5.5 Griechenland: die Klassische Zeit

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 Präsentation transkript:

5.5 Griechenland: die Klassische Zeit 5.5.1 Die Erfindung der Deduktion 5.5.2 Athen und die Athener Philosophen 5.5.3 Mathematische Fortschritte 5.5.4 Konstruktionen mit Zirkel und Lineal: vier klassische Probleme

5.5.1 Deduktion – eine „Erfindung“ der Griechen „Deduktion“ = „Ableitung“, logisches Schließen, oder Schließen vom Allgemeinen auf das Besondere. Gegenteil: „Induktion“ (Schließen vom Besonderen auf das Allgemeine) Ursprünge der deduktiven Methode: Philosophie der „Eleaten“ Politische Situation und „Sophisten“ Innermathematische Gründe

Philosophie der „Eleaten“ Begründer: Xenophanes (570-um 475); lebte in Elea in Unteritalien Wichtigster Vertreter: Parmenides (515-445) Suche nach dem wahrhaft Seienden: Erfahrungstatsachen sind nur unvollkommenes Abbild des Ewigen und Immerseienden Unsere Sinne gaukeln uns Veränderungen des Ortes, der Zeit etc. vor Endgültige Gewißheit nur durch Denken nach logischen Gesetzen, z.B. tertium non datur (eine Aussage ist entweder wahr oder falsch; → indirekter Beweis) Zenon von Elea (* um 490) Schüler und Freund von Parmenides Unterstützt die These des Parmenides, dass Bewegung nicht möglich ist, durch seine vier „Paradoxien des Bewegung“; am bekanntesten: Achilles und die Schildkröte (überliefert durch Aristoteles)

Politische Situation und „Sophisten“ Siege über die Perser (Marathon 490, Salamis 480) machen Athen zum führenden griechischen Stadtstaat; „attischer Seebund“ Freie Entfaltung der politischen und geistigen Entwicklung „Demokratie“ (der Besitzenden bei Beibehaltung der Sklaverei); D. ist eine griechische Erfindung (von „demos“=Volk und „kratein“=herrschen) Politisches Leben geprägt von Debatten Sophisten („Weisheitslehrer“, von „sophia“=Weisheit) unterrichteten (gegen Bezahlung) die Jugend in den Wissenschaften, insbesondere Rhethorik und Dialektik Ziel: die Jugend „lebenstauglich“ machen (es geht nicht um zweckfreie wiss. Erkenntnis) Statt Überlieferung propagieren sie Subjektivismus und Relativismus: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“; es gibt nur Meinungen, keine allgemeinen Wahrheiten Logik als Instrument des Überzeugens bzw. Überredens

Innermathematische Gründe für deduktives Vorgehen Widersprüchliche Überlieferung für π Notwendigkeit systematischer Zusammenstellung der zahlreichen Resultate Erste Gesamtschau: das Werk des Hippokrates von Chios (460?-370?), eine Art Lehrbuch Beispiel der „Möndchen des Hippokrates“ (s.u.) zeigt Fortschritt im schlußfolgernden Denken Später „Elemente der Geometrie“ des Euklid Phänomene der Inkommensurabilität und des Unendlichen: weg vom Sinnlich- anschaulichen ins Gebiet des abstrakten Denkens

5.5.2 Athen und die Athener Philosophen Athen war Mittelpunkt des geistigen Lebens im Griechenland des 5. und 4. Jahrhunderts; Grund hierfür: die schon genannten politisch-historischen Entwicklungen (Siege über die Perser, Einführung der Demokratie) 443-429 Perikleisches Zeitalter Scheindemokratie; Perikles „Demagoge“ (Volksführer) Perikles fördert Herodot (Geschichtsschreiber), Anaxagoras (Philosoph), Phidias (Bildhauer), Sophokles (Dramenautor) 431-404 Peloponnesischer Krieg Pest in Athen, Perikles stirbt Sparta unterwirft Athen, Abschaffung der Demokratie 403 Wiederherstellung der Demokratie Die drei bekanntesten Athener Philosophen: Sokrates, Platon, Aristoteles

Sokrates (469-399) Lebt in selbstgewählter Armut Philosophie: hauptsächlich Ethik, das Gute, Tugenden, wider die Sophisten Entgegen der landläufigen Meinung betrieb Sokrates aber auch Naturphilosophie Aristophanes stellt ihn in der Komödie „Die Wolken“ von 423 den Athenern als wirren Sterngucker dar Wird 399 in Athen zum Tode verurteilt; Punkte der Anklage: Verführung der Jugend Einführung neuer Götter Er suche zu erforschen, was unter der Erde und am Himmel vorgehe Ältestes schriftliches Zeugnis der Behauptung, die Erde habe Kugelgestalt, in seiner Abschiedsrede (Platons Phaidon- Dialog, 108 e 4-109 b 4)

Platon (427-347) Schüler des Sokrates; gründet 387 die „Akademie“ Lehre vom gut geführten Staat, aber auch Ideenlehre in der Erkenntnistheorie (real vs. Ideal) Ursprung der Ideenlehre: Enttäuschung über die politische Situation der Zeit: Ungerechtigkeit (Verurteilung des Sokrates) und Korruption Unterscheidung des eigentlichen Wesens eines Seienden (der Idee) von dessen (unvollkommener) Erscheinungsform in der Wirklichkeit Wir tragen die Ideen, die Urbilder, der Dinge in uns, weil wir früher an der Welt der Ideen teilhatten; Aufgabe ist es, uns nun daran zu erinnern Sicherste Methode, ins Reich der Ideen zu gelangen: Mathematik, besonders Geometrie Abkehr von anschaulicher Methode (Figuren); Deduktion. Erlaubte Hilfsmittel sind nur die „idealsten“ der geometrischen Objekte: Gerade und Kreis (Konstruktionen mit Zirkel und Lineal)

Aristoteles (384-322) Schüler Platons Gründet das „Lykeion“ in Athen; seine Schüler heißen „Peripatetiker“ (= die Umherlaufenden) statt Platons „Akademikern“, weil die Gespräche im Gehen geführt werden Hauslehrer des jungen Alexander Erfasst das Gesamtwissen seiner Zeit Seine Schriften werden über Arabien im europäischen Mittelalter bekannt und stehen in der katholischen Philosophie des Mittelalters („Scholastik“) fast ebenbürtig neben der Bibel; er heißt einfach kurz „der Philosoph“ Seine naturwissenschaftlichen Auffassungen halten empirischen Prüfungen nicht immer stand, was zu Beginn der Neuzeit zu Verzögerungen des wissenschaftlichen Fortschritts führt, weil seine Autorität die Beobachtungen Lügen straft (Kopernikus, Galilei)

5.5.3 Mathematische Fortschritte Proportionenlehre des Eudoxos Eine Proportionenaussage des Eudoxos: Kreise verhalten sich wie die Quadrate ihrer Durchmesser Eine einfache Anwendung: Die „Möndchen des Hippokrates“ Eudoxos' Beweis: die „Exhaustionsmethode“

Proportionenlehre des Eudoxos Entdeckung der Inkommensurabilität zwingt zu erweiterter Proportionenlehre Diese erreicht Eudoxos von Knidos (408?- 355?) Niedergelegt im 5. Buch der Elemente des Euklid Definition liegt unserem modernen Begriff der irrationalen Zahlen zugrunde (dedekindscher Schnitt) Eudoxos/Euklid leitet aus ihr alle Rechenregeln für Proportionen her, die unseren Regeln für das Rechnen mit Brüchen entsprechen

Die „Möndchen“ des Hippokrates

Die Exhaustionsmethode nach Eudoxos

5.5.4 Konstruktionen mit Zirkel und Lineal: vier klassische Probleme Würfelverdoppelung Winkeldrittelung Quadratur des Kreises Konstruktion des regulären n-Ecks Wie uns heute bekannt ist, sind die drei ersten Probleme unlösbar und das vierte nur in Ausnahmefällen lösbar. Dies wurde im wesentlichen in der Algebra des 19. Jhdts. bewiesen (Abel, Galois, Lindemann), vgl. z.B. K.Meyberg, Algebra 2, S.24ff, oder R. Hartshorne, Geometry: Euclid and beyond, S.242ff und 250ff. Historisch interessant sind die in diesem Zusammenhang von den Griechen neu eingeführten Methoden

Würfelverdoppelung „Delisches Problem“: das Orakel von Delos soll gefordert haben, einen dem Apoll geweihten Altarwürfel zu verdoppeln. Gegeben ein Würfel mit Kante a, gesucht die Kante x eines Würfels mit doppeltem Volumen (also x3 = 2a3). Hippokrates: bei der Quadratverdoppelung ist die „mittlere Proportionale“ x zwischen a und 2a gesucht, also a : x = x : 2a Hier sucht man analog zwei „mittlere Proportionale“ x und y mit a : x = x : y = y : 2a