RiBGH Prof. Dr. Markus Gehrlein Behandlung von Gesellschafterhilfen in der Insolvenz – Parallelen zu § 64 GmbHG Hamburg 27. April 2015.

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RiBGH Prof. Dr. Markus Gehrlein Behandlung von Gesellschafterhilfen in der Insolvenz – Parallelen zu § 64 GmbHG Hamburg 27. April 2015

Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz

Fall: Beklagte gewährt als Konzernmutter der Schuldnerin am 30. 10 Fall: Beklagte gewährt als Konzernmutter der Schuldnerin am 30.10.2009 ein Darlehen über 500.000 €. Dieses Darlehen verkauft Beklagte am 17.3.2010 für 375.000 € an C. Die Schuldnerin zahlt das Darlehen am 8.6.2010 an die C. Auf den Antrag vom 16.8.2010 wird am 1.11.2010 das Verfahren eröffnet. Die Anfechtung (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO) hatte Erfolg (Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 32/12). Lösung: 1. Finanzierungsfolgenverantwortung ist Legitimationsgrundlage des neuen Rechts. 2. Beklagte wird als verbundenes Unternehmen von Regelung erfasst; sie unterliegt als Gesellschafter-Gesellschafterin der Anfechtung. 3. Die Einstufung als Gesellschafterdarlehen ging durch Abtretung nicht verloren (§ 404 BGB). Anders würde nur gelten, wenn länger als ein Jahr vor Antragstellung entweder Gesellschafterstellung aufgegeben oder Darlehen abgetreten. 4. Anfechtung gegenüber Zessionar und Gesellschafter - Finanzierungsfolgenverantwortung: Daher keine Umgehung - Veranlassung der Zahlung an Zessionar durch Gesellschafter - Gesellschafter darf nicht mit Darlehensforderung spekulieren

Fall: Beklagter war zu 33 % Gesellschafter der Schuldnerin (einer GmbH) und erhielt als Abteilungsleiter Monatgehalt über 5.500 €, das spätestens am 10. Tag des Folgemonats fällig war. Teilgehalt für November 2010 über 2000 € wurde am 5. Januar 2011 überwiesen. Auf Insolvenzanfechtung gestützte Klage blieb ohne Erfolg (BGH, Urt. v. 10.7.2014 – IX ZR 192/13). Lösung: 1. Keine Anfechtung nach § 130 InsO, weil Bargeschäft (§ 142 InsO) vorliegt. - BAG: Unmittelbarkeit bei Zahlungen auf Arbeitsleistungen der letzten drei Monate - - Einseitige Bevorzugung der Arbeitnehmer; Konkursvorrechte beseitigt; Gleichbehandlung - - Jede Bevorzugung zu Lasten anderer Gläubiger - - Kleinunternehmer häufig in gleicher lage wie Arbeitnehmer; Gefahr von Folgeinsolvenzen - BGH: Unmittelbarkeit bei Zahlung von Monatsgehalt binnen 30 Tagen nach Fälligkeit - - Fälligkeitszeitpunkt kann bis 15. Tag des Folgemonats hinausgeschoben sein - - Hier Zahlung des am 10.12.2010 fälligen Monatsgehalts für November 2010 am 5.1.2011 2. Keine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO - Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit für Vorsatz kann entfallen - Dies gilt bei bargeschäftlichem Leistungsaustausch, wenn Gegenleistung zur Fortführung des Betriebs unentbehrlich ist und Gläubigern im allgemeinen nützt - Arbeitsleistung der Beschäftigten für Wertschöpfung unerlässlich

3. Keine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO - Beklagter ist als zu mehr als 25 % beteiligter Gesellschafter nahestehende Person (§ 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO) - Erfüllungsgeschäfte zu entgeltlichen Verträgen gerechnet - Jedoch keine unmittelbare Benachteiligung bei vertraglicher Gegenleistung, auch wenn sie schon untergegangen 4. Keine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO - Anfechtbarkeit erfasst Befriedigung von Darlehen und wirtschaftlich entsprechenden Forderungen - Forderungen aus Austauschgeschäften stehen Darlehen gleich, wenn sie rechtlich oder rein faktisch gestundet sind - Hier keine auch nur tatsächliche Stundung wegen bargeschäftlicher Abwicklung

Fall: Gesellschafter der Schuldnerin sind die Brüder A und B zu je 40 % und C zu 20%. Die Beklagte, deren Gesellschafter die Brüder A und B zu je 50 % sind, vermietete ein Grundstück nebst Räumen und Maschinen an Schuldnerin. Die Miete von 20.000 € war zum jeweils 15. eines Monats zu zahlen. Im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung zahlte die Schuldnerin die Miete binnen vier Monaten jeweils erst am 10. des Folgemonats. Die auf Zahlung von 80.000 € gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (BGH, Urt. v. 29.1.2015 – IX ZR 279/13). Lösung: Ein Anspruch aus § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO besteht nicht - Beklagte wird als Nichtgesellschafterin von Regelung erfasst - - Verbundene Unternehmen einbezogen - - Gesellschafter muss an darlehensgebendem mit mehr als 50 % beteiligt sein - - A und B halten nur je 50: Aber Addition infolge koordinierten Zusammenwirkens - Mietzahlung ist keine Rückzahlung einer darlehensgleichen Forderung - - Zahlung Nutzungsentgelt kann nicht für sich als Zahlung eines Darlehens angesehen werden - - Bei Nutzungsüberlassung betrifft Kreditgewährung nur Entgelt, nicht Nutzungsüberlassung

- Mietzahlung kann Begleichung darlehensgleicher Forderung sein - - Miete müsste stehen gelassen worden sein - - Kein Stehenlassen bei Baraustausch binnen 30 Tagen - - Hier jeweils geringere Zeitraum vom 15. bis 10. des Folgemonats - Bestimmung der Fälligkeit auf 15. bedeutet für sich keine Stundung - - Bei Räumen Fälligkeit am 3. Tag des Monats (§§ 556b, 579 Abs. 2 BGB) - - Bei Grundstück und beweglichen Sachen Fälligkeit am 1. Tag des Folgemonats (§ 579 Abs. 1 BGB) - - Hier Räume, Grundstück und bewegliche Sachen (Maschinen) vermietet - - Daher kein einheitlicher Fälligkeitstermin - - Bestimmung des 15. angemessen, ohne dass darin Stundung liegt

Fall: Die Beklagte gewährt der Schuldnerin zwecks Zahlung ihrer Sozialversicherungsbeiträge über neun Monate Darlehen über je 15.000 € und im zehnten Monat über 20.000 €, die jeweils wenige Tage später erstattet werden. Der Verwalter verlangt Erstattung von 155.000 €. Die Klage ist nur in Höhe von 20.000 € begründet (BGH, Urt. v. 7.3.2013 – IX ZR 7/12). Lösung: 1. Es wurde ein Gesellschafterdarlehen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO befriedigt. Für Überbrückungskredite gelten keine Besonderheiten. 2. Der Erstattungsbetrag beläuft sich auf lediglich 20.000 € - im Kontokorrent beschränkt sich Rückführung auf vereinbarte Obergrenze - zur Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge war Kreditlinie ungeeignet -vorliegend wurden Staffelkredite gewährt, die durch Gesellschaftsverhältnis zu Kontokorrent verklammert werden

Fall: Gesellschafter gewährt seiner GmbH am 4 Fall: Gesellschafter gewährt seiner GmbH am 4. April 2011 ein Darlehen über 25.000 € und am 5. Juli 2011 eines über 30.000 €, die innerhalb der Anfechtungsfrist erstattet werden. Anfechtungsbetrag beläuft sich auf 55.000 € und nicht lediglich 30.000 € (BGH, Beschl. v. 16.1.2014 – IX ZR 116/13) Lösung: In Kontokorrent Anfechtung nur bis zur Kreditobergrenze und nicht in Addition der Kredite - Hier kein Kontokorrent, sondern mehrere selbständige Darlehen - Kein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang - Kein besonderer Zweck, sondern Deckung des allgemeinen Liquiditätsbedarfs - Kein Grund für Stückelung des Betrages - Unterschiedliche Kreditbedingungen und Sicherungen

Fall: Gesellschafter gewährt über eine von ihm beherrschte GmbH & Co KG seiner GmbH, auf deren Eigenantrag vom 6. Juni 2009 das Insolvenzverfahren am 1. Oktober 2009 eröffnet wird, ab dem Jahr 2001 Darlehen über 100.000 €. Die GmbH tritt im Jahr 2004 zur Sicherung eine Forderung ab. Darauf erhält Gesellschafter durch Drittschuldner im Jahr 2007 Zahlung über 40.000 €. Dies ficht Verwalter dies gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO mit Erfolg an (BGH 18.7.2013 – IX ZR 219/11). Lösung: 1. Allgemeine Voraussetzungen des § 135 Abs.1 Nr. 1 InsO sind gegeben: - Gesellschafterstellung wegen Einfluss auf Darlehensgeber - Sicherungszession bildet Sicherung - In Abtretung liegt Gläubigerbenachteiligung - Anfechtungsfrist von zehn Jahren gewahrt; Sicherung muss nicht bei Verfahrenseröffnung bestehen 2. Keine Sperrwirkung, weil Verwertung außerhalb der Frist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 erfolgte: - Selbständige Anfechtbarkeit jeder Rechtshandlung - Gesetzliche Differenzierung zwischen Sicherung und Befriedigung - Keine verfassungsrechtlichen Bedenken - - Gesellschafter kann durch Sicherung gesamtes Vermögen den Gläubigern entziehen -- Risikoneigung des Gesellschafters begünstigt: Keine ordnungsgemäße Finanzierung -- Unanfechtbarkeit nur bei Verwertung außerhalb der Zehn-Jahres-Frist

Sachverhalt: Beklagte hat zur Sicherung eines Bankdarlehens Bürgschaft und Darlehen übernommen. Infolge des Widerrufs von Abbuchungen und Lastschriften durch den vorläufigen Verwalter wurde Bankdarlehen im letzten Jahr um 127.000 € zurückgeführt. Klage hatte Erfolg (Urt. v. 20.2.2014 – IX ZR 164/13). Lösung: 1. Darlehensrückführung durch Rechtshandlung der Schuldnerin - Jede Darlehenstilgung fußt auf Kontokorrentvereinbarung Auch Rechtshandlungen des vorläufigen mit allgemeiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgestatteten vorläufigen Verwalters anfechtbar, sofern er Altverbindlichkeiten erfüllt oder sichert 2. Befreiung der Beklagten als Sicherungsgeberin von Bürgschaft und Grundschuld - Grundschuld ist zu berücksichtigen, obwohl schon vor Erwerb der Gesellschafterstellung erteilt - Keine Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters notwendig Auch Kreditgeber erfasst, der später Gesellschafterstellung erwirbt 3. Keine Gläubigerbenachteiligung bei ausreichender Masse - Notwendigkeit der Deckung auch der Forderungen, gegen die Widerspruch eingelegt, weil dieser durch Feststellungsklage beseitigt werden kann - Anscheinsbeweis, dass Masse nicht ausreicht; Schuldner muss sich mit allen Positionen auseinandersetzen

Fall: Gesellschafter der Schuldnerin sind die Brüder A und B zu je 40 % und C zu 20%. Die Klägerin, deren Gesellschafter die Brüder A und B zu je 50 % sind, vermietete ein Grundstück nebst Räumen und Maschinen an Schuldnerin für 20.000 € monatlich. Auf Antrag vom 3.5.2010 wird am 22.9.2010 Verfahren eröffnet. Beklagter Verwalter kündigt Mietverhältnis zum 31.12.2010. Klägerin verlangt Miete von 65.000 € bis 31.12.2010 und wegen verspäteter Rückgabe Mietausfall von Januar 2011 bis Juli 2011 von 140.000 €. Klage hatte nur über 65.000 € Erfolg (BGH, Urt. v. 29.1.2015 – IX ZR 279/13). Lösung: 1. Anspruch für Zeitraum bis Ende 2010 begründet Mietvertrag dauerte nach § 108 Abs. 1 InsO über Verfahrenseröffnung hinaus fort - § 108 Abs. 1 InsO gilt für Grundstücke und Räume - Mietverhältnisse über bewegliche Gegenstände nach § 103 InsO abgewickelt - Hier zwar auch Maschinen vermietet: Aber Schwerpunkt bei unbeweglichen Sachen Miete nicht analog § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO entfallen - Ansprüche aus fortgesetztem Mietverhältnis bildet Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 2, § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO)

- Mietforderungen stellen darum Masseverbindlichkeiten dar - § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, der vor Verfahrenseröffnung entstandene Forderungen betrifft, ist darum unanwendbar - § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch nach Sinn und Zweck nicht einschlägig - - Eigenkapitalersatzrecht gewährte unentgeltlichen Nutzungsanspruch - - Nutzungsüberlassung stellt keine Kreditgewährung dar - - Eigenkapitalersatzrecht durch MoMiG gestrichen - - Merkmal „kapitalersetzend“ entfallen - - Auch § 135 Abs. 3 InsO gewährt kein unentgeltliches Nutzungsrecht Anspruch aus bis 31.12. fortgesetztem Mietverhältnis ist nicht nach § 135 Abs. 3 InsO zu kürzen - § 135 Abs. 3 InsO nicht deshalb unanwendbar, weil Klägerin keine Gesellschafterin der Schuldnerin ist - - § 135 Abs. 1 und 2 erfassen mittelbare Gesellschafter - - § 135 Abs. 3 InsO ist ebenso zu verstehen - - Klägerin steht Gesellschafterin gleich: Beteiligung der Brüder von je 50 % ist zu addieren - - Verfolgung gleichgerichteter Interessen bei Vermietung - - Bei Betriebsaufspaltung sind Gesellschafter beider Unternehmen zu erfassen

- Anspruch aus § 135 Abs. 3 berechnet sich nach bis Antragstellung faktisch geleisteten Zahlungen - - Kein unentgeltlicher Anspruch - - Durchschnitt der Zahlung im letzten Jahr - - nur zu berücksichtigen, was Gesellschafter behalten darf, nicht anfechtbare Zahlungen - - Durchschnitt nicht bis Verfahrenseröffnung, sondern Antragstellung zu berechnen - - Nach Antrag greift § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO, vorläufiger Verwalter wird weiteren Zahlungen nicht zustimmen: Darum unverfälschtes Zahlungsverhalten bis Antragstellung - § 135 Abs. 3 InsO jedoch nicht berührt, wenn vertragliches Nutzungsverhältnis nach Eröffnung fortdauert - - Vorschrift betrifft Aussonderungsanspruch und geht von Vertragsbeendigung aus - - Unanwendbarkeit bei fehlendem Aussonderungsrecht: Volles vertragliches Entgelt - - Dies entspricht Wille des Gesetzgebers: Volles Entgelt; Verminderung auf Durchschnitt nur bei Kündigung des Verwalters - - Keine Kürzung bei fortbestehendem Vertrag - - Ausnahmecharakter der Regelung: Betriebsfortführung notwendig; außerdem volles Entgelt bei vertraglicher Nutzung nicht betriebsnotwendiger Gegenstände

2. Anspruch Januar bis Juli 2011 nicht begründet - § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO , § 546a BGB nicht einschlägig - - Inanspruchnahme der Mietsache durch Verwalter nach Verfahrenseröffnung unter Ausschluss des Vermieters - - Kein gezielter Ausschluss der Klägerin gegen ihren Willen: Zustand vor Eröffnung beibehalten - § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO, § 546a BGB ebenfalls nicht gegeben - - Entschädigungsanspruch aus § 546a BGB aus verspäteter Rückgabe steht Vertragsanspruch gleich - - Keine Vorenthaltung allein wegen fehlender Räumung - - Maßgeblich, ob Verwalter selbst zur Räumung verpflichtet - - Bei Fortsetzung Nutzungsverhältnis durch Verwalter ist maßgeblich, welche Veränderungen durch ihn eingetreten sind - - Hier Mietsache nach Verfahrenseröffnung nicht verändert: Klägerin musste deswegen trotz fehlender Räumung zurücknehmen

Fall: Beklagte Bank gewährt Schuldnerin Darlehen Fall: Beklagte Bank gewährt Schuldnerin Darlehen. Zugleich wird für Fall drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung qualifizierter Rangrücktritt vereinbart. Trotz drohender Überschuldung zahlt Schuldnerin 100.000 € zurück. Klage des Verwalters auf Erstattung hatte Erfolg (BGH, Urt. v. 5.3.2015 - IX ZR 133/14). Lösung: Klage findet Grundlage in § 812 BGB - Anforderungen an qualifizierten Rangrücktritt nach Altrecht - - Geltung vor und nach Verfahrenseröffnung - - Befriedigung erst vor Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter - Anforderungen an Rangrücktritt nach neuem Recht - - Rücktritt hinter Forderungen aus § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO genügt - - Geltung im Zeitraum vor und nach Verfahrenseröffnung - Rechtsfolge eines Rangrücktritts: Schuldänderungsvertrag - - Forderung darf nur aus freiem Vermögen beglichen werden - - Bei Zahlung Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB - Rangrücktritt als Vertrag zugunsten Dritter nicht von Gläubiger und Schuldner aufhebbar - - Keine Passivierung nur bei gesicherter Rechtsposition der Gläubiger - - Gläubiger hinreichend bestimmt - - Aufhebung bei fehlendem Insolvenzgrund möglich

Klage findet Grundlage auch in § 134 InsO - Unentgeltlichkeit bei Aufgabe von Vermögenswert ohne Gegenleistung - Zahlung auf rechtsgrundlose Forderung stets unentgeltlich - Infolge Rangrücktritt besteht bei Insolvenzreife keine Forderung - Gleiche Rechtslage wie bei eigenkapitalersetzendem Darlehen - Rückzahlung ist mangels Forderung rechtsgrundlos und unentgeltlich

Haftung nach § 64 GmbHG

Fall: Klage des Insolvenzverwalters gegen Geschäftsführer auf Erstattung von seit 1.1.2014 bewirkter Zahlungen über 525.000 €, weil Schuldnerin seit Ende 2003 insolvenzreif gewesen sei. Klage kann Erfolg haben (BGH, Urt. v. 19.6.2012 – II ZR 243/11). Lösung: Pflicht des Geschäftsführers zur steten Vergewisserung über Vermögenslage der GmbH - Vermutung des Verschuldens und der Erkennbarkeit der Insolvenzreife - Organisation, die Übersicht über wirtschaftliche und finanzielle Situation jederzeit ermöglicht - Bei Anzeichen Krise Aufstellung eines Vermögensstatus - Fahrlässigkeit, wenn sich Geschäftsführer nicht rechtzeitig Informationen und Kenntnisse verschafft Pflichtverletzung entgegen Würdigung des OLG naheliegend - Wirtschaftliche Situation Ende 2002, mithin ein Jahr vorher bedeutungslos - Liquidität schliesst nicht Überschuldung aus - Rückstellungen für künftige Verbindlichkeiten müssen bekannt sein

Fall: Beklagter Geschäftsführer beauftragt August 2003 Unternehmensberaterin mit Prüfung Finanzlage der GmbH. Gutachten im November 2003 vorgelegt. Verwalter verlangt unter Behauptung der Insolvenzreife Erstattung der ab August 2003 bewirkten Zahlungen. Anspruch kann durchgreifen (BGH, Urt. v. 27.3.2012 – II ZR 171/10). Lösung: Haftung nach § 64 GmbHG setzt Verschulden voraus, das bei verbotenen Zahlungen vermutet wird - Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes: Erkennbarkeit der Insolvenzreife - - Vergewisserung über Finanzlage: Prüfung der Insolvenzreife, wenn Gesellschaft zu gewissem Zeitpunkt Verbindlichkeiten nicht tilgen kann - Pflichtenkreis eines selbst nicht hinreichend sachkundigen Geschäftsführers - - Bei Anzeichen Krise unverzügliche Beauftragung sachkundiger Person - - Offenlegung der erforderlichen Unterlagen - - Unverzüglicher Auftrag und unverzügliche Durchführung - - Plausibilitätskontrolle des Ergebnisses - - Hier kein gezielter Auftrag zur Insolvenzprüfung und keine unverzügliche Vorlage

Fall: Beklagter Geschäftsführer erbrachte vom 1. bis 16. 10 Fall: Beklagter Geschäftsführer erbrachte vom 1. bis 16.10.2007 Zahlungen über 14.000 € aus Vermögen der insolvenzreifen GmbH, über deren Vermögen auf Antrag vom 1.11. 2007 am 10.12.2007 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Er rechnet mit offenen Gehaltsforderungen von 13.000 € für Januar bis März 2007 auf. Erstattungsklage des Verwalters hatte Erfolg (BGH, Urt. v. 19.11.2013 – II ZR 18/12). Lösung: Aufrechung ist gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO unwirksam - Aufrechnungslage nicht durch § 94 InsO geschützt, weil Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO durchgreift - Beklagter hat Aufrechnungslage durch die Rechtshandlung verbotener Zahlungen herbeigeführt; ohne Bedeutung, dass Rückerstattungsanspruch kraft Gesetzes an Rechtshandlung anknüpft - Verbotene Zahlungen lösen Gläubigerbenachteiligung aus, weil sie Anspruch der Schuldnerin begründen und Beklagtem damit Aufrechnung ermöglichen; Beklagte hätte ohne Aufrechnung nur Insolvenzforderung - Herstellung der Aufrechnungslage führte zu inkongruenter Deckung, weil kein Anspruch des Beklagten auf Begründung gegenseitiger Forderungen bestand (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO)

Fall: Beklagter ist Aufsichtsrat einer insolventen AG Fall: Beklagter ist Aufsichtsrat einer insolventen AG. Ein ihr gewährtes Darlehen über 150.000 € zahlt sie an Beklagten zurück. Verwalter verlangt Erstattung (BGH, Urt. v. 16.3.2009 – II ZR 280/07). Lösung: Anspruch aus § 116 Satz 1, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG - Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 AktG gilt ab Eintritt der Insolvenzreife, nicht erst nach Ablauf der Antragsfrist: Sanierungsbemühungen innerhalb der Frist lassen Zahlungsverbot nicht entfallen - Zahlungsverbot richtet sich an Vorstand; Aufsichtsrat haftet nach § 116 Satz 1, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG ebenfalls: Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten - Bei Feststellung Zahlungsunfähigkeit Hinwirken auf Antragstellung, notfalls Abberufung des Vorstands Fall: Kommunale GmbH hat fakultativen Aufsichtsrat, der Zahlungen nach Eintritt Insolvenzreife nicht unterbindet (BGH, Urt. v. 20.9.2010 – II ZR 78/09). Lösung: Kein Anspruch gegen die Aufsichtsratsmitglieder - Verletzung der Aufsichtspflicht löst Drittschaden der Gläubigergemeinschaft aus, den § 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG einem Eigenschaden der Gesellschaft gleichstellt; § 116 verweist auf diese Norm - § 52 GmbHG verweist nur auf § 116, § 93 Abs. 1 und 2, nicht § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG - Daher Ersatzpflicht des Aufsichtsrats nur bei Eigenschaden der GmbH, der regelmäßig fehlt

Fall: Beklagter ist Geschäftsführer einer GmbH, der ihre Muttergesellschaft eine Kreditlinie über 150.000 € gewährte . Die Schuldnerin erstattete am 29.9. erhaltene Zahlung am 9.10. und rief am 16.10. erneut diesen Betrag ab. Die auf Erstattung gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (BGH, Urt. v. 18.11.2014 – II ZR 231/13). Lösung: Keine Ersatzpflicht nach § 64 GmbHG, wenn Schmälerung der Masse in unmittelbarem Zusammenhang ausgeglichen wird; Kein Anspruch - bei Erfüllung der Forderung durch Organ - bei Rückerstattung durch Empfänger aufgrund Insolvenzanfechtung - wenn für Zahlung Gegenwert in Masse gelangt und Aktiventausch vorliegt Nicht jeder weitere Zufluss als Ausgleich berücksichtigungsfähig - Notwendigkeit eines unmittelbaren Zusammenhangs, um Zufluss Schmälerung zuordnen zu können Gegenstand des Massezuflusses muss bei Verfahrenseröffnung nicht noch vorhanden sein - Maßgeblich ist Zeitpunkt des Zuflusses, nicht der Verfahrenseröffnung - Weggabe des zugeflossenen Gegenstandes kann neuen Anspruch aus § 64 GmbHG begründen - Würde erstmaliger Ausgleich nicht beachtet, käme es zu Vervielfältigung des Anspruchs Hier wurde Masseschmälerung durch erneute Zahlung ausgeglichen - Masseschmälerung liegt in Rückzahlung vom 9.10., weil Limit nicht ausgeschöpft - Ausgleich durch erneute Inanspruchnahme der Kreditlinie am 16.10.