Grundkurs Deutsche Geschichte 1495 – 1648 Dr. Matthias Langensteiner Vierzehnte Sitzung am 28.01.2009: Der Dreißigjährige Krieg III: Leben im Krieg, Kriegsende und Westfälischer Frieden
Gliederung: Der Dreißigjährige Krieg als Motor sozialen Wandels Der Weg zum Frieden Die Verhandlungen in Münster und Osnabrück Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens 1648
1. Der Dreißigjährige Krieg als Motor sozialen Wandels Militärische Veränderungen: neuzeitliche Infanterie als neue Kerntruppe, Söldner als neuer Soldatentyp, stetes Anwachsen der Heeresstärken, zunehmende Bedeutung der Schusswaffen Entscheidende Herausforderung: Kriegsfinanzierung und Logistik Nutzung der Kriegserfordernisse zur Durchsetzung absolutistischer Herrschaftsstrukturen durch die Fürsten Zunehmende Säkularisierung der Politik Veränderung der Gesellschaft: neue Funktion des Adels
1. Der Dreißigjährige Krieg als Motor sozialen Wandels Beschleunigung des ökonomischen Wandels, z.B. in Schweden Verrohung und Abstumpfung der Soldaten wegen langer Kriegsdauer Exzesse und Kriegsgräuel in neuer Dimension! Entstehung von Kriegs- und Völkerrecht! Schwere demographische Verluste in vielen Gebieten des Reichs (Kriegseinwirkung, Hunger, Seuchen)
2. Der Weg zum Frieden Seit Prager Frieden immer wieder Friedensbemühungen Friedenskonzept Richelieus, basierend auf Pluralität der europäischen Staatengemeinschaft Hamburger Präliminarvertrag von 1641: Einigung auf Münster und Osnabrück als Tagungsorte Verzögerung des Beginns aus mehreren Gründen: Hoffnung Frankreichs auf Verbesserung seiner militärischen Ausgangslage Ausbruch eines neuen Kriegs zwischen Schweden und Dänemark Streit um Zulassung aller Reichsstände zum Friedenskongress
2. Der Weg zum Frieden 1645 Einladungsschreiben an alle Reichsstände Insgesamt 109 diplomatische Gesandtschaften aus 16 europäischen Ländern auf Friedenskongress vertreten Erster Friedenskongress von europäischer Dimension!
3. Die Verhandlungen in Münster und Osnabrück Verhandlungen zwischen Kaiser, Reichsständen und Schweden in Osnabrück, zwischen Kaiser und Frankreich in Münster Ziele Schwedens: territoriale Gewinne zur Sicherung der Vormachtstellung im Ostseeraum (v.a. Pommern), finanzielle Abfindung für die eigene Armee, Amnestie für alle Reichsstände, insbesondere die eigenen Parteigänger Ziele Frankreichs: Trennung der habsburgischen Linien mittels Bildung anti-habsburgischer Allianzen und Erwerb territorialer Bastionen im Grenzgebiet des Reichs, im Optimalfall Ausdehnung der eigenen Grenzen an den Rhein
3. Die Verhandlungen in Münster und Osnabrück Intensität der Verhandlungen abhängig von wechselndem Kriegsglück Immer wieder Krisen während der Verhandlungen 1645 Entsendung des Grafen Trauttmansdorff durch Ferdinand III. Kaiser aufgrund militärischer Rückschläge nun zu ernsthaften Verhandlungen bereit! 1647 Vorlage eines Friedenskonzepts („Trauttmansdorffianum“): Kaiser zur Abtretung von Breisgau und Elsass an Frankreich bereit, auch Schweden soll Territorien erhalten Probleme: Regelung der innerdeutschen Angelegenheiten, Konflikt Brandenburgs mit Schweden um Pommern
3. Die Verhandlungen in Münster und Osnabrück Letzte Kriegsjahre im Zeichen militärischer Dominanz Frankreichs und Schwedens 1648 Vernichtung der letzten kaiserlichen Armee bei Zusmarshausen Jedoch auch zunehmender Friedenswille Frankreichs aufgrund Ausbruch der „Fronde“ 1648 Einigung auf Friedensvertrag auf der Basis des Trauttmansdorffianums
4. Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens 1648 a) territorial: Vorpommern, Wismar, Bremen und Verden als Reichslehen an Schweden, dazu Abfindung von 5 Mio. Reichstalern für schwedische Armee Habsburgische Herrschaftsrechte im Elsass an Frankreich („supremum dominium“), dazu Breisach, Besatzungsrecht der Festung Philippsburg; offizielle Anerkennung des früheren Erwerbs von Metz, Toul und Verdun Stifte Halberstadt, Kammin und Minden sowie Expektanz auf Erzstift Magdeburg als Entschädigung für Vorpommern an Brandenburg
4. Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens 1648 Rheinpfalz an Karl Ludwig, Sohn des Winterkönigs; Oberpfalz bleibt bei Bayern b) politisch: Schaffung einer achten Kur für die Pfalz Verpflichtung des Kaisers, Spanien im Krieg gegen Frankreich nicht weiter zu unterstützen Schweden und Frankreich als Garantiemächte des Friedens Legitimationsbasis für zukünftige Interventionen im Reich Amnestie für alle Reichsstände Bündnisrecht („ius foederis“) für die Reichsstände
4. Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens 1648 Bindung von Reichsgesetzen an Reichstagsbeschlüsse Stärkung der fürstlichen Libertät, Reich deutlich ständisch geprägt! c) konfessionell: Bestätigung des Augsburger Religionsfriedens Festlegung des Normaljahrs 1624 für den konfessionellen Besitzstand „Einfrieren“ der konfessionellen Verhältnisse im Reich! Offizielle Anerkennung des Calvinismus als eigener Konfession
4. Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens 1648 Politische Entscheidungen in konfessionellen Fragen nur noch durch Konsens möglich: paritätische Besetzung der Reichsjustizorgane, separate Verhandlungen der Konfessionsparteien auf dem Reichstag („itio in partes“) Westfälischer Frieden als wichtiges „Grundgesetz“ des Reichs, schafft Strukturen, die bis zum Ende des Reichs Bestand haben!