Vortrag: Arbeitskreis Politische Ökonomie – Glück in der Krise

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Wohlstandsmessung durch Indikatoren zur Lebenszufriedenheit Vom BIP zu SALY? Georg Erber Vortrag: Arbeitskreis Politische Ökonomie – Glück in der Krise Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg, 15. – 17. Oktober 2010 Qualifizierungsprojekt "Kompetenzfeld Kulturwirtschaft" Berlin-Brandenburg

Well-Being und Glücksmessung Ziel des Wirtschaftens Wohlfahrtstheorie Das BIP als Wohlstandsindikator Steigerung des materiellen Wohlstands? Schafft materieller Wohlstand Glück? Glück als Bewusstseinszustand? Lebenszufriedenheit oder Glück? Indikatorik zur Messung von Lebenszufriedenheit SALY als Alternative zum BIP?

Ziel des Wirtschaftens Die Wirtschaft oder Ökonomie ist die Gesamtheit aller Einrichtungen und Handlungen, die der planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienen. Zu den wirtschaftlichen Einrichtungen gehören Unternehmen, private und öffentliche Haushalte, zu den Handlungen des Wirtschaftens Herstellung, Verbrauch, Umlauf und Verteilung von Gütern. Solche Zusammenhänge bestehen zum Beispiel auf welt-, volks-, stadt- und betriebswirtschaftlicher Ebene. Quelle: Wikipedia

Gegenstand der Wohlfahrtstheorie Die Wohlfahrtsökonomik (engl. welfare economics), Wohlfahrtsökonomie oder Allokationstheorie beschäftigt sich als Teilbereich der Volkswirtschaftslehre mit der Beeinflussung der ökonomischen Wohlfahrt, die sich aus der Allokation von Ressourcen ergibt. Die Wahl des Maßstabes, der zur Beurteilung einer ökonomischen Situation eingesetzt werden soll, beinhaltet ein Werturteil, auch wenn auf den normativen Charakter meistens nicht explizit hingewiesen wird. Die Wohlfahrtsökonomik ist daher ein Zweig der normativen Ökonomik. Ein häufig verwendeter Maßstab der Wohlfahrtsökonomik ist die Pareto-Effizienz. Bei der, vor allem im englischsprachigen Raum häufig eingesetzten, Nutzen-Kosten-Analyse wird als Maßstab meist das Kaldor-Hicks-Kriterium verwendet. Quelle: Wikipedia

Ist das BIP das Maß aller Dinge? Kritik am BIP als Wohlstandsindikator “The Gross National Product counts air pollution and cigarette advertising, and … the destruction of the redwood and the loss of our natural wonder in chaotic sprawl… Yet [it] does not allow for the health of our children, the quality of their education, or the joy of their play… the beauty of our poetry or the strength of our marriages… it measures everything, in short, except that which makes life worthwhile.” Quelle: Robert Kennedy 1968 zitiert nach Michaelson, J. ; Abdallah, S.; Steuer, N.; Thompson, S.; Marks, N.; Aked, J.; Cordon, C.; Potts, R.: National Accounts of Well-being:

Glückforschung Glückforschung hat seine modernen Wurzeln in der Psychologie und Soziologie Subjektive Wahrnehmung seines Bewusstseinszustands wurde intensiv in der Psychologie untersucht. Anstelle der Analyse der Pathologie des Bewussteins im Sinne der Depression, etc. wurde ein anderer Bereich der positiven Psychologie etabliert. „Die Positive Psychologie ist eine akademische Disziplin mit der Zielsetzung, die guten Aspekte des menschlichen Miteinander zu erforschen. Dabei stellt sie zentrale Lebensthemen, wie Glück, Optimismus, Geborgenheit, Vertrauen, Verzeihen, Solidarität in den Vordergrund, welche in der anfänglich konflikt- und störungsorientierten Psychologie wenig beachtet wurden.“

Glückforschung in der Soziologie Glücksforschung ist die Erforschung der Bedingungen, unter denen sich Menschen als glücklich bezeichnen und/oder glücklich sind. Die Wissenschaft vom Glück hat einen humanistischen Anspruch. Sie möchte zur Maximierung des menschlichen Glücks beitragen. In Deutschland ist sie seit den 1980er Jahren durch die Arbeit des Soziologen Alfred Bellebaum stark intensiviert worden. Quelle: Wikipedia

Wirtschaftsnobelpreisträger Eine Reihe von Wirtschaftsnobelpreisträger, die für ihre mehr aus der empirischer Verhaltensforschung gewonnen geehrt wurden, haben die mehr interdisziplinäre Neuorientierung einer Wirtschaftstheorie auf Basis eines empirisch belastbaren verhaltenstheoretischen Fundaments salonfähig gemacht. Herbert Simon (1978) für seine Arbeiten im Bereich eingeschränkter Rationalität (Bounded Rationality) Reinhard Selten (1994), Vernon Smith (2002) für die experimentelle Spieltheorie Daniel Kahnemann (2002) für das Einführen von Einsichten der psychologischen Forschung in die Wirtschaftswissenschaft Josef Stiglitz, George A. Akerlof (2001) für die Analyse von Entscheidungsrpozessen bei asymmetrischer Information

Ökonomen entdecken die Glücksforschung Glücksforschung ist also sehr viel intensiver weltweit in den Schwesterwissenschaften wie Psychologie und Soziologie betrieben worden. Grundlage für die Neuentdeckung der Glückforschung war die zunehmende Erkenntnis, dass der homo oeconomicus, d.h. der scheinbar allzeit rational kalkulierende Mensch, mit dem realen Verhalten wie es die empirische Verhaltensforschung auch im Rahmen ökonomischer Entscheidungsprobleme dokumentiert, nicht vereinbar ist. Hinwendung von der mathematisch-axiomatischen ökonomischen Theoriebildung der neoklassischen Ökonomie zur Neukonstituierung als Behavioural Economics

Anwendungsbereiche Die Verhaltensökonomik (engl. Behavioral Economics) ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft. Sie beschäftigt sich mit menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Situationen. Dabei werden Konstellationen untersucht, in denen Menschen im Widerspruch zur Modell-Annahme des Homo oeconomicus, also des rationalen Nutzenmaximierers, agieren. Als Beispiel wären hier zu nennen. Behavioral Game Theory Behavioural Finance Behavioural Macroeconomics

Neuroeconomics Neben dem Versuch einer Vereinheitlich der Grundlagen der Vorstellung von menschlichem Verhalten in Psychologie, Soziologie und Ökonomie tritt seit einiger Zeit auch die Humanmedizin mit ihren neuen Methoden der Tomographie hinzu, die es ermöglicht die Hirnprozesse von Menschen physikalisch abzubilden. Mit derartigen Verfahren zum menschlichen Verhalten unter Experimentalbedingungen durch Aufzeíchnung der jeweiligen Hirnaktivitäten ist ein neuer Zweig der Neuroeconomics entstanden. Als Neuroökonomie (engl. Neuroeconomics) bezeichnet man die interdisziplinäre Verknüpfung der Neurowissenschaften mit den Wirtschaftswissenschaften. Zweck ist die Untersuchung des Menschen als Konsumenten oder Investoren in bestimmten wirtschaftlichen Entscheidungssituationen.

Krise der Wachstumsideologie Trotz fortschreitenden Wirtschaftswachstum gemessen am BIP-Indikator nehmen die sozialen und ökologischen Probleme zu. Insbesondere durch Umweltzerstörung und exzessiven Ressourcenverbrauch von nicht-erneuerbaren Ressourcen wie fossilen Brennstoffen sowie von zwar erneuerbaren aber zu stark genutzten Ressourcen wie Überfischung der Meere, Auslaugung von Böden in der Landwirtschaft, Luftemissionen, die nicht rasch genug abgebaut werden können, sind die Grenzen eines auf materielles Wachstum ausgerichteten Entwicklungsmodells immer deutlicher geworden. Klimawandel als globales Problem zeigt dies deutlich

Globales Wirtschaftswachstum macht nicht glücklicher Gerade in den reichen Ländern, d.h. Ländern mit hohem Pro-Kopf-Einkommen zeigt sich anhand empirischer Studien, dass trotz Steigerung des materiellen Wohlstands die Lebenszufriedenheit stagniert oder sogar rückläufig ist. Easterlin-Paradox: Easterlin hat anhand umfangreicher empirischer Untersuchungen gezeigt, dass es keine hohe Korrelation zwischen Einkommenswachstum und Lebenszufriedenheit gibt. Easterlin, R. A.: Does Money buy Happiness?, in: The Public Interest, 30, 3-10; ders.: Will Raising the Incomes of All Increase the Happiness of All?, In: Journal of Economic Behavior and Organization, 27, no.1, 1995, 35-48. ders.: Income and Happiness: Towards a Unified Theory, In: Economic Journal, 111, no. 473, 2001

Kritiker der Arbeiten von Easterlin Stevenson, B. und Wolfers J.: Economic Growth and Subjective Well-Being: Reassessing the Easterlin-Paradox, In: Brookings Papers on Economic Acitivity, 1-87. Ihr Vorwurf Fehler bei der Datenanalyse Von den Kritikern der Glückforschung oftmals als Widerlegung des Easterlin-Paradox gedeutet, aber auch finden einen Widerspruch zwischen Einkommenswachstum und Lebenszufriedenheit Stevenson, B. und Wolfers J.: The Paradox of Declining Female Happiness, In: American Economic Journal: Economic Policy, 1(2), 190-255, August 2009.

Daniel Kahnemann oder wieviel Einkommen braucht man zum Glücklichsein? In einer neuen Studie erhebt Daniel Kahnemann den Anspruch aufgrund einer Gallup-Umfrage unter US-Bürgern, dass im Durchschnitt das Lebensglück bei einem Einkommen von 60.000 US Dollar kaum noch steigerungsfähig ist. Mehr Einkommen macht die Menschen danach nicht glücklicher Dies ließe jedoch für den Rest der Welt noch reichlich Spielraum für die Steigerung des Lebensglücks durch Steigerung des materiellen Wohlstands

Der Sarkozy-Report Während Frankreich den EU-Vorsitz innehatte gab Nicolas Sarkozy eine Studie in Auftrag, die eine Verbesserung der Messung der Wohlstandmessung anstelle des bisherigen BIP vorschlagen sollte. Vorsitzende der Kommission waren Stiglitz, Sen und Fitoussi http://www.stiglitz-sen-fitoussi.fr/en/index.htm Neben zahlreichen weiteren Vorschlägen zur Verbesserung des Systems der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen wurden als wesentliche Neuerung auch subjektive Lebenszufriedenheitsindikatoren vorgeschlagen

Beyond GDP Weitere wichtige Initiativen zur Reform des Ansatzes zur Messung von gesellschaftlichen Fortschritt ging auch von der Beyond-GDP-Konferenz im Jahr 2007 aus. http://www.beyond-gdp.eu/ Dort wurden auch die Probleme der Wohlstandsmessung diskutiert. Bereits vorher hatte Armatya Sen bei der Weltbank als Alternative für Entwicklungsmessung den Human Development Index HDI etabliert. Der Konferenzbericht der von der EU-Kommission und der OECD organisierten Veranstaltung ging auch an das EU-Parlament

Happiness als Politikziel Neben der Frage der Messung von gesellschaftlichen Fortschritt wurde auch die Frage der Ausrichtung von Wirtschaftspolitik an neuen Indikatoren als des BIP thematisiert. von Suntum, U.: Zur Konstruktion eines Lebenszufriedenheitsindikators („Glücks-BIP“) für Deutschland, In: SOEPpapers 258, DIW Berlin, Januar 2010. Layard, R.: Happiness and Public Policy: A Challenge to the Profession. In: The Economic Journal, 2006, 116(March), S. C24-C33.

Bhutan als Vorreiter Das kleine Himalaya Königreich Bhutan hat vor einigen Jahren mit seinem Konzept der Gross National Happiness (GNH) international Aufsehen erregt. Statt des BIP wird dort das GNH als Gesamtinidikator für die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik der Landesregierung eingesetzt Ursprung für die Idee ist eine buddhistische Wirtschaftsethik, die unter dem Begriff von E. F. Schumacher als Buddhist Economics bekannt geworden ist. http://www.schumachersociety.org/buddhist_economics.html

GNH-Indikatoren Zeitverwendung (Time use) Lebensstandard (Living Standards) Staatsführung (Good governanance) subjektives Wohlbefinden (Psychological Wellbeing) Soziale Vitalität (Community Vitality) Kultur (Culture) Gesundheit (Health) Ausbildung (Education) Ökologie (Ecology) Diese werden dann zu einem GNH-Gesamtindikator zusammengewichtet

Machbarkeitstudie von Eurostat Diese Vorgeschichte hat in der EU einen Prozess in Gang gesetzt, der insbesondere Eurostat den Auftrag erteilt hat, anhand der Vorschläge des Sarkozy-Reports und der Beyond-GDP-Konferenz ein operationables Konzept zu entwickeln. Eurostat: Feasibility Study for Well-Being Indicators, Task 4: Critical Review, Eurostat, Luxemburg, (ohne Jahresangabe).

Integration unterschiedlicher Ansätze Der Vorschlag von Eurostat geht davon aus, dass es um eine Mischung aus objektiven und subjektiven Indikatoren gehen sollte. Dabei wird zwischen intermediate indicators bzw. drivers und eigentlicher Zielgröße unterschieden. Man geht davon aus, dass Lebenszufriedenheit ein multidimensionales Konzept darstellt, d.h. auf einzelne Lebensbereiche auch unterschiedliche Zustände von Lebenszufriedenheit anzutreffen sind.

Maslow versus Capability Approach Gleichzeitig bestehen zwei verschiedene Denkschulen zur Messung von Lebenszufriedenheit Ein erweiterter Ansatz von Deci und Ryan auf Basis von Maslows Bedürfnispyramide und Der von Sen insbesondere vertretene Capability Approach

Lebenschancenansatz (Capability Approach)

Komponenten der Lebenszufriedenheit

SALY als Gesamtindikator In der Diskussion über die Bildung eines zusammengesetzten composite) Indikators à la GNH ist Eurostat zurückhaltend, da durch die Gewichtung implizit Werturteile in die statische Messung einfließen würden. Eurostat schlägt daher vor sich nicht als amtliche Statistik an einem offiziellen zusammengesetzten Indikator zu beteiligen. Als Alternative könnte ein SALY-Indikator als Zielgröße berechnet werden. SALY – bedeutet Satisfaction Adjusted Life Expectancy

Veenhoven‘s SALY-Indicator Veenhoven, R.: Measures of Gross National Happiness, Presentation at OECD conference on measurability and policy relevance of happiness, April 2-3 2007, Rome; ders.: Is Life Getting Better? – How long and happy people live in modern society, In: European Psychologist, special section on ‘Human development and Well-being’, 2005, Vol. 10, S. 330-343; ders.: Happy Life Years: a measure of Gross National Happiness, in: Karma Ura und Karma Galay (Eds.) Gross national happiness and development, Proceedings of the First International Seminar on ‘Operationalization of Gross National Happiness’, Thimphu, Bhutan, 18.-20. February 2004, S. 287-318.

Veenhoven‘s Indicator wobei LEXP – die Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt und LSAT – Lebenszufriedenheit zum jeweiligen Zeitpunkt sind. Datenquelle: World Happiness Database

SALY für West- und Ostdeutschland

Fazit Grundsätzlich ist das Konzept von Eurostat innerhalb kürzerer Zeit realisierbar Es benötigt jedoch entsprechende Rechtsgrundlagen und eine hierfür erforderliche Finanzierung Im Rahmen einer fortgesetzten Grundsatzdebatte bleiben sicherlich offene Probleme und zukünftig bessere Lösungsansätze zu erwarten Auch die VGR ist nicht bereits 1947 oder 1953 auf dem heutigen Stand gewesen. Mithin hat es dort auch inkrementeller Fortschritte bedurft. Entsprechend sollte dem neuen Konzept als Ergänzung zur VGR eine Chance gegeben werden.