Neue Modellsysteme zum Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen

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 Präsentation transkript:

Neue Modellsysteme zum Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen Jochen Holzschuh Universität Freiburg Biologie I

Neue Modellsysteme zum Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen Einleitung Vom Gen zum Protein Das Gehirn Modellsysteme Transgene Tiere Neurodegenerative Erkrankungen Morbus Parkinson Modelle zu Morbus Parkinson Morbus Alzheimer Modelle zu Morbus Alzheimer

Einleitung Vom Gen zum Protein Gene steuern das Zellverhalten, indem sie die Proteine kontrollieren, die eine Zelle produziert. Promotoren fungieren als “Genschalter” Enhancer als “Verstärker” Transkriptionsfaktoren, die sich an die Promotor-Enhancerregionen heften, verstärken oder inhibieren die Transkription

Das Gehirn Trepel 2004

Modellorganismus Fadenwurm Caenorhabditis elegans Larvenstadien 0,5mm Wolpert 1999

Modellorganismus Fruchtfliege Drosophila melanogaster 0,1mm Wolpert 1999

Modellorganismus Zebrafisch Danio rerio 0,5mm 0,5mm 1cm Wolpert 1999

Modellorganismus Maus Mus musculus 0,1mm 1mm Wolpert 1999

Transgene Tiere Überexpression (Transgene) Knock-out Knock-in Einbringen eines zusätzlichen Gens. Dies führt zu einem Funktionsgewinn. Durch die Wahl des Promotors wird der Ort und die Menge der Expression bestimmt. Knock-out Entfernung eines Gens. Dies führt zu einem Funktionsverlust. Knock-in Veränderung des natürlichen Gens, z.B. Einführung einer Punktmutation, oder Austausch eines endogenen Gens durch ein Fremdgen. Dies führt zu der Expression eines mutierten bzw. Fremdgens in normaler Menge

Herstellung transgener Tiere Konventionelle Veränderung Einbringen von Fremd-DNA an unbestimmter Stelle in irgendein Chromosom. Lodish et al. 2000

Herstellung transgener Tiere Konventionelle Veränderung Gezielte Veränderung (Gene Targeting) Veränderung eines Zielgens durch Einführung eines zusätzlichen DNA Fragments. Einführung einer Deletion. Gezielte Veränderung einzelner Nukleotide

Herstellung transgener Tiere Konventionelle Veränderung Gezielte Veränderung (Gene Targeting) Konditionelle Veränderung Gerichtete genetische Abwandlung, die nur ein spezifisches Gewebe oder einen Zeitabschnitt in der Entwicklung eines Organismus oder beides betrifft.

Neurodegenerative Erkrankungen “ Clearly, neurons are always riding on the edge; with their high metabolic requirements and meager provisions, they are extremely vulnerable cells. … …Happy neurons are all alike: every unhappy neuron dies in its own way ” Hutchings and Barker Why Neurons Die: Cell death in the nervous system (1998)

Neurodegenerative Erkrankungen Definition Familiäre oder sporadische Erkrankungen, die neuropathologisch durch fortschreitenden Untergang bestimmter Populationen von Nervenzellen und Ersatz durch Gliagewebe gekennzeichnet sind.

Neurodegenerative Erkrankungen Klinische Klassifikation Demenzerkrankungen (z.B. Alzheimer) Verlust erworbener intellektueller Fähigkeiten Gedächtnis und mindestens eines der folgenden Merkmale Störung des abstrakten Denkens Vermindertes Urteilsvermögen Störung anderer kortikaler Funktionen Persönlichkeitsveränderungen

Neurodegenerative Erkrankungen Klinische Klassifikation Demenzerkrankungen (z.B. Alzheimer) Zentrale Bewegungsstörungen (Basalganglienerkrankungen z.B. Parkinson) Die Kontrolle der Willkürmotorik, also von Bewegungen, die bewusst ausgeführt werden, ist in Folge von degenerativen Erscheinungen der Basalganglien gestört.

Neurodegenerative Erkrankungen Klinische Klassifikation Demenzerkrankungen (z.B. Alzheimer) Zentrale Bewegungsstörrungen (Basalganglienerkrankungen z.B. Parkinson) Ataxien (z.B. Spinocerebellar Ataxie) Verlust oder Störung der Bewegungsabläufe und der Haltungsinnervation mit Auftreten unzweckmässiger Bewegungen in Folge gestörter Muskelkoordination.

Neurodegenerative Erkrankungen Klinische Klassifikation Demenzerkrankungen (z.B. Alzheimer) Zentrale Bewegungsstörrungen (Basalganglienerkrankungen z.B. Parkinson) Ataxien (z.B. Spinocerebellar Ataxie) Erkrankungen des motorischen Systems (z.B. ALS Amyotrophe Lateralsklerose ALS) Motorische Störungen ausgehend von einem neuronalen Verlust im pyramidalen System.

Molekulare Klassifikation neurodegenerativer Erkrankungen Amyloid-Erkrankungen (Alzheimer) Einlagerung von bestimmtem Proteinen (Amyloid oder Paraamyloid) in die Grundsubstanz des Bindegewebes

Molekulare Klassifikation neurodegenerativer Erkrankungen Amyloid-Erkrankungen (z.B. Alzheimer) Tauopathien (z.B. Alzheimer) Eine Gruppe von degenerativen Erkrankungen des Zentralnervensystems, die auf eine abnorme Phosphorylierung und Aggregation des Mikrotubuli-assoziierten Proteins Tau zurückzuführen sind

Molekulare Klassifikation neurodegenerativer Erkrankungen Amyloid-Erkrankungen (z.B. Alzheimer) Tauopathien (z.B. Alzheimer) Synukleopathien (z.B. Parkinson) Neurodegenerative Erkrankungen, bei denen es zur Bildung von Lewy Körperchen kommt. Die Lewy-Körperchen bestehen überwiegend aus Synuklein, einem natürlichen, aber in seiner Struktur krankhaft veränderten Protein.

Molekulare Klassifikation neurodegenerativer Erkrankungen Amyloid-Erkrankungen (z.B. Alzheimer) Tauopathien (z.B. Alzheimer) Synukleopathien (z.B. Alzheimer) CAG Repeat Erkrankungen (z.B. Huntington) Mutationen, die durch CAG-Repeat-Verlängerungen (Wiederholungen des Codons Cytosin-Adenin-Guanin) charakterisiert sind und zu langen Polyglutaminen führen.

Morbus Parkinson Erstmals 1817 von Parkinson in seinem “An Essay on the Shaking Palsy” beschrieben. Familiärer idopatischer Parkinson (<40 Jahre, 5-10% der Partienten) Autosomal-dominant Autosomal-recessive juvenil Sporadischer idiopatischer Parkinson (>50 Jahre)

Morbus Parkinson Klinisches Erscheinungbild Gang- und Gleichgewichtsstörungen Zittern Muskelsteifigkeit

Morbus Parkinson Pathologie Primär degenerativ. Verlust von Neuronen Hauptsächlich dopaminerger Neurone der Substantia nigra pars compacta

Morbus Parkinson Pathologie Basalganglienerkrankung Sekundäre Überfunktion des Striatums (Enthemmung)

Morbus Parkinson Krankheits Faktoren Genetische Faktoren a-Synuclein (Park1) Parkin (Park2) Sepiapterinreductase (Park3) Ubiquitin C-terminale Hydrolase (Park5) TAU Umwelt Faktoren Unreine Drogen (MPTP in Heroin) Virale Infektion (Influenca A) Trauma (Boxer) Pestizide und Herbizide Mangan Endogene Neurotoxine

Morbus Parkinson a-Synuclein Mutationen des a-Synuclein führen zu oxidativen Stress

Morbus Parkinson Tiermodelle a-Synuclein Transgene Tiere: C. elegans Drosophila melanogaster Mäuse Neurotoxin Modelle: MPTP/MPP+ und 6-OHDA C. elegans, Fische Ratten Primaten

Morbus Parkinson in C. elegans Expression von grün fluoreszierenden Protein GFP unter der Kontrolle des DAT Promotors Wolpert 1999 Nass et al. (2002)

Morbus Parkinson in C. elegans Das 6-OHDA Toxin tötet DA Neurone und führt so zu einer starken Störung der Beweglichkeit in Fadenwürmern Nass et al. (2002)

Morbus Parkinson in C. elegans Expression von Mutanten humanen a-Synuclein unter der Kontrolle des DAT Promotors führt zu einem Verlust von DA Neuronen Lasko et al. 2003

Morbus Parkinson in Drosophila DA Neurone in Drosophila Hartenstein 1993 Frigge-Grelin et al. 2002

Morbus Parkinson in Drosophila Die Expression von mutanten humanen a-Synuclein führt zu einem MP Phenotypen transgenic transgenic Anti a-Synuclein Anti a-Synuclein human transgenic transgenic human Feany & Bender 2000

Morbus Parkinson in Drosophila Die Expression von mutantem humanen a-Synuclein führt zu Störungen in der Motorik Feany & Bender 2000

Morbus Parkinson in Drosophila Der Verlust von DA Neuronen kann pharmakologisch aufgehoben werden (Geldanamycin) Auluck & Bonini 2002

Morbus Parkinson a-Synuclein Knockout Mäuse Das Entfernen des a-Synuclein Gens in Mäusen (knockout) führt zu keiner Veränderung in der Entwicklung der DA Neurone. Abellovich et al. 2000

Morbus Parkinson in transgenen Mäusen Mutantes humanes a-Synuclein in Mäusen Mauslinie 1 a-Synuclein in allen Neuronen Mauslinie 2 a-Synuclein in DA Neuronen Mauslinie 3 a-Synuclein in Glia Zellen Stichel und Lüber 2003

Morbus Parkinson Die Suche nach neuen Faktoren DA Neurone im Zebrafisch Nach Holzschuh et al. 2001

Morbus Parkinson Die Suche nach neuen Faktoren Mutagenese von Zebrafischen zur Identifizierung neuer Faktoren der DA Neuronen Entwicklung

Morbus Alzheimer Erstmals von Alois Alzheimer 1906 als eine "eigenartige Krankheit der Hirnrinde" beschrieben Die Alzheimersche Krankheit ist eine fortschreitende, degenerative Erkrankung. Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz

Morbus Alzheimer Klinisches Erscheinungsbild Verlust der intellektuellen Funktionen wie Denken, Erinnern und Verknüpfen von Denkinhalten

Morbus Alzheimer Pathologie Primar degenerativ. Verlust von Neuronen Hauptsächlich Neurone des Vorderhirns und der Großhirnrinde (cholinerge Neurone) © A Med-World AG

Morbus Alzheimer Pathologie Bildung von Fibrillenveränderungen und pathologischen Ablagerungen in der Hirnrinde “Senile Plaques” mit Amyloid ß-Protein Neurofibrilären Knäulen des TAU Proteins

Morbus Alzheimer Krankheits Faktoren Genetische Faktoren Amyloid Vorläufer Protein (APP) Presenelin1 Presenelin2 Apolipoprotein E (APOE) Umwelt Faktoren Aluminium Gehirnverletzungen (Boxen)

Morbus Alzheimer Pathologie Die Entstehung von krankhaften Protein Aggregaten

Morbus Alzheimer Pathologie Die Bildung von Amyloid ß-Ablagerungen

Morbus Alzheimer in C. elegans APP transgene Fadenwürmer bilden Amyloid-ß Ablagerungen in Muskelzellen 50mm Link et al. 2003

Morbus Alzheimer in Drosophila TAU Transgene Fliegen verlieren alterersabhängig cholinerge Neurone und …Neuronen endigungen Auge 1d Auge 30 d ZNS 1d ZNS 30 d Ko TAU mTAU Wittmann et al. 2001

Morbus Alzheimer in Drosophila APP und Psen transgene Fliegen entwickeln Plaques und Neuro- degenerationen Greeve et al. 2004

Ausblick Tiermodelle Tiermodelle ermöglichen die….. Identifizierung von neuen Faktoren, die für den Krankheitsverlauf verantwortlich sind. Identifizierung von Faktoren, die die Regeneration oder Neubildung von betroffenen Populationen von Neuronen bewirken. Aufklärung von Mechanismen, die zu einem neurodegenerativen Krankheitsbild führen. Testung in der Arzneimittelentwicklung (High-throughput-Screening) Entwicklung neuer Therapieansätze für neurodegenerative Erkrankungen.