Grundlagen des Arbeitsrechts

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Arbeitsrecht aktuell Osnabrück,
Advertisements

Aktuelle Entwicklungen im Recht der Befristung
Personalabbau, Massenentlassung und Sozialplan
Begründung des Arbeitsverhältnisses
Arbeitsrecht in Sanierung und Insolvenz
Kündigung Recht zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft Dauerschuldverhältnis: Geschuldet ist ein dauerndes Verhalten.
Vertriebsrecht (Fortsetzung)
Was kann der Unternehmer tun,
Teilzeitarbeitsverhältnisse
Arbeitszeitregeln./. Flexibilität. aa) Welche Regeln muss sie beachten? bb) Wie ist die Rechtslage, wenn die Arbeitgeberin die von ihr zu beachtenden.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Kündigung als Disziplinierungs- und Rationalisierungsmittel I. Einleitung 1. (Praktische Relevanz des Themas) Kündigungen und Kündigungsschutzprozesse.
Seminar: Grundwissen Arbeit-Beruf-Berufswahlvorbereitung
II. Teil: Individualarbeitsrecht
II. Teil: Individualarbeitsrecht
Aushilfsarbeitsverhältnis und Probearbeitsverhältnis
Eingliederungsmanagement der B. Braun Melsungen AG
Arbeitszeitverkürzung Antrag Dauer Verteilung der Lage Ablehnung braucht die Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Keine Extra-Vertragsänderung! Nächster.
Zukunft im Beruf Ihr gutes Arbeits-Recht
Betriebsverfassungsrecht für Personalverantwortliche – Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat Hamburg – 4. Juni 2013.
Praktikanten – Volontäre – Auszubildende
Gleitzeit-Betriebsvereinbarung
Das neue GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ
Aktuelles Urlaubsrecht
Outsourcing, Umstrukturierung und Betriebsübergang
Wirtschaftsstrafrecht
Arbeitsrechtliche Konsequenzen von Fehlzeiten
ist geregelt im Berufsbildungsgesetz BBiG
Aktuelles aus der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte
Rechtsanwälte Salfeld & Kollegen
Personalaustritt und Personalcontrolling
SoSe 2014 Goethe Univerität Frankfurt a.M.
ASBH Kongress 2014 Arbeitsrechtliche Fragestellungen bei Beschäftigten mit Hydrocephalus Rechtsanwalt Carsten Paulini Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt.
Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin Weller
Ein kurzer Blick ins das SGB IX Marc-Patrick Homuth, Arbg Elmshorn
Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit IHK
Alkohol am Arbeitsplatz
Das Arbeitsrecht ist das Sonderrecht zur Regelung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsverhältnisse der unselbständigen Arbeitnehmer Jörn Michelsen &
Vortrag von Rechtsanwältin Bianka Schmetz am
In den Landeskirchen Braunschweig Hannover Oldenburg in der Konföderation evang. Kirchen in Niedersachen Arbeitsrechtsregelung sowie.
XVII. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
ist für den Arbeitnehmer belastend.“
= Entgelt ohne Arbeit bzw. Krankheit
"Berufsbildungsgesetz – ein Meinungsaustausch für Ausbilder"
Personalbetreuung Gastvortrag im Rahmen der Vorlesung „Personalführung“ an der Hochschule Landshut Michael Malec.
Titel des Quiz Spielmodus umschalten: Mehrere Spieler
Befristete TV-H Verträge
Dachverband Selbstorganisierter Kinderbereuung Einführung in das Arbeitsrecht Mag. Dr. Silke Heinz-Ofner Innsbruck, 26. Jänner 2012.
Verein Selbstorganisierter Kindergruppen Einführung in das Arbeitsrecht Dr. Silke Heinz-Ofner Innsbruck, 3. November 2010.
Meine Rechte und Pflichten
Mindestlohn Mindestlohn Gesetzliche Neuregelung:
Mittelstandsrecht SoSe 2015 ra-freimuth.de Vorlesung vom , – Uhr 1.
Befristung von Arbeitsverträgen
Arbeitsrecht in Sanierung und Insolvenz Priv.-Doz. Dr. Georg Annuß Universität Regensburg 2. Vorlesung,
Arbeitsrecht in Sanierung und Insolvenz
Das Recht der Ausbildungsverhältnisse
mittleren Unternehmen Heilbronn, 8 Juli 2015
Arbeitsverträge.
Ein paar Grundlagen zum Arbeitsrecht
Die Schlichtungsstelle der Erzdiözese Bamberg für Arbeitsvertragsstreitigkeiten -Aufgaben, Verfahren und Praxis - Engelbert Heider Präsident des Landesarbeitsgerichts.
II. Körperschaften B) UG (haftungsbeschränkt) Grundsätzliches  Abweichungen von der GmbH.
Der Weg in den Beruf Herzlich willkommen! Tipps zum Berufseinstieg
Werkvertrag  Arbeitsvertrag
Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Beendigungsarten Befristetes AV: Zeitablauf Unbefristetes AV: Kündigung Alle DV: – Probemonat: jederzeit grundlos.
Von Marc Hessling, Rechtsanwalt in Mülheim an der Ruhr.
D ITTMANN & H ARTMANN Rechtsanwälte in Partnerschaft Rechtsanwältin Nina Dittmann-Kozub Arbeitsrechtseminar Hochschule Koblenz.
Folie 1 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Folie 2 Schutz vor Benachteiligungen vor Inkrafttreten der AGG Diskriminierungsschutz Grundgesetz Europarecht.
 Präsentation transkript:

Grundlagen des Arbeitsrechts Lübeck – 2. Juni 2015

I. Abschluss von Arbeitsverträgen Befristete Arbeitsverträge Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag Kündigung von Arbeitsverträgen Ablauf des arbeitsgerichtlichen Verfahrens

I. Abschluss von Arbeitsverträgen a) Bewerbungsverfahren b) Probe-/Wartezeit c) Arbeitsvertrag und Vertragskontrolle

a) Bewerbungsverfahren

keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einladung zum Vorstellungsgespräch Ausnahme: grundsätzlich geeignete schwerbehinderte Bewerber bei Bewerbung im öffentlichen Dienst (§ 82 SGB IX) sind einzuladen Auswahlentscheidung wird allein vom Arbeitgeber getroffen (ggf. unter Beteiligung der Mitbestimmungsgremien)

Mitteilungspflichten des Bewerbers: Der Bewerber muss von sich aus offenbaren, wenn bestimmte Umstände die Arbeitsausübung als solche beeinträchtigen oder sogar gefährden könnten, z.B. Verurteilung wegen Untreue eines Buchhalters fehlende Fahrerlaubnis eines LKW-Fahrers gesundheitliche Beeinträchtigungen, Allergien

Fall 1: Bewerberin B ist schwanger. Ihr Arzt hat ein absolutes Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Die ihr im Vorstellungsgespräch gestellte Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft verneint sie. Sie wird eingestellt. Am ersten Arbeitstag übersendet sie das Beschäftigungsverbot und verlangt Entgeltzahlung. Zu Recht?

Fragerecht des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber darf immer nach Umständen fragen, die sich auf die in Aussicht genommene Arbeit beziehen. Fragen, die gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen, sind unzulässig und dürfen daher nach BAG sogar falsch beantwortet werden, z.B. Gewerkschafts-/Parteizugehörigkeit geplante Heirat, Kinderwunsch Weltanschauungsfragen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) AGG-relevante Fragen müssen stets unterbleiben: Rasse ethnische Herkunft Geschlecht Religion Weltanschauung Behinderung Alter sexuelle Identität

Wird ein mitteilungspflichtiger Umstand nicht mitgeteilt oder eine zulässige Frage betreffend einen für den Abschluss des Arbeitsvertrages relevanten Umstand falsch beantwortet  kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis - bei späterer Kenntnis ggf. auch noch nach Jahren – wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB anfechten.

b) Probe-/Wartezeit

Fall 2: Arbeitgeber A hat mit Mitarbeiter B eine Probezeit von 4 Monaten vereinbart. Er verlängert durch Zusatzvereinbarung die Probezeit um weitere 3 Monate. Schließlich kündigt A dem B 2 Wochen vor Ablauf der verlängerten Probezeit mit einer Frist von 2 Wochen. Ist die Kündigung im Hinblick auf die Kündigungsfrist wirksam?

Probezeit ≠ Wartezeit Wartezeit: Zeitraum von 6 Monaten ab Vertragsbeginn, bis zu dem ohne Anwendbarkeit des KSchG gekündigten werden kann (§ 1 Abs. 1 KSchG) Kündigung ohne Grund nach KSchG möglich nur Willkürschutz Frist nach § 622 Abs. 1, 2 BGB muss eingehalten werden (ab 4 Wochen aufwärts)

Probezeit ≠ Wartezeit Probezeit: Zeitraum von bis zu 6 Monaten ab Vertragsbeginn, innerhalb dessen mit verkürzter Kündigungsfrist (2 Wochen) gekündigt werden kann (§ 622 Abs. 3 BGB) Höchstrahmen 6 Monate innerhalb dieser Frist beliebig verlängerbar danach gelten BGB-Fristen lässt Frage nach Anwendbarkeit des KSchG unberührt

Frage 1: Wie kann der Zugang einer Kündigung am sichersten bewiesen werden? q einfacher Brief Einwurf-Einschreiben Einschreiben-Rückschein persönliche Übergabe mit Zeugen zuverlässige Brieftaube

Zustimmungserfordernisse bei Kündigung in der Wartezeit: Schwangere (bis 4 Monate nach Entbindung) Mitarbeiter in Elternzeit nicht: Schwerbehinderte (erst nach 6 Monaten)

Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen: während der Probezeit von längstens 4 Monaten: jederzeit – ohne Angabe von Gründen (§ 22 Abs. 1 BBiG) nach Ablauf der Probezeit nur noch aus wichtigem Grund (=fristlos) mit schriftlicher Begründung der Kündigung (§ 22 Abs. 2, 3 BBiG)

c) Arbeitsvertrag und Vertragskontrolle

keine Formvorschriften für den Abschluss eines Arbeitsvertrages Ausnahme: Befristung eines Arbeitsvertrags muss schriftlich erfolgen (§ 14 Abs. 4 TzBfG) Vertragsschluss auch durch schlüssiges Handeln (schlichte Tätigkeitsaufnahme im Einvernehmen u.s.w.) möglich grundsätzlich Vertrags- und Gestaltungsfreiheit

Inhaltliche Kontrolle von Arbeitsverträgen: Kontrolle wie allgemeine Geschäftsbedingungen Arbeitnehmer ist „Verbraucher“ Verstöße in der Praxis häufig wegen Intransparenz und gegen § 307 BGB Folge der Klauselunwirksamkeit: Gesamtunwirksamkeit  gesetzliche Regelung tritt an die Stelle der unwirksamen Regelung keine sog. geltungserhaltende Reduktion

Hauptfälle von AGB-Verstößen: Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten Rückgabe von Dienstwagen Wegfall von Gehaltsbestandteilen (z.B. Zulagen, Boni) aufgrund Widerrufs Freiwilligkeitserklärungen pauschale Abgeltung von Überstunden

Fall 3: Die Fortbildungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber A und Arbeitnehmer F sieht folgende Regelung vor: „Scheidet der Arbeitnehmer während oder 5 Jahre nach Beendigung der Fortbildung gleich aus welchem Grund aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist er zur Rückzahlung der gesamten Fortbildungskosten einschließlich Freistellungskosten und Zinsen verpflichtet“. Ist die Regelung wirksam?

II. Befristete Arbeitsverträge

Grundsätzliches zur Befristung von Arbeitsverträgen: „Normalfall“ des Arbeitsvertrages: unbefristeter Vollzeit-Arbeitsvertrag Schriftformerfordernis für die Befristungsabrede Kündigung während der Befristung ist möglich, muss aber ausdrücklich vereinbart werden drei Befristungsarten: Zeitbefristung, Sachgrundbefristung, Altersbefristung

Sachgrund-befristung Zeitbefristung § 14 Abs. 2 TzBfG Sachgrund-befristung § 14 Abs. 1 TzBfG

Zeitbefristung § 14 Abs. 2 TzBfG bis zu einer Dauer von 2 Jahren ein Grundvertrag plus max. drei Verlängerungen (immer innerhalb des 2-Jahres-Zeitraums) keine Rechtfertigung für die Befristung erforderlich aber: Vorbeschäftigungssperre § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG

Fall 4: Mitarbeiter M war im Studium vor etwa 2 Jahren bereits 2 Monate als Praktikant bei Arbeitgeber A beschäftigt. A stellt M im Anschluss an das Studium zum Berufseinstieg für 1 Jahr befristet ein. Die Befristung wird um ein weiteres Jahr verlängert, wiederum zur Erleichterung des Berufseinstiegs. Dann will A nicht mehr verlängern. M klagt auf Feststellung, dass er tatsächlich unbefristet beschäftigt ist und das Arbeitsverhältnis nicht durch Befristungsablauf endet. Mit Erfolg?

Sachgrundbefristung § 14 Abs. 1 TzBfG ohne zeitliche Begrenzung oder Begrenzung der Vertragsanzahl zulässig Kontrolle nur auf „institutionellen Rechtsmissbrauch“ nur bei Vorliegen eines gesetzlichen Sachgrundes nach § 14 Abs. 1 Ziff. 1 – 8 TzBfG

Wichtige gesetzliche Sachgründe: Vorübergehender Beschäftigungsbedarf (z.B. saisonaler Einsatz, Projekte) Befristung im Anschluss an eine Ausbildung (BAG: max. 1 Jahr) Vertretungsbefristung Befristung zur Erprobung (BAG: max. 1 Jahr) Bezahlung aus Haushaltsmitteln (nur öD)

Rechtsschutz gegen unzulässige Befristung: Anrufung des Arbeitsgerichts mit dem Ziel, die Unwirksamkeit der Befristung feststellen zu lassen Klage kann schon während der noch laufenden Befristung erhoben werden muss spätestens bis 3 Wochen nach Befristungsablauf erhoben werden

III. Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag a) Rechte und Pflichten des Arbeitgebers b) Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers

a) Rechte und Pflichten des Arbeitgebers

Hauptpflichten des Arbeitgebers: Zahlung der Vergütung (§ 611 BGB) vertragsgemäße Beschäftigung Wesentliche Nebenpflichten des Arbeitgebers u.a.: Fürsorgepflicht Gewährung des Erholungsurlaubs Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Fall 5: Arbeitnehmer A verdient als LKW-Fahrer monatlich EUR 1.950,-- brutto. Er ist verheiratet und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Er verursacht fahrlässig einen Schaden an einem der LKW, als er rückwärtsfahrend einen Betonpoller übersieht. Arbeitgeber B zieht A daraufhin den gesamten Schadensbetrag von EUR 1.200,-- vom Nettogehalt ab. Zulässig?

Fall 6: Arbeitgeber A erteilt Arbeitnehmer B auf dessen Antrag Erholungsurlaub in den ersten beiden August-Wochen. B bucht eine Mallorca-Reise für sich und seine Familie. Wegen Personalmangels (Urlaub, Krankheit) widerruft A die Urlaubsgewährung und fordert B zur Arbeitsleistung auf. B, der keine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen hat, fliegt trotzdem in den Urlaub. A kündigt B wegen Arbeitsverweigerung und eigenmächtiger Urlaubsnahme. Zu Recht?

b) Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers

Hauptpflicht des Arbeitnehmer: Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung Wesentliche Nebenpflichten des Arbeitnehmers u.a.: Fürsorgepflicht Unterlassung von Wettbewerb Anzeige von Nebentätigkeiten

Fall 7: Arbeitgeber A weist Mitarbeiter B (Industriekaufmann) an, besonders unbeliebte kaufmännische Tätigkeiten durchzuführen. B wendet ein, er habe die gleichen Arbeiten schon vor einer Woche erledigen müssen, jetzt sei mal jemand anders dran. Er verweigert die Erledigung. Zu Recht?

Direktionsrecht/Weisungsrecht des Arbeitgebers: § 106 Gewerbeordnung Bestimmung von Arbeitsort, -zeit und Inhalt nach „billigem Ermessen“ sofern nicht durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz ausgeschlossen

Fall 8: Mitarbeiterin M hat ihrem Arbeitgeber A eine Nebentätigkeit als Erotik-Darstellerin nicht angezeigt. Als A zufällig im Internet auf entsprechende Video-Clips stößt, kündigt er M wegen Nichtanzeige der Nebentätigkeit und Rufschädigung seines Unternehmens fristlos. Ist die Kündigung gerechtfertigt?

IV. Kündigung von Arbeitsverträgen

Beendigung von Arbeitsverhältnissen kann erfolgen durch: Kündigung Anfechtung Befristung und Bedingung vereinbarte Altersgrenze Aufhebungsvertrag

Beendigung tritt nicht automatisch ein durch: dauernde Erkrankung oder Erwerbsminderung Fernbleiben von der Arbeit Veräußerung des Betriebs (§ 613 a BGB) Insolvenz Betriebsschließung

Besonderheiten beim Aufhebungsvertrag: ermöglicht „saubere“ Lösung obwohl keine Kündigung anfechtbar schließt spätere Klage nicht aus Klagverzicht i.d.R. unwirksam, wenn nicht Gegenleistung (z.B. Abfindung) kein Mitbestimmungsrecht des BR

Schriftformerfordernis für Kündigungen und Aufhebungsverträge (§ 623 BGB): „Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.“ aber: kein Begründungserfordernis

personenbedingte Kündigung Kündigungsarten: personenbedingte Kündigung verhaltensbedingte Kündigung betriebsbedingte Kündigung

personenbedingte Kündigung Hauptfall: Krankheit, Fahrerlaubnisentzug Prognoseprinzip Interessenabwägung erforderlich

Fall 9: Arbeitnehmer A ist seit dem 01.08.2014 bei Arbeitgeber B beschäftigt. Er war in 2014 nicht arbeitsunfähig erkrankt, fehlt seit dem 27.03.2015 nahezu durchgängig wegen einer Erkrankung. B kündigt A deshalb. A wendet ein, die Kündigung sei bereits deshalb unzulässig, weil er das Kündigungsschreiben während der AU erhalten habe. Ist die Kündigung wirksam?

verhaltensbedingte Kündigung einzelfallabhängig grundsätzliches Abmahnungserfordernis Interessenabwägung erforderlich ordentlich oder fristlos möglich (fallabhängig)

Anforderungen an die fristlose Kündigung: wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB Einhaltung der 2-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB Einhaltung sonstiger Formalien und Beachtung von Zustimmungserfordernissen

Formalien der Abmahnung keine Formvorschriften (mündlich/schriftlich) Dokumentationsfunktion der schriftlichen Abmahnung kein Anhörungserfordernis des Arbeitnehmer ggf. Zugang dokumentieren weitere formell-inhaltliche Voraussetzungen

Inhaltliche Formalien der Abmahnung 1. Hinweisfunktion 2. Warnfunktion

1. Hinweisfunktion Welcher konkrete Pflichtenverstoß wird dem Arbeitnehmer zur Last gelegt? Was hat der Arbeitnehmer getan, was aus Sicht des Arbeitgebers so schlimm ist?

Pflichtenverstoß so konkret wie möglich beschreiben: Pflichtenverstoß so konkret wie möglich beschreiben: Datum, Uhrzeit, Ort, Beteiligte, Sachverhalt  Geschichtserzählung und rechtmäßiges Alternativverhalten pro Pflichtenverstoß nur eine (schriftliche) Abmahnung Beweisführung für nachfolgende Prozess bedenken

2. Warnfunktion „Wegen dieses Verhaltens mahnen wir Sie ab. Bei weiteren Pflichtenverstößen müssen Sie mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.“

Fall 10: Mitarbeiter M schlägt sich am Montag im Betrieb mit einem Kollegen, produziert am Dienstag schuldhaft Ausschuss und verschläft am Mittwoch um 3 Stunden. Arbeitgeber A mahnt M jeweils schriftlich ab. Als M am Donnerstag einen Kunden weisungswidrig nicht zurückruft, kündigt A das Arbeitsverhältnis ordentlich. Wird die Kündigung Bestand haben?

Einschlägigkeit der Abmahnung bei nachfolgender Kündigung: einschlägig = dieser Verstoßkategorie zugehörig verhaltensbedingte Kündigung nur bei vorausgegangener einschlägiger Abmahnung wirksam ggf. noch Abmahnungen sammeln

Frage 2: Welche Handlungsoption empfiehlt sich, wenn der Arbeitnehmer mit einer Abmahnung nicht einverstanden ist? q Klage auf Entfernung der Abmahnung nichts tun Verfassen einer Gegendarstellung Einschaltung der Presse

Fall 11: Mitarbeiterin M arbeitet seit 10 Jahren unbeanstandet in einem Kaufhaus. Arbeitgeber A verteilt zu Weihnachten Warengutscheine, untersagt aber die Barauszahlung. M bezahlt mit dem Warengutschein eine Jacke und tauscht diese gegen Bargeld bei ihrer eingeweihten Kollegin K um. A kündigt M und K fristlos. Werden die Kündigungen Bestand haben?

Fall 12: Mitarbeiter M ist als Lieferfahrer angestellt. Er verliert seinen Führerschein a) wegen Alkohol am Steuer (1,3 %o) b) Geschwindigkeitsübertretung (31 km/h) Kann Arbeitgeber A den M kündigen?

betriebsbedingte Kündigung Struktur der betriebsbedingten Kündigung Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die den Beschäftigungsbedarf im Betrieb vermindert haben keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit fehlerfreie Sozialauswahl

Überhang an Arbeitskräften Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse Ausgangspunkt: nicht: Umsatzrückgang, Auftragswegfall, Gewinneinbruch, Lizenzentzug, Insolvenz o.ä. Überhang an Arbeitskräften

außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe gestaltende unternehmerische Entscheidung Überhang an Arbeitskräften Kündigung

außerbetriebliche Gründe innerbetriebliche Gründe Auftragsrückgang Umsatzrückgang verschlechterte Ertragslage Kundenverlust Rohstoffmangel Wegfall von Fördergeldern Tarifentwicklung politische Ursachen Bankenkrise Rationalisierung Betriebsstilllegung Betriebseinschränkung Outsourcing Strukturveränderung Änderung der Produktionsmethoden

Bei der Sozialauswahl sind allein folgende Kriterien maßgeblich (§ 1 Abs. 3 KSchG): Dauer der Betriebszugehörigkeit Lebensalter Unterhaltsverpflichtungen Schwerbehinderung

Von der Sozialauswahl kann der Arbeitgeber Arbeitnehmer ausnehmen, deren Weiterbeschäftigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG).

Fall 13: Arbeitgeber A muss in der Buchhaltung, in der zwei Mitarbeiterinnen arbeiten, eine Kündigung aussprechen. Mitarbeiterin X ist 47 Jahre alt, seit 5 Jahren im Betrieb, verheiratet, kinderlos und nicht schwerbehindert. Mitarbeiterin Y ist 32 Jahre alt, seit 6 Jahren im Betrieb, ledig, hat ein Kind und ist ebenfalls nicht schwerbehindert. Welcher Mitarbeiterin sollte gekündigt werden?

V. Ablauf des arbeitsgerichtlichen Verfahrens

Niedrige Eingangsschwelle zum Arbeitsgericht: kein Kostenvorschuss Rechtsantragsstelle früher Güteverhandlungstermin keine Kostentragungspflicht auch bei Unterliegen in der ersten Instanz Prozesskostenhilfebewilligung für „arme“ Parteien

Beispiel: Kündigungsschutzverfahren Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer Frist: 3 Wochen nach Zugang Klageinreichung beim Arbeitsgericht Frist: 2 Wochen nach Klage Güteverhandlung Kammerverhandlung Frist: ca. 2 - 3 Monate

Urteil 1. Instanz Berufung zum LAG Revision zum BAG