Rechtliche Aspekte der elektronischen Archivierung

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Rechtliche Aspekte der elektronischen Archivierung mag. iur. Maria Winkler 17. April 2013

Agenda Einleitung Gesetzliche Aufbewahrungspflichten Technische und organisatorische Massnahmen Risiken bei Missachtung von Aufbewahrungsvorschriften

Dokumentenmanagement im Wandel Unternehmen und Behörden müssen zum Nachweis der Tätigkeit geschäftsrelevante Dokumente ablegen und archivieren. Generelle Änderung des gelebten Umgangs mit Dokumenten durch den Einsatz von Informationstechnologien Speicherung von wichtigen Dokumenten auf zugewiesenen Laufwerken Kommunikation häufiger per E-Mail oder anderen elektronischen Medien Probleme Rechtliche Unsicherheiten im Umgang mit elektronischen Dokumenten Wissensverlust, wenn elektronische Dokumente nicht an dem Ort abgelegt sind, zu welchem die betroffene Stelle Zugang hat Behörden: Weitergabe von elektronischen Akten an das öffentlich-rechtliche Archiv

Elektronische Aufbewahrung und Archivierung von Geschäftsdokumenten Privatrechtliche Unternehmen dürfen ihre Geschäftsdokumente seit 2002 auch elektronisch führen und aufbewahren. Die Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften wurden revidiert, die neuen Vorschriften sind auf den 01.01.2013 in Kraft getreten. Auch im öffentlich-rechtlichen Bereich (Bund, Kantone, Städte, etc.) ist die elektronische Aktenführung grösstenteils anerkannt. In beiden Bereichen dürfen nicht nur originär elektronische Daten und Dokumente elektronisch aufbewahrt bzw. archiviert werden sondern es dürfen auch Papierdokumente gescannt werden, wenn die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.

Technik, Recht und Fachbereich Der sorgfältige Umgang mit Geschäftsdokumenten umfasst die beiden folgenden Aufgabenbereiche: Identifikation der relevanten Dokumente. Sicherstellung der Integrität, Verfügbarkeit und Beweiskraft dieser Dokumente über den gesamten Lebenszyklus. Neben den technischen sind auch die rechtlichen und fachlichen Anforderungen von Beginn an zu berücksichtigen!

Agenda Einleitung Gesetzliche Aufbewahrungspflichten Technische und organisatorische Massnahmen Risiken bei Missachtung von Aufbewahrungsvorschriften

Gesetzliche Grundlagen Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung (Art. 957 ff. OR, GeBüV) Steuerrecht (MWSTG, MWSTGV, ElDI-V) Verjährungsvorschriften (z.B. Art. 127 f. OR) Prozessrecht (z.B. ZPO) Spezialgesetze und Verbandserlasse (z.B. Produktehaftpflichtgesetz, Bankengesetz, Geldwäschereigesetz, Kotierungsreglement) Behörden des Bundes, der Kantone sowie Städte und Gemeinden müssen eigene Rechtsgrundlagen beachten (Archivgesetze, Vorgaben des Bundes-, Staats- oder Stadtarchivs, etc.)

Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht Die neuen gesetzlichen Grundlagen sind auf den 01.01.2013 in Kraft getreten. Die Buchführung bildet nach den neuen Vorschriften die Grundlage der Rechnungslegung. Es müssen alle Geschäftsvorfälle und Sachverhalte erfasst werden, welche für die Darstellung der Vermögens-, Finanzierungs- und Ertragslage des Unternehmens (wirtschaftliche Lage) erforderlich sind. Die Rechnungslegung wiederum soll die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können.

Wer ist Buchführungspflichtig? (Art. 957 OR) Pflicht zur Buchführung für alle juristischen Personen und Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit einem Jahresumsatz über CHF 500‘000.- Pflicht zur einfachen Buchhaltung (Milchbüchleinrechnung) für Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit einem Jahresumsatz unter CHF 500‘000.-, Vereine und Stiftungen die verpflichtet sind sich ins Handelsregister einzutragen sowie Stiftungen, die von der Pflicht zur Bezeichnung der Revisionsstelle befreit sind.

Grundsätze der ordnungsgemässen Buchführung (Art. 957a Abs. 2 OR) Die seit Jahrzehnten anerkannten «Grundsätze der ordnungsgemässen Buchführung» werden im Gesetz nun ausdrücklich erwähnt. 1. Die Geschäftsfälle und Sachverhalte müssen vollständig, wahrheitsgetreu und systematisch dargestellt werden. 2. Die einzelnen Buchungsvorgänge müssen mit Belegen nachgewiesen werden. 3. Die Buchführung muss den Grundsatz der Klarheit erfüllen. 4. Sie muss im Hinblick auf die Grösse und Bedeutung des Unternehmens zweckmässig sein. 5. Die Buchführung muss nachprüfbar sein.

Was muss aufbewahrt werden? (Art. 958f OR) Geschäftsbücher Buchungsbelege Geschäftsbericht Revisionsbericht schriftlich, elektronisch oder in vergleichbarer Form schriftlich unterzeichnet

Buchungsbelege (Art. 957a Abs. 3 OR) Alle Buchungen müssen durch Buchungsbelege nachgewiesen werden. Als Buchungsbeleg gelten alle schriftlichen Aufzeichnungen auf Papier oder in elektronischer oder vergleichbarer Form, die notwendig sind, um den einer Buchung zugrunde liegenden Geschäftsvorfall oder Sachverhalt nachvollziehen zu können.

Geschäftskorrespondenz Die Geschäftskorrespondenz wird nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Auch Geschäftskorrespondenz kann unter Umständen als Beleg qualifiziert werden und muss dann aufbewahrt werden. Der Begriff der Geschäftskorrespondenz muss weit interpretiert werden: „ Zur Geschäftskorrespondenz gehören alle ein- oder ausgehenden oder auch intern erstellten Dokumente, deren Inhalt sich in irgendeiner Form bilanzmässig niederschlagen.“ Zur Geschäftskorrespondenz können daher auch e-Mails, SMS, Publikationen auf einer Website, der unternehmenseigenen Facebook-Seite etc. gehören!

Aufbewahrungspflichtige Geschäftskorrespondenz Die neuen Vorschriften befreien daher nicht generell von der Pflicht zur Aufbewahrung von Geschäftskorrespondenz. ACHTUNG! Andere rechtliche Grundlagen können ebenfalls die Aufbewahrung von Geschäftskorrespondenz fordern (z.B. Beweisrecht, Spezialgesetze). Bei der Archivierung von E-Mails ist zu beachten, dass die Mitarbeitenden bei einer erlaubten privaten Nutzung über das Vorgehen informiert sein müssen. Ist die private Nutzung untersagt, dann gelten alle E-Mails als Geschäftskorrespondenz und diese kann ohne Weiteres archiviert werden.

Und E-Mails? Wenn E-Mails als Buchungsbelege gelten, unterliegen sie ebenfalls der Aufbewahrungspflicht Zudem sollten E-Mails aufbewahrt werden, welche als Beweismittel benötigt werden Beispiele: Verträge Protokolle Auftragsbestätigungen

Journaling Auf dem Markt sind zahlreiche Angebote für sogenannte „E-Mail-Archive“ erhältlich – dabei handelt es sich um Software und / oder Hardware, die eine integritätssichere Speicherung der E-Mails ermöglicht. Dabei werden alle ein- und ausgehenden E-Mails automatisch auf einem Datenträger gespeichert. Achtung! Die Archivierung von E-Mails ist nur dann gesetzeskonform, wenn sämtliche Voraussetzungen von Art. 957 ff OR sowie der GeBüV erfüllt sind. Da die E-Mail-Archive in der Regel z.B. keine Zuordnung der E-Mails zum Geschäftsfall ermöglichen, erfüllt das „Journaling“ in der Regel nicht sämtliche gesetzlichen Anforderungen.

E-Mail Archivierung und Datenschutz In einer Weisung sollte geregelt werden, ob E-Mail privat genutzt werden darf. Bei erlaubter privater Nutzung ist die automatische Archivierung aller E-Mails ohne ausreichende Information der Mitarbeitenden unzulässig! Den Mitarbeitenden sollte zudem die Möglichkeit geboten werden, private E-Mails der automatischen Archivierung zu entziehen. Ist die private Nutzung untersagt, dann dürfen alle E-Mails automatisch archiviert werden. Der Arbeitgeber darf aber (gegen die Weisung verstossende) private E-Mails dennoch nicht öffnen und lesen!

Archivierungsfrist (Art. 958f Abs. 1 OR) Die handelsrechtliche Aufbewahrungsfrist beträgt zehn Jahre. Da die Aufbewahrungsfrist erst mit dem Ende des Geschäftsjahres beginnt, beträgt die gesamte Aufbewahrungs- und Archivierungsdauer der Dokumente bis zu 11 Jahre. Die steuerrechtliche Archivierungsfrist beträgt in der Regel ebenfalls 10 Jahre. Gemäss MWSTG müssen aber Belege im Zusammenhang mit Liegenschaften 20 Jahre archiviert werden. Es ist zu beachten, dass die Verjährung einer Forderung (z.B. bei Dauerschuldverhältnissen) oft nicht bereits mit dem Ende des Geschäftsjahres, sondern zu einem späteren Zeitpunkt beginnt, wodurch sich die Aufbewahrungs- und Archivierungsdauer ebenfalls verlängert.

Beweisrecht Gemäss Art. 8 ZGB muss derjenige, der sich auf das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache beruft, diese auch beweisen. Das Unternehmen / die Behörde muss zudem alles aufbewahren, was in einem allfälligen späteren Rechtsstreit als Beweismittel benötigt wird (Sorgfaltspflicht). Beispiele: AGB, Rechtliche Hinweise, Vertragscharakter Interne Weisungen (z.B. gegen Forderungen aus Arbeitsrecht) Handbücher (z.B. gegen Forderungen aus Haftpflichtrecht) Diese Dokumente werden häufig im Intranet, auf einer Website oder auch auf der eigenen Facebook-Seite publiziert!

Bsp. Internetportal für Aktionäre Gemäss Tagesanzeiger wird die UBS in Umsetzung der Abzockerinitiative ein Internetportal schaffen, auf dem sich Aktionäre registrieren und Anweisungen an den Stimmrechtsvertreter abgeben können. Quelle: http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Die-UBS-setzt-die-Abzockerinitiative-vorzeitig-um/story/29946688?dossier_id=1874, abgerufen am 08.03.2013

Spezialgesetze Die Vorschriften der kaufmännischen Buchführung haben das Ziel, das Finanzgebaren des Unternehmens überprüfbar zu machen und so die Interessen von Gläubigern zu schützen Zahlreiche Branchen unterliegen zudem spezialgesetzlichen Vorschriften, welche direkt oder indirekt eine Pflicht zur Erstellung und Aufbewahrung von Dokumenten enthalten Im Folgenden werden Beispiele besprochen.

Produktehaftpflicht Das Produktehaftpflichtgesetz (PrHG) sieht eine Umkehr der Beweislast vor – die Herstellerin haftet für den Schaden, wenn ein fehlerhaftes Produkt dazu führt, dass: a. eine Person getötet oder verletzt wird; b. eine Sache beschädigt oder zerstört wird, die nach ihrer Art gewöhnlich zum privaten Gebrauch oder Verbrauch bestimmt und vom Geschädigten hauptsächlich privat verwendet worden ist. Die Herstellerin kann sich von der Haftung befreien, wenn sie beweist, dass das Verschulden nicht bei ihr bzw. ihrem Produkt liegt (z.B. weil der Fehler darauf zurückzuführen ist, dass das Produkt verbindlichen, hoheitlich erlassenen Vorschriften entspricht oder der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt, in dem das Produkt in Verkehr gebracht wurde, nicht erkannt werden konnte).

Produktehaftpflicht Die Ansprüche aus dem PrHG verwirken 10 Jahre ab dem Tag, an dem die Herstellerin das Produkt, das den Schaden verursacht hat, in Verkehr gebracht hat. Unternehmen, welche dem PrHG unterliegen, sollten daher die Dokumente erstellen und aufbewahren, welche im Streitfall als Beweismittel zur Haftungsbefreiung dienen können.

Produktsicherheit Gemäss Art. 11 PrSG besteht die Pflicht, den Vollzugsorganen alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Nachweise und Unterlagen herauszugeben. Gemäss Art. 9 PrSV muss zum Nachweis der Erfüllung der Anforderungen des PrSG während zehn Jahren seit der Herstellung innerhalb einer angemessenen Frist alle erforderlichen technischen Unterlagen beibringen können. Bei Serienanfertigungen beginnt die Frist mit der Herstellung des letzten Exemplars zu laufen. Gemäss Art. 17 Abs. 1 lit. b PrSG ist die vorsätzliche Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflicht mit Strafe bis zu CHF 40‘000.00 bedroht.

Bankengesetz (Art. 6 und Art. 46 BankG) Banken sind verpflichtet, jährlich einen Geschäftsbericht und halbjährlich einen Zwischenabschluss zu erstellen und dabei die Vorschriften über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung zu beachten. Wer vorsätzlich die Geschäftsbücher nicht ordnungsgemäss führt oder Geschäftsbücher, Belege und Unterlagen nicht vorschriftsgemäss aufbewahrt; die Jahresrechnung oder eine Zwischenbilanz nicht nach Artikel 6 aufstellt und veröffentlicht wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Geldwäschereigesetz (GwG) Finanzintermediäre müssen bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen die Vertragspartei aufgrund eines beweiskräftigen Dokumentes identifizieren. Der Finanzintermediär muss von der Vertragspartei unter gewissen Voraussetzungen eine schriftliche Erklärung darüber einholen, wer die wirtschaftlich berechtigte Person ist. Er muss über die getätigten Transaktionen und über die nach diesem Gesetz erforderlichen Abklärungen Belege so erstellen, dass fachkundige Dritte sich ein zuverlässiges Urteil über die Transaktionen und Geschäftsbeziehungen sowie über die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes bilden können. Belege müssen mindestens während zehn Jahren aufbewahrt werden.

FINMA-Rundschreiben Das Rundschreiben 08/38 enthält Aufsichtsregeln zum Marktverhalten im Effektenhandel Es gilt für Banken, Effektenhändler, Vermögensverwalter, etc. Verlangt wird z.B. die Aufzeichnung aller Effektengeschäfte, aber auch die Aufzeichnung der Telefongespräche der Mitarbeitenden sowie von deren E-Mails Telefongespräche und E-Mails müssen der FINMA für 6 Monate zu Untersuchungszwecken unverändert zugänglich gemacht werden.

Gesetzliche Grundlagen der Stadt Luzern Die wesentlichen Anforderungen an das Records Management (Schriftgutverwaltung) sind geregelt in der Organisationsverordnung der Stadt Luzern und der Verordnung über das Stadtarchiv Der Begriff des Schriftguts (Art. 36 der OV) umfasst alle Dokumente und Datensätze, die im Zusammenhang mit dem Verwaltungsprozess durch die städtischen Behörden und die Verwaltung erstellt der bearbeitet werden, dies unabhängig vom Informationsträger und einschliesslich der Hilfsmittel, die zu deren Verständnis und Benutzung notwendig sind.

Fazit Die Unternehmen und Behörden müssen die jeweils für den eigenen Geschäftsbereich vorgeschriebenen aufbewahrungspflichtigen Dokumente identifizieren Eine Policy sollte den Umgang mit aufbewahrungspflichtigen Dokumenten verbindlich regeln

Agenda Einleitung Gesetzliche Aufbewahrungspflichten Technische und organisatorische Massnahmen Risiken bei Missachtung von Aufbewahrungsvorschriften

Elektronische Aufbewahrung (Art. 958f OR) Voraussetzungen für die elektronische Aufbewahrung von Geschäftsbüchern und Buchungsbelegen: Übereinstimmung mit den zugrunde liegenden Geschäftsfällen ist gewährleistet Sie können jederzeit lesbar gemacht werden Die Voraussetzungen der Geschäftsbücherverordnung müssen beachtet werden!

Beweiskraft der Dokumente Gemäss Art. 178 ZPO hat die Partei, die sich auf eine Urkunde beruft, die Echtheit zu beweisen, sofern diese von der anderen Partei bestritten wird. Bei der Beweisführung muss in der Regel nachgewiesen werden, dass die Voraussetzungen der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) erfüllt sind. Art. 3 GeBüV verlangt, dass die Geschäftsdokumente so geführt und aufbewahrt werden, dass sich nachträglich feststellen lässt, ob sie geändert wurden. Um die Beweiskraft der Dokumente zu sichern, muss deren Integrität bereits nach Fertigstellung oder Eingang gesichert werden und nicht erst bei der Archivierung. 32

Integritätssicherung bei der Archivierung Zur Integritätssicherung können unterschiedliche technische und/oder organisatorische Massnahmen wie z.B. Signaturen, unveränderbare Datenträger, Verschlüsselungen, die restriktive Erteilung von Zugriffsberechtigungen, die Aufzeichnung von Zugriffen, etc. verwendet werden. Die Speicherung auf veränderbaren Datenträgern ist erlaubt, wenn technische Verfahren Integrität gewährleisten und der Zeitpunkt der Speicherung nachweisbar ist und die Abläufe, Verfahren und Hilfsinformationen protokolliert werden.

Verfahrensdokumentation Umfangreiche Dokumentationspflichten stellen sicher, dass die Geschäftsbücher, Buchungsbelege und die Geschäftskorrespondenz während der gesamten Aufbewahrungsdauer verstanden werden können. Zu dokumentieren sind beispielsweise die technische Infrastruktur, die Organisation, die Zuständigkeiten, die Arbeitsabläufe und Verfahren, die zum Verständnis notwendig sind (Verfahrensdokumentation). Die Dokumentationen sind aktuell zu halten und müssen gleich lang aufbewahrt werden, wie die Geschäftsbücher.

Verfügbarkeit Die aufbewahrten Dokumente müssen innerhalb einer angemessenen Frist von berechtigten Personen eingesehen und überprüft werden können. Personal, Geräte und Hilfsmittel sind während der gesamten Aufbewahrungsdauer zur Verfügung zu halten! Die Dokumente müssen auch in Papierform vorgelegt werden können. 35

Organisation Archivierte Dokumente müssen von aktiven Informationen getrennt oder so gekennzeichnet werden, dass eine Unterscheidung möglich ist. Die archivierten Dokumente müssen regelmässig auf ihre Lesbarkeit überprüft werden. Der Zugriff auf die archivierten Dokumente muss geregelt werden, Zugriffe und Zutritte sind aufzuzeichnen. Der Umgang mit aufbewahrungspflichteigen Dokumenten sollte in Weisungen und mit Prozessen geregelt sein. Eine Migration auf andere Formate oder andere Datenträger zur Gewährleistung der Lesbarkeit ist erlaubt. Der Vorgang der Migration muss protokolliert und die Protokolle müssen archiviert werden. 36

Scannen von Papierbelegen Das Scannen und die anschliessende elektronische Ablage und Archivierung von Papierdokumenten (Verträge, Kreditorenrechnungen) ist erlaubt, wenn sichergestellt wird, dass die Vollständigkeit und Richtigkeit der Information gewährleistet bleibt und die Verfügbarkeit und die Lesbarkeit den gesetzlichen Anforderungen weiterhin genügen. Der Scanprozess stellt eine Migration auf einen anderen Datenträger gemäss Art. 10 GeBüV dar. Der Scanprozess muss protokolliert und das Protokoll muss mit archiviert werden. Dabei müssen die verwendete technische Infrastruktur beschrieben und die Arbeitsanweisungen dokumentiert werden (Verfahrensdokumentation). 37

Agenda Einleitung Gesetzliche Aufbewahrungspflichten Technische und organisatorische Massnahmen Risiken bei Missachtung von Aufbewahrungsvorschriften

Risiken und Verantwortung Unterliegen in Rechtsstreitigkeiten, Verlust von Vermögen (Bsp. Unterliegen in arbeitsrechtlicher Streitigkeit mangels Nachweisbarkeit der gültigen Weisungen) Art. 325 StGB: Strafe für Verletzung der Pflichten zur ordnungsgemässen Buchführung Mehrwertsteuer: Verlust von Vorsteuern, Nachsteuern Verstoss gegen spezialgesetzliche Vorgaben (z.B: Art. 46 BankG) Der VR ist verantwortlich dafür, dass die Gesetze und Weisungen im Unternehmen eingehalten werden. Er muss entsprechende Weisungen erlassen und die Ressourcen zur Verfügung stellen!

Zusammenfassung Die neuen Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften sind am 01.01.2013 in Kraft getreten. Sie befreien die Unternehmen nicht von der Archivierung von Geschäftskorrespondenz. Je nach Branche gelten verschiedene Spezialvorschriften, welche zusätzlich zu den Buchführungsvorschriften beachtet werden müssen. Das Scanning von Dokumenten ist grundsätzlich erlaubt, allerdings bestehen Anforderungen an den Prozess und die zu verwendende Infrastruktur. Es ist es wichtig, dass die Aufbewahrung so erfolgt, dass die Beweiskraft erhalten bleibt und die Dokumente weiterhin verstanden werden können!

Danke für die Aufmerksamkeit! mag. iur. Maria Winkler IT & Law Consulting GmbH Grafenaustrasse 5 6300 Zug Telefon: +41 41 711 74 08 maria.winkler@itandlaw.ch