Bausteine der Psychotherapie: „Salutogenese und Resilienz“

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 Präsentation transkript:

Bausteine der Psychotherapie: „Salutogenese und Resilienz“ Seminar: „Gesundheit und Krankheit“ Dr. C. Eichenberg Institut für Klinische Psychologie u. Psychotherapie Universität zu Köln WS 2006/2007

Gliederung 1. Begriffsklärung, Konzepte, Stand der Forschung Salutogenese Resilienz 2. Anwendung in der Praxis Videovortrag: Vom Trauma durch Kraft gebende Imagination zu Resilienz und Salutogenese (Luise Reddemann)

1. Salutogenese (1/2) Begriff: gebildet von Aaron Antwonowsky (1923-1994): Aktive Anpassung an die jeweiligen (sich ändernden) Umweltbedingungen und das konstruktive Bewältigen selbst schwer belastender Einflüsse Ressoucenorientierung, Gesundheitsschutz, Prävention Zentrale Frage: Wie entsteht Gesundheit und wie wird sie bewahrt? Welche Faktoren unterstützen und fördern Gesundheit?

Salutogenese (2/2) Zentrale Komponente: Kohärenzgefühl „Sense of Coherence“ (SOC): Dispositionelle Bewältigungsressource, prägt sich in den ersten 10 Lj., bis zum 30. Lj weitgehend ausentwickelt; eine Art und Weise „in der Welt zu stehen“, eine bestimmte Form das Leben und die Beziehungen in der Umwelt aufzufassen und Probleme zu bewältigen Konstruktiv-optimistische globale Orientierung dem Leben gg.über Ausmaß eines generalisierten, überdauernden und dynamischen Gefühls des Vertrauens, dass die eigene innere u. äußere Umwelt vorhersagbar ist. Ein hohes Maß an Kohärenzsinn puffert gg. Stressbedingte Gesundheitsstörungen ab und befähigt, bei schwierigen Herausforderungen innere und äußere Ressourcen zu mobilisieren.

Kohärenzgefühl Kohärenz (Zusammengehörigkeit) besteht aus 3 Komponenten, die gesundheitsfördernde Wirkung haben: 1. Comprehensibility = Verständlichkeit, Verstehbarkeit kognitive Komponente 2. Manageability = Steuerbarkeit, Handhabbarkeit Verhaltenskomponente 3. Meaningfulness = Bedeutsamkeit, Sinnhaftigkeit emotionale Komponente Kohärenzgefühl auch als Eigenschaft sozialer Gemeinschaften; Kohärenzgefühl der Umwelt hat Einfluss auf das Individuum Kritik: empirische Validierung? Abgrenzung zu anderen Konzepten (externale, internale, fatalistische gesundheitliche Kontrollüberzeugung; Selbstwirksamkeitserwartung, Optimismus)

Stand der Forschung SOC-Fragebogen mit 29 Items und 3 Skalen (Antonowsky, 1983) 1. Verstehbarkeit z.B.: „Ihr Leben wird in Zukunft wahrscheinlich….“ …voller Veränderungen sein, ohne dass Sie wissen was als nächste passiert – ganz beständig und klar sein 2. Handhabbarkeit z.B. „Denken Sie, dass es immer Menschen geben wird, auf die Sie in Zukunft zählen können?“ Sie sind sicher, dass es sie geben wird – Sie bezweifeln, dass es Sie geben wird 3. Sinnhaftigkeit z.B. „Sie erwarten für die Zukunft, dass Ihr eigenes Leben….“ …ohne jeden Sinn u. Zweck sein wird – voller Sinn u. Zweck sein wird

Stand der Forschung Studien untersuchten Korrelationen zwischen SOC-Werten und körperlicher/seelischer Gesundheit o. Persönlichkeitsvariablen Surtees et al. (2003): Studie an N = 20.000 zw. 40-80J. Ergebnissen: - hohe SOC-Werte gehen mit einer 30 % geringeren Mortalität einher unabhängig von Alter, Geschlecht und prävalenten chronischen Krankheiten - höhere SOC-Werte gehen mit einer besseren subjektiven Gesundheit, geringeren Körperbeschwerden und einem geringeren Ausmaß somatoformer Störungen - niedrigste SOC-Werte bei psychosomatisch u. psychisch Kranken (Depressionen, Angststörungen)

2. Resilienz (1/2) Resilienz (engl. Resilience: Spannkraft, Elastizität) = psychische Widerstandskraft; Fähigkeit mit Belastungen geschickt umgehen zu können ohne sich dabei selbst zu schädigen Walsh (1998): Resilienz = Fähigkeit „aus widrigsten Lebensumständen gestärkt und mit größeren Ressourcen ausgestattet als zuvor herauszukommen...“ Richard Sagor (1996): resiliente Personen: „CBUPO-Menschen“ (competence, belonging, usefulness, potency, optimism) Weitere Merkmale: Selbstverpflichtung, internale Kontrollüberzeugung i.S. von Eigenverantwortlichkeit, Temperament, gute soziale Fähigkeiten, Akzeptieren von Krisen, Lösungssuche und Vorausplanung, Aktivität statt Opferrolle, keine eigenen Schuldzuweisungen, Selbstabwertungen.

Resilienz (2/2) Persönlichkeitsmerkmal, das mit folgenden Merkmalen korrespondiert: Eigenständigkeit, Unabhängigkeit, Bestimmtheit, Unbesiegbarkeit, Beherrschung, Findigkeit, Ausdauer, Akzeptanz dem Leben und der eigenen Person gegenüber, Anpassungsbereitschaft, Balance und Flexibilität, Fähigkeit zur Perspektivübernahme. Problem bei der Konstrukterfassung: es werden nicht nur intrapersonale Aspekte (intellektuelle und soziale Kompetenz), sondern auch Merkmale der sozialen Umwelt (elterlicher Erziehungsstil) erfasst.

Stand der Forschung Kompetenzprojekt der Universität Minnesota - Längsschnittstudie an N = 205 Personen Resilienz = sich entwickelndes Verhaltensmerkmal Typisch für Resiliente : Bestehen enger Beziehungen zu Erwachsenen Eltern nahmen erzieherischen Einfluss Initiative u. Aktivität in unterschiedlichen Lebensbereichen zahlreiche Freundschaften Gefühl der Selbstachtung u. Selbstwirksamkeit

Stand der Forschung Lösel & Bender (1994) – Langzeitstudie in Heimen N = 80 verhaltensauffällig, N = 66 keine Auffälligkeiten Schutzfaktoren: stabile emotionale Beziehung zu einem Erwachsenen in Kindheit Soziale Unterstützung/Modelle für konstruktive Problemlösung Frühe Konfrontation mit Leistungsanforderungen u. Verantwortungsübernahme Intellektuelle Begabung zur Bewältigung von Traumata Günstiges Temperament Favorisieren externale Kausalattributionen, erholen sich schneller höhere Resilienz: weniger körperl. Beschwerden

Aspekte der Resilienz und Risikofaktoren bei Helfern Einige Resilienzaspekte bei Therapeuten: Am Leid anderer nicht zerbrechen Im beruflichen Handeln noch zu fühlen Sinn für Humor bewahren, auch im Leid Weinen können, ohne auf Dauer handlungsunfähig zu sein Merken, wenn man als Helfer an seine Grenze kommt In Krisen selbst um Hilfe bitten und Hilfe annehmen können Sich nicht für alles verantwortlich fühlen Mäulen, 2002

Aspekte der Resilienz und Risikofaktoren bei Helfern Risikofaktoren für Mitarbeiter des Gesundheitssystems: Dominierende Vorstellung der medizintechnischen Macharbeit Verringerung der personellen Ressourcen im Versorgungssystem Negative Zukunftsaussichten, Ohnmacht, Verlust an Sinngefühl Gestiegene Belastungen Profitdenken statt Ethik

Illustration einer humorvoll-salutogenen Einstellung in der Psychotherapie

Anwendung in der Praxis Videovortrag: Vom Trauma durch Kraft gebende Imagination zu Resilienz und Salutogenese (Luise Reddemann)

Literatur Gunkel, S. & Kruse, G. (Hrsg.) (2004). Resilienz und Psychotherapie. Was hält gesund, was bewirkt Heilung? Hannover: Hannoversche Ärzte-Verlags-Union.   Schüffel, W., Brucks, U., Johnen, R., Köllner, V., Lamprecht, F. & Schnyder, U. (Hrsg.) (1998). Handbuch der Salutogenese. Konzept und Praxis. Ullstein Medical: Wiesbaden.