ (Geißler 2002, 333).