Lernen unter Zwang, geht das?

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 Präsentation transkript:

Lernen unter Zwang, geht das? Wie lernen gelingt, 55. Bundestagung, 14.-16 Mai 2012

Keine Erziehung ohne Zwang Erziehung ist ohne Zwang und Entbehrungen unmöglich Einen gelungene Beziehung besteht auch darin Begrenzungen herzustellen In der pädagogischen Praxis wird eine Schutzfunktion oder ‚bündnisbildende Einstellung’ manchmal missverstanden

Der Rahmen im Zwangskontext Zum Rahmen gehören alle Verabredungen über die gemeinsame Arbeit (Goffman 1980). Der Rahmen muss Ordnungen verteidigen und erkennbar derselbe bleiben (Streeck 2009). Der Rahmen soll ein gemeinsamer Rahmen werden, also ein „Überscheidungsbereich, mit dem sich auch Jugendliche in Grenzen identifizieren“ (Müller und Schwabe 2009). „Jeder Patient hat das Recht, den Rahmen auf seine Weise (um)zugestalten zu wollen, aber jeder Analytiker hat die Pflicht den Rahmen zu wahren“ (Körner 1992). Schwierig kann sein, den Rahmen nicht zu rigide oder überstreng werden zu lassen und damit den haltgebenden Aspekt zu vernachlässigen, d.h. „so viel Rahmen wie nötig, so viel Freiraum wie möglich“ (Streeck-Fischer 1991).

Zwang ist förderlich... …wenn die Pädagogen diesen Zwang(srahmen) selbst akzeptieren. …wenn seine Ziele erkennbar sind und …wenn er innerhalb einer positiven Beziehung erfahren wird. … seine Ergebnisse den Zwang (zumindest nachträglich) rechtfertigen.

Zwang ist schädlich... …wenn der Pädagoge die Regeln, die er anwendet, selbst nicht achtet, …so dass der Klient den Zwang als ungerecht, willkürlich oder sadistisch erlebt.

Exkurs: Triangulierung pädagogischer Beziehungen gemeinsame Arbeit Pädagoge Klient

Zwang ist schädlich... …wenn der Pädagoge die Regeln, die er anwendet, selbst nicht achtet, …so dass der Klient den Zwang als ungerecht, willkürlich oder sadistisch erlebt. …wenn das Ziel des Zwangs nur in der Unterwerfung besteht, nicht aber in dem Zugewinn neuer Fähigkeiten. …wenn z. B. der Klient den Eindruck gewinnt, dass die Intervention des Pädagogen nur als Erniedrigung und Beschämung gedacht ist, kann er von pädagogischen Angeboten nicht profitieren.

Gedanken über Strafe

Warum eine Strafe? (Geißler 1993)

Wann und wie wirkt Strafe? Durch harte Strafe kann man eine bestimmte Verhaltensweise zwar schnell vorübergehend unterdrücken, nicht aber ein neue Verhaltensweise langfristig etablieren. Es kann zu einem (neurobiologische) ‚Abstumpfen' gegenüber der drohenden Gefahr kommen (Roth 2007). Um aus einer Strafe lernen zu können, sind verschiedene psychosoziale Kompetenzen erforderlich...

Psychosoziale Voraussetzungen zur Wirksamkeit von Strafe Fähigkeit zur Antizipation Abwehrmechanismen (wie z.B. Verleugnung), die die Antizipation verhindern, dürfen nicht aktiv sein Basale Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung Negative Konditionierung muss funktionieren Fähigkeit der Erinnerung Basale Fähigkeit zum Befriedigungsaufschub Wenn die Vorstellung der negativen Konsequenz nicht innerlich repräsentiert bleibt, wird das Verhalten nicht dauerhaft gemieden.

Es kommt auf den Pädagogen an... … ob er Zwang und Strafe einsetzt, um den Klienten zu fördern, oder … ob er Strafe und Zwang einsetzt, um den Klienten zu erniedrigen oder zu beschämen. … ob er seine Interventionen auf die psychosozialen Kompetenzen des Klienten abstimmt. …ob er selbst erkennt, dass sein Zwang (oder der in seiner Institution) nicht nur einschränken, sondern auch fördern kann, … oder ob er erzieherischen Zwang gänzlich ablehnt, weil er ihn für erniedrigend oder beschämend hält (womit er es dem Klienten genauso schwer macht wie ein Sadist).

Von der Theorie zur Praxis - Einblicke ins Denkzeit-Training -

Der Rahmen des Denkzeit-Trainings Gemeinsame Vereinbarungen über den Rahmen Sichere, haltgebende Absprachen Trianguläre Situation herstellen Stabiles Arbeitsbündnis belastbare Beziehung ständiges Beziehen auf strukturgebendes Drittes (Manual) Transparente Informationsweitergabe 14

Die Haltung des Denkzeit-Trainers Akzeptanz der Ziele und Wertvorstellungen des Jugendlichen (solange intentionale Begründungen diese erklären) Bewusstsein über nicht-sprachliche Kommunikation Bewusstsein über Übertragungen und Gegenübertragungen Verständnis für die Hintergründe und Umstände aufbringen, sich aber sich mit der Tat nicht einverstanden zeigen Negative oder destruktive Beziehungsentwürfe des Jugendlichen - soweit möglich - tolerieren, ggf. ansprechen Keine „Verbrüderungen“ oder „Verbündungen“ 15

Interventionsstrategien im Denkzeit-Training beharrliches Nachfragen, Botschaft des Klienten verstehen (neugierig bleiben) Vermeiden von Hypothesen oder Diskussionen über biografische Belastungen Zielgerichtete Interventionen Beschämungen vermeiden Belehrungen und Moralisierungen vermeiden Klienten als Fachmann für seine Lebenswelt anerkennen Selektive Authentizität 16

Kontakt Rebecca Friedmann Denkzeit-Gesellschaft e.V. Stromstr. 3 10555 Berlin Tel.: 030. 300 117 887 Fax: 030. 300 117 889 Mail: info@denkzeit.com Web: www.denkzeit.com