Mediale Repräsentationen des Historischen – - Unterrichtsaufzeichnungen aus der DDR und der Bundesrepublik Tagung: Geschichte(n), Repräsentationen, Fiktionen – Medienarchive als Gedächtnis- und Erinnerungsorte. Wien, 7.-8. Mai 2015. May Jehle, MA Institut für das künstlerische Lehramt, ]a[ akademie der bildenden künste wien
Medienarchive historischer Unterrichtsaufzeichnungen www.fachportal-paedagogik.de/forschungsdaten_bildung/studien.php?la=de
Aufzeichnungsräume Forschungsschule der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR (APW) (Mirschel 2013: 256)
„Vergessene“ Archive Lagerung der „Hinterlassenschaften“ der APW in Berlin (Schluß/ Jehle 2013: 209)
Audiovisuelle Aufzeichnungen aus der DDR
Ansicht einer einzelnen Aufzeichnung
Forschungsperspektiven Archivierung der Aufzeichnungen → „Speicher-Gedächtnis“ (z.B. A. Assmann/ J. Assmann 1994) Ebene der „gezeigten Handlung“: Videoaufzeichnungen als Quelle: Praxis und Praktiken des Unterrichts („the visible“) Ebene der „Handlung des Zeigens“: mediale Repräsentationen / visuelle Konstruktionen des Gegenstandes „Unterricht“ („the visual“) (Reichertz/ Englert 2011; Cabeleira/ Martins/ Lawn 2011)
Medienarchive historischer Unterrichtsaufzeichnungen als „Gedächtnisorte“? Ebene der „gezeigten Handlung“: Gegenstand der Aufzeichnungen - „Unterricht“: Vermittlung eines in der Gesellschaft gültigen Wissenskanons „Repräsentationen des Historischen“ im Unterricht Auf welche Weise wird Geschichte vermittelt? Wie können diese Vermittlungsabsichten als Versuch der Etablierung oder Tradierung eines „Funktionsgedächtnisses“ (A. Assmann/ J. Assmann 1994) interpretiert werden?
Beispiel 1: Unterrichtsmitschau in Bonn 70er Jahre, 10. Klasse, Gymnasium „Die Russische Revolution“ Herausarbeiten verschiedener Positionen der Akteure Interpretation dieser Positionen
Beispiel 2: Forschungsschule Ost-Berlin 26.10.1984, 10. Klasse, Polytechnische Oberschule (POS) „Die strategische Aufgabenstellung der SED … “ Interpretationsrahmen: aus der Geschichte abzuleitende Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft Wiederholung der Aussagen Lenins als „konkrete“ Handlungsanweisungen
„Die Russische Revolution“ im Geschichtsunterricht in Bonn Fokus auf Unterscheidung verschiedener Positionen, der Interpretation der Handlungen der Akteure und der Analyse der Verschiebungen der Machtverhältnisse im Verlauf der Revolution Lernziel: (kritische) Analyse der Entstehung und der Struktur politischer Systeme die Deutung der Revolution als „unvollendete“ lässt den Ausgang zunächst offen
„Die Russische Revolution“ im Staatsbürgerkundeunterricht in Ost-Berlin die Deutung von der im Sozialismus fortzuführenden Revolution nimmt in der Zukunft liegende Ereignisse („Kommunismus“) vorweg direkte Ableitung der Strategie der SED aus den von Lenin formulierten Aufgaben zur Errichtung der kommunistischen Gesellschaft einseitige Akzentuierung des Widerstandes der Bourgeoisie unterschlägt widersprüchliche Auffassungen auf Seiten der kommunistischen Revolutionäre
Konsequenzen für die Art und Weise der Vermittlung Aufforderung zu eigenen Interpretationen vs. Einübung bestimmter Sprachregelungen? versuchte Vermittlung eines Funktions-Gedächtnisses vs. Etablierung eines „Unterrichtsgedächtnisses“ (Proske 2009)?
visuelle Rahmung des Unterrichts in seiner dialogischen Form Visuelle Rahmungen Ebene der „Handlung des Zeigens“: visuelle Rollenzuschreibungen von Schüler_innen als im Grunde austauschbare Stichwortgeber_innen vs. visuelle Rahmung des Unterrichts in seiner dialogischen Form
Literatur: Assmann, Aleida/ Assmann, Jan (1994): Das Gestern im Heute. Medien und soziales Gedächtnis. In: Weischenberg, Siegfried (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Opladen: 114-140. Cabeleira, Helena/ Martins, Catarina/ Lawn, Martin (2011): Indisciplines of inquiry: the Scottish Children’s Story, documentary film and the construction of the viewer. In: Paedagogica Historica 47, 4: 473-490. Mirschel, Volker (2013): Anmerkungen zu den Unterrichtsaufzeichnungen in der APW (1978 bis 1986). In: Schluß/ Jehle: 253-271. Proske, Matthias (2009): Das soziale Gedächtnis des Unterrichts: Eine Antwort auf das Wirkungsproblem der Erziehung? In: Zeitschrift für Pädagogik 55, H. 5: 796-814. Reichertz, Jo/ Englert, Carina J. (2011): Einführung in die qualitative Videoanalyse. Eine hermeneutisch-wissenssoziologische Fallanalyse. Wiesbaden. Schluß, Henning/ Jehle, May (Hg.) (2013): Videodokumentation von Unterricht. Zugänge zu einer neuen Quellengattung der Unterrichtsforschung. Wiesbaden.