Nach der Krise und vor der Schuldenbremse: Welchen Spielraum hat der Staat für eine gute Bildungspolitik? Vortrag auf der DGB-Veranstaltung „Mit guter.

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 Präsentation transkript:

Nach der Krise und vor der Schuldenbremse: Welchen Spielraum hat der Staat für eine gute Bildungspolitik? Vortrag auf der DGB-Veranstaltung „Mit guter Bildung aus der Krise“ 12. November 2009 in Berlin Achim Truger Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf

Gliederung Der Bedarf an Bildungs- und anderen öffentlichen Zukunftsinvestitionen Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit von öffentlichen Investitionen und Sozialstaat? Politische Grenzen der Finanzierbarkeit: Steuersenkungen und Schuldenbremse Finanzpolitische Schlussfolgerungen

1. Der Bedarf an öffentlichen (Bildungs-) Investitionen

1. Der Bedarf an öffentlichen (Bildungs-) Investitionen

1. Der Bedarf an öffentlichen (Bildungs-) Investitionen Es ergibt sich leicht ein laufender Ausgabenbedarf von 30 Mrd. Euro (1,2 % des BIP) pro Jahr im Bildungsbereich zusätzlich erforderliche Sachinvestitionen (z.B. Schulsanierung) nicht berücksichtigt (ca. 7 Mrd. Euro = 0,3% des BIP) Andere zentrale öffentliche Zukunftsinvestitionen nicht vernachlässigen! zusätzliche Ausgaben für Forschung klassische Investitionen „in Beton“ Differenz zum EU-15 Durchschnitt mittelfristig: gut 30 Mrd. Euro (1,2 % des BIP)  Insgesamt öffentlicher Investitionsbedarf pro Jahr von 50 bis 100 Mrd. Euro (2-4% des BIP) realistische Größenordnung

2. Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit? Grundsätzlich 4 Möglichkeiten der Finanzierung Ausgabenkürzungen Steuererhöhungen höhere Defizite Selbstfinanzierung

Kürzungen bei den „konsumtiven“ Ausgaben? 2. Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit? Höhere Investitionen = Kürzungen bei den „konsumtiven“ Ausgaben? Trennung konzeptionell fast unmöglich „konsumtive“ Ausgaben sind weder theoretisch noch empirisch ohne weiteres als wachstums-/ beschäftigungsschädlich einzustufen wo genau soll denn eigentlich noch gespart werden? (es geht um 2-4 % des BIP und damit 4-8 % der Staatsausgaben) unter Einbeziehung der Schuldenbremse und der Steuersenkungspläne: 6-8 % des BIP und damit 12-16% der Staatsausgaben

2. Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit? Deutschland: Sparsamkeits-Weltmeister bei den öffentlichen Ausgaben!

2. Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit? Grundsätzlich 4 Möglichkeiten der Finanzierung Steuererhöhungen höhere Defizite Selbstfinanzierung Ausgabenkürzungen (nur sehr geringfügig) (ca. 1/3) (ca. 50%) (ca. 25%) (ca. 100%?) (ca. 1/3) (ca. 1/3)  Ohne spürbare Steuererhöhungen wird es nicht gehen!

2. Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit? Gibt es eine bindende ökonomische Grenze für die Höhe der Staatseinnahmenquote? Negative Leistungsanreize durch (progressive) Steuern und Abgaben? Grenzen durch die demografische Entwicklung? (kein eigenständiges Argument) Grenzen der Besteuerung wegen „Globalisierung“ und internationalem Steuerwettbewerb?

2. Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit?

2. Ökonomische Grenzen der Finanzierbarkeit?

3. Politische Grenzen: Steuersenkungen und Schuldenbremse Stand: Mitte 2007

Stand: vor Koalitionsvertrag 2009 3. Politische Grenzen: Steuersenkungen und Schuldenbremse Stand: Ende 2007 Stand: vor Koalitionsvertrag 2009

3. Politische Grenzen: Steuersenkungen und Schuldenbremse

3. Politische Grenzen: Steuersenkungen und Schuldenbremse Die Schuldenbremse eine Strukturkomponente: Eine „strukturelle“ Verschuldung wird nur noch in sehr engen Grenzen zugelassen für Bund: 0,35% des BIP ab 2016 für Länder: 0,0% ab 2020 schrittweiser Übergang ab 2011 Konsolidierungshilfen für Notlagenländer (Bremen, Saarland, Berlin, SLH, Sachsen-Anhalt) eine Konjunkturkomponente: sie vergrößert oder beschränkt die Verschuldungsmöglichkeiten symmetrisch je nach Konjunkturlage über die strukturelle Komponente hinaus (Diagnose gemäß EU-Kommissionsverfahren bei der Haushaltsüberwachung für Bund; noch unklar für Länder);

3. Politische Grenzen: Steuersenkungen und Schuldenbremse Die Schuldenbremse im Finanzplan strukturelles Defizit des Bundes von 1,6 % des BIP in 2010 muss bis 2016 auf 0,35% des BIP gesenkt werden. Senkung um 1,25% mit Steuersenkungen letztlich 14 Mrd. mehr, d.h. 1,85 % des BIP nach Prognoserevision drohen noch mal 8 Mrd. mehr: 2,2 % des BIP Länder: inklusive Steuersenkungen vermutlich strukturelles Defizit von 1,5 % des BIP in 2010  Konsolidierungsleistung bis 2016 ca. 3% des BIP = 75 Mrd. Euro

4. Finanzpolitische Schlussfolgerungen Zwischenfazit: ehrgeizige Konsolidierungsziele + Steuersenkungen fast unmöglich zu realisieren dazu noch Ausgabensteigerungen im genannten Umfang vollkommen unmöglich

4. Finanzpolitische Schlussfolgerungen Lösung: „technisch“ und ökonomisch selbst bei Existenz der Schuldenbremse einfach: Verzicht auf Steuersenkungen deutliche Steuererhöhungen notwendig Für bildungspolitische Zwecke müssen vor allem die Länder und Gemeinden mehr Mittel bekommen - das geht direkt über die Erhöhung von Ländersteuern - indirekt aber natürlich auch über die Umsatzsteuerverteilung

4. Finanzpolitische Schlussfolgerungen Das Hauptproblem: Wie erhält man die politische Zustimmung zu den notwendigen Steuern und Abgaben? spekulativ: Zwei Szenarien, zwischen denen man „wählen“ kann optimistisch: BürgerInnen sind zufrieden mit hohem Niveau öffentlicher Leistungen und gerechter Finanzierung. pessimistisch: fiskalische und verteilungspolitische Probleme führen zu massiver Unzufriedenheit und Teufelskreis von schlechteren Leistungen und Steuersenkungen etc.

4. Finanzpolitische Schlussfolgerungen Problem: Wir waren lange im pessimistischen Szenario unter Schwarz-gelb bereits systematisch Rückbau des Staates massive Steuersenkungen überdurchschnittlich zugunsten der Reichen und Unternehmen unter Rot-grün mit riesigen Steuerausfällen radikale Kürzungen auf der Ausgabenseite, schlechtere Leistungen, schlechtere Arbeitsbedingungen und Gehaltskürzungen Beförderung eines massiven Vertrauensverlustes in die Institutionen der sozialen Sicherung Schwarz-rot: Erhöhung der Mehrwertsteuer, Streichung von „Steuervergünstigungen“ für ArbeitnehmerInnen, aber erneute Entlastungen für die Unternehmen

4. Finanzpolitische Schlussfolgerungen Wie kommt man aus dem Teufelskreis heraus? Durch positive Beispiele, die die Handlungsfähigkeit des Staates für alle sichtbar machen Die hat es eigentlich gegeben: entschlossenes Handeln gegen die Finanzkrise entschlossenes Handeln gegen die Rezession innerhalb kürzester Zeit beachtliches Investitionsprogramm aufgelegt Wenn man wollte, könnte man den Schwung nutzen!

Ende der Präsentation Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!