Störfallablaufszenarien als Prognoseinstrumente

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 Präsentation transkript:

Störfallablaufszenarien als Prognoseinstrumente Hans-Joachim Uth, Umweltbundesamt, Berlin Neue Version für HDT Seminar am 6. November 2003

Übersicht Aktuelle Rechtslage SEVESO II Richtlinie Störfallablaufszenarien Quellterme Konzept der Deutschen Störfallkommission Universelle Anwendung auf alle szenarischen Betrachtungen nach Seveso II Bemerkung zur Risikodiskussion Überleitungsfolie

Szenarische Betrachtungen als Grundlage für Prognosen Fundstelle SEVESO II RL Anforderung Art. 8 Abs. 2 Domino-Effekt Art. 7 und 9 i.V.m. Anhang III c, ii) Szenarien im Rahmen des “Konzepts...” Art. 9 Abs. 1 b, d, e; Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Nr. II C und Nr. IV A und B Verschiedene Szenarien im SB Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Anhang IV c Szenarien für die “Gefahrenabwehr” Novellierung S II Karte über Gefahrenbereiche Tabelle: § 6 Abs. 4 "Der Betreiber hat ...alle ...Informationen zu liefern, (um die)... Möglichkeit des Eintritts eines Störfalls in voller Sachkenntnis (zu) beurteilen, die mögliche erhöhte Wahrscheinlichkeit und die mögliche Vergrößerung der Folgen von Störfällen (zu) ermitteln, ..." § 8 i.V.m. Anhang III Nr. 3 b "Ermittlung und Bewertung der Gefahren von Störfällen", "Festlegung und Anwendung von Verfahren zur systematischen Ermittlung der Gefahren von Störfällen bei bestimmungsgemäßem und nicht bestimmungsgemäßem Betrieb sowie Abschätzung der Wahrscheinlichkeit und der Schwere solcher Störfälle" § 8 i.V.m. Anhang III Nr. 3 e "Planung für Notfälle" "Festlegung und Anwendung von Verfahren zur Ermittlung vorhersehbarer Notfälle aufgrund einer systematischen Analyse und zur Erstellung, Erprobung und Überprüfung der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne, um in Notfällen angemessen reagieren zu können" § 9 Abs. 1 Nr. 2 "...die Gefahren von Störfällen ermittelt sowie alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung derartiger Störfälle und zur Begrenzung ihrer Auswirkungen auf Mensch und Umwelt ergriffen wurden.." § 9 Abs. 1 Nr. 4 "...interne Alarm- und Gefahrenabwehrpläne vorliegen, und die erforderlichen Informationen zur Erstellung externer Alarm- und Gefahrenabwehrpläne erbracht worden sind, damit bei einem Störfall die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden können..." § 9 Abs. 1 Nr. 5 "...ausreichende Informationen bereitgestellt werden, damit die zuständigen Behörden Entscheidungen über die Ansiedlung neuer Tätigkeiten oder Entwicklungen in der Nachbarschaft bestehender Betriebsbereiche treffen können..." § 9 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Nr. II.3 "Beschreibung der Bereiche, die von einem Störfall betroffen werden könnten" § 9 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Nr. IV.1 und 2 "Eingehende Beschreibung der Szenarien möglicher Störfälle nebst ihrer Wahrscheinlichkeit und den Bedingungen für ihr Eintreten, einschließlich einer Zusammenfassung der Vorfälle, die für das Eintreten jedes dieser Szenarien ausschlaggebend sein könnten, unabhängig davon, ob die Ursachen hierfür innerhalb oder außerhalb der Anlage liegen", "Abschätzung des Ausmaßes und der Schwere der Folgen der ermittelten Störfälle" § 10 Abs. 1 i.V.m. Anhang IV Nr. 3 "Für vorhersehbare Umstände oder Vorfälle, die für das Auslösen eines Störfalls ausschlaggebend sein können, in jedem Einzelfall eine Beschreibung der Maßnahmen, die zur Kontrolle dieser Umstände bzw. dieser Vorfälle sowie zur Begrenzung der Auswirkungen zu treffen sind, sowie eine Beschreibung der zur Verfügung stehenden Sicherheitsausrüstungen und Einsatzmittel„ Novellierung SEVESO II RL: Ergänzung Anhang III : „Eine Karte, in der die Gefahrenbereiche eingetragen sind, die von einem vom Betrieb ausgehenden schweren Unfall betroffen sein können“

Quellterm Trümmerwurf Verletzung Immissionen Verbrennung Schäden an Mensch und Natur Verbrennung Vergiftung Verseuchung Ausbreitung Luft Wasser direkt jet-fire Brände pool fire Freisetzung toxischer Stoffe Wärme- strahlung Auswahl der Szenarien ==> Feuer- ball Quellterm Lachen- verd. BLEVE Druckwelle Trümmerwurf Massen- explosion UCVE CVE

Rahmenbedingungen zur Erstellung von Störfallablaufszenarien: Anlagenspezifität Standortspezifität Schutz der Beschäftigten Grundlagen: Ereignisannahmen (Quellterme) auf der Grundlage des Sicherheitsberichts. Maßgebend: Größte zusammenhängende Menge (GZM) und „kritische Menge“ (Mk)

Wahrscheinlichkeit P 1 P DS 1 DS 2 Restrisikofall Genehmigungs- Vorsorge durch Stand der ST Vernünftiger Ausschluss Zusätzliche Gefahrenabwehr- planung 1 Genehmigungs- fähigkeit P a DS 1 DS 2 Restrisikofall Verhältnis "Auslegungs-Störfall" und "Hypothetischer Dennoch-Störfall" Die Rechtsvorschrift des § 3 Abs. 1 StöVO verpflichtet den Betreiber einer Anlage rechtskategorisch zur Durchführung aller technischen- und organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung von Störfällen. Maßstab ist dabei die sog. "praktische Vernunft", d.h. es wird ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde gelegt. (Vergl. Bild 1) Denkbaren Ereignissen, deren Wahrscheinlichkeit so gering eingeschätzt wird, daß sie "praktisch" nicht berücksichtigt werden müssen (und können), ist nicht vorzubeugen, diese müssen nicht verhindert werden. Um mögliche Auswirkungen dieser denkbaren, aber jenseits des "vernünftigen Ausschlusses" (Wahrscheinlichkeit Pa i.S. des § 3 Abs. 2 StöVO) liegenden Störfälle zu begrenzen, sind Maßnahmen nach §3 Abs. 3 vorgesehen. Diese Maßnahmen mindern lediglich die Folgen von Störfällen, verhindern sie aber nicht. Mit dieser abgestuften Vorgehensweise wird im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die zu treffenden Maßnahmen der Wahrscheinlichkeit P des Eintritts des Ereignisses angepaßt. Je weniger wahrscheinlich, desto weniger Aufwand für Sicherheits- und Schutzmaßnahmen. Maßnahmen im Bereich 1>P>Pa sind Maßnahmen zur Verhinderung des "Auslegungs-Störfalls”, Ereignisse im Bereich Pa>P>0 können als "Hypothetische Dennoch-Störfälle" bezeichnet werden. Die Gefahrenabwehr ist eine Maßnahme zur Begrenzung der Auswirkungen i.S. des § 3 Abs. 3 StöVO. Da sie sich auf den weiten Wahrscheinlichkeitsbereich (Pa>P>0) jenseits des "vernünftigen Ausschlusses" bezieht, ist es aus praktischen Erwägungen notwendig, diesen Bereich durch einzelne Punkte zu strukturieren und handhabbar zu machen. Deshalb werden Szenarien abgeleitet, die als Hilfestellung für die Planung und Organisation der Gefahrenabwehr hilfreich sind. Dabei geht es nicht um die Ableitung der "Horrorszenarien" wie z.B. einen Absturz eines Verkehrsflugzeugs auf einen Großchemiekomplex. Ein solches Ereignis wäre auch planerisch nicht in den Griff zu kriegen. Es muß als “sozial adäquate Last” (BVerfG) vom Bürger im Gegenzug zu dem Nutzen durch die technische Zivilisation in Kauf genommen werden (“Restrisiko-Fall”). Wahrscheinlichkeit P Angenommene Szenarien

Typ SA und DS 1: Annahmen bei Störfallszenarien für die Anlagenauslegung und die interne Gefahrenabwehrplanung Quellterm: Rohrbrüche Zu betrachtende Menge: Kritische Menge Mk im gestörten Anlagenteil Folgewirkungen: Brand /Explosion Ausbreitung (Luft-und Wasserpfad) Toxische Belastung Neu: Im E der VwV sind die „Undichtigkeiten“ gestrichen worden.

Typ DS 2: Annahmen bei Störfallszenarien für die externe Gefahrenabwehrplanung Quellterm: Rohrbrüche, Behälterbrüche Zu betrachtende Menge: Größte zusammenhängende Menge GZM im gestörten Anlagenteil Gesamter Brandabschnitt bei Bränden Größte zusammenhängende Menge bei Massenexplosionen Folgewirkungen: Brand /Explosion Ausbreitung (Luft-und Wasserpfad) Toxische Belastung Neu: Im E der VwV sind die „Undichtigkeiten“ gestrichen worden.

Konzept der SFK Definitionen: Vernünftigerweise nicht auszuschließende Störfälle (Typ SA), die im Rahmen der Sicherheitsanalyse beschrieben werden. Vernünftigerweise auszuschließende Störfälle, zu deren Auswirkungsbegrenzung anlagenbezogene Vorkehrungen und spezielle Gefahrenabwehrmaßnahmen getroffen werden (“Dennoch-Störfälle”,Typ DS). “Vernünftigerweise auszuschließende Störfälle” zu deren Begrenzung nur allgemeine Gefahrenabwehrmaßnahmen getroffen werden (“ExzeptionellerStörfall”, (Typ WC).

Schematische Darstellung der Herleitung eines Dennoch-Störfalls Betriebsbereich Umgebung Masse Quellrate Immission Bereich Dennoch-Störfall Mi MGZM MK Störfallbeurteilungs- Wert z.B. ERPG-2 Entfernung log d Kritischer Aufpunkt z.B. Wohnbebauung

Schritte zur Bestimmung der Quellrate durch “Rückrechnung”

Schritte zur Bestimmung der Quellrate durch “Rückrechnung” 1. Bestimmung der nächsten Wohnbebauung, verletzlichen Objekte

Schritte zur Bestimmung der Quellrate durch “Rückrechnung” 1. Bestimmung der nächsten Wohnbebauung, verletzlichen Objekte 2. Festlegung des Immissionswertes z.B. AEGL/ERPG-Wert, Wärmestrahlungs- oder Explosionstoleranzwert

Schritte zur Bestimmung der Quellrate durch “Rückrechnung” 1. Bestimmung der nächsten Wohnbebauung, verletzlichen Objekte 2. Festlegung des Immissionswertes z.B. AEGL/ERPG-Wert, Wärmestrahlungs- oder Explosionstoleranzwert 3. Bestimmung der Quellrate durch Nomogramme

Schritte zur Bestimmung der Quellrate durch “Rückrechnung” 1. Bestimmung der nächsten Wohnbebauung, verletzlichen Objekte 2. Festlegung des Immissionswertes z.B. AEGL/ERPG-Wert, Wärmestrahlungs- oder Explosionstoleranzwert 3. Bestimmung der Quellrate durch Nomogramme 4. Ermittlung des anlagenspezifischen Quellterms, der zur Quellrate paßt

Schritte zur Bestimmung der Quellrate durch “Rückrechnung” term Immissions- konzentration R´ RERPG ERPG´ ERPG Ermittlung der mittleren Annahmen Anlage Schutzobjekte

Schritte zur Bestimmung der Quellrate durch “Rückrechnung” 1. Bestimmung der nächsten Wohnbebauung, verletzlichen Objekte 2. Festlegung des Immissionswertes z.B. AEGL/ERPG-Wert, Wärmestrahlungs- oder Explosionstoleranzwert 3. Bestimmung der Quellrate durch Nomogramme 4. Ermittlung des anlagenspezifischen Quellterms, der zur Quellrate paßt 5. Berechnung des Störfallablaufszenariums

Zusammenhang der Szenarienfälle GAP, DE, LUP, SB Quellort Betriebs- DE Beginn (Anlage) Grenze A Betrieb B Wohnbebauung Quellrate Immission (Störfallbeurteilungswert) GZM DEB LUP Mk SA ERPG-3 ERPG-2 MAK Entfernung log d Ungünstigste-Mittlere-Wetterlage Verbotszone LUP Bereich Gefahrenabwehrplanung

Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 1/11 I. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (untere Grenze) 1. Schritt: Auswahl des Störfallbeurteilungswertes In einer Polyproduktionsanlage für anorganische Präparate wird u.a. Brom in größeren Mengen verwendet. Als Grenzwert wird der VCI-Störfallbeurteilungswert Cs (Brom) = 3.56 mg/m3 oder 0,5 ppm verwendet.

Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 2/11 I. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (untere Grenze) 2. Schritt: Auswahl des Immissionsaufpunktes Die Anlage liegt in einem Industriegebiet am Rande einer Kleinstadt. Die nächste Wohnbebauung ist 2000 m von der Anlage entfernt, in 1000 m Entfernung verläuft eine öffentliche Straße.

I. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (untere Grenze) Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 3/11 I. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (untere Grenze) 3. Schritt: Ermittlung des Quellterms Ermittlung des Quellterms durch Rückrechnung.Verwen- dung der VCI-Nomogramme für Brom. Ungünstigste Wetterlage mit: Ausbreitungsklasse 1, stabile Schichtung, Inversion in 20 m Höhe, Windgeschwindigkeit von v = 1 m / sec Bezugsdosis für Brom ist 30 [ppm x min] Ablesung: Entfernung zum kritischen Aufpunkt 1000 m 2000 m Kritische Menge 90 kg 150 kg

I. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (untere Grenze) Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 4/11 I. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (untere Grenze) 4.+5. Schritt: Ermittlung der Quellrate und der Menge Mk Die Quellrate ermittelt sich aus dem Quellterm und den angenommenen Freisetzungsbedingungen. Das stoffspezifische Nomogramm ermöglichen Abschätzungen zur Freisetzung von Brom (in flüssiger Phase) mit anschlies- sender Verdampfung bei 20 C und unterschiedlichen Zeiten. Es ergeben sich folgende Mengen für die Quellrate, die bei der Verdunstungsdauer t die quelltermrelevanten Mengen liefern: Verdunstungsdauer t D = 1000 m D = 2000 m 1 h 200 kg 450 kg 15 min 2000 kg 4000 kg Die kritische Menge Brom, die zu einer Überschreitung des Störfallbe- urteilungswertes führen kann, beträgt bei t = 1 h: Mk = 450 kg.

Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 5/11 II. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (obere Grenze) 1. Schritt: Ermittlung der größten zusammenhängenden Menge GZM in der Anlage Es wurde ein Destillationsapparat mit 250 kg Brom (Angabe aus dem Sicherheitsbericht) identifiziert.

II. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (obere Grenze) Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 6/11 II. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (obere Grenze) 2. Schritt: Berechnung des Quellterms aus der GZM Durch eine Explosion wird das gesamte Brom im Produktionsraum (258 m3, 25 C) fein verteilt und verdampft. Der Austritt erfolgt durch das von der Explosion aufgesprengte Eingangstor (5,4 m2, Luftwechselfaktor 5/h). Bei Verdampfen von 250 kg Brom in 258 m3 ergibt sich bei 25 C ein Sättigungs- partialdruck von 0,13 bar. Die Verdunstung von Bromaerosolen bewirkt einen Wärmeentzug. Die ermittelte Temperatur liegt bei -8 °C. Dadurch sinkt der Sättigungspartialdruck auf 0,05 bar, im Gasraum sind lediglich 80 kg Brom enthalten. Das kalte Brom/Luftgemisch (Dichte ca. 1,6 kg/m3) fließt innerhalb von 10 Sekunden aus der Türöffnung. Die Emissionszeit unter Zugrundelegung des Luftwechselfaktors 5/h ergäbe 720 s.

II. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (obere Grenze) Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 7/11 II. Abgrenzung von Dennoch-Störfällen (obere Grenze) 3. Schritt: Rechnung der Ausbreitung anhand spezifischer Bedingungen in der Anlage und der Umgebung Ausbreitungsrechnung nach VDI 3783 mit der: ungünstigste Wetterlage (Ausbreitungsklasse 1, stabile Schichtung mit Inversion in 20 m Höhe, Windgeschwindigkeit v = 1 m/sec) mittlere Wetterlage (Ausbreitungsklasse 2 indifferente Schichtung ohne Inversion, Windgeschwindigkeit 3 m/sec) Zur Berücksichtigung der Umgebung des Freisetzungsortes (von Produktionsgebäuden eingeschlossene Werksstraße in Ausbreitungs- richtung) Umgebungsmodellierungen durch hohe Windparallele Schlucht (3,7m hoch, 4,2m breit) nach Ergänzungsblatt III zu VDI 3783-2

Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 8/11 Bei der ungünstigsten Ausbreitungslage wenig Einfluß durch die Emissionszeit.

Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 9/11 Bei der mittleren Ausbreitungslage roßerEinfluß durch die Emissionszeit im Nahbereich.

Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 10/11 Ermittlung der Gefährdungsbereiche: Bei den Planungen zur Gefahrenabwehr (Ermittlung der Gefährdungsbereiche) muss mit einer Überschreitung des Störfallbeurteilungswertes in Abständen bis ca. 4000 m bei ungünstigster Wetterlage bzw. mit 1000 m bei mittlerer Wetterlage gerechnet werden.

Beispiel: Gefahr durch eine Freisetzung von Brom aus einer Polyproduktionsanlage 11/11 Hinweis: Die Ergebnisse der spezifischen Ausbreitungsrechnung ergeben weitere Abstände im Vergleich mit den unter Punkt I.3 ver- wendeten Nomogrammen. Dies liegt im wesentlichen an der unterschiedlichen Normierung auf die Bezugsdosis von 30 [ppm x min] (bei den Nomogrammen) und auf die Spitzen- konzentration von 0,5 ppm (bei den Ausbreitungsrechnungen). Ein weiterer Beitrag liefert die unterschiedliche Ausbreitungsart: Den Nomogrammen liegt ein dichteneutrales Ausbreitungs- modell zugrunde, die spezifische Betrachtung des o.g. Störfallab- laufszenariums legt eine Schwergasausbreitung zugrunde. Dies hat insbesondere Auswirkung auf das Ausbreitungsverhalten im Nahbereich.

Welche Erwartungen erwecken die Risikodiskussion? Transparentes Verfahren auf wissenschaftlich technischer Basis (ingenieurgerechte Denkweise) Verknüpfung mit ökonomischen Optimierungsstrategien zur Kostensenkung Dokumentationsfreundlichkeit für interne und externe Berichts- und Nachweispflichten Ergebnisse sind gut kommunizierbar und können mit anderen Risiken gesellschaftlicher Tätigkeiten verglichen werden Nachweis der Risikostreuung, d.h. Industrie/Betrieb wird aus der öffentlichen Diskussion entlastet. Damit ist Akzeptanz und die positive Wirkung auf den „Share-Holder-Value“ verbunden

R = P x S Risiko: Rechenformel Wahrscheinlichkeit (P) Wirkungen (S) Exakte Rechenwerte oder Parametrisierung Systematischer Untersuchungsverlauf

QRA benötigt Szenarien Rückwärtsbetrachtung (z.B. Individuelles Todesrisiko) Vorwärtsbetrachtung (z.B. Behälterversagen)

Bestandteile szenarischer Betrachtungen MAK- Geruchs- LCL0 Wert schwelle LC50, etc. Stoffdaten Quellkonfiguration Toxizität Verfahrens- Austritts- Wetter- Orographie daten impuls daten S C H Ä ? D E N Quellterm Ausbreitung Einwirkung (Austritts- (Transport auf Schutz- bedingungen) in Luft und objekte Wasser) Austritts- Massen- Ausbreitungsmodell Explosivität zustand strom Parameter Brennbarkeit Explosions- Zündgrenzen modell

Datenqualität (Unsicherheiten) Methodische Grenzen Nachhaltigkeit Risikogrenzwert Singularität der Daten (Identität von erfassten und verwendeten Daten) Stand der Technik Soft-Data (SMS) Expertenschätzung Erfassung komplexer Abläufe, z.B. DE Erfassung komplexer Anlagenstrukturen Datenbiografie Human Factor

Beispiel: Quellterm Behälterversagen Stand der Technik (Faktor 10) Management Statistik und Singularität

Unschärfe bei Störfallablaufszenarien Einfluß der freigesetzten Menge Man erkennt den erwartet starken Einfluß der freigesetzten Menge. Im Bereich um den mittleren Wert von 1 m3 führt die Änderung der freigesetzten Menge um ein Zehnerpotenz in diesem Beispiel annähernd zu einer Halbierung oder Verdoppelung der Entfernung. Änderungen der freigesetzten Menge im Bereich einiger zehn Prozent wirken sich nur wenig auf die Entfernung aus.

Beispiel: Toxische Wirkung Biologische Varianz Sondergruppen Datenverfügbarkeit

Unschärfe bei Störfallablaufszenarien Einfluß der Annahmen zu toxischen Wirkungen Die Annahmen zur toxischen Wirkung können die Entfernung bei sonst gleichen Annahmen im Vergleich zur Entfernung bei der mittleren Annahme von 1287 m in diesem Beispiel zwischen 52 % und 195 schwanken lassen. Die Schwankungen infolge der Annahmen zu den toxischen Wirkungen sind auch im Vergleich mit denen infolge der Freisetzungsmengen groß. Annahmen zur toxischen Wirkung Die Abkürzung Maximalwert bedeutet, daß der Maximalwert der Konzentration zu keinem Zeitpunkt die Referenzkonzentration von 3 ppm überschreitet. Die Abkürzung Belastung bedeutet, daß das gewichtete Zeitintegral der Konzentration gleich der Referenzbelastung ist. Die Referenzbelastung ist gleich dem Produkt aus der Referenzkonzentration von 3 ppm und der zugehörigen Dauer von 60 min weil der konzentrationsabhängige Wichtungsfaktor bei der Referenzkonzentration den Wert 1 annimmt. Die Abkürzung Dosis bedeutet, daß das ungewichtete Zeitintegral der Konzentration gleich der Referenzdosis ist. Die Referenzdosis ist gleich dem Produkt aus der Referenzkonzentration von 3 ppm und der zugehörigen Dauer von 60 min.

Schematischer Vergleich SA Mk GZM Inventar (max) lg Masse [kg] -1 0 1 2 3 Vernünftiger Ausschluß DS 1 DS 2 -1 -2 -3 -4 -5 -6 -7 -8 -9 lg N (Todesopfer) Datenunsicherheit (Faktor 100) lg f (Wahrscheinlichkeit) [a-1] Qualitatives Maß für die Wahrscheinlichkeit

Halbquantitative Ansätze Artefakte, hohes Maß an Konventionen Gruppenbildung Halbquantitative Ansätze Artefakte, hohes Maß an Konventionen Systematische Untersuchung bleibt erhalten

Anwendungsbereiche von QRA Optimierung von Designalternativen im Planungszustand Optimierung von Investitionsentscheidungen für SHE Optimierung von Inspektionssystemen (RBI) Ermittlung von Domino-Effekten Bewertung von SMS Überwachung der Ansiedelung in der Nachbarschaft von gefährlichen Industriebetrieben (LUP) Festlegung von Gefahrgutwegen

Facit Methode der QRA ist Stand der Technik Entscheidend ist die spezifische Datenqualität QRA muß in das gesellschaftliche Normengefüge passen QRA kann in Teilsystemen erfolgreich eingesetzt werden QRA und andere Methoden ergänzen sich

Ende

Das Konzept der Störfallkommission (AK “Dennoch-Störfälle”) Die Planungen erfolgen grundsätzlich auf der Grundlage angenommener Störfallverläufe (Störfallablaufszenarien). Dabei hat sich in der Praxis die Festlegung dieser konkreten Ereignisse als schwierig herausgestellt. Um in der großen Variationsbreite zwischen katastrophalen- und Bagatell-Ereignissen zu vernünftige Annahmen zu kommen wurde von der Störfallkommission

Bild 2 Schematische Darstellung der Quellterme bei Störfallablaufszenarien Mi= Masse des Inventars, MGZM = größte zusammenhängende Menge, MK= Kritische Masse MSA= Masse aus SA, QR = Quellrate, QT = Quellterm, DS=”Dennoch-Störfall”, SA=”Sicherheitsanalyse”, AEGL= Acute Exposure Guideline Limit, STV= Störfallverhindernde Maßnahmen, STB= Störfallbegrenzende Maßnahmen Grundsätzlich sind die Übergänge zwischen den Fällen fließend, aus pragmatischen Gründen werden Kernbereiche festgelegt. Die verschiedenen Störfalltypen können innerhalb eines allgemein gültigen Schemas (Bild 2) dargestellt werden. Für jeden Fall kann eine untere und obere Grenze zugeordnet werden: Typ SA hat seine untere Grenze in der Menge, die zu einer unzulässigen Überschreitung von Belastungswerten des Arbeitsschutzes führen, z.B. MAK-Wert. Der obere Grenze wird durch die Menge MSA festgelegt, die zur Überschreitung z.B. des AEGL-2 Wertes an der Betriebsgrenze führt. Typ DS hat seine untere Grenze in der kritische Menge Mk , die zu einer unzulässigen Überschreitung von Belastungswerten (z.B. AEGL-2 Wert) am kritischen Aufpunkt, z.B. der nächstgelegenen Wohnbebauung führt. Die obere Grenze wird durch die “größte zusammenhängende Menge MGZM” bestimmt. Der “Worst-Case-Störfall” hat seine untere Grenze in der MGZM , er schließt an den oberen Grenzbereich von Typ DS an. Der obere Grenzbereich wird durch das gesamte Inventar der Anlage Mi , ggf des Betriebs (mögliche Domino-Effekte sind hierbei zu berücksichtigen) festgelegt. Dieser Störfalltyp wird für die Gefahrenabwehrplanung i.a. nicht weiter betrachtet.