Versöhnung durch Verständigung – Einführung in die Sprachphilosophie Universität zu Köln Philosophisches Seminar Wintersemester 2010/11 Dozent: Dr. Markus Wirtz Proseminar : Versöhnung durch Verständigung – Einführung in die Sprachphilosophie von Jürgen Habermas
Textgrundlage: Jürgen Habermas: Rationalitäts- und Sprachtheorie. Philosophische Texte Band 2. Suhrkamp : Frankfurt a.M. 2009, darin: „1. Hermeneutische und analytische Philosophie“, S. 29-41; „3. Rationalität der Verständigung“, S. 105-117; „4. Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft“, S. 146-160.
Weitere thematisch einschlägige Schriften von Habermas: Nachmetaphysisches Denken. Philosophische Aufsätze. Frankfurt a.M. 1988, darin: „4. Handlungen, Sprechakte, sprachlich vermittelte Interaktionen und Lebenswelt“, S. 63-104 Theorie des kommunikativen Handelns. Frankfurt a.M. 1995 (1981) Band 1: Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung Band 2: Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft
Zuordnung des Seminars zu Modulen: BA - BM4 - Erkenntnis- oder Sprachphilosophie - Proseminar LA HR/SoPäd - M3.3 - Erkenntnis- und Sprachphilosophie - Proseminar LA GyGe - BM3 - Proseminar Magister/Sek II/Diplom - Proseminare - Bereich B
Modalitäten für den Scheinerwerb: Bachelor: 1 Credit Point für regelmäßige, dokumentierte Anwesenheit 2 Credit Points für die Anfertigung einer kleinen schriftlichen Arbeit (2-3 Seiten) = aktive Teilnahme 3 Credit Points für ein Referat mit Thesenpapier oder eine schriftliche Arbeit (5-7 Seiten) 4 Credit Points für Hausarbeit (10-15 Seiten) oder Klausur Magister: dokumentierte Teilnahme (unbenotet) benoteter Leistungsnachweis: Hausarbeit, Klausur oder mündliche Prüfung
Lehrämter: dokumentierte Anwesenheit Teilnahmenachweis (TN, aktive Teilnahme) = kleine schriftliche Arbeit (Essay) im Umfang von 2-3 Seiten Leistungsnachweis (LN) = Hausarbeit, Klausur oder mündliche Prüfung
mwirtz@uni-koeln.de Homepage: E-Mail-Adresse: www.philosophie.uni-koeln.de/dozenten/#lehrbeauftragte Sprechstunde: nach Vereinbarung in Raum 4.015
Seminarprogramm: 02. 11. 10: „1. Hermeneutische und analytische Philosophie“, S. 29-41 Die Sprachphilosophie Wilhelm v. Humboldts 09. 11. 10: „1. Hermeneutische und analytische Philosophie“, S. 41-52 Heidegger versus Frege und Wittgenstein
16. 11. 10: „1. Hermeneutische und analytische Philosophie“, S. 52-69 Sprachpragmatik (Apel) versus Hermeneutik (Gadamer) 23. 11. 10: „3. Rationalität der Verständigung“, S. 105-117 Wurzeln der Rationalität: Epistemische, teleologische und kommunikative Rationalität
30. 11. 10: „3. Rationalität der Verständigung“, S. 117-127 Modalitäten des Sprachgebrauchs: kommunikativer vs. nichtkommunikativer Sprachgebrauch; einverständnisorientierter vs. verständigungsorientierter Sprachgebrauch 07. 12. 10: „3. Rationalität der Verständigung“, S. 127-145 Kommunikatives vs. strategisches Handeln; kommunikative Rationalität und sprachliche Welterschließung; pragmatische Bedeutungstheorie
14. 12. 10: „4. Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft“, S. 146-166 Von der kosmologischen Idee der Welteinheit zur pragmatischen Unterstellung einer gemeinsamen objektiven Welt Von der Idee der Freiheit als Postulat der praktischen Vernunft zur pragmatischen Unterstellung der Rationalität zurechnungsfähiger Aktoren
11. 01. 11: „4. Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft“, S. 166-180 Von der Transzendierung alles Bedingten auf ein Unbedingtes zur Unbedingtheit der im kommunikativen Handeln erhobenen Geltungsansprüche Von der Vernunft als ,oberstem Gerichtshof aller Rechte und Ansprüche‘ zum rationalen Diskurs als dem nicht hintergehbaren Forum möglicher Rechtfertigung
18. 01. 11: „4. Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft“, S. 180-194 25. 01. 11: „4. Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft“, S. 194-207 01. 02. 11: Klausur
Mögliche Themen für Referate: Die Sprachphilosophie von W. v. Humboldt Kritische Theorie (Horkheimer, Adorno) Transformationsgrammaik (Chomsky) Sprechakttheorie (Austin, Searle) Hermeneutik (Gadamer) Existentialontologie (Heidegger) logische Semantik (Frege) analytische Sprachphilosophie (Carnap, Wittgenstein, Peirce, Quine, Davidson, Brandom)
Mögliche Themen für Referate: Transzendentalpragmatik (Apel) epistemische Wahrheitssemantik (Dummett) inferentielle Semantik (Sellars)
1. Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule 1924: Gründung des Frankfurter Instituts für Sozialforschung seit 1930: Direktorat Max Horkheimers Forschungsprogramm: Entwicklung einer marxistischen, aber interdisziplinär fundierten Gesellschaftstheorie unter den veränderten Bedingungen des Kapitalismus im 20. Jahrhundert 1932-1941: Zeitschrift für Sozialforschung 1933-45: während der NS-Zeit Emigration des Instituts zunächst nach Genf, später nach New York Bedeutende Theoretiker der Frankfurter Schule: Walter Benjamin, Erich Fromm, Otto Kirchheimer, Leo Löwenthal, Herbert Marcuse, Franz Neumann, Friedrich Pollock
1947: Max Horkheimer und Theodor W 1947: Max Horkheimer und Theodor W. Adorno verfassen die Dialektik der Aufklärung. Konstatierung einer universellen Verfallsgeschichte der Vernunft vom griechischen Mythos bis zum Faschismus Verabschiedung des ursprünglichen Programms einer praktisch-politisch ausgerichteten Sozialwissenschaft 1951: Neubegründung des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt seit 1955: Erscheinen der Frankfurter Beiträge zur Soziologie Hauptvertreter der « zweiten (bzw. dritten) Generation » der Frankfurter Schule: Jürgen Habermas (* 1928), Alfred Schmidt (* 1931), Axel Honneth (* 1949)
2. Der gesellschaftstheoretische Ansatz von Jürgen Habermas im Kontext der Kritischen Theorie Seit den 1960er Jahren Versuch einer breit angelegten Rekonstruktion der Kritischen Theorie unter sprachphilosophischen bzw. kommunikationstheoretischen Vorzeichen 1981: Hauptwerk Theorie des kommunikativen Handelns Absicht: Klärung der Grundlagen menschlicher Vergesellschaftung mittels des Konzepts der kommunikativen Rationalität An die Stelle des Marxschen Basis-Überbau-Modells tritt die Dichotomie von System und Lebenswelt
Kern der Habermasschen Gesellschaftskritik: Kommunikative Rationalität soll unzulässigen Übergriffen des Systems in die Lebenswelt entgegen wirken Sprache wird von Habermas vom Gespräch her verstanden → hermeneutischer Ansatz Übertragung auf die Gesellschaftstheorie: Ebenso wenig wie Sprache lässt sich Gesellschaft aus den Handlungsabsichten einzelner Individuen verständlich machen, sondern vielmehr nur aus deren Interaktionen. Individuen agieren immer innerhalb eines gesellschaftlich vorgegebenen Handlungsrahmens.
3. Sprachphilosophische Strömungen im 20. Jahrhundert Hermeneutische Tradition (Dilthey, Gadamer, Heidegger, Ricoeur) Analytische Tradition (Frege, Russell, Wittgenstein) Strukturalistische/semiotische Tradition (Peirce, Saussure, Barthes, Derrida)
wachsende Bedeutung des Kommunikationsbegriffs im 20. Jahrhundert Kommunikation als Vorgang des ,Gemeinsam-Werdens’ von Etwas (unabhängig davon, was dieses Etwas ist, für wen und wie es gemeinsam wird) Auf dem Weg zu einer technokratischen Informationsgesellschaft, in der nur noch die Geschwindigkeit der Datenzirkulation zählt? (Paul Virlio) Humanisierung des Kommunikationsbegriffs durch Habermas’ Konzept kommunikativer Rationalität Als Paradigma der Kommunikation gilt nicht länger das Verhältnis von Sendung und Empfang, sondern der intersubjektive Dialog zwischen Menschen mit dem Ziel rationaler Verständigung