„Ich esse meine Suppe nicht“ Ernährung(-sprobleme) im Alter 2. Fortbildungsnachmittag Klinische Ernährung Kantonsspital St. Gallen 03.04.2014 PD Dr. med. Thomas Münzer Chefarzt Geriatrische Klinik Kompetenzzentrum Gesundheit und Alter St. Gallen thomas.muenzer@geriatrie-sg.ch Sehr geehrter Herr Dekan Eggli, Geschätzte Mitglieder des Fakultätskollegiums. Ich begrüsse Sie herzlich zu meinem Vorstellungsvortrag zum Thema Anabole Hormone bei Alten Menschen, Möglichkeiten und Grenzen. Ich wurde heute ausnahmsweise als dritter Kandidat eingeladen und danke Ihnen für dieses Entgegenkommen und ihr Ausharren.
Inhalt Zahlen und Fakten Veränderungen der Physiologie im Alter Sinne und Palatabilität Enterale/Neurale Regelung des Appetits Zytokine als Appetitzügler Ursachen der Inappetenz bio – psycho - sozial Was können wir tun? Schlussfolgerung
Ich bin dankbar über mein hohes Alter weil es das Verlangen nach guten Gesprächen erhöht und das Verlangen nach gutem Essen verringert hat. Cicero, De Senectute, 43 AD
Zahlen und Fakten Rund 69% der Schweizer Bevölkerung achten auf ihre Ernährung, Frauen mehr (76%) als Männer (61%). Mit dem Alter nimmt das Ernährungsbewusstsein zu Die Frage, was kaufen und essen alte Menschen in der Schweiz ist nur teilweise beantwortet
Zahlen und Fakten Malnutrition im Alter ist ein gravierendes Problem 12% unabhängig wohnende Bis 60% akut Kranke Bis 80% in Langzeitinstitutionen Malnutrition Morbidität und Mortalität Funktionelle Defizite und Stürze Kognition
Ursachen Appetitmangel Akute / chronische Krankheiten Medikamente Mangelndes Angebot = geringer Zugang zu Lebensmitteln Funktionelle Defizite Kognitive Defizite Andere
Sinne und Palatabilität „Hmmmmmm“
Sinne und Palatabilität Hell-Dunkel Adaptation Visus Katarakt Makuladegeneration Visueller Kortex Beleuchtung Kontraste
Sinne und Palatabilität Hell-Dunkel Adaptation Visus Katarakt Makuladegeneration Visueller Kortex Beleuchtung Kontraste Riechepithelien Sekretmenge Geruchssinn Anosmie bis 40%
Sinne und Palatabilität Hell-Dunkel Adaptation Visus Katarakt Makuladegeneration Visueller Kortex Beleuchtung Kontraste Riechepithelien Sekretmenge Geruchssinn Anosmie bis 40% Geschmacks-Schwelle Speichelfluss orale Enzyme Zahngesundheit
Sinne und Palatabilität Hell-Dunkel Adaptation Visus Katarakt Makuladegeneration Visueller Kortex Beleuchtung Kontraste Riechepithelien Sekretmenge Geruchssinn Anosmie bis 40% Geschmacks-Schwelle Speichelfluss orale Enzyme Zahngesundheit Palatabilität
Sinne und Palatabilität äääähhhhhhhh
Sinne und Palatabilität So was esse ich nicht !
Normale Gastrale Appetitregelung Rezeptive Relaxation Adaptative Relaxation Antrale Dehnung Sättigung
Gastrale Appetitregelung im Alter NO Adaptative Relaxation Antrale Dehnung frühe Sättigung Cholecystokinin GLP-1 Amylin Rezeptive Relaxation
Zentrale Appetitregelung
Zentrale Appetitregelung Fettgewebe Leptin TNFa
Zentrale Appetitregelung Nucleus Tractus Solitarii Olfaktorius Vagus Magen/Leber Fettgewebe Leptin TNFa
Zentrale Appetitregelung Glukose Aminosäuren FFS Nucleus Tractus Solitarii Olfaktorius Vagus Magen/Leber Fettgewebe Leptin TNFa
Zentrale Appetitregelung Limbisches System Cortex Glukose Aminosäuren FFS Nucleus Tractus Solitarii Olfaktorius Vagus Magen/Leber Fettgewebe Leptin TNFa
Zentrale Appetitregelung Limbisches System Cortex Glukose Aminosäuren FFS Noradrenalin Orexin Nucleus Tractus Solitarii NPY Dynorphin Olfaktorius Vagus Magen/Leber Fettgewebe Leptin TNFa
Zentrale Appetitregelung Limbisches System Cortex Glukose Aminosäuren FFS Serotonin Noradrenalin CRF Orexin Nucleus Tractus Solitarii NPY Dynorphin Olfaktorius Vagus Magen/Leber Fettgewebe Leptin TNFa
Zentrale Appetitregelung Limbisches System Cortex Glukose Aminosäuren FFS Serotonin Noradrenalin CRF Kalorienzufuhr Orexin Nahrungswahl Nucleus Tractus Solitarii NPY Dynorphin Olfaktorius Vagus Magen/Leber Fettgewebe Leptin TNFa
Zentrale Appetitregelung im Alter Limbisches System Cortex Glukose Aminosäuren FFS Serotonin Noradrenalin CRF Kalorienzufuhr Orexin Nahrungswahl Nucleus Tractus Solitarii NPY Dynorphin Olfaktorius Vagus Magen/Leber Fettgewebe Leptin TNFa
Zytokine und Appetit IL-1 IL-2 Anorexie Kachexie Stickstoffbilanz Albuminsynthese Cholesterinsynthese IL-6 TNFa CNTF
Zytokine, Appetit und Alter IL-1 IL-2 Anorexie Kachexie/Sarkopenie Stickstoffbilanz Albuminsynthese Cholesterinsynthese IL-6 TNFa CNTF
Zusammenfassung Appetitregelung Veränderungen der Sinnesorgane beeinflussen die Palatabilität Der Magen-Darmtrakt ist ein primärer Regulator des Appetits beim Menschen Mechanische, neurogene und hormonale Impulse werden zentral verarbeitet Beteiligte Hirnzentren sind Cortex, limbisches System und Thalamus Komplexe neuroendokrine Mechanismen sind beteiligt Zytokine spielen eine wichtige Rolle Die Aktivität der Systeme nimmt im Alter ab und/oder wird störanfällig
Ursachen der Inappetenz Alle Krankheiten des Magen-Darmtraktes Herz-Kreislauf Erkrankungen Pulmonale Erkrankungen Endokrine Erkrankungen Infektionen Rheumatologische Erkrankungen Desolates Gebiss Bei allen Krankheiten kann die Inappetenz einziges Symptom sein
Zahnstatus
Weitere Ursachen der Inappetenz Depression, Demenz und Sucht Soziale Isolation und Armut Anpassungsstörungen nach Krankheit oder Verlust Polymorbidität Unsere Poly-Therapie Zahl der Medikamente, die Inappetenz als Nebenwirkung haben > ???
Weitere Ursachen der Inappetenz Depression, Demenz und Sucht Soziale Isolation und Armut Anpassungsstörungen nach Krankheit oder Verlust Polymorbidität Unsere Poly-Therapie Zahl der Medikamente, die Inappetenz als Nebenwirkung haben > 500 !!!
Meals on Wheels Medikamente Emotionale Probleme (Depression) Alkohol, oder andere Sucht Lebenskrise Schluckprobleme Orale Faktoren No Money Wandern (Demenz) Hyperthyreose, Hyperparaythyroidismus Enterale Probleme (zB. Malabsorption) Essprobleme (Funktionsverlust) Low salt (Diät mit geringem Salzgehalt) Soziale Probleme
Was können wir tun? 37 Tonika in der Schweiz zugelassen Substanzklassen: Vitamine, Aminosäuren Gingko-Präparate, Pflanzenextrakte, Mischungen Mosegor ® (Pizotifen) Anabolika/Hormone: Testosteron, Wachstumshormon, Gestagene, Ghrelin?, Insulin
NICHT GUT Was können wir tun? 37 Tonika in der Schweiz zugelassen Substanzklassen: Vitamine, Aminosäuren Gingko-Präparate, Pflanzenextrakte, Mischungen Mosegor ® (Pizotifen) Anabolika/Hormone: Testosteron, Wachstumshormon, Gestagene, Ghrelin?, Insulin NICHT GUT
Wer kann wo was tun ? In der Praxis Nach Appetit fragen Gewichtskontrollen An Malnutrition denken Medikamente überprüfen In den Mund schauen Grunderkrankung behandeln In der Klinik Wie in der Praxis Aber zusätzlich: Ernährung optimieren Viele kleine Mahlzeiten Schmackhafte Kost Ausgewogene Diät Zum Essen anhalten Katabole Zustände verkürzen Patienten schnellst möglich mobilisieren
Konzentrische Teufelskreise Altern Inappetenz Reduzierter Zugang zum Angebot Falsche Wahl Fehlernährung Mangelernährung/ Kachexie Gesundheitsrisiken Erhöhte Krankheit Reduzierte Mobilität Körperzusammensetzung Veränderte Sozio-Ökonomische Probleme Polymorbidität Polypharmazie Abnahme der Organfunktionen
Konzentrische Teufelskreise Altern Inappetenz Reduzierter Zugang zum Angebot Falsche Wahl Fehlernährung Mangelernährung/ Kachexie Gesundheitsrisiken Erhöhte Krankheit Reduzierte Mobilität Körperzusammensetzung Veränderte Sozio-Ökonomische Probleme Polymorbidität Polypharmazie Abnahme der Organfunktionen
Konzentrische Teufelskreise Altern Inappetenz Reduzierter Zugang zum Angebot Falsche Wahl Fehlernährung Mangelernährung/ Kachexie Gesundheitsrisiken Erhöhte Krankheit Reduzierte Mobilität Körperzusammensetzung Veränderte Sozio-Ökonomische Probleme Polymorbidität Polypharmazie Abnahme der Organfunktionen
Konzentrische Teufelskreise Altern Inappetenz Reduzierter Zugang zum Angebot Falsche Wahl Fehlernährung Mangelernährung/ Kachexie Gesundheitsrisiken Erhöhte Krankheit Reduzierte Mobilität Körperzusammensetzung Veränderte Sozio-Ökonomische Probleme Polymorbidität Polypharmazie Abnahme der Organfunktionen
Zusammenfassung Multidimensionales Assessment Interdisziplinarität Reversible Ursachen behandeln Behandlungsziele festlegen Möglichst «physiologisch» ernähren Nachhaltigkeit fördern
Massnahmen gegen Suppenkasper Physiologische Mechanismen berücksichtigen. Viele schmackhafte, kleine Mahlzeiten verordnen. Die Suppe kräftig salzen oder würzen. Die Suppe nicht mit bitteren Pillen vergällen. Differenzialdiagnostische Überlegung über die „üblichen Verdächtigen“ hinaus anstellen. Den ganzen Menschen berücksichtigen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit