Aggression im Straßenverkehr

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 Präsentation transkript:

Aggression im Straßenverkehr Universität zu Köln, WS 04/05, Pädagogisches Seminar, Prof. Dr. Rüppell Eine Präsentation von: Joanna Babicz, Ewa-Anna Rosik und René Widmer

Filmbeispiele 1 – Dauer ca. 3 Min.

0. Gliederung / Übersicht 1. Definition von Aggression 2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr 3. Evolutionsbiologische Aggressionstheorien 4. Beziehung Mensch – Auto 5. Emotionen im Verkehr: I. Ursachen, II. Moderatoren, III. Folgen 6. Persönlichkeit 7. Fahrverhalten

1. Was ist Aggression?  Aggression ist ein physisches oder verbales Verhalten, mit dem intendiert wird, eine andere Person zu verletzen, ihr Schaden oder wenigstens ein unangenehmes Befinden zuzufügen. (ANDERSON & BUSHMAN, 2002) • Feindselige Aggression, die eine Reaktion auf hervorgerufenen Ärger darstellt. • Instrumentelle Aggression, bei der durch die aggressive Episode ein anderes Ziel verfolgt wird.  im Alltag schwer voneinander zu trennen.  Genauere Unterscheidung der beiden o. g. Aggressionsformen: • instrumentelle Aggr.: Ein Fahrer, der aufgrund eines Termins unter Zeitdruck steht, versucht durch bestimmte Fahrweisen, wie z.B. dichtes Auffahren, den Vorausfahrenden zum Ausweichen zu bewegen. • feindselige Aggr.: Wenn der Vorausfahrender nicht wie beabsichtigt reagiert, kann dies spontan in Ärger umschlagen.

1.1 Entstehender Ärger  Ärger ist ein mit der Aggression eng verbundenes Konstrukt und eine der acht universellen Grundemotionen, aus denen alle weiteren Emotionen entstehen. (Plutchik, 1984)  Im Zusammenhang mit der s.g. revidierten Frustrations-Aggressions-Hypothese ist das Entstehen von Ärger aufgrund vorhergehender Frustration maßgeblich für das Entstehen von Aggression verantwortlich (Berkowitz, 1989) • Frustration entsteht situational durch Blockierung einer Zielerreichung. Der resultierende Ärger stellt eine emotionale Bereitschaft dar, sich agg-ressiv zu verhalten. • die Art der Schuldzuweisung ist ein weiterer Faktor, ob es bei Ärger-provokation zu aggressivem Verhalten kommt oder nicht.  der Ärgerauslösung liegt somit ein kognitiver Bewertungsprozess zugrunde

1.1 Entstehender Ärger Bandura (1983): Ärger entsteht vor allem bei Beleidigungen, verbalen und körperlichen Angriffen, Behinderung der Zielerreichung oder Belohnungs-entzug.  Gerade der Straßenverkehr ist eng mit Ärgerprovokation / -entstehung verbunden. (Fichten, 1992; Wallbott, 1993) In einer Studie von Mizell (1995) gaben 60 Prozent der Befragten an, im letzten Jahr zumindest ein Mal die Geduld im Straßenverkehr verloren zu haben und in Wut geraten zu sein.

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Ellinghaus (1986) Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr: „spezifische Form aggressiven Verhaltens (...), die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Rücksichtslose unter Außerachtlassung oder unter Missachtung der Rechte anderer versucht, seinen Fahrstil durchzusetzen oder sich Vorteile zu verschaffen. (...) Rücksichtslosigkeit kann dabei als bewusst oder unbewusst intendierte Verhaltensweise auftreten.“ Einer Befragungsstudie von Ellinghaus (1986) zufolge, werden folgende Verhaltensweisen im Straßenverkehr als rücksichtslos empfunden (in der Reihenfolge der Nennung).

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Ellinghaus (1986) I. Rücksichtslosigkeit auf Bundesautobahnen (BAB): dichtes Auffahren Blockierung der linken Spur rechts Überholen Lückenspringen mangelnde Bereitschaft, das Reißverschlussprinzip zu praktizieren unangemessene Geschwindigkeit (zu schnell, zu langsam) Ausscheren nach links, wenn sich ein schnelles Fahrzeug nähert knappes Einscheren Überholen kurz vor einer Ausfahrt

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Einschub: Statistik – Anzeigenanalyse Erfasst wurden 6.889 Vorgänge mit 15.783 Personen im Zeitraum 1998-2000 in Bayern Fragestellung: Welches aggressive Verhalten wurde beobachtet? Folgende 4 Delikte wurden erfasst: Gefährdung des Straßenverkehrs Nötigung Beleidigung Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr Quelle: Bruderhilfe Akademie für Verkehrssicherheit 1994

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Quelle: Bruderhilfe Akademie für Verkehrssicherheit 1994

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Ellinghaus (1986) II. Rücksichtslosigkeit auf Landstraßen: • riskantes Überholen • zu schnelles Fahren III. Rücksichtslosigkeit in der Stadt: gegenüber Schwächeren im Verkehr zu schnelles Fahren Parkplatzkonflikte an Ampeln hupen mangelnde Bereitschaft, andere in den fließende Verkehr einfädeln zu lassen Spurwechsel und Lückenspringen

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Quelle: Bruderhilfe Akademie für Verkehrssicherheit 1994

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Quelle: “Aggressionen im Straßenverkehr“. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, M151, Bremerhaven

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Quelle: “Aggressionen im Straßenverkehr“. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, M151, Bremerhaven

2. Formen und Definition aggressiven Verhaltens im Straßenverkehr Quelle: “Aggressionen im Straßenverkehr“. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, M151, Bremerhaven

3. Evolutionsbiologische Aggressionstheorien Die Aggression hat sich als ein evolutionär funktionales Verhaltensmuster herausgebildet. Es dient der Arterhaltung, steigert die persönliche Fitness und sichert die Nachkommenschaft. Um die Verteilung der Nahrung werden Kämpfe ausgetragen, bei denen die aggressiven Tiere profitieren. Eine weitere evolutionäre Entwicklung stellt das Territorialverhalten dar (Fischer, 1990): Jedes Individuum hat sein eigenes Territorium, seinen als notwendig erlebten Eigenraum (personal space). Jeder, der das Territorium betritt, wird als potenzieller Aggressor verstanden, dem zunächst mit Gegenaggression begegnet werden muß.

3.1 Evolutionsbiologischer Ansatz im Bezug auf Straßenverkehr Die evolutionär erworbenen, funktionalen Verhaltensmuster im heutigen Straßenverkehr werden zur Ursache aggressiven Verhaltens. Menschen zeigen ein ausgesprochenes Territorialverhalten. (MARSH & COLLET, 1987) Territorialverletzungen werden als potenzieller Angriff interpretiert. Das Auto wird als eine Erweiterung des eigenen Territoriums verstanden, wobei dieses sich über die Ausmaße des Autos hinauserstreckt. Wenn das Territorium eines Fahrers von einen anderen Fahrer betreten wird, wird eine Bedrohung wahrgenommen, die fast zwangsweise Reaktionen hervorruft. Das Territorium entspricht dem sogenannten „personal space“ eines Menschen.

4. Beziehung Mensch – Auto Ein Auto verleiht seinem Besitzer das Gefühl von: Unabhängigkeit Freiheit Selbständigkeit Außerdem: es erweitert den Bewegungsradius es gibt ein Gefühl von Macht und Kompetenz Das Auto als Privatsphäre, Territorium und „personal space“. es dient zum Nachdenken (USA: ca. 45% der Fahrer genießen es, beim Fahren allein zu sein und nachzudenken Was passiert, wenn diese tatsächliche oder vermeintliche Freiheit eingeschränkt wird (Stau etc.)?

4. Beziehung Mensch – Auto  Freude am schnellen Fahren: „Rausch der Geschwindigkeit“, „Nervenkitzel“ ▪ Spiegel-Befragung 1993: „Es macht mir Spaß, einen Wagen voll auszufahren.“  44% der Befragen bejahten diese Aussage!

4. Beziehung Mensch – Auto  Auto als Visitenkarte Auto zeigt den Status des Besitzers: Lebensstil, Persönlichkeit, Prestige Laut der evolutionsbiologischen Erklärung ist Auto ein Symbol für die Ressourcen des Mannes (Geld, Besitz etc.) Der Fahrer identifiziert sich mit seinem Fahrzeug: Manta, Golf GTI etc. „Vermenschlichung von Autos“: haben ein Gesicht, Charakter etc. durch Kritik an dem Auto fühlt sich der Fahrer selbst angegriffen oder verletzt.

4. Beziehung Mensch – Auto  Auto als Symbol Das Auto ist im Leben vieler das, nach dem Eigenheim, zweitwichtigste und -teuerste Eigentum und daher ein wichtiges Statussymbol. Autofahren hat somit nicht nur eine praktische, sondern auch eine expressive Seite. (Mizell, 1995) So übt der Status eines blockierten Autos einen bedeutenden Einfluss auf aggressives Fahrverhalten aus. (Diekmann, 1996) Die Aggressivität eines Verkehrsteilnehmers nimmt mit steigendem Fahrzeugstatus zu. Durch Hupen oder dichtes Auffahren, wenn ein leistungsschwächeres Fahrzeug die eigene Fahrt behindert, wird die eigene Stärke demonstriert. Dagegen verringert ein hoher soziale Status eines behindernden Fahrzeugs die Aggressionen anderer Verkehrsteilnehmer. (Doob & Gross, 1968)

4. Beziehung Mensch – Auto Quelle: BASt – Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 151, S. 26

4. Beziehung Mensch – Auto Quelle: BASt – Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 151, S. 26

Filmbeispiele 2 – Dauer ca. 2 Min. 30 Sek.

5. Emotionen im Straßenverkehr I. Ursachen von Emotionen im Verkehr • außerhalb des Verkehrsgeschehens • innerhalb des Verkehrsgeschehens (andere Verkehrsteilnehmer) II. Moderatoren von Emotionen im Verkehr • Fahrerpersönlichkeit • Fahrzeug III. Folgen von Emotionen im Verkehr • Fahrverhalten • Fahrsicherheit (Unfälle, Verkehrskonflikte) • „Verkehrsklima“

5.I Ursachen außerhalb des Verkehrsgeschehens Egoismus Status: vor allem Männer und Fahrer höherklassiger Fahrzeuge fallen negativ im Straßenverkehr auf beruflicher und sozialer Stress: 40% Zeitdruck 91% der befragten Autofahrer erwarten, dass der Straßenverkehr in Zukunft noch stressiger wird  keine Möglichkeit auf diese Variablen direkt selber einzuwirken Quelle: http://www.autojournal.de/nam502/blickpunkt/blickp.htm

5.I Aggression innerhalb des Verkehrsgeschehens verstopfte Innenstädte, Parkplatzsuche unangepasstes Coping (50% der Fahrer fühlen sich bei Verkehrsstauungen irritiert) dicht befahrene Straßen  Folge: Frustration!

5.I Aggression im Verkehrsgeschehen Systembedingungen des Straßenverkehrs: a) rücksichtsloses Fahren hat meist Erfolg (Zeit, Selbstwert), Modell- und Vorbildfunktion anderer Fahrer  nach Bandura (1961) können riskant, aber erfolgreich fahrende Verkehrsteilnehmer den anderen Fahrern als Modelle dienen, die für ihr rücksichtloses Fahren belohnt werden, in dem sie schneller Vorankommen. Das Verhalten wird in entsprechenden Situationen vom Beobachter übernommen und somit erlernt. b) Territorialverhalten und „personal space“ c) egozentrische Perspektive beim Autofahren: andere Verkehrsteilnehmer erscheinen als Kontrahenten

5.I Aggression im Verkehrsgeschehen Systembedingungen des Straßenverkehrs: d) kommunikationstheoretischer Ansatz: Autofahrer können im Straßenverkehr nur sehr eingeschränkt miteinander kommunizieren. Sie können sich nicht verbal äußern und sind auch in ihrer Gebärdensprache stark eingeschränkt. An die Stelle der Sprache treten primitive und oft missverständliche „Kommunikationsprothesen“, wie Hupen, Blinken, Lichthupe, Handzeichen oder Gesten. e) Frage der Perspektive: dem Autofahrer gelingt es selten, sich in den „Anderen“ hineinzuversetzen f) rücksichtsloses Verhalten: nicht das Privileg von Rasern und Dränglern, sondern auch langsamere und zurückhaltendere Fahrer lassen sich provozieren

5.I Aggression im Verkehrsgeschehen Beispiel Ego-Perspektive:

5.II Moderatoren Rücksichtslosigkeit von Fahrern wird moderiert durch: • Interpretation bezüglich der Ursache des behindernden / rücksichtslosen Verhaltens anderer: Fährt beispielsweise ein Fahrer zu nah auf, kann man versuchen, diesen durch ein Bremsmanöver zurechtzuweisen. Vielfach empfindet der Auffahrende das Bremsmanöver als nichtgerechtfertigt und agiert seinerseits gegenüber dem Vorausfahrenden aggressiv. Eine mögliche Eskalation der Ereignisse ist die Folge. • Entschuldigt sich der behindernde / rücksichtslose Fahrer? • Schadenshöhe oder Ausmaß der Behinderung / Rücksichtslosigkeit • Eigenschaften des Fahrzeugs und des anderen Fahrers (Vorurteile bzgl. Aussehen, Geschlecht und Herkunft, Marke und Modell, Status etc.) • Situation (Beifahrer, Verkehrsdichte etc.)

5.II Moderatoren Rücksichtslosigkeit von Fahrern wird moderiert durch: • Zustand des Fahrers (bereits aufgeregt?) • Geschlecht des Fahrers: Männer in der Regel rücksichtsloser: In einer Studie von MIZELL (1995), in der über einen Zeitraum von sieben Jahren gewalttätige Episoden im Straßenverkehr beobachtet wurden, zeigen sich Frauen für lediglich 413 von über 10 000 Episoden verantwortlich. Auf der anderen Seite kann das Geschlecht unter Berücksichtigung weiterer individueller Charakteristika und Persönlichkeitseigenschaften nur wenig zur Erklärung des individuellen Aggressionspotenzials beitragen (z. B. Hupverhalten am Ampeln, weil das Vorderfahrzeug trotz Grünlichts nicht anfährt).

5.II Moderatoren Validitätsanmerkung: • Hupen ist eher Signal statt Aggression (mild, ohne Konsequenzen), eher Ärgerausdruck • Verbindung zu weiteren aggressiven Verhaltensweisen über Eskalations-potential • kulturelle und regionale Eigenheiten beim Hupen

5.II Moderatoren Situationscharakteristika Actor-Observer-Effekt: die eigenen Verkehrsverstöße werden auf situationale Ursachen, die der anderen auf dispositionale Faktoren attribuiert False-consensus: Personen, die bestimmte Einstellungen haben bzw. ein bestimmtes Verhalten zeigen, sehen dies als allgemein verbreitet an • Illusion of control: Personen haben die Tendenz mehr Kontrolle über ihr Fahrzeug, ihr Verhalten oder die Umwelt wahrzunehmen als tatsächlich vorhanden • Interview mit 140 Dränglern: „Welche Ursachen hatte ihr zu nahes Auffahren?“:  Ergebnis: 34% Überholwunsch 24% anderes Fahrzeug ist Schuld 20% Gewohnheit 15% andere Gründe 7% Abstand war o.k.

5.III Folgen Underwood (1999): Frage nach Sicherheitsimplikationen von Emotionen beim Fahren Angst, Depression und Stress sind leistungsmindernd. Ärger wenig untersucht, jedoch Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Aggressivität / Ärgerneigung und Unfallwahrscheinlichkeit nahelegen. (Schuman et al.,1967; Donovan & Marlatt, 1982; Wilson & Jonah, 1988; Vinokur, 1974; Hemenway & Solnick, 1993)  Fragestellung: a) Gibt es einen Zusammenhang zwischen Fragebogenmaßen und Ärger beim Fahren? b) Kann Ärger auf spezifische Beinaheunfälle zurückgeführt werden bzw. vice versa? c) Gibt es Zusammenhang zwischen Verkehrsdichte, -behinderungen und Ärger im Verkehr?

5.III Folgen Underwood (1999):  Methode: 100 Versuchspersonen (VPN) wurden befragt Fragebögen (Driving Anger Scale, Driver Behaviour Questionnaire) Protokoll nach jeder Fahrt mit Datum, Fahrdistanz, Fahrdauer, Verkehrsdichterating, Schwere und Verschulden von Beinaheunfällen, Intensität des Ärgers...  Diskussion / Auswertung: 85% der VPN berichten über Ärger beim Fahren in den betrachteten zwei Wochen  Ärger beim Fahren ist ein Alltagsphänomen großer Teil des empfundenen Ärgers ist Folge von Beinaheunfällen Ärgerepisoden ohne vorhergehenden Beinaheunfall korrelieren mit der Häufigkeit selbstverschuldeter Beinaheunfälle. Dies deutet auf eine aggressive / ärgerinduzierte Fahrweise hin, die gefährlich ist. Die Korrelationen mit den Fragebogenmaßen bestätigen diesen Schluss.

6. Persönlichkeit  unfallgefährdete Fahrer nach Donovan (1988): Nicht die situativen Bedingungen sind es, die aggressives Fahrverhalten zur Folge haben. Bestimmte Personen mit definierten Eigenschaften haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, aggressives Fahrverhalten zu zeigen. Im Zuge dieses Forschungsansatzes wird eine Vielzahl von Perönlichkeits-Eigenschaften angeführt, für die sich ein Zusammenhang mit aggressivem Fahren nachweisen lässt: Häufige Unfälle bei: emotionaler Labilität Impulsivität und thrill-seeking Ärger und Feindseligkeit Depressivität und geringem Kontrollgefühl

6. Persönlichkeit  unfallgefährdete Fahrer nach Donovan (1988): Einstellungen von gefährdeten Fahrern: externe Attribution der Ursachen von Unfällen Fahren zur Spannungsreduzierung Fahren als Status und Machtsache Fahren zur Steigerung der persönlichen Zufriedenheit Positive Bewertung von Geschwindigkeit und Risiko und sensation-seeking beim Fahren aggressive Einstellung beim Fahren

7. Fahrverhalten Matthews et al. (1998)  Methode: Driver Behaviour Inventory: Aufmerksamkeit, Abneigung, Aggression Fahrerverhalten im Fahrsimulator bei unterschiedlichen Fahraufgaben (einfaches Fahren, car-following, Überholen)  Ergebnis / Auswertung: Aggression hat keinen Einfluss auf das Verhalten bei einfacher Fahraufgabe und car following-Aufgabe Überholaufgabe: Aggression korreliert mit gefahrener Geschwindigkeit, mit Zahl der Überholvorgänge und der Zahl der riskanten Überholvorgänge Aggressive Fahrer zeigen ihr riskantes Fahrverhalten, wenn aktive Entscheidungen über die Interaktion mit anderen verlangt werden. Reaktion auf Frustrationen mit konfrontativen Coping-Strategien.

Literatur: Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, „Aggressionen im Straßenverkehr“, Heft M 151, Ch. Maag / H.-P. Krüger, Wirtschaftsverlag NW, 2003 Universität Würzburg, „Psychologische Aspekte der Fahrtüchtigkeit: Emotionen und Fahren“, Lehrstuhl für Psychologie III, Ch. Maag, Sommersemester 2004 http://www.autojournal.de/nam502/blickpunkt/blickp.htm, 16. Januar 2005