Schäden durch Kartelle: Sanktionierung durch die Kartellbehörden

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Schäden durch Kartelle: Sanktionierung durch die Kartellbehörden EE & MC Forum 2007 Wettbewerbsökonomie im Fokus Bonn, 1. Februar 2007

Gliederung Einleitung Entscheidungen des Bundeskartellamtes 2003 - 2006 Berechnung der Geldbuße nach GWB a.F. Die Regelung zur Bußgeldhöhe in der 7. GWB-Novelle (2005) Die Leitlinien des Bundeskartellamtes zur Bußgeldbemessung Ahndung und Abschöpfung Zusammenfassung

2. Entscheidungen des Bundeskartellamtes 2003-2006 in Kartellfällen: (ggf. einschließlich Bußen gegen persönlich Betroffene) 2003 Zement 12 Unt. 702 Mio. € Feuerwerkskörper 3 Unt. 8,8 Mio. € Mai 2004 Papiergroßhandel 57,6 Mio € 2004/2005 Transportbeton 23 Unt. 9,1 Mio. € März/Sept./ Nov. 2005 Industrieversicherung 17 Unt. ca. 155 Mio. € Dez. 2005/Jan. 2006 Möbelspedition 6 Unt. 2,4 Mio. € Sept. 2006 Pharmagroßhandel 4 Unt. 2,6 Mio. €

3. Berechnung der Geldbuße nach GWB a.F. § 81 Abs. 4 GWB (1999) „Die Ordnungswidrigkeit kann ... mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro, über diesen Betrag hinaus bis zur dreifachen Höhe des durch die Zuwiderhandlung erzielten Mehrerlöses ... geahndet werden.“

“... wirtschaftlicher Grundsatz, dass die Gründung eines Kartells grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der im Kartell beteiligten Unternehmen dient, ...“ „Deshalb liegt es nach der Lebenserfahrung nahe, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise höher liegen als die im Wettbewerb erzielten Marktpreise ...“ BGH, Beschl. v. 28. Juni 2005, KRB 2/05 Transportbeton Berlin

Methoden der Mehrerlösberechnung Vergleichsmarktkonzept: sachlich? Ggf. Unterschiede bei Anbieterstruktur, Nachfrageelastizität, Marktzutrittsschranken nach Gruppen von Nachfragern? räumlich? Ggf. Unterschiede in Marktstruktur oder gesetzlichen Rahmenbedingungen zeitlich? (Wettbewerbspreis vor dem Kartell / in Unterbrechungszeitraum / nach dem Kartell) Ggf. Unterschiede in der Kapazitätsauslastung oder in sonstigen Wettbewerbsbedingungen

4. Höhe der Geldbußen nach § 81 Abs. 4 GWB i. d. F. der 7 4. Höhe der Geldbußen nach § 81 Abs. 4 GWB i.d.F. der 7. GWB-Novelle 2005: Verdoppelung des Grundrahmens von 500.000€ auf 1 Mio. € Aufgabe des mehrerlösbezogenen Bußgeldrahmens für Unternehmen; stattdessen „bis zu 10 % des Gesamt-umsatzes des beteiligten Unternehmens“ als Kappungs-grenze Erhöhung des „kleinen“ Bußgeldrahmens auf 100.000 € (früher 25.000 €!)

Die Bußgeldtatbestände unter der verschärften Bußgeldandrohung § 81 Abs. 4 Satz 1 und 2 betrifft gem. § 81 I und II u.a.: - Verstöße gegen Art. 81 EG und § 1 GWB Verstöße gegen Art. 82 EG und § 19 GWB Verstöße gegen § 41 I 1 GWB (Vollzugsverbot vor Freigabe eines Zusammenschlusses) Verstöße gegen das Verbot unbilliger Behinderung (§ 20 IV) oder gegen das Boykottverbot (§ 21 I) Verstöße gegen bestimmte vollziehbare Anordnungen „Kleiner“ Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 Satz 3: (betrifft u.a.:) unvollständige Anmeldung eines Zusammenschlusses

§ 81 Abs. 4 GWB Kappungsgrenze des Satz 2: Rahmen des Satz 1: „Die Ordnungswidrigkeit kann ...mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden“ Kappungsgrenze des Satz 2: „Wird in diesen Fällen eine Geldbuße gegen ein Unterneh-men ... verhängt, so darf die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen ... über Satz 1 hinaus 10 % seines ... jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen“

5. Leitlinien des Bundeskartellamtes zur Bußgeldbemessung v. 15.9.2006 Als Verwaltungsgrundsätze des BKartA zur Ermessensausübung (§ 81 Abs. 7 GWB) bei der Bemessung der Geldbuße Ziele: Transparenz, Vorhersehbarkeit, Rechtssicherheit, einheitliche Praxis Anwendungsbereich: Kartelle; Missbräuche, Verstöße im Bereich der Fusionskontrolle, sonstige Verstöße Wichtig: „Diese Leitlinien gelten nur für die Festsetzung des ahnenden Teils der Geldbuße“ (Rdnr. 2)

Die Berechnung der Unternehmensbuße Bestimmung des relevanten tatbezogenen Umsatzes Bis zu 30 % des tatbezogenen Umsatzes des handelnden (Tochter-)Unternehmens als Grundbetrag nach der Schwere und Dauer des Verstoßes Multiplikator (bis zu 2) zum Zwecke der Abschreckung erschwerende/mildernde Faktoren Kappungsgrenze: 10 % des Gesamtumsatzes (konzernbezogen, Rdnr. 19) Ggf. Reduktion auf Basis der Bonusregelung u./o. wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit

„Bis zu 30 % vom tatbezogenen Umsatz“: Tatsächlicher oder hypothetischer Umsatz aus den mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Produkten oder Dienstleistungen für die gesamte Dauer des Kartells Schätzung möglich Kriterien für den Prozentsatz: Art des Verstoßes (Hard core?), Auswirkungen auf den Markt, Marktposition der beteiligten Unternehmen, Größe und Bedeutung des Marktes Halbierung bei fahrlässigem Verstoß

„Milder“ als die EU-Bußgeldleitlinien? (ABl. 2006 C 210/2) Keine „entry fee“ von 15-25 % des Jahresumsatzes Keine reine Multiplikation des letztjährigen Kartellumsatzes mit der Anzahl der Kartelljahre Abschreckungs-Multiplikator ohne Begrenzung nach oben Keine escape-Klausel aus Gründen der Abschreckung

6. Ahndung und Abschöpfung Möglichkeiten der Sanktionierung durch Kartellbehörden: Reine Ahndungsbuße (vgl. Rdnr. 2 der BKartA-Leitlinien) Geldbuße, die Ahndung und Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils umfasst (§ 81 Abs. 5 GWB) Ahndungsbuße (§ 81 GWB) + Verwaltungsverfahren zur Vorteilsabschöpfung (§ 34 Abs. 1 GWB); behördliche Abschöpfung nachrangig gegenüber privaten Schadensersatzklagen (§ 34 Abs. 2 GWB)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an: Dr. Markus Wagemann Vorsitzender der 11. Beschlussabteilung Bundeskartellamt Kaiser-Friedrich-Str. 16 53113 Bonn Telefon: +49 (0) 228 / 94 99 - 596 Fax: +49 (0) 228 / 94 99 - 167 E-Mail: markus.wagemann@bundeskartellamt.bund.de