Die Bedeutung von Sprache und Mehrsprachigkeit für den Bildungserfolg

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Prof. Dr. Thorsten Piske Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Advertisements

(FREMD-)SPRACHEN LERNEN
Informationsveranstaltung zur Wahl der 2. Fremdsprache
Leseförderung im Medien-Mix
Eine eigene Methode für den bilingualen Unterricht?
Seminar Sprachlehr- und -lernforschung – Seminar 1
Die Stuttgarter Integrationspolitik.
Zusätzliche Lehrkräfte an der Schule (Schüler in Prozent) 6
Die Cummins-Hypothese:
Modul 1 - Migration Modul 1.
Förderkonzept Formen äußerer Differenzierung im Förderband
1. Deutsch – niederländisches Projekt ab Schuljahr 2005 / 2006 Christophorus - Schule Gemeinschaftsgrundschule Kranenburg.
Was erwarten Sie vom Gymnasium?
Eine gute Partnerschaft zwischen Schule und Elternhaus schaffen!
Was ist noch mal CertiLingua? Exzellenzlabel für mehrsprachige, europäische und internationale Kompetenzen Dokumentiert die Fähigkeit der Absolventen.
Schweden Bildungssystem und Situation von Kindern mit Migrationshintergrund Nina Everts.
Zweisprachige Englischklasse
Nur wer aktiv ist, lernt! __________ Kooperatives Lernen und kooperative Lernformen im Religionsunterricht.
Die Situation junger Migranten/Migrantinnen am Arbeitsmarkt
Vorgaben des Landes NRW
Schweizerische Volkspartei SVP Fachtagung Lehrplan 21; 07. September 2013; Unterägeri Klassenlehrer statt Team-Teaching (3`) -Klassenlehrer sind Vorbilder.
SchülerInnen mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem
… bewusst-er-leben Bilingualer Zug OB 1 Realschule mit bilingualem Zug.
ECOLE EUROPEENE DE BRUXELLES III. Zielsetzungen der Europäischen Schulen Zusammen erzogen, von Kindheit an von den trennenden Vorurteilen unbelastet,
Profil Fremdsprachen Französisch en vogue
Herzlich willkommen in der Klasse 1c
Gemeinsam(es) Lernen mit Gefühl – das erste MindMatters-Unterrichtsheft für die Grundschule Im Heft finden Sie: Erkenntnisse zum sozial-emotionalen Lernen.
IGS Wallrabenstein. ...keine vorzeitige Festlegung des Bildungsganges...
Schülerwettbewerb Deutsch-Olympiade
Zwei Sprachen sprechen lernen
DSB - Abschlussarbeit ENGLISCH Elisabeth Kaufmann.
Mein Deutsch Lernen.
Créons avec nos langues
„Interkulturelles Lernen“ Fördermaßnahmen und Bedeutung der Sprache
Was ist CertiLingua? Certilingua ist ein Exzellenzlabel zur Dokumentation von mehrsprachigen und internationalen Kompetenzen. Es dokumentiert die Fähigkeit.
Hausübungsverhalten Unser Angebot Gelenkte Freizeit Mittagessen Seite 1 Gelenkte Freizeit Kontrolle Lernzeit Lernzeit Kontrolle Zusammenfassung Elternbeitrag.
European Centre for Modern Languages Graz Projektausschreibung für das 3. Arbeitsprogramm des EFSZ
Stadt Bergneustadt Runder Tisch „Integration“
Presentation for parent / teacher meetings Information about English in the Primary schools.
Die neue Fremdsprachenkonzeption in Baden-Württemberg
Lehrerinnen begleiten Kinder auf ihrem Weg in ein mehrsprachiges Europa Alex RIEMERSMA Aurich, 6. November 09 Europäisches Forschungszentrum für Sprachen.
Informationen über die KGS Wiesmoor
Kinderbetreuung hat Zukunft * 30. Mai – 1. Juni 2007 * Kursaal Interlaken Schweiz Zweisprachige Kindergärten im Saarland Eva Hammes-Di Bernardo, Saarbrücken.
Die Realschule stellt sich vor
Goethe-Gymnasium Frankfurt am Main
Fremdsprachlicher Sachfachunterricht
Bilingualer Unterricht am Clara-Schumann-Gymnasium
Fremdsprachenunterricht in der Volksschule „Je früher desto besser?“ Expertise des Vorstandes LSH Mai Ausgangslage: Annahme Motion Germann.
Projekt “Bildungspaten“
COMENIUS – Schulpartnerschaft der Europa-Schule Erfurt
Evaluation der Präsentation der Ergebnisse. Fokus der Evaluation Sprach- und Spielnachmittage > an der Rodatal- Schule und an der GS „An der Saale“ Kinder.
Die 3. Fremdsprache im sprachlichen Gymnasium
Muss die Schule bald alle Probleme lösen?. Hilfe, mein Kind hat ein „schulisches Problem“ Schulische Probleme Lernfelder immer mehr Weniger Freizeit (5d.
Ulrich Mehlem Universität Bielefeld WS 2008 / 2009
Evaluation des Projektes TRILINGUA Merzig, Peter Edelenbos.
TRILINGUATRILINGUA Förderung der Sprachkompetenz in Moselle, im Saarland und in Rheinland- Pfalz Développement de la compétence linguistique en Moselle,
Die RAA in Ihrer Region Eingliederung von Flüchtlingskindern und -jugendlichen in Schulen in Brandenburg Alfred Roos.
Gemeinschaftsgrundschule Geilenkircher Straße, Köln
Man kann sagen, dass durch das Erlernen einer Fremdsprache die Muttersprache des Kindes ebenso auf eine höhere Stufe gehoben wird wie das arithmetrische.
Workshops Buch Seite 58.  Beschreibung: Schauplatz ist ein Doppelhaus: In der eine Hälfte lebt eine alleinerziehende Mutter mit ihrer Tochter, in der.
Hamburger Bildungsoffensive
Seite Fallstricke: Stereotype und schulische Leistungen Aus- und Fortbildungsmodule zur Sprachvariation im urbanen.
Bilingualer Unterricht DFu im Ungarndeutschen Bildungszentrum 2007 Gabriella Scherer UBZ/ Baja.
Sprachen lernen und erwerben: erste Begriffe und Unterscheidungen Dörthe Uphoff FLM 0640 – Februar.
Die Bildungs- und Unterrichtssprache lehren im Kontext von Diversität maledive.ecml.at Lernerprofile – deutsch Profil 3.
Die Bildungs- und Unterrichtssprache lehren im Kontext von Diversität maledive.ecml.at Lernerprofile – deutsch Profil 2.
Spracherwerbstheorien Univ.-Prof. Mag Dr. İncі Dirim Vorlesung „Sprache, Migration und Bildung“
Wir begrüßen Sie zur Informationsveranstaltung über das
Judit Langer-Buchwald
Deutsch als Zweitsprache an der Julius-Leber-Gemeinschaftsschule
 Präsentation transkript:

Die Bedeutung von Sprache und Mehrsprachigkeit für den Bildungserfolg These: Unterricht in der Muttersprache fördert das Erlernen einer Zweitsprache.

Überblick Einleitung Modelle und Theorien zur Sprachförderung Beispiele für verschiedene Modelle Kanada USA 3. Beispiel einer Studie und deren Verwertbarkeit Berlin 4. Fazit

Deutsch dominant Muttersprache dominant Eingeschränkt bilingual Mehrsprachig Datenquelle: SOEP 2001 vgl. Haug 2005: 271

Kompetenz in Sprache des Aufnahmelandes (L2) Kompetenz in Sprache des Herkunftslandes (L1) Kompetenz in Sprache des Aufnahmelandes (L2) ja nein additiver Bilingual- ismus monolingual in L1 monolingual in L2 Semilingualismus dominant bilingual in L1 dominant bilingual in L2 vgl. Söhn 2005: 7

Jim Cummins: Interdependenzhypothese (Abhängigkeits- /Schwellenhypothese) Untersuchungen über finnische Einwandererkinder, die bereits eine Grundschulbildung in ihrem Herkunftsland absolviert haben  sie lernten Zweitsprache besser und schneller Transfereffekte zwischen beiden Sprachen plädiert in seiner Hypothese nicht ausdrücklich dafür, dass Kinder zu erst in der Erstsprache alphabetisiert werden negiert die time-on-task- Hypothese: „Zeit für das Erlernen der Erstsprache fehlt beim Erlernen der Zweitsprache.“

Angestrebte sprachliche Kompetenz Modelltyp Unterrichtssprache Angestrebte sprachliche Kompetenz Submersion monolingual Landessprache wird nicht gezielt vermittelt gute Kenntnisse in der Landessprache (Strukturierte) Immersion Monolingual wird von FremdsprachenlehrerIn vermittelt gute Kenntnisse der Landessprache oder einer Zweitsprache Transitionale bilinguale Erziehung Zunächst: Muttersprache Später: Landessprachen gute Kenntnisse in Muttersprache und Landessprache Muttersprachlicher Unterricht (Heritage Language / Maintenace) Bilingual Muttersprache; zusätzlich zum regulären Unterricht in Landessprache Bilingualer Unterricht (Two way Immersion) Muttersprache und eine zweite Sprache (Partnersprache) gute Kenntnisse in der Muttersprache und einer zweiten Sprache vgl. Baker 1993: 153

Submersion monolingual wird nicht von FremdsprachenlehrerIn erteilt keine spezifische Förderung „Eintauchen in Sprachbad“  „swim or sink“ gar kein „Modell“? Ziel: möglichst schnelles Erlernen der Zweitsprache

(Strukturierte) Immersion monolingual zusätzlicher Unterricht in Zweitsprache Zweitsprache wird von bilingualer FremdsprachenlehrerIn vermittelt angepasst an Voraussetzungen der SchülerInnen Ziel: möglichst schnelles Erlernen der Zweitsprache

Beispiel für strukturierte Immersion: Vorbereitungsklassen 1. Intensivvorbereitungskurs Zweitsprache (4 – 8 Wochen) 2. Integration in einzelnen Fächern des Regelunterrichts und zusätzlicher Unterricht in Zweitsprache (6 – 12 Monate) 3. Übergang in Regelunterricht mit zusätzlicher Zweitsprachenförderung Dauer des Programms max. 2 Jahre heterogene Gruppe, hohe Fluktuation, grobe Differenzierung wichtige Rolle der Lehrer

Transitionale bilinguale Erziehung langsamer Übergang zunächst Erstsprache, dann Zweitsprache richtet sich an Sprachminderheiten Ziel: gute Kenntnisse in beiden Sprachen

Muttersprachlicher Unterricht (Heritage Language / Maintenance) Spracherhaltungsprogramm Sprachminderheiten autochton (alteigesessene) allochton (zugewanderte) getrennter zusätzlicher Unterricht in Erstsprache Ziele: gute produktive und rezeptive Kenntnisse in Erst- und Zweitsprache spezielle kulturelle, sprachliche, fachliche Förderung Eigenwert der Erstsprache

Bilingualer Unterricht (Two way Immersion) Erst- und Partnersprache zwei sprachlich homogene Gruppen von SchülerInnen Erst- bzw. Zweitsprachen Lernen für Transfereffekt aber auch als eigenständiger kultureller Wert Ziel: gute Kenntnisse in beiden Sprachen, enger Kontakt zur Zweitsprache und Kultur z.B. Europa Schule

Angestrebte sprachliche Kompetenz Modelltyp Unterrichtssprache Angestrebte sprachliche Kompetenz Submersion monolingual Landessprache wird nicht gezielt vermittelt gute Kenntnisse in der Landessprache (Strukturierte) Immersion Monolingual wird von FremdsprachenlehrerIn vermittelt gute Kenntnisse der Landessprache oder einer Zweitsprache Transitionale bilinguale Erziehung Zunächst: Muttersprache Später: Landessprachen gute Kenntnisse in Muttersprache und Landessprache Muttersprachlicher Unterricht (Heritage Language / Maintenace) Bilingual Muttersprache; zusätzlich zum regulären Unterricht in Landessprache Bilingualer Unterricht (Two way Immersion) Muttersprache und eine zweite Sprache (Partnersprache) gute Kenntnisse in der Muttersprache und einer zweiten Sprache vgl. Baker 1993: 153

Kanadisches Immersionsprogramm

1960er Jahre auf Elterninitiative hin gegründet Zielgruppe: zunächst anglophone bildungsnahe SchülerInnen Ziel: Bessere Sprachkompetenz in Französisch (Zweitsprache) daher Französisch als Medium des Unterrichts statt reinem Fremdsprachen- unterricht unterschiedliche Programme (early total-, early partial-, delayed-, late-immersion)

SchülerInnen entwickeln in allen Programmen bessere Zweitsprachen-kenntnisse als in konventionellem Fremdsprachenunterricht, auch leistungsschwächere SchülerInnen SchülerInnen der Immersionsprogramme haben gleichen rezeptiven Fähigkeiten wie erstsprachliche SchülerInnen ihres Alters jedoch nicht die gleichen produktiven Fähigkeiten keine negativen Auswirkungen durch Immersion auf erstsprachliche Fähigkeiten oder Fachwissen nachgewiesen

erfolgreichstes Programm: early total immersion Alphabetisierung erfolgt in Zweitsprache Unterrichtssprache ist die Zweitsprache Bilinguale Lehrer auf Erstsprache kann zurückgegriffen werden außerhalb des Unterrichts ist Erstsprache dominant Anteil Erst- und Zweitsprachen wird später auf 50 % gesteigert Erstsprache notwendig um SchülerInnen zu alphabetisieren?

Zweisprachige Erziehung in den USA

Beispiel Kalifornien: Staat ohne ethnische Minderheit: 46,7% „Weiße“ (Minderheit unter anderen) 32% Hispanics 11% Asians

An den Schulen: Hispanics als größte Gruppe mit 42%, gefolgt von sog An den Schulen: Hispanics als größte Gruppe mit 42%, gefolgt von sog. „Weißen“ mit 37%. Schuljahr 99/00: 38% der Schüler hatten andere Herkunftssprache als Englisch (It. US Census 2000)

Verlauf: English only 1968 Bilingual Education Act 1974 Klagemöglichkeit gegen Diskriminierung einer Sprachminderheit > zweisprachige Übergangsprogramme 1994 Bilingual Education Act 1996 Elternboykott 1998 in Kalifornien: Proposition 227

Alternativer Ansatz: Erfolgreiche Schulen beobachten

Berliner Modell zur zweisprachigen Alphabetisierung und Erziehung von türkisch-deutsch zweisprachigen Schulkindern

offizieller Schulversuch 1988-93 mit 17 Grundschulen und damit 70 Versuchsklassen in Berlin Kreuzberg nach der Interdependenz- und Schwellenhypothese

Ich glaube, dass wir kriegen keine Bonbons mehr. Ich glaube, wir nach Hause gehen müssen. Für das Eis ich kein Geld mehr habe. (Vgl. Felix 1993:209ff.)

Heute ist das Wetter schön und die Kinder spielen vor dem Haus Fußball. Sie mac... viel Lä... und stö... die Nach... . Ein Ma... schaut a... dem Fen... . Er i... wütend u... ruft: “Ge... weg! I... dürft hi... vorne ni... spielen. D... ist verb... .“ (Vgl. Baur/Meder 1989:123)

Vorschläge: Mehrsprachigkeit als Bereicherung ansehen Herkunftssprache als wichtige Ressource für das Lernen betrachten Eltern in die Schule miteinbeziehen zweisprachige LehrerInnen Raum für Kooperation, Experimente

bessere Rahmenbedingungen schaffen, gutes Schulklima, Schulphilosophie auf die Bedürfnisse der zugewanderten SchülerInnen eingehen, Muttersprache und Herkunftskultur im Schulalltag berücksichtigen Schule soll so gestaltet sein, dass sich auch Schülerinnen aus sprachlichen Minderheiten gerne und aktiv am Unterricht beteiligen

Literatur: DJI-Projekt „Kulturenvielfalt: Treffpunkt deutsche Sprache. München. 2001. www.dji.de/bibs/DJI_SprachfoerderTagg.pdf Haug, Sonja: Zum Verlauf des Zweitspracherwerbs im Migrationskontext Kniffka, Gabriele und Siebert-Ott, Gesa: Deutsch als Zweitsprache. Paderborn, 2007. Hopf, Dieter: Zweisprachigkeit und Schulleistung bei Migrantenkindern. Z.f.Päd. 51. Jahrgang 2005, Heft 2. Limbrid, Christina und Stranat, Petra: Sprachförderung bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund: Ansätze und ihre Wirksamkeit. In: Baumert, Jürgen (Hg.): Herkunftsbedingte Disparitäten im Bildungswesen: Differenzielle Bildungsprozesse und Probleme der Verteilungsgerechtigkeit. Wiesbaden, 2006. Siebert-Ott, Gesa: Zweisprachigkeit und Schulerfolg: Die Wirksamkeit von Schulischen Modellen zur Förderung von Kindern aus zugewanderten Sprachminderheiten. Soest, 2001² Söhn, Janina: Zweisprachiger Schulunterricht für Migrantenkinder. Ergebnisse der Evaluationsforschung zu seinen Auswirkungen auf Zweitspracherwerb und Schulerfolg. AKI-Forschungsbilanz. Berlin, 2005. http://www.wzb.eu/zkd/aki/files/aki_forschungsbilanz_2_kurz.pdf