III. Themen der Sozialpsychologie (8): Beziehungen zwischen Gruppen

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Sozialer Einfluss durch Minderheiten und Mehrheiten
Advertisements

Auf dem Weg zur Konversionstheorie
Sozialpsychologie = Beschreibt die Art, wie Menschen soziale Realität konstruieren, wie sich Einstellungen und Vorurteile bilden und verändert werden.
Gliederung Einleitung Das Vorurteil im Allgemeinen
Social Dominance Orientation and Intergroup Bias The Legitimation of Favoritism for High-Status Groups (Levin, 2002)
Empirische Forschung Empirisch = eine wissenschaftliche Vorgehensweise betreffend, die nicht auf theoretischen Begründungen, sondern auf nachvollziehbaren.
Pro-Skills-Hintergrundphilosophie
Die Registervariablen: Tenor of Discourse
"Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss" – Über (schulische) Erziehung Referenten: Björn Anton: Andy Caspar Michael.
Das Kontinuum-Modell von Fiske und Neuberg
Ist Intonation kategorial? Empirische Methoden und Evidenzen
Das ‚Perceptual Magnet Model‘ von Patricia Kuhl
Patrick Rössler Einführung in die Methoden der empirischen Kommunikationsforschung Vorlesung BA Kommunikationswissenschaft.
Gruppen und ihre Funktionen
Mehrheits- und Minderheitseinfluss aus Sicht der Theorie der Selbstkategorisierung Gerd Bohner.
III. Themen der Sozialpsychologie (7): Gruppenleistung
Seminar: Sozialer Einfluss durch Mehrheiten und Minderheiten
III. Themen der Sozialpsychologie (2): Emotionen und Stimmungen
Kooperation und Wettbewerb
1. Definitionen, Betrachtungsebenen und Gegenstandsbereiche
Persuasion als sequenzieller Prozess: Versuch der Integration von Unimodel und HSM Gerd Bohner
Soziale Urteilsbildung
Theorien der Aggression Teil III
S. Moscovici, E. Lage, M. Naffrechoux (1969)
Modellierungsmethoden in der Verhaltenstherapie
Schwerpunktprogramm (SPP) Netzbasierte Wissenskommunikation in Gruppen Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft Barrieren beim Wissensaustausch.
Reboundeffekte aus psychologischer Sicht: Theoretische Einbettung
Lebensraum Gruppe Was ist eine Gruppe bzw., aus wievielen
SE DOKO, Ines Neunhoeffer
Theorien, Methoden, Modelle und Praxis
Science und Gender Hat die Wissenschaft ein Geschlecht?
THE NEUROPHYSIOLOGY OF IMITATION AND INTERSUBJECTIVITY
Motivationale Faktoren des Informationsaustausches in Gruppen
Anke Mümken, Clemens Freytag, Wolfgang Keil & Ursula Piontkowski
Center for Environmental Systems Research, University of Kassel, Germany CliMA-Kolleg-Seminar am : Modell des sozialen Einflusses und des sozialen.
Straßenfußball für Toleranz
3. Aggression im Sport.
Religiöse Vielfalt – Bedrohung oder Chance?
Europäische Identitat?
Wie viele Beine hat dieser Elefant?
Vorbild – Selbstbild – Autorität
Industrienationen, der Tennisverein und mein Selbstwert
KULTUR TIM-99 Presented by : Carlos Zafrane Susi Andriani
Schadensminderung im Justizvollzug Zusatzmodul: Gefangene aus ethnischen Minderheiten Training Criminal Justice Professionals in Harm Reduction Services.
Evaluation der Präsentation der Ergebnisse. Fokus der Evaluation Sprach- und Spielnachmittage > an der Rodatal- Schule und an der GS „An der Saale“ Kinder.
Autoritarismus als generelle Gruppenprozesse.  Persönlichkeitsmerkmal von Adorno und Kollegen 1950 vorgeschlagen zur Erklärung von konservative Ideologien.
Sozialer Einfluss durch Minderheiten und Mehrheiten
Soziale Identität und Stress
Waldzus, S., Mummendey, A., & Wenzel, M. (2005)
The link between leadership and followership: How affirming social identity translates vision into action. Projektarbeit Sozialpsychologie: Soziale Identität.
Einfluss innerhalb und zwischen Gruppen
Einstellungsforschung mittels Umfragen: Einstellungsmodelle und empirische Evidenzen (Beispiel: Einstellungen zu Parteien und Politikern) Siegfried.
Bestrafung und Löschung
Proseminar aus Sozialpsychologie
Intergroup Aggression: Its Predictors and Disctinctness From In-Group Bias Sascha Poppitz Seminar: Aggression.
Sozialer Vergleich und Beziehungen zwischen Gruppen
“A Need-Based Model of Reconciliation: Satisfying the Differential Emotional Needs of Victim and Perpetrator as a Key to Promoting Reconciliation” Shnabel,
Schwerpunktprogramm (SPP) Netzbasierte Wissenskommunikation in Gruppen Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft Computervermittelte Informationsintegration.
Gliederung des Vortrages
Theoretischen und Empirischen Vertiefung im Fach Sozialpsychologie!
HEURISTIKEN.
Gruppe & Macht.
Hausaufgabe 1 Was ist Sozialpsychologie und wie unterscheidet sie sich von anderen, verwandten Disziplinen? Einführung
Seite Fallstricke: Stereotype und schulische Leistungen Aus- und Fortbildungsmodule zur Sprachvariation im urbanen.
Die klassischen Methoden der historisch-vergleichenden Forschung Universität Zürich Soziologisches Institut Seminar: Methoden des internationalen Vergleichs.
We are Family! Geschwister von Kindern mit Behinderung.
. Philipp Iten Stud. Sek. I 06 FHNW Aarau Posterdesign © Maria Spychiger Stephanie Stud.
Welche Bedeutung haben Stereotype und Vorurteile heute noch?
Stereotypes as Energy-Saving Devices
 Präsentation transkript:

III. Themen der Sozialpsychologie (8): Beziehungen zwischen Gruppen 1. Begriffe 2. Ältere Erklärungsansätze zu Intergruppenkonflikten 3. Minimalgruppen-Paradigma und Theorie der sozialen Kategorisierung 4. Abbau von Vorurteilen: Theorie und Anwendung 5. Bezug zu Grundprinzipien der SP © Gerd Bohner 2001

1. Begriffe Stereotyp – Vorurteil – Diskriminierung: Stereotyp = Meinungen ("beliefs") über die Charakteristika einer Gruppe und ihrer Mitglieder Vorurteil ("prejudice") = (meist negative) Einstellung gegenüber einer Gruppe und ihren Mitgliedern Diskriminierung = Verhalten gegenüber einer Gruppe und ihren Mitgliedern Interpersonales Verhalten  Intergruppenverhalten: Unterscheidung, wonach Personen (idealtypisch) entweder als Individuum oder als Mitglied einer Gruppe handeln (Tajfel) IG-Verhalten setzt die Augenfälligkeit von mindestens 2 sozialen Kategorien voraus, ist eher uniform und stereotyp © Gerd Bohner 2001

In Intergruppensituation immer vorhanden: Eigengruppe (EG) / "in-group" = Gruppe, der sich P zugehörig fühlt (mindestens eine) Fremdgruppe (FG) / "out-group„ Intergruppenverhalten: Das Verhalten, das Individuen , die Mitglied einer Gruppe sind, gegenüber Mitgliedern einer anderen Gruppe zeigen Intergruppenverhalten ist im Gegensatz zu interpersonalem Verhalten: härter, weniger auf Problemlösung ausgerichtet, besser vorhersagbar, uniformer © Gerd Bohner 2001

2. Ältere Erklärungsansätze zu Intergruppenkonflikten Autoritäre Persönlichkeit (Adorno et al., 1950) psychoanalytischer Ansatz; rigide Erziehung  Überkonformität; Aggressionsverschiebung auf Minderheiten F-Skala [ http://www.anesi.com/fscale.htm ] zunächst populär, aber als alleinige Erklärung kaum vereinbar mit Einflüssen der sozialen Situation und soziokultureller Normen Uniformität von Vorurteilen innerhalb Gesellschaften historischer Spezifität von Vorurteilen Sündenbocktheorie schlechte Wirtschaftslage  Gewalt gegen Minderheiten (z.B. "Lynchjustiz": Hovland & Sears, 1940) Erklärung: Frustrations-Aggressionshypothese: Aggression wird nicht zum Frustrator gezeigt, sondern umgelenkt © Gerd Bohner 2001

Experiment: Teilnehmern eines Lagers wurde der Ausgang gesperrt (Frustration), vorher und nachher wurden Einstellungen gegenüber Personen zweier Nationen erhoben, die waren zum zweiten Zeitpunkt negativer. Kritik: andere Experimente weniger eindeutig, relative Deprivation ist wichtiger als absolute, Verhalten, das durch Frustration bestimmt ist, ist nicht zielgerichtet, diese Annahme ist unhaltbar. © Gerd Bohner 2001

Anders in Theorie des realistischen Konflikts (Sherif) Problem der o.a. Ansätze: Keine theoretische Unterscheidung zwischen Intergruppen-Verhalten und individuellem Verhalten. Anders in Theorie des realistischen Konflikts (Sherif) Interessenkonflikt  Wettbewerbsorientierung; negative Diskriminierung der FG; Stärkung positiver Einstellungen zur EG; erhöhte Kohäsion Interessenübereinstimmung  Kooperation; positive Einstellungen zur Fremdgruppe Sherifs Feldstudien im Sommerlager ("Robbers Cave Studies", s. http://www.unt.edu/cpe/module1/resfile/res3-10.htm) 3 Phasen: Gruppenbildung – Wettbewerb – Konfliktreduktion früher Beleg, dass Kontakt bei übergeordneten Zielen zum Abbau von Vorurteilen und Diskriminierung beitragen © Gerd Bohner 2001

3. Minimalgruppen-Paradigma und Theorie der sozialen Kategorisierung Führt bloße Gruppenmitgliedschaft zu Intergruppenverhalten (auch ohne Konflikt)?  Experimente mit "minimalen Gruppen" (Tajfel et al., 1971) Minimalgruppen-Paradigma: Bildung von 2 "Gruppen" nach willkürlichen Kriterien (z.B. "Punktschätzung"; Losentscheid) Aufgabe: Anonym Punkte verteilen an anonyme Andere, von denen nur die Gruppenzugehörigkeit bekannt ist, z.B.: Mitglied 14 Gruppe A 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 Mitglied 23 Gruppe B 1 3 5 21 23 25 © Gerd Bohner 2001

Ergebnis: Tendenz zur relativen Bevorzugung der "Eigengruppe" (unter Verzicht auf absoluten Gewinn!) vielfach repliziert (obwohl weniger deutlich bei Zuweisung negativer Ergebnisse (Mummendey et al., 1992) Erklärungsversuche: Normen: Vorhandensein von Gruppen aktiviert "Wettbewerbs-norm" – aber: unklar, warum andere Normen (Fairness, Equity) nicht überwiegen Tendenz zur Akzentuierung von Unterschieden zwischen Kategorien ("kategoriale Differenzierung"). Gut belegt, auch bei physischen Stimuli (gleichzeitig Homogenisierung innerhalb jeder Kategorie) – aber: Asymmetrie zugunsten der EG bleibt unklar Eigeninteresse: Erwartung, dass andere ihre EG begünstigen = implizite Norm, ebenso zu handeln – gemischte Befunde © Gerd Bohner 2001

Theorie der sozialen Identität / sozialen Kategorisierung (Tajfel; Turner). Grundannahmen: Personen strukturieren die Welt nach Kategorien  Minimierung intrakategorialer Unterschiede und Betonung interkategorialer Unterschiede. Da Personen selbst Mitglieder sozialer Kategorien sind, ergeben sich Unterscheidungen in EG und FG ("wir" – "die") mit motivationaler und affektiver Bedeutung für das Selbst. Hieraus ergibt sich: 1. Intergruppen-Akzentuierung: EG-Mitglieder werden als dem Selbst ähnlicher wahrgenommen als FG-Mitglieder 2. EG-Favorisierung: Generalisierung positiver Gefühle / Einstellungen innerhalb der EG 3. sozialer Wettbewerb: Sozialer Vergleich verbunden mit Wahrnehmung negativer Interdependenz zwischen EG und FG © Gerd Bohner 2001

Theorie der sozialen Kategorisierung bietet Erklärung für EG-Favorisierung auch (und gerade) bei minimalen Gruppen: Die Situation bietet zunächst keine Möglichkeit einer bedeutsamen sozialen Identifikation (willkürliche Gruppierung, Anonymität). Einzige Möglichkeit zur Herstellung einer positiven Gruppen-identität durch Bevorzugung der EG bei Zuweisung von Belohnungen. Ursprünglich Selbstwerterhöhung als zentrales Motiv. Nach neueren Befunden kaum haltbar (Rubin & Hewstone, 1998): Mitglieder von Gruppen mit höherem Status diskriminieren stärker. Geringer Selbstwert als Anfangsbedingung führt nicht zu mehr Diskriminierung. Trotz dieser Einschränkung bietet die Theorie eine gute Erklärung für Intergruppenverhalten. © Gerd Bohner 2001

Handlungsmöglichkeiten von Personen in statusniedrigen Gruppen Gruppe verlassen (soziale Mobilität) Wettbewerb Vergleich mit untergeordneter Gruppe Vergleich auf anderen Dimensionen Ablehnung der Werte © Gerd Bohner 2001

4. Abbau von Vorurteilen: Theorie und Anwendung Die Kontakthypothese (Allport, 1954): Unter geeigneten Bedingungen führt Kontakt zwischen Mitgliedern verschiedener Gruppen zur Reduktion von Feindseligkeit und Vorurteilen. Bedingungen: Institutionelle Unterstützung / Norm der Toleranz Möglichkeit des persönlichen Kennenlernens Statusgleichheit Kooperation Empirie: Interventionsstudien im Feld (z.B. Wohnprogramme; Schule) Laborexperimente ("Miniaturversionen" der Robbers Cave Studie) © Gerd Bohner 2001

Hauptproblem: Generalisierung Ergebnisse belegen die Bedeutung der von Allport beschriebenen Bedingungen; aber: Effekte oft gering und von kurzer Dauer. Hauptproblem: Generalisierung Herstellung der "geeigneten Bedingungen" im Alltag oft unmöglich, politisch-historische Situation entscheidend (z.B. Nordirland; Südafrika) Generalisierung der geänderten Einstellungen zu individuellen Fremdgruppenmitgliedern auf die Fremdgruppe als Ganze ist fraglich: Die Personen, mit denen man Kontakt hat, werden oft als "Ausnahmen von der Regel" angesehen – Problem der Unterkategorisierung ("subtyping") © Gerd Bohner 2001

Vpn geben Urteile ab über Exkurs: Unterkategorisierung kann sogar zur Verstärkung des Stereotyps führen (Bless et al., 2001): Vpn geben Urteile ab über die Gruppe der Sinti und Roma ein Mitglied der Gruppe namens Goran Bampa Zuvor Information über G.B.: teilweise stereotyp-konsistent (z.B. traditionsbewusst; musikalisch), teilweise stereotyp-inkonsistent (z.B. seit langem sesshaft am selben Ort) 3 Bedingungen mit verschiedenen Vorlauffragen: Inklusion: "Wie gut ist G.B. in die Kultur der Sinti und Roma integriert?" (sehr gut / gut / schlecht / gar nicht) Exklusion: "Ist G.B. ... Asylbewerber / Roma, aber eine Ausnahme / Deutscher / Staatenloser "? keine Vorlauffrage (Kontrollbedingung) AV: Stereotypikalität der Beurteilung ("kriminell", "abergläubisch") © Gerd Bohner 2001

Beurteilung einer Gruppe und eines untypischen Mitglieds (Bless et al © Gerd Bohner 2001

Wie kann Generalisierung erreicht werden?  Kombination von Kontakthypothese und Theorie der sozialen Kategorisierung 3 alternative Ansätze: Dekategorisierung Rekategorisierung wechselseitige Differenzierung Literatur zur Vertiefung: Brewer, M. B,, & Gaertner, S. L. (2001). Toward reduction of prejudice: Intergroup contact and social categorization. In R. Brown & S. Gaertner (Eds.), Blackwell handbook of social psychology (Vol 4: Intergroup Processes, pp. 451-472). Oxford, UK: Blackwell. © Gerd Bohner 2001

Dekategorisierungs-Ansatz (Brewer & Miller, 1984): Augenfälligkeit sozialer Kategorien minimieren! These: Wiederholter kooperativer (etc.) Kontakt mit FG-Mitgliedern auf interpersoneller Ebene unterminiert Relevanz des FG-Stereotyps  andere werden nicht mehr als Gruppenmitglieder, sondern als Individuen beurteilt. Evidenz: Experiment: Personalisierter Kontakt hat Effekte auf Beurteilung anderer Individuen aus der FG (Miller, Brewer & Edwards, 1985) Umfragestudien ("Eurobarometer"): Freundschaften mit FG-Mitgliedern positiv korreliert mit Einstellungen gegenüber ImmigrantInnen aus derselben FG; Generalisierung auf Einstellungen zu Mitgliedern anderer FGn, reduzierter Nationalstolz (Pettigrew: "Deprovinzialisierung") © Gerd Bohner 2001

Aus zwei Gruppen eine machen! Rekategorisierung: Modell der "gemeinsamen Eigengruppen-Identität" (Gaertner & Dovidio, 2000): Aus zwei Gruppen eine machen! These: Schaffung einer neuen, übergeordneten EG-Identität  andere werden nicht mehr als FG-Mitglieder, sondern als EG-Mitglieder beurteilt. Evidenz: Experiment: Betonung einer gemeinsamen Gruppenidentität + Kooperation führt zu positiverer Beurteilung der FG-Mitglieder; Effekt vermittelt über Wahrnehmung als eine Gruppe (Gaertner et al., 1990) Umfragestudien: unterstützende korrelative Befunde u.a. bei SchülerInnen einer multiethnischen Schule; Bankangestellten nach einer Fusion (s. Gaertner et al., 1996) © Gerd Bohner 2001

Problem beider o. a. Modelle: Dekategorisierung bzw Problem beider o.a. Modelle: Dekategorisierung bzw. Rekategorisierung ist kaum über längere Zeit aufrecht zu erhalten. Warum? Personen streben nach "optimaler Distinktheit" ihrer sozialen Identität (Brewer, 1991)  Vorliebe für soziale Kategorisierung auf mittlerer Ebene soziale Struktur unterstützt oft die alten Kategoriengrenzen (z.B. segregiertes Wohnen) © Gerd Bohner 2001

Gestaltung der Kontaktsituation als Intergruppen-Situation! Alternative: Modell der "wechselseitigen Differenzierung" (Hewstone & Brown, 1986): Gestaltung der Kontaktsituation als Intergruppen-Situation! These: Kooperation bei hoher Augenfälligkeit der ursprünglichen Kategorien  Entstehung positiver (statt negativer) Interdependenz; insbesondere Generalisierung wird erleichtert. Evidenz: Brown & Wade (1987): Positivere Effekte einer kooperativen Aufgabe, wenn Mitglieder verschiedener Gruppen auch unterschiedliche Rollen übernehmen / Teilaufgaben bearbeiten Konsistent hiermit auch Wilder (1984): Kontakt erfolgreicher, wenn andere Person als typisches Mitglied der FG angesehen wird. © Gerd Bohner 2001

Schlüsseluntersuchung (Wilder, 1984): Vpn sind Studentinnen aus rivalisierenden Colleges; Aufgabe: Kooperation mit Frau aus dem anderen College. Design: 2 x 2 [x 2] mit den Faktoren Typikalität der Zielperson (niedrig, hoch) Verhalten der Zielperson (angenehm, unangenehm) [College] + Kontrollgruppe ohne Kontakt AVn: Bewertung der FG; Stereotypen über FG Hypothesen: Bei unangenehmer Interaktion generell negativer Effekt Bei angenehmer Interaktion und untypischer Zielperson kein Effekt Bei angenehmer Interaktion und typischer Zielperson positiver Effekt © Gerd Bohner 2001

Bewertung einer Fremdgruppe nach Kooperation mit einem FG-Mitglied (Wilder, 1984) angenehm unangenehm © Gerd Bohner 2001

Zentraler Befund: Auf beiden Bewertungs-Variablen unterscheidet sich allein die "angenehm + typisch"-Bedingung von der Kontrollbedingung Aber: Keine entsprechenden Effekte auf Stereotypikalität von Meinungen über die FG (wenn überhaupt, eher Bestätigung des Stereotyps in den "typisch"-Bedingungen). Folgeuntersuchung (Exp. 3): Einfluss der Typikalität evtl. über wahrgenommene Repräsentativität des Verhaltens der Zielperson vermittelt: Bei hoher Typikalität wird genauere Vorhersage des Verhaltens anderer FG-Mitglieder möglich. Fazit zu neueren Varianten der Kontakthypothese: Alle vorgeschlagenen Vorgehensweisen sind wirksam (und können kombiniert werden); Generalisierung scheint Wahrnehmung von Typikalität vorauszusetzen. © Gerd Bohner 2001

Anwendungsbeispiel: "Jigsaw Classroom" = Gruppenarbeit in interdependenten multi-ethnischen Gruppen (Aronson & Patnoe, 1997) http://www.jigsaw.org/ Effekte: Reduktion von Vorurteilen bessere Leistungen höherer Selbstwert mehr positive interethnische Interaktionen außerhalb der Klasse © Gerd Bohner 2001

5. Bezug zu Grundprinzipien der SP Soziale Konstruktion der Realität: Gruppen dienen der Konstruktion sozialer Identität und der Abgrenzung von anderen (Minimalgruppen-Paradigma!). Universalität sozialer Einflüsse: Soziale Kategorien sind in fast jeder Situation augenfällig und wirksam. Motive: Soziale Kategorisierung hilft bei der Organisation von Wissen (Kontrolle) und schließt positive soziale Identität ein (Verbindung mit anderen; Selbstwert). Verarbeitungsprinzipien: Unterschiede in der Verarbeitungstiefe spielen in Forschung zum Intergruppenverhalten bisher eine geringe Rolle. Konservatismus zeigt sich in der Resistenz von Stereotypen gegen Änderung. © Gerd Bohner 2001