Reinhard Bispinck Tarifpolitik im Umbruch: Entwicklungslinien und Herausforderungen Berlin, 7. - 8. Dezember 2006 WSI-Herbstforum.

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 Präsentation transkript:

Reinhard Bispinck Tarifpolitik im Umbruch: Entwicklungslinien und Herausforderungen Berlin, Dezember 2006 WSI-Herbstforum

Dr. Reinhard Bispinck These 1: Die Tarifpolitik steckt in einer inhaltlichen und institutionellen Krise: Lohn- und Verteilungsbilanz ist unbefriedigend, Tarifstandards gefährdet. Prägekraft einheitlicher Flächentarif- verträge geht Schritt für Schritt zurück.

Dr. Reinhard Bispinck These 2: Die formale Tarifbindung ist (noch) relativ stabil. Aber dahinter verbirgt sich eine tief greifende Destabilisierung des (Flächen-) Tarifsystems.

Dr. Reinhard Bispinck Flächentarifbindung West und Ost Beschäftigte

Dr. Reinhard Bispinck These 3: Die tariflosen Zustände in zahlreichen Branchen begrenzen - teils vorüber- gehend, teils dauerhaft – die Prägekraft der Flächentarifverträge.

Dr. Reinhard Bispinck Zahlreiche Branchen - tariflos Arzt-/Zahnarzthelferinnen Bäcker- und Konditorenhandwerk* Bekleidungsindustrie* Bewachungsgewerbe* Brennstoffhandel* Elektrohandwerk Fleischerhandwerk* Floristik Friseurhandwerk* Gartenbau* Glaserhandwerk* Heizungsindustrie und -handwerk Hotels und Gaststätten* Kachelofen- und Luft- heizungsbauerhandwerk* Metallhandwerk Parkett- und Bodenleger Privates Omnibus- u. Verkehrsgewerbe* Privatkrankenanstalten* Systemgastronomie Tankstellen- und Garagengewerbe Tischlerhandwerk * in einzelnen Regionen

Dr. Reinhard Bispinck These 4: Neben die Branchen-Tarifverträge treten zunehmend Firmentarifverträge. Es entwickeln sich in einigen Branchen zunehmend gemischte Tarifstrukturen.

Dr. Reinhard Bispinck Typen von Firmentarifverträgen Anerkennungs- und Ergänzungs- tarifverträge Eigenständige Firmentarifverträge parallel zu Flächentarifverträgen Branchen ausschließlich mit Firmentarifverträgen

Dr. Reinhard Bispinck These 5: Die zunehmende Differenzierung der Flächentarifverträge führt schrittweise zur Aushöhlung bzw. Absenkung einheitlicher Tarifstandards.

Dr. Reinhard Bispinck Differenzierung durch : Auflösung einheitlicher Tarifstrukturen (z.B. Öffentlicher Dienst) Reduzierung des Geltungsbereichs von Branchentarifverträgen (Dienstleistungs-TVe) Absenkung von Tarifstandards für Neueingestellte (Nahverkehr, VW)

Dr. Reinhard Bispinck These 6: Die Dezentralisierung der Tarifpolitik durch „kontrollierte Öffnung“ wurde von den Gewerkschaften inzwischen - notgedrungen - akzeptiert.

Dr. Reinhard Bispinck Tarifdumping durch „christliche“ Gewerkschaften Spezialisierte Berufsverbände Marburger Bund, Cockpit, UFO u.a. These 7: Das Tarifsystem und die Tarifstandards werden durch die Tarifkonkurrenz zwischen den Gewerkschaften bedroht.

Dr. Reinhard Bispinck These 8: Besondere Probleme ruft das Erodieren des Tarifsystems am unteren Ende des Arbeitsmarkt- und Beschäftigungs- systems hervor: Wachsender Niedriglohnsektor Ausweitung prekärer Arbeitsverhältnisse

Dr. Reinhard Bispinck Fazit: Doppelte Re-Stabilisierung des Tarifsystems erforderlich Stabilisierung von unten: -Stärkere Verknüpfung von Tarif- und Betriebspolitik - Aktivierung der Mitglieder/Belegschaften -Koordinierung der betriebsbezogener Tarifpolitik -Kooperation bei betrieblichen Beschäftigungs- u. Wettbewerbsproblemen Politische Stützung –Verzicht auf gesetzliche Öffnungsklauseln und Änderung des Günstigkeitsprinzips –Erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung u. Ausweitung Entsendegesetz, Tariftreuegesetze und –gesetzlicher Mindestlohn

Dr. Reinhard Bispinck Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!