Lesekompetenz Zwischen Standardisierung und Genussfähigkeit

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 Präsentation transkript:

Lesekompetenz Zwischen Standardisierung und Genussfähigkeit Stefan Krammer Kooperationsprojekt „Lesekompetenzförderung in Deutsch als Muttersprache und Deutsch als Fremdsprache“ April 2011

Was erwartet Sie? Begriffsklärung in Zusammenhang mit Kompetenzen im Allgemeinen, Bildungsstandards, Lesekompetenz im Speziellen, literarischer Bildung Fokussierung auf Lesekompetenz nach PISA Beschäftigung mit dem Kompetenzbereich Lesen der BIST D8 Auseinandersetzung mit literarischer Kompetenz Reflexion anhand von Leseaufgaben PISA 2000

Was bedeutet Lesen für Sie?

Begriffsklärung Kompetenzen sind „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“. (Weinert 2001) Bildungsstandards sind normative Vorgaben für die Steuerung von Bildungssystemen und greifen allgemeine Bildungsziele auf. Sie legen fest, welche Kompetenzen die SchülerInnen bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe erworben haben sollen.

Wunschvorstellung (Sollen) versus Erwartbarkeit (Empirie) Zusammenhänge Bildungsziele Kompetenzen Standards Aufgaben Gesellschaftlich gesetzt Normativ als Formulierung der Bildungsziele, deskriptiv als erreichter Standard Normativ als erreichte Kompetenz, deskriptiv als gelöste Aufgabe Normativ gesetzt, empirisch überprüft Wunschvorstellung (Sollen) versus Erwartbarkeit (Empirie)

Arbeitsbereiche der nationalen Bildungsstandards (Mittlerer Abschluss) in Deutschland 2004 Sprache und Sprachgebrauch untersuchen Sprache zur Verständigung gebrauchen, fachliche Kenntnisse erwerben, über die Verwendung von Sprache nachdenken und sie als System verstehen Sprechen u. Zuhören Zu anderen, mit anderen, vor anderen sprechen, Hörverstehen entwickeln Schreiben Reflektierend, kommunikativ und gestalterisch schreiben Lesen – mit Texten und Medien umgehen Lesen, Texte und Medien verstehen und nutzen, Kenntnisse über Literatur erwerben

Kompetenzmodell Deutsch – 8. Schulstufe

Lesekompetenz nach PISA Lesekompetenz bedeutet „geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“. (PISA 2000) Lesekompetenz wird verstanden als „reading literacy“ – stark pragmatisch orientiert (versus Lesen im Sinne literarischer Bildung) Fokussierung auf kognitive Dimension und nicht imaginative Anteile des Lesens Berücksichtigung nicht nur kontinuierlicher, sondern ebenso diskontinuierlicher Texte (Tabellen, Infografiken, …)

Leseprozesse (PISA 2009)

Lesekompetenz als kulturelle Praxis (Hurrelmann 2002)

Funktionen des Lesens (nach Gröben 2004) Pragmatische Texte Fiktionale Texte - Information - Unterhaltung - Wissensvertiefung - Fremderfahrung - (Argumentative) Kommunikation - Phantasieentwicklung - Meinungsbildung - Stärkung von Empathie - Verständnis für gesellschaftliche - Entwicklung von Strukturen kulturellem Gedächtnis Bedeutungskonstruktion und Textverständnis Reflexion von möglichen bzw. realen Welten Entwicklung von ästhetischer Sensibilität und sprachlicher Differenziertheit

Literarische Kompetenzen (Kammler 2006) Positionen der Literaturtheorie: Der Gegenstand Literatur ist nicht objektiv zu fassen. Standardisierungen sind Setzungen, die Objektivität reklamieren. Standards können der Polyvalenz von literarischen Texten nicht gerecht werden: Welche Lesart ist richtig? Ziele wie „Ausbildung der ästhetische Genussfähigkeit“ oder „Förderung poetischer Sensibilität“ können nicht standardisiert werden.

Gefahren bei der Standardisierung von literarischen Kompetenzen der Verkürzung von literarischer Kompetenz auf Arbeitstechniken im Umgang mit Literatur einer schleichenden Kanonisierung von Inhalten einer einseitigen Fixierung der Unterrichtskultur auf entsprechende Vorgaben in Prüfungen (teaching to the test)

Kompetenzen im Literaturunterricht (Abraham 2005) Lesarten aushandeln; kontextualisieren Welterkenntnis gewinnen Lektüre auswählen; Umgang mit Bibliotheken Urteile bilden Streitkultur ausbilden

Kontakt: Stefan Krammer Fachdidaktisches Zentrum Deutsch Universität Wien stefan.krammer@univie.ac.at Infos zur Deutschdidaktik an der Uni Wien: http://germanistik.univie.ac.at/fdz_deutsch