Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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 Präsentation transkript:

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Dr. Petra Bendel Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Vorlesung: Einführung in die Politische Wissenschaft, Teilbereich: Die Europäische Union www.regionalforschung-erlangen.de pabendel@phil.uni-erlangen.de

Die Europäische Union

Was erwartet Sie in diesem Bereich? 1. Sitzung: I. Warum die EU studieren? II. Was ist die EU überhaupt? III. Wo wird die EU in der PolWiss verortet? Welche Fragen stellt die PolWiss an die EU? IV. Wie hat sich die europäische Einigung entwickelt? (Teil 1) V. Fazit der ersten Sitzung und Nachbereitung

Was erwartet Sie in diesem Bereich? 2. Sitzung EU: I. Wie hat sich die europäische Integration entwickelt (Teil 2)? II. Wie funktioniert die EU? Institutionelles Design und Institutionen-Konflikte III. Welche Inhalte werden in der Europäischen Union entschieden? Politikfelder im Überblick IV. Fazit und Nachbereitung

Was brauchen Sie? Glossar zu zentralen Begriffen und Konzepten www.regionalforschung-erlangen.de Button „Lehre“Vorlesung „Einführung“ Texte im Reader Folien unter www.polwiss.uni-erlangen.de oder unter www.regionalforschung-erlangen.de Quiz zur Nachbereitung unter www.polwiss.uni-erlangen.de oder www.regionalforschung-erlangen.de

I. Warum die EU studieren?

II. Was ist die EU überhaupt? mehr als eine internationale Organisation kein Staat ein politisches System „sui generis“: stabiles Set von Institutionen kollektiv verbindliches und als bedeutend wahrgenommene Entscheidungen Bürgerbeteiligung durch Parteien und Interessengruppen kontinuierliche Feedbackschleifen

III. Wo wird die EU in der PolWiss verortet III. Wo wird die EU in der PolWiss verortet? Welche Fragen stellt die PolWiss an die EU? EU im Teilbereich „Internationale Politik/Internationale Beziehungen“ typische Forschungsfragen: Warum geben Staaten eigene Souveränität ab? Wie funktionieren Verhandlungssysteme? Welche Interaktionen bestehen und entwickeln sich zwischen den Akteuren? Welche Theorien erklären Zuwachs, Stillstand oder Rückschritt von Integration (Integrationstheorien)?

EU im Teilbereich „Vergleich Politischer Systeme“ typische Forschungsfragen: Sind einzelne Politikfelder in den Mitgliedstaaten ähnlich oder unterschiedlich geregelt? (Und warum? Und mit welcher Konsequenz?) Wie bringen sich die Mitgliedstaaten (ähnlich oder unterschiedlich) in den politische Prozess auf EU-Ebene ein? Wie wird europäisches Recht innerhalb der Mitgliedstaaten implementiert?

EU als eigenes politisches System typische Forschungsfragen: Welche Funktionen hat die EU bereits übernommen? Wo liegen mögliche Funktionsstörungen (und Lösungen dafür)? also etwa: „Regelungswut“, „Transparenzdefizit“, „Bürgerferne“, verästelte Kompetenzverteilung…

Analyse der Funktionsweise der EU

IV. Wie kam es zur europäischen Integration? Genese und Entwicklung 1. Phase: 50er Jahre – widerstreitende Finalität und wirtschaftliche Prosperität 2. Phase: 60er und 70er Jahre: Krisen und Reformen - Leerer Stuhl und Luxemburger Kompromiss 3. Phase: 80er und 90er Jahre: Reformeifer und Vertragsrevisionen 4. Phase: Das 21. Jahrhundert: Erweiterung, Krise des Verfassungsvertrags 5. Phase: Aktuelle Herausforderungen

1. Phase: 50er Jahre: widerstreitende Finalität und wirtschaftliche Prosperität Motivation: neues europäisches Selbstverständnis: Sicherheit, Frieden, Freiheit, Mobilität, Wohlstand, weltpolitische Bedeutung Finalität: föderaler Verfassungsstaat („Vereinigte Staaten von Europa“) vs. intergouvernementale Kooperation vs. funktionale Kooperation für grenzübergreifende Probleme Wie Sie alle wissen, begann die Geschichte der europäischen Einigung, die zum EU-System führen sollte, mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Welche Motive führten aber dazu, dass sich europäische Staaten stärker zusammenschlossen? Nun, das waren: der Wunsch nach einem neuen Selbstverständnis, einem demokratischen Europa, das alternativ zur nationalsozialistischen Herrschaft stehen sollte. Dazu sollte speziell Deutschland in eine europäische Struktur eingebunden, sollte übertriebener Nationalismus verhindert werden. Zweitens stand der Wunsch Pate, eine europäische Friedensgemeinschaft zu gründen und schließlich die kriegsbedingten Beschränkungen von Freizügigkeit von Menschen, Gütern und Kapital zu überwinden. Wirtschaftlicher Wohlstand sollte durch den Handel in einem gemeinsamen Markt entstehen. Und schließlich sollte das zu schaffende Gemeinwesen weltpolitische Bedeutung, Mitsprache erlangen im Dialog zwischen den beiden mächtigen internationalen Players, den USA und der UdSSR – eine Idee, die vor allem mit General Charles de Gaulle an Kraft gewann, als dieser 1958 das Präsidentenamt der neu gegründeten V. Französischen Republik übernahm (Weidenfeld 2001, Giering 1997). Allein der Weg dorthin war umstritten. Im Prinzip standen sich drei Leitideen gegenüber, die diese erste Phase entscheidend beeinflussten: Föderalismus, Intergouvernementalismus und Funktionalismus: Verschiedene nicht-staatliche Organisationen traten ein für die Idee eines föderalen Europa, das auf der Grundlage einer gemeinsamen Verfassung einen Bundesstaat schaffen sollte mit gemeinsamer Regierung, einem direkt gewählten Europäischen Parlament und einem Europäischen Gerichtshof – so vertreten beispielsweise von Churchill 1946 in seiner berühmt gewordenen Zürcher Rede. Demgegenüber sprachen sich die eher intergouvernemental ausgerichteten Unionisten dafür aus, dass die europäischen Staaten zwar eng miteinander kooperieren, jedoch dabei nicht auf ihre Souveränität verzichten sollten – so vertreten von der damaligen britischen Labour-Regierung. Standen die Föderalisten für ein bundesstaatliches Modell, so war das Leitbild der Unionisten das des Staatenbundes, also einer nur auf bestimmte Zwecke begrenzte Verbindung selbstständiger Gliedstaaten.

Interpretation dieser Phase vor integrationstheoretischen Ansätzen Schumann-Vision: der Vereinigung der europäischen Nationen, Bildung einer „europäischen Föderation“ supranationales Leitbild: Hohe Behörde, Gemeinsame Versammlung aber: faktisch sektorale Teilintegration, die eine Eigendynamik entwickelt: EWG, EAG/Euroatom die Einigung folgt einem funktionalistischem Modell Funktionalismus vs. Föderalismus

2. Phase: 60er und 70er Jahre: Leerer Stuhl und Luxemburger Kompromiss Problem des Souveränitätsverzichts: Politik des leeren Stuhls, Luxemburger Kompromiss Institutionelle Stagnation Aber: Norderweiterung, Direktwahlen

Interpretation vor integrationstheoretischen Ansätzen Prinzip des Intergouvernementalismus herrscht vor (l‘Europe des patries).

V. Fazit der ersten EU-Sitzung und Nachbereitung EU: politisches System Perspektiven der Politischen Wissenschaft und typische Forschungsfragen Motive und Finalität der europäischen Integration: erste integrationstheoretische Ansätze Nachbereitung: Glossar: Begriffe auf der nächsten Folie Texte im Reader Quiz zur Selbstkontrolle

Glossar: Begriffe zur Nachbereitung intergouvernemental, supranational polity, politics, policy Vergemeinschaftung, Europäisierung Integration Finalität Integrationstheorien: Föderalismus, Funktionalismus, Intergouvernementalismus Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäische Atomgemeinschaft Politik des leeren Stuhls Luxemburger Kompromiss

Nächste Woche: Die Entwicklung der Europäischen Integration (Teil 2)