Biologisch wirksame Zusatzstoffe in der Abwasserreinigung

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 Präsentation transkript:

Biologisch wirksame Zusatzstoffe in der Abwasserreinigung Biologisch wirksame Zusatzstoffe in der Abwasserreinigung..... .....ein kurzer Überblick Dr. Hilde Lemmer Bayerisches Landesamt für Umwelt München lemmer@oec.net

Inhalt Was sind „biologisch wirksame Zusatzstoffe“? Bakterienpräparate, Enzympräparate mit und ohne Bakterien, Vitamine, Spurenelemente, Tenside, Aktivatoren und sonstige Substanzen mit Angaben zu Wirkung und notwendigen Maßnahmen zum erfolgreichen Einsatz Und was ist ohne Dosierung zu erreichen? Schlussbemerkung und Ausblick

Was sind biologisch wirksame Zusatzstoffe? Hilfsmittel mit Wirkung auf abwasserbürtige Biozönosen zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit im Hinblick auf Steigerung der Abbauleistung für spezifische Parameter Abbau von schwer abbaubaren Problemstoffen Abfangen von Belastungsspitzen Verbesserung der Absetzeigenschaften Verminderung des Schlammanfalls Erhöhung der Ausbeute an Faulgas d.h. direkte Einflussnahme auf physikalisch-chemische Parameter bzw. Stoffwechsel oder Ökologie des Belebtschlamms

Bakterienpräparate Bereitstellung von Stoffwechselspezialisten bei Belastungsspitzen Einbruch der Reinigungsleistung Abbauproblemen mit schwer abbaubaren Stoffen zur Förderung der Nitrifikationsleistung Steigerung der Methanausbeute Verminderung von Überschussschlamm

Bakterienpräparate- Maßnahmen zum erfolgreichen Einsatz Vorkultivierung oder Weiterkultivierung der zugegebenen Bakterien  ausreichende Wachstumsrate/Konzentration im Reaktor Auswahl der „richtigen Bakterien“, d.h. solche, die hinsichtlich der Art des Substrats/Substratkonzentration konkurrenzfähig sind hinsichtlich der Aufenthaltszeit konkurrenzfähig sind Einbettung der Bakterien in/auf Trägermaterialien zum Schutz gegen Auswaschung und Fressfeinde

Nitrifikanten fixiert auf Trägermaterial www.levapor.com

Bakterien fixiert in Alginatkugeln andernfalls droht „grazing“ www.typo3.schlaun-gymnasium.de/uploads/pics/kohlenhydrate.jpg Bakterien fixiert andernfalls droht „grazing“ in Alginatkugeln Beispiel Denitrifikation Zudosierte Zellen von Microvirgula denitrificans, von Glockentieren verspeist

Enzympräparate mit und ohne Bakterien Einsatz von hydrolytischen Enzymen (Hydrolasen) wie Carbohydrasen, Cellulasen, Proteasen, Lipasen ... zur Verminderung der Faulschlammmenge Steigerung der Methanausbeute Förderung des Abbaus lipophiler Stoffe Lösung von Verzopfungen

Enzympräparate - Maßnahmen zum erfolgreichen Einsatz Einbettung der Enzyme in Trägermaterialien zum Schutz gegen bakteriellen Abbau und Auswaschung Auswahl der „richtigen Enzyme“ im Hinblick auf die jeweilige Problemstellung, z.B. Cellulasen (Verzopfungen), Lipasen (Fette, Schwimmdecken), Proteasen (Zellen, EPS) wegen unklarer Rezepturen oft Voruntersuchungen notwendig Zugabe von Enzymen in geeigneter Konzentration an geeigneter Dosierstelle mit guter Einmischung Beispiel Faulschlamm: zur Schlammmengenreduktion sowie zur Erhöhung der Gasausbeute etwa 700 mg/kg oTR

Immobilisierung von Biokatalysatoren http://www.fzk.de; aus Hartmeier 1986

Auswahl der „richtigen Enzyme“ Kohlenhydrat spaltende Carbohydrasen Trichoderma reesei, Cellulase-Produzent genome.jgi-psf.org/img/trire.jpg Auswahl der „richtigen Enzyme“ Kohlenhydrat spaltende Carbohydrasen Cellolosefasern spaltende Cellulasen Fett spaltende Lipasen Proteine spaltende Proteasen Zugabe von Enzymen in geeigneter Konzentration an geeigneter Dosierstelle mit guter Einmischung Beispiel Faulschlamm: Reduktion der Schlammmenge/Erhöhung der Gasausbeute etwa 700 mg/kg oTR Barjenbruch et al. 2001,Burbaum et al. 2002

Gestatten, Trichoderma reesei! Ein Pilz als Cellulase-Produzent! Gestatten, Trichoderma reesei! genome.jgi-psf.org/img/trire.jpg

Vitamine und Spurenelemente Katalyse und Steuerung von Stoffwechselprozessen zur Leistungssteigerung Verminderung von Überschussschlamm

Vitamine - Maßnahmen zum erfolgreichen Einsatz Zugabe in geeigneter Konzentration und stabilisierter Form Aber: Vitamine im Medium Belebtschlamm sind in hoher Konzentration vorhanden (viele Patente über Belebtschlamm als Vitamin-Quelle) Nachgewiesener Vitamin-Mangel besteht nur selten, z.B. in Industrie-Abwasser z.B. Thiamin in der Papierindustrie (Lemmer et al. 1998) Dosierung ohne Auswirkungen

Tensid- Präparate Tenside an Grenzflächen beeinflussen Oberflächenspannung und fördern Emulgierung zur Verbesserung des Abbaus von hydrophoben Substanzen (Fette, Kohlenwasserstoffe) Verbesserung der Belüftung durch kleine Luftblasen (Verringerung des Zusammenfließens von Luftblasen = (Koaleszenz) Verminderung von Überschussschlamm durch die Auflösung der Zellen von Organismen http://web.mit.edu/nnf/education/wettability/foam_0001.jpg www.chm.bris.ac.uk/pt/colloid.gif

Tenside: Konzentration und Wirkung Zulauf BB Konz.Erhöhung nach Dosierung Wirkung 10-20 mg/l Swisher 1987 0,17-1,43 mg/l Wittau 2005 Emulsion 10-30 mg/l Trehaloselipid Pagilla et al. 2002 ± - Erhöhung Zellwand-Gängigkeit 40 mg/l „Tensid“ Özoguz und Räbiger 1994 Zell-Lyse (Prokaryoten) 50-100 mg/l Triton/SDS Tsuchido et al. 1990 Kitatsui et al. 1996 Vermeidung Koaleszenz 6-14 mg/l Polyglycolether Grau 2006 + Dosierung ohne Auswirkungen

Und was ist ohne Dosierung zu erreichen? Veränderte Prozessführung wie....... Tolerierung einer Anlaufphase der Bakterien, die schon vor Ort sind (autochthone Bakterien) Anreicherung von Nitrifikanten durch eine veränderte Prozessführung (z.B. Erhöhung des spezifischen Schlammalters mit Aufwuchskörpern = Trägermaterialien) Erhöhung der Aktivität hydrolytischer Enzyme durch Veränderung des Redoxpotentials (z.B. sulfidogenes Milieu) Schlammstabilisierung im aeroben oder anaeroben Milieu ....macht den Einsatz von Hilfsmitteln in vielen Fällen entbehrlich !

Schlussbemerkung ....... Bakterien- und Enzympräparate Wirkung und Wirknachweis sind im Prinzip naturwissenschaftlich nachvollziehbar Vitamine/Spurenelemente/Tenside/Aktivatoren Wirkung aufgrund der bereits im Reaktor vorliegenden Konzentrationen unwahrscheinlich Mangelsituation allenfalls im Industriebereich denkbar Wirknachweis wegen unklarer Rezepturen und/oder nicht quantifizierbarer Stoffwechselvorgänge naturwissenschaftlich oft nicht nachvollziehbar

...und Ausblick Kommunaler Bereich Industriebereich Die vorliegenden Belebtschlamm-Organismen sind bei guter Pflege stoffwechselaktiv und anpassungsfähig! Bevor Hilfsmittel eingesetzt werden, immer zuerst an eine Anlagen-Optimierung hinsichtlich Wartung, Betrieb und Fahrweise denken! Industriebereich Ein Einsatz an Zusatzstoffen kann erwogen werden, wenn einseitige Zusammensetzung der Abwasser-inhaltsstoffe und/oder schwer abbaubare Stoffe vorliegen Trotzdem ist immer auf naturwissenschaftliche Nachvollziehbarkeit der Anwendung zu achten

Und zu guter Letzt: Meinungsumfrage bei Präparate-Bakterien Oh Gott, wenn wir das gewusst hätten, wären wir lieber im Labor geblieben! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!