ANTIDEPRESSIVA Thymoleptika

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Video für Patienten/ Angehörige: I had a black dog, his name was depression Quelle: mit Untertiteln
Depressionen Erstellt von: Prim.a MR.in Dr.in Margot Peters, PLL.M.
Antidepressiva Bild: © contrastwerkstatt/ fotolia.com.
 Präsentation transkript:

ANTIDEPRESSIVA Thymoleptika Teil I Mag. Dr. Ursula Apolloner Psychotherapeutisches Propädeutikum/Psychopharmakologie April 2006

Definition Als Antidepressiva wird eine Klasse von chemisch unterschiedlichen Medikamenten bezeichnet, die vorwiegend zur Behandlung von depressiven Störungen eingesetzt wird und zum Teil recht unterschiedliche Wirkprofile aufweist.

Definition Allen gemeinsam ist: stimmungsaufhellende Antriebsnormalisierende Wirkung kein Abhängigkeitsrisiko Gemeinsam ist eine stimmungsaufhellende und antriebsnormalisierende Wirkung mit der auch ein Abklingen der körperlichen Depressionssymptome einhergeht. Antidepressiva haben beim Gesunden keinen Einfluss auf die Stimmung.

Historisches Substanzen, die die Stimmung aufhellen gab es schon immer wie: das Johanniskraut die Baldrianwurzel das Passionsblumenkraut Hopfenzapfen Melissenblätter

Historisches Synthetische Antidepressiva auf rein chemischer Grundlage stehen jedoch erst seit fünf Jahrzehnten zur Verfügung. 1957 wurde „Imipramin“ (trizyklische AD) durch den Schweizer Psychiater R.Kuhn entdeckt ebenfalls 1957 beschrieben die amerikanischen Psychiater Loomer, Saunders und Kline, dass der 1952 in der Chemotherapie der Tuberkulose eingeführte Monoaminoxidase-Hemmer „Iproniazid“ antidepressive Wirksamkeit aufweise Vor der Entdeckung des Impramins stützte sich die antidepressive Pharmakotherapie vor allem auf die Behandlung mit Opium und auf die Narkotherapie (Schlafkur nach Klaesi mittels Somnifen-Dauerschlaf bzw. Barbiturat-Kur).

Entwicklungsgeschichte der AD 1957 Trizyklische AD Imipramin, Amitriptylin Modifizierte trizykl. AD Lofepramin, Amitriptylin-Oxid, Dosuleptin Irreversiblie MAO-Hemmer Iproniazid Tranylcypromin 1973 Tetrazyklische AD Maprotilin, Mianserin 1977 Chemisch andersartige AD Trazodon, Viloxazin 1984 SSRI (Serotonin-selektive Wiederaufnahmehemmer) 1990 Fluvoxamin, Fluoxetin 1991 Reversible MAO-A-Hemmer (RIMA) Moclobemid 1996 Citalopram 1997 Sertralin SNRI, NaSSA (Serotonin-Noradrenalin-seliktive AD) Mirtazapin, Venlafaxin 1998 NARI (Noradrenalin-selektive Wiederaufnahme-hemmer) Reboxetin 2003 Escitalopram (SSRI) 2005 Duloxetin (SNRI) MAO = Monoaminoxidasehemmer Serotonerge AD sollen nicht mit MAO-Hemmern kombiniert werden. Ansonsten sind Antidepressiva kombinierbar.

Einteilung der Antidepressiva Es gibt Dutzende von synthetischen Antidepressiva als Handelspräparate. Entscheidend ist nicht der Handels-name, sondern der Name, der den Wirkstoff bezeichnet. Am häufigsten ist die Einteilung nach dem Wirkstoff: AD die weder merklich dämpfen noch aktivieren AD die einen antriebssteigernden und stimmungsaufhellenden Effekt entwickeln AD die vor allem beruhigen, entspannen und angstlösend wirken Die Art der Depression entscheidet über die Art der verabreichten Antidepressiva. Diese Einteilung ist wichtig, denn es gibt Depressive, die unruhig, gespannt, fahrig, klagend sind und solche, die matt, kraftlos bzw. Seelisch-körperlich blockiert wirken. Antriebssteigernde AD: Thymoleptika z.B. Imipramin Antriebsdämpfende AD: AD vom Amitriptylintyp Problem: oft wirken Depressive nach außen eher müde und energielos, sind aber im Inneren nervös, unruhig und gespannt!!

Einteilung nach Klassen „klassische“ trizyklische Antidepressiva Tetrazyklische und modifizierte trizyklische AD Serotoninselektive Rücknahme-Inhibitoren (SSRI) Noradrenalinselektive Rückaufnahme-Inhibitoren (NARI) Serotonin-noradrenalinselektive („duale“) AD Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer) irreversibel, nicht selektiv (Tranylcypromin) reversibel, selektiv (MAO-A, RIMA wie Moclobemid) Atypische Antidepressiva (Sulpirid, Trimipramin) pflanzliches Antidepressivum/Phytopharmakon (Hyperikum-Extrakt: Johanniskraut)

Wirkung der Antidepressiva Im Zentrum der Forschungen steht die Wirkung der Antidepressiva auf die biogenen Amine. Amindefizit-Hypothese: Seit über 20 Jahren existieren Hypothesen wonach depressive Erkrankungen mit einer Verminderung der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin zusammenhängen sollen. Das Konzept der „Dysbalance“ der Neurotransmitter steht heute nach mehreren Amin-Hypothese Modifika-tionen im Vordergrund. Wobei auch Veränderungen der Dichte und Empfindlichkeit von Rezeptoren wichtig zu sein scheint. Biogene Amine = Klassen von Stoffen die durch Decarboxylierung von Amminosäuren entsteht (Dopamin, Noradrenalin, Adrenalin, Serotonin, Melatonin etc....) Ungleiche Verteilung der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin bei einem Teil der Depressiven.

Wirkung der Antidepressiva Durch trizyklische Antidepressiva, oder z.B. durch einen SSRI wird die präsynaptische Wiederaufnahme von Noradrenalin und/oder Serotonin gehemmt. Das führt in weiterer Folge zu postsynaptischen Rezeptorenverän-derungen auf der Ebene der rezeptorgekoppelten Signaltransduktionsmechanismen. Wirklatenz der Antidepressiva: 1-3 Wochen MAO-Hemmer hemmen die Monoaminoxidase und bewirken ebenfalls eine Erhöhung der zerebralen Noradrenalin- und Serotoninkonzentration. Wirklatenz: die durch die Nervenleitung bedingte Zeitverzögerung zwischen Reizeinwirkung und Reaktion bei AD 5 – 25 Tage od. 1-3 Wochen

Wirkmechanismus der AD Neuronales Netzwerk Neurotransmission/Synapsen-Verschaltung Bei Depressionen kommt es zur Verminderung der Neurotransmitter Noradrenalin und/oder Serotonin sowie zur Veränderung der Dichte und Empfindlichkeit von postsynaptischen Rezeptoren der norenergen und serotonergen Systeme. Synapse: Umschaltstelle für die diskontinuierliche (aussetzend, unterbrochen, zusammenhangslos) Erregungsübertragung von einem Neuron auf ein anderes oder auf das Erfolgsorgan (z.B. Muskelzelle). Die Übertragung erfolgt beim Menschen v.a. biochemisch mit Hilfe von Überträgersubstanzen (sog. Neurotransmittern), die durch den Erregungsimpuls aus den Endigungen des präsynaptischen Axons freigesetzt werden und die Permeabilität der postsynaptischen Membran verändert. S. sind Wirkorte vieler Pharmaka!! Bild: präsynaptische Faserstrecke mit Neurofibrillen – synaptische Endstrecke mit Mitochondrien – Endfüßchen mit synapt. Bläschen, liefern die Überträgerstoffe, die bei der Weitergabe von Impulsen freigesetzt werden und die Permeabilität der synapt. Membranen und ihrer elektrischen Potentiale ändert – der Synapsenspalt wird von den dickeren prä- u. postsynapt. Membranen begrenzt u. trennt die Endstrecke der Nervenfaser vom Perikaryon (das um den Zellkern gelegene Zytoplasma der Nervenzelle) der Nervenzelle Empfindlichkeitsveränderungen der Rezeptoren: u.a. Herabregulierung von ß-Rezeptoren Manie: es wurde ein gesteigerter Katecholaminstoffwechsel (Dopamin- und Noradrenalin-Erhöhung) nachgewiesen, ebenso ein erhöhter Progesteronspiegel bei Männern. Abbildung 4.6: Hans-Jürgen Möller: Psychiatrie und Psychotherapie S 79.

Wirkmechanismus der AD Antidepressiva erhöhen die Aminkonzentration im synaptischen Spalt entweder durch Wiederaufnahmehemmung von Noradrenalin und/oder Serotonin oder durch Blockade des Abbaus von Noradrenalin und/oder Serotonin Reserpin: gilt als typischer Auslöser für Depressionen – auch hier konnte eine Konzentrationsverringerung biogener Amine im Gehirn sowie die Entleerung der Noradrenalinspeicher in den präsynaptischen Vesikeln (Bläschen) nachgewiesen werden.

Wirkmechanismus der AD Trizyklische Antidepressiva: wie Amitriptylin oder Nortriptylin haben sich bei der Behandlung von Depressionen seit vielen Jahren bewährt. Nachteil: anticholinerge Nebenwirkungen (Mundtrockenheit, Obstipation, Akkomodations- und Miktionsstörungen) sowie eine Blutdrucksenkung (orthostatische Hypotonie) Akkomodationsstörung: Anpassungsstörung: entweder Fähigkeit des Auges bei der Scharfeinstellung; oder bei der Niere: Harnkonzentrierungsfähigkeit, Miktionsstörung: Harnlassen, Blasenentleerung Orthostatische Hypotonie: in aufrechter Körperhaltung RR zu hoch

Wirkmechanismus der AD SSRI Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-hemmer wie Citalopram, Paroxetin oder Sertralin gehört zur neueren Substanzklasse. Weist keine anticholinergen Effekte auf und ist bei Überdosierung (Suizidversuch) wesentlich ungefährlicher als die trizyklischen Antidepressiva Nebenwirkungen: Unruhe und Übelkeit Akkomodationsstörung: Anpassungsstörung: entweder Fähigkeit des Auges bei der Scharfeinstellung; oder bei der Niere: Harnkonzentrierungsfähigkeit, Miktionsstörung: Harnlassen, Blasenentleerung Orthostatische Hypotonie: in aufrechter Körperhaltung RR zu hoch

Wirkmechanismus der AD Monoaminoxidasehemmer: MAO inhibitors (engl.): Substanzen die das Enzym Monoaminoxidase und dadurch den Abbau von Noradrenalin, Dopamin und Serotonin hemmen. Nichtselektive (Tranylcypromin) Selektive (neuere) MAOH (Moclobemid, Selegilin) Der reversiblie Monoaminoxidase-A-Hemmstoff Moclobemid weist im Gegensatz zum älteren irreversiblen MAOH (Tranylcypromin) keine klinisch relevante Wechselwirkung mit Nahrungsmitteln und anderen Medikamenten auf (keine Diätrestriktionen). Nebenwirkungen: Unruhe und Schlafstörungen Enzym Monoaminoxidase: ein Enzym das über eine oxidative Desaminierung den Abbau versch. biogener Amine mit einer Aminogruppe (Katecholamine wie z.B. Noradrenalin und Serotonin) bewirken Selegin: Parkinsonmittel

Wirkmechanismus der AD Selektiv serotoner und noradrenerg (Mirtazaptin, Venlafaxin) Selektiv noradrenerg wirkende Antidepressiva (Reboxetin) sind neuerdings verfügbar. Diese Präparate weisen ebenfalls keine anticholinergen Nebenwirkungen auf. Nebenwirkungen: Müdigkeit, Appetitsteigerung, Ödeme (Mirtrapazin), Übelkeit, Agitiertheit, Blutdruckanstieg (Venlafaxin), Schlaflosigkeit, Schwitzen und Miktionsstörungen (Reboxetin)

Antidepressiva Die Auswahl von Antidepressiva richtet sich in erster Linie nach dem klinischen Erscheinungsbild der Depression sowie nach dem Nebenwirkungsprofil des Präparates!

Literatur Hans-Jürgen Möller, Gerd Laux, Arno Deister: Psychiatrie und Psychotherapie; 2005 Georg Thieme Verlag KG, 3. Auflage, S 78-98, S 483-485 Ewald Rahn, Angela Mahnkopf: Lehrbuch Psychiatrie; Psychiatrie-Verlag GmbH, Bonn 2005, 3. Auflage, S 368-372 Johannes Pichler, Facharzt für Neurologie: Medikamentöse Therapie bei Depression, Internet 30.03.2006 Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch; de Gruyter, 1994, 257. Auflage D A N K E

ANTIDEPRESSIVA Thymoleptika Teil II Mag. Christiane Muri