Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

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Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3 Kapitel 3 Gliederung 1. Übersicht über dogmengeschichtliche Zusammenhänge 2. Vorläufer der Ökonomie in Antike und Mittelalter 3. Merkantilismus und Kameralismus 4. Physiokratie 5. Klassik 6. Gegenbewegungen zur Klassik 7. Neoklassik Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

3. Merkantilismus und Kameralismus Oberstes Ziel: Finanzbedarf des Fürsten decken => aktive Handelsbilanzlehre („Fürstenwohlstandslehre“) Diente vor allem Ausbau des stehenden Heeres und der Kriegsführung, aber auch Hofhaltung („Versailles“) Zentralisierung der Staatsgewallt, Durchsetzung von „guter Polizey“, Ausbau der Infrastruktur, Denken in Dynastien Kontinuität mittelalterlicher Strukturen: Ständegesellschaft, Zunftwesen, Zölle, Interventionismus: Förderung von Infrastruktur und Binnenhandel, „Peuplierungspolitik“ Literaturtipp: Heinz Duchhardt, Barock und Aufklärung (Oldenbourg-Grundriss der Geschichte Band 11), München 2007.   Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

3. Merkantilismus und Kameralismus Hauptvertreter Thomas Mun (1571 – 1641), aktive Handelsbilanz Thomas Morus (1478-1535), Utopia Thomas Hobbes (1588-1679), Leviathan, homo homini lupus est John Law (1671-1729), „Papiergeldmerkantilist“ Jean Babtiste Colbert (1619-1683), Generalcontrolleur der Finanzen unter Ludwig XIV. Caspar Klock (1583-1655), Akzisen Johann Joachim Becher (1635-1682), Marktformenlehre Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

3. Merkantilismus und Kameralismus „Utopia“ (Titelbild von 1516) „Leviathan“ (Titelbild von 1651) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Wichtige Lehren/Irrlehren 3. Merkantilismus und Kameralismus Wichtige Lehren/Irrlehren Positive Analyse tritt in Vordergrund Anfänge der Quantitätstheorie Erste empirische Arbeiten Erste Zinstheorien Erste (falsche) Außenhandelstheorie Fragwürdige Wohlstandsmessung Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Merkantilistische Lehren im Einzelnen 3. Merkantilismus und Kameralismus Merkantilistische Lehren im Einzelnen Gresham´sches Gesetz: schlechtes Geld verdrängt gutes Geld Wohlstand = Edelmetall (Verwechslung von Geld und Kapital) King´sche Regel: Schlechte Ernte erhöht Erlöse der Landwirtschaft p Schwabesches Gesetz: Anteil Mietausgaben am Einkommen sinkt mit dem Einkommen (Einkommenselastizität < 1) Hermann Schwabe (1830-1874) Engelsches Gesetz: Gleiche Aussage für Nahrungsmittelausgaben Ernst Engel (* 1821; † 1896) x Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Lehre von der aktiven Handelsbilanz (1) 3. Merkantilismus und Kameralismus Lehre von der aktiven Handelsbilanz (1) (Thomas Mun) Import von (billigen) Rohstoffen und Vorprodukten Export von (teuren) Fertigprodukten Weltmarktpreis Arbeitseinsatz Rohstoff 3 Taler 1 Std. Fertigware 5 Taler 2 Std. Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Lehre von der aktiven Handelsbilanz (2) 3. Merkantilismus und Kameralismus Lehre von der aktiven Handelsbilanz (2) Export des Rohstoffes ist günstiger! Grund: 2 Arbeitsstunden erbringen 6 Taler anstelle von 5 wie bei Fertigware Keynes´scher Rechtfertigungsversuch: aktive HB diente Vollbeschäftigung Argument: I < S (Nachfragemangel bzw. Übersparen) => Exportüberschuss (X > M) als Ausgleich Heckscher dazu: damals herrschte Kapitalmangelarbeits-losigkeit => S zu niedrig, => Kapitalimport wäre nötig gewesen (X < M) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (1) 3. Merkantilismus und Kameralismus Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (1) Arbeitsaufwand in Std. für … Tuch Wein England 20 40 Portugal 16 England hat relativen Kostenvorteil bei Tuch Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (2) 3. Merkantilismus und Kameralismus Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (2) Annahme: Jedes Land verfüge über 160 Arbeitsstunden und setze sie je zur Hälfte für Tuch- und Wein ein: 4 8 England Tuch Wein 10 Portugal Produktionsmengen bei Autarkie Tuch (80 AE) Wein England 4 2 Portugal 5 Summe 9 6 Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (3) 3. Merkantilismus und Kameralismus Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (3) Spezialisierung: Jedes Land setzt seine 160 Arbeitsstunden für das Gut ein, bei dem es den relativen Kostenvorteil hat 4 8 England Tuch Wein 10 Portugal Produktionsmengen bei vollst. Spezialisierung Tuch Wein England 8 Portugal Summe Weltproduktion von Wein steigt um 2 EH, aber Weltproduktion von Tuch sinkt um 1 EH => liegt hier überhaupt ein Vorteil vor? Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (4) 3. Merkantilismus und Kameralismus Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (4) Antwort: Ja, denn es kann von beiden Gütern mehr produziert werden als bei Autarkie (bei unvollständiger Spezialisierung) 4 8 England Tuch Wein 10 Portugal Produktionsmengen bei unvollst. Spezialisierung Tuch Wein England 8 Portugal 1,25 7 Summe 9,25 Nur England hat hier einen Vorteil, da Preisverhältnis im Land der unvollst. Spezialisierung unverändert bleibt Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (5) 3. Merkantilismus und Kameralismus Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (5) Bei vollständiger Spezialisierung gewinnen beide Länder Konsummöglichkeiten Tuch Wein Portugal England Welt-Transformationskurve bei Spezialisierung α Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (6) 3. Merkantilismus und Kameralismus Importgut Exportgut Konsumpunkt (= Produktionspunkt) bei Autarkie Produktionspunkt bei Handel Konsumpunkt bei Handel Importgut Exportgut Exkurs: Ricardos Theorem komparativer Kostenvorteile (6) Neue Konkurrenten können die Handelsvorteile verringern 1. Eintritt in den Welthandel: eindeutig wohlfahrtsteigernd 2. Neue Konkurrenz: kann ToT verschlechtern Vorheriger Konsumpunkt Konsumpunkt nach Eintritt der neuen Konkurrenten Produktionspunkt wandert nach links Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Geldtheorien in Merkantilismus 3. Merkantilismus und Kameralismus Geldtheorien in Merkantilismus John Law: Geld belebt den Handel (reale Auswirkungen, nicht neutral) John Locke, Jean Bodin: naive Quantitätstheorie: Geldmengenerhöhung erhöht nur die Preise (v noch unbekannt) Vermittelnd David Hume: kurzfristig reale Wirkungen, langfristig Inflation Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Zinstheorien im Merkantilismus 3. Merkantilismus und Kameralismus Zinstheorien im Merkantilismus Allgemeiner Glaube: Zins monetäres Phänomen, sinkt mit Geldmengenausweitung Dagegen David Hume, Richard Cantillon: Zins langfristig real bestimmt, da Beziehung zwischen zwei Geldgrößen (entliehener und zurückgezahlter Betrag) Bereits bekannt: späteres Gibson-Paradoxon:*) Geld-mengenerhöhung steigert Zins (Inflationserwartungen) *) Gibson, A. H., The Future Course of High-Class Investment Values. In: Bankers’, Insurance Managers’ and Agents’ Magazine, Jan. 1923, S. 15-34, (zitiert bei J.M. Keynes und I. Fisher) Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3

Weitere Lehren des Merkantilismus 3. Merkantilismus und Kameralismus Weitere Lehren des Merkantilismus Lohn soll möglichst niedrig sein (bessere Exportchancen, höheres Arbeitsangebot wg. inverser Arbeits-Angebotsfunktion) Steuern sollen möglichst hoch sein (Staatsfinanzen, Kriegsfinanzierung) Protektionismus, Interventionismus steigert Wohlstand im Sinne der Edelmetallmenge Wirtschaftliches Handeln dient immer der fürstlich-dynastischen Politik Geschichte der ökonomischen Theorie, Prof. Dr. van Suntum, Kap. 3