Sepsis A. Mühlhöfer Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Katharinenhospital Stuttgart.

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 Präsentation transkript:

Sepsis A. Mühlhöfer Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Katharinenhospital Stuttgart

Entzündung Reaktion auf zelluläre Schädigung Funktionen: Bildung des entzündlichen Exudats: Proteine, Flüssigkeit, Leukozyten: lokale Abwehr Eliminierung: fremde Moleküle (z.B. Bakterien) Entfernung: Auflösung des Zellverbands, Abtransport von Zellkomponenten Reparatur: Proliferation von lokalen Zellen (z.B. Fibroblasten, Epithelzellen)

Klinische Zeichen der Entzündung Rötung (Rubor) Überwärmung (Calor) Schwellung (Tumor) Schmerzen (Dolor) Funktionsbeeinträchtigung (Functio laesa))

Leukozytenemigration Erkennung / Rollen Selektine Integrine ICAM, VCAM Chemotaxis Chemokine bakterielle Bestandteile C5a, LTB 4A Proliferation /Aktivierung Sekretion von proinflam./ antiinflam. Interleukinen Respiratory Burst Generierung von freien Radikalen

Entzündungsmediatoren Histamin endotheliale Permeabilität  Prostaglandine Thrombozytenaggregation endotheliale Permeabilität  Vasomotion Leukotriene Aktivierung von Endothelzellen Serotonin Vasokonstriktion Lymphokine Interleukine, Chemokine Komplementsystem Chemoattraktion, Zytolyse Kinine endotheliale Permeabilität  Schmerz

Nomenklatur Infektion Bakteriämie Fungiämie SIRS – systemic inflammatory response syndrome Sepsis schwere Sepsis septischer Schock

Infektion - Bakteriämie Infektion entzündliche Reaktion auf die Existenz von Mikroorganismen in sonst sterilen Geweben Bakteriämie Existenz von lebenden Mikro- organismen im Blut

SIRS systemic inflammatory response mindestens zwei Kriterien: Temperatur > 38°C oder < 36°C Puls > 90 / min Atemfrequenz > 20 / min oder pCO2 < 28 mmHg Leukozyten > 12.000/µl oder < 4.000/µl oder > 10% Stäbe Ursachen: Infektionen, Trauma, Pankreatitis, Verbrennung

Sepsis, schwere Sepsis Sepsis generalisierte Reaktion auf eine Entzündung Infektion plus SIRS schwere Sepsis Sepsis plus Organdysfunktion, Hypoperfusion oder Hypotension Laktatazidose, Oligurie, psych. Alteration. Alterationen

Septischer Schock Sepsis-induzierte Hypotension (RR systolisch < 90 mmHg) trotz Volumengabe (Ausschluß anderer Ursachen) plus schwere Sepsis

Pathogenese der Sepsis maligne intravaskuläre Entzündung maligne: unkontrolliert, selbsterhaltend intravaskulär: Ausbreitung einer sonst lokalisierten Entzündungsreaktion über den Blutstrom Entzündung: Kriterien einer Entzündung werden erfüllt

Pathophysiologische Kaskade endotheliale Schädigung endotheliale Dysfunktion Gewebehypoxie Organschädigung autodestruktiver Prozeß mit der Ausbreitung eines sonst lokalisierten Prozeß auf entfernte Gewebe mit der Folge von Organschädigungen

Sepsis und bakterielle Produkte Endotoxin Lipopolysaccharid in gramnegativen Bakterien (z.B. E. coli); Aktivierung der Gerinnung, Komplement, Fibrinolyse Zellwandkomponenten Peptidoglycane, Muramyl Dipeptide Bakterienprodukte S. aureus Exotoxin B, TSS Toxin-1 Pseudomonas Exotoxin A

Sepsis und Zytokine Induktion von proinflammatorischen Zytokinen TNF-α, IL-1 Erhaltung der Entzündungsreaktion Induktion von antiinflammatorischen Zytokinen IL-10, IL-4, IL-6 (ambivalente Reaktionen) Reparaturmechanismen, Immunsuppression

CARS, MARS, SIRS IS  Risiko für Sepsis Infektionsrisiko IS  CARS compensatory anti-inflammatory response syndrome MARS mixed antagonistic response syndrome

Pathomechanismen der Sepsis Ischämie: relative Hypoxämie direkte Zytotoxizität: direkte Schädigung durch Entzündungsmediatoren Apoptose programmierter Zelltod, erhöht

Mikrozirkulationsstörung (I) entzündliches Exudat: Diffusionsstrecke für O2 verlängert Endothelschädigung: Adhäsion von Leukozyten, Induktion der proinflammatorischen Kaskade, Verlegung der Endstrombahn durch Leukozyten, Mikrothromben

Mikrozirkulationsstörung (II) Erythrozyten rigide Konsistenz, keine Deformation zur Passage der Endstrombahn Shunting verminderter Fluß in vielen Kapillaren erhöhter Fluß in wenigen Kapillaren geringere Sauerstoffausschöpfung: Hypoxie

Gesteigerte Apoptose Zelltod Nekrose: durch Zytolyse (z.B. Komplement) Apoptose: programmierter Zelltod, zur Elimination von gealterten Zellen, Signalkaskade

Abnahme der B-Zellen

Immunnutrition Ziel: Verbesserung der immunologischen Abwehrsituation durch Modulation von Entzündungsvorgängen Bestandteile: Glutamin Arginin Antioxidantien Omega-3 Fettsäuren Nukleotide

Glutamin Bedingt essenzielle AS bei metabolischem Stress (Tagesbedarf bei schwerer Katabolie 10-15g) Hauptstickstofflieferant zwischen den einzelnen Organen Wichtigstes Energiesubstrat für Enterozyten und Zellen des Immunsystems Gesteigerte Phagozytoseleistung von Makrophagen und neutrophile Granulozyten Verstärkte Lymphozytenaktivität

Arginin Semiessenzielle AS bei metabolischem Stress Stabilisierung der Mukosabarriere Gesteigerte zytotoxische Aktivität non NK-Zellen Verstärkte T-Zell- Proliferation (cave bei TPL) sowie IgM- und IgG- Produktion Erhöhte Makrophagentoxizität Verbesserte Wundheilung

Arginin - Nachteile Arginin NO iNOS Ornithin Citrullin

Omega-3 Fettsäuren Veränderte Phospholipidzusammensetzung der Zellmembran Kompetitive Verschiebung der Synthese von Prostglandinen der 2er-Reihe/ Leukotrienen der 4er- Reihe zugunsten der weniger inflammatorisch wirksamen Prostaglandine der 3er-Reihe/ Leukotriene der 5er-Reihe Veränderte Makrophagentoxizität

CARS, MARS, SIRS IS  Risiko für Sepsis Infektionsrisiko IS  CARS compensatory anti-inflammatory response syndrome MARS mixed antagonistic response syndrome

Klinischer Nutzen von Immunnutrition Sepsis Kein Benefit Traumapat. Elektiver chirug. Eingriff Benefit

IN Op I II K

Benefit durch Immunnutrition bei Patienten mit elektivem gastrointestinalem chirurg. Eingriff Ab-Tx 9.2 ± 5.9 6.0 ± 2.6 6.3 ± 2.9 Table 3

Metaanalyse: Immunn. bei Sepsis nicht geeignet

Organbeteiligung bei Sepsis Kreislauf Lunge Leber Niere Gerinnungssystem

Kreislauf und Sepsis Störung der metabolischen Autoregulation (Anpassung des Sauerstoffbedarfs) durch NO, Zytokine, Prostaglandine Erhöhung der endothelialen Permeabilität Mikrozirkulationsstörungen Folgen: Hypotension, generalisierte Ödeme

Sepsis und Lunge Endothelschädigung, Mikrozirkulationsstörung Folgen: Lungenödem entzündliches Infiltrat Hypoxämie acute respiratory distress syndrome (ARDS))

Sepsis und Gastrointestinaltrakt adäquate Funktion entscheidend für Ernährung Integrität (Erhalt der Permeabilitätsbarriere) Konkurrenz zwischen Darmepithel und Bakterien, Änderung der bakteriellen Virulenz (z.B. P. aeruginosa Toxin PA-I) Translokation: Übertritt von Bakterien in Blut- und Lymphwege

Sepsis und Leber Funktionsverlust mit Folge von metabolische Funktionen: eingeschränkt (z.B. Insulinresistenz, neg. Stickstoffbilanz) Gerinnungsfakoren: Synthese  Immunfuktion: verminderte Elimination von Pathogenen bzw. Toxinen aus dem Darm durch RES

Sepsis und Niere systemische Hypotension renale Vasokonstriktion Endotoxin-induzierte Schädigung Folge: akutes Nierenversagen mit Urinproduktion  Retention der harnpflichtigen Substanzen Notwendigkeit eines Nierenersatzverfahrens Prognose ungünstig, Letalität 50%

Sepsis und Gerinnung Aktivierung des Gerinnungssystems Beeinträchtigung der Mikrozirkulation durch Mikrothromben  Ischämie Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten

Enterale vs. parenterale Ernährung enteral parenteral frühzeitiger Beginn (<24 – 48 h) ibid physiologisch unphysiologisch Erhalt der Darmbarriere Translokation kostengünstig teuer Problem: Aspiration Elektrolyte Beachtung der Kontraindikationen Katheterinfektion

Enterale Ernährung immer bevorzugen !

Kontraindikationen für enterale Ernährung absolut: Akutphase, unmittelbar nach Schock, Trauma Schockgeschehen (incomplete resusitation) akutes Abdomen, Peritonitis akute gastrointestinale Blutung mechanischer Ileus Finalstadium relativ: akute Pankreatitis (bei jejunaler Sondenlage mgl.) paralytischer Ileus hoher Reflux Fisteln mit Sekretion > 500 ml/d Chylothorax

Energiebedarf bei Sepsis Einflußfaktoren: Alter Geschlecht vorbestehende Malnutrition normal 30 – 35 kcal / kgKG / d Alter > 70 Jahre 25 – 30 kcal / kgKG / d Malnutrition 30 – 35 kcal / kgKG / d Verbrennung 35 – 40 kcal / kgKG / d Keine Hyperalimentation !

Nahrungszusammensetzung Protein 1.0 – 1.5 g / kgKG /d 0.6 – 0.8 g / kgKG /d hepatische Enzephalop., präterm. Niereninsuffiz. K‘hydrate 3 – 5 g/ kgKG /d Kontr. der Leberwerte Fette 1 g / kg KG /d Kontr. der Triglyceride < 400 mg/dl Flüssigkeit 35 – 40 ml / kg KG /d 0.75 – 1l Herz- / Leber- / Nieren- insuffizienz