Kognition und Lernen
Kognition und Lernen sind zentrale Konzepte der pädagogischen Psychologie → Forschung zu diesen Themen führte zu Fortschritten im fundamentalen wissenschaftlichen Verständnis und in der Praxis.
Unterschiedliche Perspektiven In den pädagogischen Theorien und in der Praxis gibt es unterschiedliche Traditionen, die aus unterschiedlichen Perspektiven stammen. → 3 allgemeine philosophische und erkenntnistheoretische Perspektiven, die die psychologische Forschung beeinflusst haben
Unterschiedliche Sichtweisen Empirismus: betont den Zusammenhang von Wissen mit Erfahrung - Erkenntnis aus Sinneserfahrungen - Locke, Thorndike → Assoziationismus (Locke, Hume) → Konnektivismus (Rumelhart, McClelland)
Unterschiedliche Sichtweisen Rationalismus: - betont den konzeptuellen Zusammenhang von Wirklichkeit - Vernunft als Erkenntnismittel, vernünftige Schlussfolgerung - Descartes → Gestaltpsychologie (Wertheimer, Koffka, Köhler, Lewin) → Konstruktivismus (Piaget) → Informationsverarbeitungstheorien
Unterschiedliche Sichtweisen Pragmatismus + Soziohistorismus: Wissen wird in praktischen Aktivitäten von Gruppen aus Personen konstruiert → Interaktion miteinander und mit ihrer Umwelt Theoriebildung und Veränderung durch gelebte Erfahrung Pragmatismus: Dewey, Mead Soziohistorismus: Vygotzky → psycho-ökologische Wahrnehmungstheorie (J.J. Gibson)
Behavioristische Perspektive Kognitive Perspektive Situative Perspektive 3 Themen aus der Theorie von Kognition und Lernen → Wissen → Lernen = Prozess, in dem Wissen vergrößert oder verändert wird → Transfer = Prozess, in dem Wissen in neuen Situationen angewendet wird
Behavioristisch/Empiristische Perspektive Wissen = Akkumulation von Assoziationen und Bestandteilen von Fertigkeiten → Wissen als Besitz von Assoziationen - Sinneseindrücke, die Wahrnehmung und Konzepte verbinden - Stimulus-Reaktions-Assoziationen (Tolman, Skinner, Guthrie, Hull) - Wissen ist eine Reflexion von Erfahrungen.
Behavioristisch/Empiristische Perspektive Lernen = Prozess, in dem Assoziationen und Fertigkeiten erworben werden → Bildung, Vergrößerung und Anpassung der Assoziationen Erforschte Prozesse: → Konditionierung von Reflexen (Klassische Konditionierung) → Verstärkung von Stimulus-Reaktions-Assoziationen (Operante Konditionierung) → Bildung von Assoziationen zwischen verbalen Einheiten, z.B. Lernen von Wortlisten
Behavioristisch/Empiristische Perspektive Transfer Hängt davon ab, wie viele und welche Arten von Assoziationen, die in der neuen Situation benötigt werden, in einer vorherigen Situation erworben wurden. Reaktionen, die durch Assoziationen mit einem Stimulus gelernt wurden, können besser auf möglichst ähnliche Stimuli generalisiert werden. → Thorndike, Osgood
Kognitive/Rationalistische Sichtweise Wissen: = Verstehen und erstellen von Konzepten und Theorien in verschiedenen Bereichen, allgemeine kognitive Fähigkeiten, wie logisches Denken, Planen, Problemlösen und Sprache lernen Themen in der Forschung: Schemata für Verstehen und logisches Denken in der kognitiven Entwicklung (Piaget) Entwicklung des Verständnisses von allgemeinen Konzepten Informationsverarbeitung und Problemlösen (Kintsch & van Dijk, 1978; Newell & Simon, 1972) Intelligenztheorien (Spearman; Thurstone; Gardner) Metakognition (Brown; Chi) Epistemologische Überzeugungen
Kognitive/Rationalistische Sichtweise Lernen: = Entwicklung von Konzepten, Reorganisation von Konzepten und Entwicklung von allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, wie z.B. Problemlösungsstrategien → Konstruktivismus: Verstehen wird durch einen aktiven Prozess, in dem Konstruktion stattfindet, erreicht (Piaget) Forschungsthemen: Konzeptuelles Verständnis fördern durch aktives Einbeziehen in Diskussionen (Lampert) Erlernen von Problemlöseprozeduren (VanLehn; Chi; Newell; Anderson)
Kognitive/Rationalistische Perspektive Transfer: = hängt von der mentalen Repräsentation in Form eines Schemas, das unabhängig von einer Situation gültig ist, ab (Gick & Holyoak; Bassok; Nisbett; Thagard) Oft problematisch! (Brown) Wichtiges Prinzip: Die Art, wie Probleme dargestellt werden, wirkt sich auf die Generalisierung aus.
Situative/ Pragmatisch-Soziohistorische Sichtweise Wissen: = besteht zwischen Menschen und ihrer Umgebung (Objekte, Werkzeuge, Bücher, Gemeinschaft, in der sie leben) (Gibson; Turvey) = Aktivitäten einer Gemeinschaft und Möglichkeit für Individuen sich daran zu beteiligen (Lave, Wenger) → Interaktion der Individuen mit anderen Menschen und mit physikalischen und technischen Systemen → Eingestellt sein auf Zwänge und Anforderungen der Aktivitäten eines Systems
Situative/ Pragmatisch-Soziohistorische Sichtweise Lernen: = Einstellen auf die Gegebenheiten der materiellen und sozialen Systeme mit denen eine Person interagiert (Turvey) = Teilnahme an den Praktiken einer Gemeinschaft (legitimate peripheral participation; apprenticeship) = Fähigkeiten erwerben, um an den Praktiken einer Gemeinschaft teilzuhaben (Lave, Wenger, Newman, Brown)
Situative/ Pragmatisch-Soziohistorische Sichtweise Transfer: schwierig, was Transfer ist: = Anwenden der neuen Praktiken innerhalb der Gemeinschaft = Anwenden der neuen Praktiken außerhalb der Gemeinschaft Viele Ressourcen, die in einer Gemeinschaft gelernt werden, können in einer anderen Gemeinschaft nicht angewendet werden. Transfer: Ressourcen danach ordnen, ob sie auch in einer neuen Umgebung erfolgreich eingesetzt werden können → erfordert soziale Fähigkeiten und Informationsverarbeitungsfähigkeiten → Damit Transfer möglich ist, müssen einige Zwänge und Anforderungen der Lern- und Transfersituation identisch sein.
Literatur - Greeno, J. G., Collins, A. M., & Resnick, L. B. (1996). Cognition and Learning. In D. C. Berliner & R. C. Calfee (Eds.), Handbook of Educational Psychology (pp. 15-46). N.Y.: Macmillan