Gendersensibilität im schulpsychologischen Alltag

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 Präsentation transkript:

Gendersensibilität im schulpsychologischen Alltag Lehrgang für Seminarlehrer Psychologie an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen 8./10.11.2011 Dr. S. Seiler

Reflexionsübung I Wenn Sie an Ihre eigene Schulzeit zurückdenken: Können Sie Situationen erinnern, in denen ihr Geschlecht eine wichtige Rolle gespielt hat?  Imaginationsübung und Diskussion

Reflexionsübung II Wenn Sie an die Kindheit und Jugend in Ihrer Familie zurückdenken: In welchen Situationen hat es eine Rolle gespielt, dass Sie ein Junge/ein Mädchen waren?  Imaginationsübung und Diskussion

Fallarbeit Im Folgenden wollen wir aktuelle „Fälle“ von Kindern/Jugendlichen besprechen, bei denen das Thema „gender“ oder der Einfluss des Geschlechts auf die Beratung einen wichtigen Einfluss hatten. Dazu darf ich Ihnen zunächst ein Rahmenmodell für mögliche Einflussfaktoren auf Pubertätsentwicklung vorstellen:

GESELLSCHAFTLICHE (RAHMEN)BEDINGUNGEN Verfügbarkeit von Informationen Existenzielle Bedrohungen GESELLSCHAFTLICHE (RAHMEN)BEDINGUNGEN Verfügbarkeit von Informationen Normen FAMILIÄRE BEDINGUNGEN Werte Identität: „wer bin ich?“ „was kann ich?“ „was will ich?“ INDIVIDUELLE BEDINGUNGEN Autonomie: - Autarkie Bezogenheit Motive der Persönlichkeits-entwicklung Familienstruktur und –dynamik: - Übernahme von Lebensthemen - Verstrickung 1. Körperliche Veränderungen Sexualorgane Wachstum Gewicht Männlicher Jugendlicher Weibliche Jugendliche 3. Gehirnreifung Lösen und Neu-knüpfung neuro-naler Strukturen Moralentw. Paarbeziehung der Eltern: Harmonisierung vs. Konflikt Biologische Bedingungen – Entwicklung der Sexualität 2. Hormonelle Veränderungen Glaubenssätze Rollen(vor)bilder Internet „flache“ Beziehungen Enthemmung Präsenz des Themas Sexualisierung der Gesellschaft Gesellschaftliche Normen und Werte (z. B.: Gesellschaftlicher Zwang zur Individualisierung)

„Andrea“ Präsenz des Themas Sexualität: Überfordernd für die wertkonservative Familie Gesellschaftliche Normen und Werte Umzug im 8. LJ von Südafrika nach Deutschland Normen: Kein Sex vor der Heirat, autoritäres Menschenbild Werte: Arbeit, Sicherheit, Individualisierung Bildung Identität Identitätsprobleme durch Gewichts- zunahme Autonomie Stark ambivalent zwischen Streben nach Autonomie und Bezogenheit: Bindung im 13. LJ an 7 Jahre älteren Mann, sexuelle Abhängigkeit vs. Promiskuität, starke Abgrenzung von Eltern 1. Körperliche Veränderungen Frühe körperl. Entwicklung, Menarche mit 11, attraktiv „Andrea“ 2. Hormonelle Veränderungen stark impulsives Mädchen mit selbst- und fremdgefährdendem Verhalten 3. Gehirnreifung „frühreif“ in Interessen Familienstruktur und –dynamik Identifikation mit dem Vater Geschwisterrivalität mit jüngerer Schwester Rollen(vor)bilder Vater gewalttätig, schlägt Andrea mit Gürtel, Mutter ordnet sich unter

„Sarah“ Paarbeziehung der Eltern Rollen(vor)bilder Konfliktreiche Beziehung um schlecht abgelösten Vater Rollen(vor)bilder Mutter sehr „zickig“ und angriffslustig in Paarbeziehung, stark auf feminine Erscheinung fixiert, verbal stark durchsetzungsfähig und beruflich erfolgreiche Familienstruktur und –dynamik Identifikation und Konkurrenz mit Mutter Koalition gegen Vater Einzelkind Identität Hadert mit Gewicht Schulische Leistungen schlecht Negatives Selbstbild Autonomie Extreme Abgrenzung innerhalb Familie, schlechte soziale Integration „Sarah“ 1. Körperliche Veränderungen Menarche im 10. LJ, starkes Impuls-steuerungsdefizit, adipös 3. Gehirnreifung Kognitive und emotionale Überforderung mit frühzeitiger körperlicher Entwicklung 2. Hormonelle Veränderungen Extreme Stimmungsschwankungen, massiv tätlich gegen Mutter Internet Kompensation von Selbstwertdefiziten über Chaten und Spiele Gesellschaftliche Normen und Werte Stark individualisierte Familie, hohes Bildungsniveau, materieller Wohlstand

„Alexander“ Rollen(vor)bilder Werte Identität Autonomie 1. Körperliche Vater uneindeutige Geschlechtsidentität, „alte“ Eltern, die keine zeitgemäße Orientierung ermöglichen, sozial und beruflich schlecht integriert, „Einzelgänger“, „hölzern“, wenig kommunikativ Werte liebevolle, „weiche“ Eltern, die kaum Grenzen setzen Identität Störung der Geschlechtsidentität Soziale Vergleichsprozesse selbstwertmindernd, weibliche Interessen (Mode, Schminken, Nägel) Autonomie keine Freunde, sozialer Rückzug und Vereinsamung , enge Bindung, keine Ablösung 1. Körperliche Veränderungen feminin, schwache Ausprägung primä-rer und sekundärer Geschlechtsmerk-male „Alexander“ 3. Gehirnreifung Kognitiv schwach begabt, schnell über-fordert, aufmerk-samkeitsgestört 2. Hormonelle Veränderungen Hypothese: zu wenig Testosteron Familienstruktur und –dynamik Triangulierung Identifikation mit Mutter Paarbeziehung der Eltern Harmonisierende Paarbeziehung