“Geprüfter Industriemeister/ in – Fachrichtung Textilwirtschaft Idee der Neuordnung und handlungsorientiertes Prüfungskonzept Erfahrungsaustausch zur Umsetzung der neuen Prüfung DIHK-Bildungs-GmbH Bonn – 14. Mai 2008 Referent: Dr. Hans-Joachim Müller Tech. Uni. Kaiserslautern Hans-Joachim.Mueller@sowi.uni-kl.de Hans-Joachim Müller
Handlungsorientiertes Prüfungskonzept Themen: Anstöße und Triebkräfte Konzept der handlungsorientierten Prüfung Umsetzung der handlungsorientierten Prüfung Offene Fragen, weiterführende Perspektiven
Handlungsorientiertes Prüfungskonzept Anstöße und Triebkräfte Rollenwandel der Industriemeister: Organisations- und management- statt technikdominiertes Rollen-verständnis: Vom „Edelmechaniker“ zum „Prozess-Abschnitts-Organisator“ Bedeutungsgewinn: Arbeitsprozesswissen: situativ-praktisch, subjektiv-erfahrungsbezogen implizites Wissens: „Wie-“ und „Warum-Wissen“ Problem: Träges Wissen Nachweislich Gelerntes wird in Anwendungs-Situationen „nicht handlungsrelevant“ (Mandl/ Gruber)
Handlungsorientiertes Prüfungskonzept: Leitprinzipien: Kompetenzorientierung: Nachweis der selbständigen beruflichen Handlungsfähigkeit – statt Reproduktion von fachsystematischem „Lehrbuchwissen“. Verwertbarkeit: Theoretisch informierte Bearbeitung berufstypischer Aufgaben – statt der fachlicher Versiertheit. Praxisbezug: Berufliche Handlungsfelder als curriculare Bezugsbasis – statt Fächer . Handlungssystematik: Fächer werden in die Bearbeitung komplexer betrieblicher Situationen integriert - Individualität der Prüfungsleistung: Entwicklung eigen-ständiger Lösungen und erfahrungsbasierter Umsetzungs-vorschläge – statt vorgefertigte Lösungen.
Handlungsorientiertes Prüfungskonzept Zentrale Frage: Wie kann die Verwertbarkeit beruflicher Handlungskompetenzen in berufstypischen Verwendungssituationen beschrieben und abgeprüft werden?
Lösungsalternativen: Handlungsorientiertes Prüfungskonzept Lösungsalternativen: Kompetenzen beschreiben und erfassen - anhand: des „enthaltenen Wissens“ Aber: Fachliche Versiertheit ist keine hinreichend Voraussetzung für berufliche Könnerschaft (Ryle 1969; Neuweg 1998; Rauner/ Bremer 2004). von Lernzielen Aber: Kognitive Ausrichtung der verwendeten Beschreibungskategorien verstellt den Blick auf die übergeordneten, prozessbezogenen Aufgabenzusammenhänge. berufstypischer Aufgaben Vorteil: Reale Komplexität und die Breite des Anforderungsspektrums von berufstypischen Verwendungssituationen können erfahrungs-nah abgebildet und simuliert werden (Wahl 2005; Rauner/ Bremer 2004).
Handlungsorientiertes Prüfungskonzept Wenn beruflichen Handlungskompetenzen in Form von berufstypischen Aufgaben „indikatorisiert“ werden, anhand welcher Kategorien können dann berufstypische Aufgaben beschrieben werden? Problem: Überwiegend prozessorientierte Arbeits-organisation in den Unternehmen verhindert arbeits-analytisches Zerlegen der Handlungsfelder. Lösung: Umweg über das „Entschlüsseln“ betrieb-licher Arbeits- und Geschäftsprozesse (AGP) in Form von Abfolgen von Arbeitsaufgaben der Wertschöpfungsketten.
Handlungsorientiertes Prüfungskonzept Wie, anhand welcher Kategorien können AGP hinsichtlich der zu ihrer sachgerechten Bearbeitung erforderlichen Kompetenzen „entschlüsselt“ werden? Ein Lösungsweg: Anwendung der Kategorien der berufswissenschaftlichen Qualifikationsforschung in zwei Schritten: Differenzieren der betrieblichen Wertschöpfungs-ketten in berufsrelevante Kern- und Subprozesse der verschiedenen Branchen. Beschreiben der Abfolge der Arbeitsaufgaben in den betrieblichen Wertschöpfungsketten.
Handlungsorientiertes Prüfungskonzept Beschreibungskategorien von Aufgaben Welche Beschreibungs-Kategorien ermöglichen es, die verwertungsrelevanten Aufgabenbestandteile zu erfassen? Berufscharakteristische Bezeichnung der Aufgabe Übergeordnete Betriebsfunktionen: Arbeits- und Geschäftsprozesse Szenario: berufstypische Standardsituation Ereignis, das einen berufstypischen Arbeitsauftrag auslöst berufstypischer Arbeitsauftrag an einen Berufsträger: Meister Erwartete Arbeitsergebnisse: Endprodukte Funktionsrelevante Bestandteile/ Qualitätsmerkmale der Endprodukte Kooperations- und Koordinationsbeziehungen der Aufgabe Vorprodukte: Materiell und Informationell Arbeitsmittel: Anlagen, Werkzeuge usw. Phasen im sechsstufigen Handlungsbogen des Modells der vollständigen Handlung Idealtypische Arbeitsschritte des sachgerechten Bearbeitungsablaufs der Aufgabe Beschreibung der Arbeitsschritte anhand von Vorprodukten, leistungserstellenden Handlungen, Zwischen- bzw. Endprodukten und Arbeitsmitteln. (Vgl.: Berufswissenschaftliche Qualifikationsforschung, z.B.: Fischer/ Rauner: Lermfeld: Arbeitsprozess, 2002: Müller 2006, S.120f.)
handlungsorientiertes Prüfungskonzept Auswahl der Bestandteile von Prüfungsaufgaben: Szenario: betriebliche Standardsituation Ereignis: berufstypischer Vorfall, der das Bearbeiten einer Abfolge von Aufgaben in betriebstypischen Wertschöpfungskette auslöst Arbeitsauftrag: der als zentrale Prüfungsleistung vom Ind.-Meister unter Berücksichtigung der „übergeordneten Kontexte“ der betrieblichen AGP zu bearbeiten ist. Produkte: Materialisierte Arbeitsergebnisse die als Prüfungsleistungen bewertet werden. Offene und halboffene Fragen: zu Hintergrund- bzw. berufsrelevantem Orientierungs- und Überblicks-Wissen
handlungsorientiertes Prüfungskonzept Wichtige Qualitätsstandards komplexer Situations-Aufgaben: Offenheit: soll eine eigenständige Prüfungsleistung ermöglichen Arbeitsprozessorientierung: Aufgaben- und Situationsgerechtig-keit der geforderten Prüfungsleistung in Bezug auf aktuelle branchenrelevante Wertschöpfungsketten Berufs-Biographizität: Betriebsspezifische AGP (incl. „Einsatz-gebiet“ und „verwendete Technologien“) als Erfahrungsbasis für die Entwicklung einer eigenständigen Prüfungsleistung Ganzheitlichkeit: Aufgabe soll den vollständigen Handlungs-bogen der 6 Stufen des Modells der vollständigen Handlung einbeziehen Rollentypisch: repräsentativ für aktuelles berufsspezifisches Rollenspektrum Differenzierungsfähigkeit: Zeigt unterschiedliche „Beherr-schungsgrade“ (Kompetenz-Stufen) der erfassten Kompetenzen (Vgl.: Müller 2006, S.149)
Weiterführende Perspektiven: Selbstevaluation (auch Self-Monitoring) in Situationsaufgaben Was bedeutet Integration eine Selbstevaluations-Schleife in Prüfungsaufgaben? Aufforderung: Vor der Bearbeitung einer Aufgabe mehrere Qualitäts-Anforderungen an das zukünftige Ergebnis zu formulieren. Danach, das Arbeitsergebnis anhand dieser Kriterien zu bewerten und ggf. zu verbessern Warum – wozu? Unternehmergeist: Globalisierung und der Strukturwandel der Wirtschaft fordert zunehmend „unternehmerisches Denken“, die einen Regelkreis aus Zielsetzung, Selbstbeobachtung, Selbstreflexion und Selbststeuerungsfähigkeit konstituiert. Diese „Haltung“ soll im europäischen Bildungsraum durch berufliche Aus- und Fortbildung als Umsetzung der Lissabon-Strategie gefördert werden. (EU-Komm, 2003, S.7 „EU-Bildungsraum“; Hekmann: DESIRE-Projekt, 2006, S.13ff.) Standardisierung: Sachliche sollen soziale Bezugsnormen bei der Rückmeldung über den Lernerfolg ersetzen (vgl.: Kopenhagen-Prozess 2002; EQF-2005, KMK-Bildungsstandards-2006) Stärkung der Selbstwirksamkeit: und damit der Eigenverantwortlichkeit und Lernerautonomie im selbstgesteuerten Lernen , um gelernte Unselbständigkeit zu verlernen (vgl.: Herold 2003, S.95f., Bandura 1997)