1 STRAFRECHT BT STRAFRECHT BT UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG (ART.158) Prof. Dr. H. Vest Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern.

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1 Lerneinheit 6 – Überblick B.Auftrag, Geschäftsbesorgungsvertrag und Geschäftsführung ohne Auftrag.
Untreue 3. Wiederholung § 266 Abs. 1 StGB verstößt nicht gegen das Grundgesetz. BVerfG, Beschl. v , 2 BvR 2559/08; 2 BvR 105/09; 2 BvR 491/09.
1 Lerneinheit 7 – Überblick B.Auftrag, Geschäftsbesorgungsvertrag und Geschäftsführung ohne Auftrag.
Untreueähnliche Delikte. Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a StGB § 266a (1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers.
Betrug 2. Wiederholung Ergebnis: BGHSt 34, 199 BGH 2 StR 616/12, Urt. v (L! 25 S.) Beachte: Verfahrensdauer, Folgen, besonders anschaulich: nur.
Ass.-Prof. Dr. iur. M. Hürzeler II.Grundlagen der Haftpflicht Abgeltung immaterieller Nachteile Gesetzliche Grundlagen im Obligationenrecht Art. 47 OR.
Untreue, § 266 (2). Aktueller Hinweis § 217 StGB lässt sich jetzt unter nachlesen. 2.
Zuschreibende Begriffe
Händler Hansmann verlangt von Michael Schadenersatz für das beschädigte Fahrrad. ( „Wer will was von wem“) Eine mögliche Anspruchsgrundlage könnte sich.
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1 STRAFRECHT BT STRAFRECHT BT UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG (ART.158) Prof. Dr. H. Vest Institut für Strafrecht und Kriminologie Universität Bern

Ungetreue Geschäftsbesorgung 2 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG (ART.158) - ALLGEMEIN > Es sind zwei Tatvarianten zu unterscheiden: —der sog. Treuebruchstatbestand (Art.158 Ziff.1) —der sog. Missbrauchstatbestand (Art.158 Ziff.2) > Beide sind echte Sonderdelikte > Der Missbrauchstatbestand ist subsidiär zum Treuebrauchstatbestand

Ungetreue Geschäftsbesorgung 3 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 1: TREUEBRUCHTB (OBJ. TB) > Täter ist nach dem Gesetzeswortlaut, wer aufgrund —des Gesetzes, —eines behördlichen Auftrages —oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines anderen zu verwalten

Ungetreue Geschäftsbesorgung 4 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 1: TREUEBRUCHTB (OBJ. TB) > Neben den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen kommt eine Vermögensfürsorgepflicht auch zu: —dem faktischen Geschäftsführer —demjenigen, der im Innenverhältnis tatsächlich als Geschäftsführer handelt —derjenige, der damit betraut ist, eine Vermögensverwal- tung zu beaufsichtigen

Ungetreue Geschäftsbesorgung 5 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 1: TREUEBRUCHTB (OBJ. TB) > Vermögensfürsorgepflicht (= Treuepflicht) ist nach h.M. durch folgende Merkmale gekennzeichnet: —Vermögensverwaltung muss für den Geschäftsführer den typischen/wesentlichen Inhalt der Abmachung ausmachen —Geschäftsführer muss dazu selbstständig über das gesamte/wesentliche Teile des Vermögens des Geschäftsherrn verfügen können —Es müssen bedeutsame Vermögensinteressen von einigem Gewicht involviert sein

Ungetreue Geschäftsbesorgung 6 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF 1.: TREUEBRUCHTB (OBJ. TB) > Tatobjekt ist das Vermögen eines anderen —als Vermögen erfasst wird ein Komplex wirtschaftlicher Werte, der unter dem Schutz der Rechtsordnung steht und von einiger Erheblichkeit ist —um das Vermögen eines anderen handelt es sich, wenn es ganz oder in bedeutendem Umfang wirtschaftlich fremden (also nicht tätereigenen) Interessen dient

Ungetreue Geschäftsbesorgung 7 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 1: TREUEBRUCHTB (OBJ. TB) > Tathandlung: —Bewirken einer Vermögensschädigung —Zulassen einer Vermögensschädigung

Ungetreue Geschäftsbesorgung 8 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 1: TREUEBRUCHTB (OBJ. TB) > Pflichtverletzung: Entscheidend ist, dass der Täter eine ihm obliegende Pflicht bei der Vermögensverwaltung oder dessen Beaufsichtigung verletzt, die sich gerade aus seiner Stellung als Vermögensverwalter ergibt. Solche Pflichten ergeben sich hauptsächlich aus dem Zivil- aber auch aus dem Verwaltungsrecht

Ungetreue Geschäftsbesorgung 9 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 1: TREUEBRUCHTB (OBJ. TB) > Taterfolg ist der Eintritt eines Vermögensschadens (bzw. einer schadensgleichen Vermögensgefährdung > Kausalzusammenhang Zwischen der Verletzung der Treuepflicht und dem Vermö- gensschaden muss ein kausaler Zusammenhang bestehen

Ungetreue Geschäftsbesorgung 10 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 1: TREUEBRUCHTB (SUBJ. TB) > Vorsatz bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale, insb. also auch des Vermögensschadens (dolus eventualis ausreichend) > Die in Art.158 Ziff.1 Abs.3 erwähnte Bereicherungs- absicht ist lediglich ein qualifizierendes Merkmal > Unrechtmässige Bereicherungsabsicht  vgl. Ausführungen zu Art.146 —Beachte: Bereicherungsabsicht nicht als eigenständigen Qualifikationstatbestand prüfen, sondern – sofern der Sachverhalt Anlass bietet – im subj. TB

Ungetreue Geschäftsbesorgung 11 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 2: MISSBRAUCHSTB (OBJ. TB) > Täter ist nach dem Gesetzwortlaut des Art.158 Ziff.2: —eine Person, die durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft dazu ermächtigt ist, einen anderen zu vertreten —Achtung: In Abgrenzung zum Treuebruchstatbestand (Art.158 Ziff.1) ist ein ausgeprägt selbstständiges Handeln des Täters nicht erforderlich

Ungetreue Geschäftsbesorgung 12 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 2: MISSBRAUCHSTB (OBJ. TB) > Tathandlung des Missbrauchs: > h.L.: Vornahme einer im Aussenverhältnis wirksamen Hand-lung unter Missachtung der im Innenverhältnis geltenden Bindungen, Anscheinsvollmacht genüge nicht (Stratenwerth/ Jenny, § 19 N 23)

Ungetreue Geschäftsbesorgung 13 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – ZIFF. 2: MISSBRAUCHSTB (OBJ. TB) > Taterfolg Durch die Missbrauchshandlung muss der Täter beim Vertretenen einen Vermögensschaden bewirken. Ein solcher ist gegeben, wenn die Aktiva des Vertretenen entweder vermindert oder pflichtwidrig nicht vermehrt werden bzw. die Passiva vermehrt oder pflichtwidrig nicht vermehrt werden > Subj. Tatbestand (wie bei Ziff.1 Abs. 3)

Ungetreue Geschäftsbesorgung 14 Prof. Dr. H. Vest UNGETREUE GESCHÄFTSBESORGUNG – KONKURRENZEN > Der Treuebruchtb geht dem Missbrauchstb vor > Bei Zusammentreffen mit Art.138 geht Veruntreuung vor > Beim Missbrauch der Vollmacht über ein fremdes Bank- konto ist nach h.L: Art.158 Ziff.1 und nicht Art.138 Ziff.1 Abs.2 (Praxis) anzuwenden > Bei betrügerischer Erlangung der Geschäftsführung etc. geht Art.146 vor > Bei Immobilien, Immaterialgüterrechten – sowie bei an sich zulässigem Handeln unter Missachtung der Interes- sen des Vertretenen – ist Art.158 anzuwenden